Wenn Eltern kein Deutsch sprechen und verstehen...

vom 12.08.2009, 19:17 Uhr

Ich bin Kindergartenpädagogin in einer Kleinkinderkrippe. Wir haben in unserem Kindergarten viele Eltern und Kinder, die Deutsch nicht als Muttersprache haben und teilweise sogar kaum ein Wort verstehen. Es kommt so immer wieder zu Situationen, in denen wir Dolmetscher brauchen oder Briefe und Zettel an Verwandte schreiben müssen, damit jemand kommt, der uns versteht.

Es ist stets sehr mühsam, schade und in gewisser Weise auch ärgerlich, wenn man den Eltern nicht mal eine Kleinigkeit sagen kann und sich mit ihnen so gar nicht über das Kind unterhalten kann. Auch können die Eltern meist nicht lesen, sodass sie Infos zu Festen und Ausgängen nicht lesen und nicht pünktlich kommen.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie geht ihr damit um?

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» Nipfi » Beiträge: 3076 » Talkpoints: 8,28 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass teilweise auch Leute, die schon lange in diesem Land leben, die deutsche Sprache nicht oder nur ansatzweise verstehen beziehungweise lesen und schreiben können.

Ich habe absolut kein Verständnis für Leute, die in ein anderes Land gehen und die dortige Sprache nicht erlernen. Ich selbst möchte in einigen Jahren auch für eine Weile in den Niederlanden leben und lerne dafür selbstverständlich bereits jetzt schon das "normale" Niederländisch. Berufsorientierte Sprachkurse werde ich auch absolvieren, kurz bevor ich in das entsprechende Land ziehe.

Ich finde es respektlos und einfach nur dumm, wenn man in einem Land lebt, in dem man die Sprache nicht einmal in Grundzügen kennt. Ich habe auch schon erlebt, dass die betreffenden Leute dann erwartet haben, dass man ihre Sprache versteht. Das kann es meiner Meinung nach einfach nicht sein. Wenn ich mich länger in einem anderen Land aufhalte, lerne ich natürlich die Sprache, die dort gesprochen wird. Ich persönlich finde es wichtig und richtig, dass man die Sprache in Grundzügen erlernt, bevor man in ein anderes Land geht. Aber es gibt ja auch reichlich Leute, die schon jahrelang in einem Land leben, dessen Sprache sie nicht einmal ansatzweise beherrschen.

Ich finde es absolut unverantwortlich, wenn ausländische Eltern daheim nur in ihrer Heimatsprache sprechen und es ihren Kindern unnötig schwer in Deutschland machen. Hier wird eben deutsch gesprochen und wenn diese Sprache zuhause nicht benutzt und geübt wird, erlernen die Kinder die deutsche Sprache nicht oder nicht richtig. Wie sollen diese Kinder jemals wirklich in diesem Land zurechtkommen? Ich könnte mich bei diesem Thema wirklich aufregen.

Problematisch wird es im medizinischen Bereich, wenn Leute in ihrer Heimatsprache zwar ausdrücken können, wo der Schuh drückt, dies aber nicht in deutscher Sprache artikulieren können. Auch wenn ich persönlich kein Verständnis für die Ablehnung der Sprache des Landes, in dem man sich aufhält, habe, so muss man den Leuten auch in diesen Fällen natürlich helfen. Es gibt dann einfach keinen anderen Weg, als sich per Zeichensprache oder über einen Dolmetscher zu verständigen. Natürlich entlasse ich die Leute nicht ohne den Hinweis, sich bitte deutsche Sprachkenntnisse anzueignen. Diese Forderung verpufft allerdings meistens leider ungehört.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich finde es auch ziemlich dumm in einem Land zu leben und dessen Sprache nicht einmal zu beherrschen. Menschen die in ein anderes Land ziehen, sollten dessen Sprache verstehen oder zumindest sehr interessiert daran zu sein, sie möglichst schnell zu erlernen.

So ein Verhalten der Eltern ist auch negativ für die Kinder. Wenn zu Hause ausschließlich meinetwegen Russisch gesprochen wird, woher soll das Kind dann deutsch lernen? Später wirkt sich dass auch auf die Schule negativ aus. Ich weiß noch als ich in der Grundschule war, hatten wir so ein Kind in der Klasse. Es hat zwar, da es in den Kindergarten kam auch Deutsch gesprochen hatte aber immer noch enorme Probleme im Fach Deutsch.

Ich finde auf jeden Fall ein solches Verhalten der Eltern unvernünftig und auch teilweise Respektlos gegenüber den Einheimischen.

» DieApokaylptischenReiter » Beiträge: 45 » Talkpoints: 0,22 »



Ich finde es irgendwie "interessant", wie Deutsche, die selbst keinerlei Bezug zu diesem Thema haben, wissen wollen, wie ausländische Kinder am Besten Deutsch lernen. Das ist ein gewisser kultureller Chauvinismus, den ich einfach widerlich finde. Ich denke, wie es wirklich aussieht, kann man nur als direkt betroffener Mensch wissen, nicht als einer, der bloß "von außen" zusieht und sich möglicherweise regelmäßig über "die Ausländer" echauffiert, ohne diese überhaupt genauer zu kennen.

Daher möchte ich dazu auch gleich loswerden, dass es sehr viele Kinder mit ausländischen Eltern gibt, die wirklich im Alltag 1A Deutsch sprechen, obwohl sie zuhause mit den Eltern in ihrer Muttersprache sprechen. Ich streite nicht ab, dass das Erlernen der deutschen Sprache möglicherweise leichter fallen könnte, wenn auch zuhause Deutsch gesprochen wird, aber so tun, als wenn nichts klappen könnte, nur, weil man mit den Eltern türkisch, vietnamesisch oder russisch spricht, darf man nun auch nicht. Die Kinder haben schließlich nicht nur zu ihren Eltern Kontakt, sondern auch zu Nachbarn, Freunden, Mitschülern und Co., und die sprechen im Normalfall Deutsch.

Übrigens haben Kinder, die im Elternhaus eine andere Sprache als sonst im Alltag sprechen, auch noch den Vorteil, zwei Sprachen als Muttersprachen zu erlernen. Das können Leute, die wirklich überall nur Deutsch sprechen, nicht von sich behaupten.

Wer es übrigens nicht glauben möchte, dass Kinder Deutsch lernen können, und zwar einwandfreies Deutsch, obwohl sie mit ihren Eltern hauptsächlich eine andere Sprache sprechen (ob diese Eltern nun die deutsche Sprache dennoch beherrschen oder nicht, sei mal dahin gestellt), der darf mir ja gerne einmal die Frage beantworten, ob er anhand meiner sprachlichen Ausdrucksweise den Eindruck hat, dass ich niemals hätte Deutsch lernen können, als "armes, benachteiligtes Ausländerkind", das mit den dummen, ignoranten Eltern nie Deutsch reden konnte. ;)

Dass man die Sprache eines Landes, in dem man lebt, beherrschen muss, ist natürlich klar. Ich finde es ebenfalls dreist, wenn einige Ausländer hier in Deutschland den Anspruch stellen, dass man sie in ihrer Muttersprache ansprechen solle.Viele glauben leider wirklich, sie müssten kein Deutsch lernen. Das finde ich auch falsch.

Bedenken sollte man aber vielleicht, dass die Situation der Einwanderer der 1960er bis 1980er Jahre anders aussah, als die von Deutschen, die heutzutage auswandern wollen. Wir haben hier heute die Möglichkeiten, vor der Ausreise die Fremdsprache zu erlernen. Auch haben die Deutschen, die heute auswandern, vor, im Ausland zu bleiben. Die beispielsweise türkischen Einwanderer von früher glaubten, sie würden nur hier in Deutschland arbeiten und danach wieder in ihre Heimat zurück reisen. Daher glaubten viele, vorher kein Deutsch lernen zu müssen, denn sie würden hier ja ohnehin nur in den Fabriken arbeiten und danach wieder bei sich zuhause leben.

Außerdem glaubt ihr ja wohl selbst nicht, dass es in Anatolien deutsche Sprachschulen gegeben hätte. Demnach konnten die Menschen dort nicht die deutsche Sprache lernen, bevor sie hierher reisten. Natürlich ist das keine Entschuldigung, es jetzt noch nicht zu beherrschen, denn hier im Land hätten sie es mittlerweile lernen können. Dies erklärt aber, wieso es doch viele Ausländer in Deutschland gibt, die eben nicht die deutsche Sprache sprechen können, um wieder zum Ausgangsthema zurück zu kommen.

Was kann man nun machen, wenn die Eltern die Sprache nicht verstehen, man ihnen aber schon sehr dringend etwas mitteilen möchte? Aus meinem Erfahrungsschatz kann ich da nur anmerken, dass es da wirklich kaum Möglichkeiten gibt, außer einen Verwandten, der Deutsch versteht, mit einzubeziehen.

Wo wir schon bei meinen persönlichen Erfahrungen wären. Sehr gut erinnere ich mich an eine Familie an meinem Gymnasium vor einigen Jahren, bei der die Eltern kein Deutsch verstanden, ihre Tochter allerdings eine wahre Einserschülerin im Fach Deutsch war. Zu den Elternabenden kam sie stets mit, um ihren Eltern die gesamten Gesprächsinhalte zu übersetzen. Das kann man jetzt anstrengend finden, und ich weiß, dass es viele Kritiker gibt, die behaupten, man würde das Kind somit viel zu stark belasten. Das Mädchen allerdings war in diesem Fall eher stolz, helfen zu können, und es machte ihr auch Spaß. Sie wünschte sich ohnehin, später einmal Dolmetscherin zu werden, und wer weiß, ob dies nicht schon eine gute Übungsmöglichkeit für sie war.

So einen ähnlichen Fall gab es dann auch noch einmal in meiner Grundschulzeit. Kriegsflüchtlinge aus dem ewigen Jugoslawien waren es in diesem Fall. Die Familie hatte eine Tochter, die zu mir in die dritte Klasse kam, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Die Eltern verstanden diese Sprache auch noch gar nicht, nach einigen Monaten allerdings schon das eine oder andere Wort. Die Tochter selbst sprach nach nur zwei Jahren genau so fließend Deutsch, wie ihre deutschen Mitschüler. So viel noch einmal zu der Behauptung, Kinder könnten die deutsche Sprache nicht erlernen, wenn die Eltern kein Deutsch sprechen.

Übrigens kommt es in diesen Fällen auch oft dazu, dass die Eltern von ihren Kindern dann schließlich doch noch Deutsch lernen. Das kann man doch nicht schlecht reden.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich verstehe auch die Menschen nicht, die nicht mal versuchen die Sprache, in den Land, den sie leben zu lernen. Es ist dabei egal ob es Deutsche sind die ins Ausland gehen oder umgekehrt. Für mich selber hat das, was mit Respekt dem Land und dessen einheimischen Menschen zu tun.

Ich würde nicht behaupten, das Kinder deren Eltern die Sprache nicht können, in dem Land den sie leben, nicht später die Sprache richtig kann. Aber sie hätten es viel einfacher. Es fängt an in den Kindergärten und Schulen, wie schon beschrieben. Das zum Beispiel wichtige Termine nicht war genommen worden sind, einfach aus dem Grund weil sie es nicht lesen oder verstanden haben. Aber für mich ist der wichtigste Grund, was ist wenn einem Kind mal was passiert und die Eltern nicht mal in der Lage sind den Notruf anzurufen, weil sie keiner versteht.

Darum käme für mich nur in Frage, wenn ich mal ins Ausland gehe die Sprache, des Landes schon sprechen zu können. Einfach aus diesen Gründen.

» ys1980 » Beiträge: 356 » Talkpoints: 5,69 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Bei ein oder zwei Kindern in einer Klasse mag dies noch irgendwie gehen, aber demnächst haben wir komplette Klassen mit Migrationshintergrund. Dann wird es unmöglich, denen noch richtig den Lehrstoff zu vermitteln. Ich finde es auch lächerlich, wie sehr hier einige dass Problem schön schreiben.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das ist doch heute in meiner Stadt zumindest kompletter Alltag, dass die Eltern über Generationen sowie auch Neuankömmlinge wirklich kein einziges Wort Deutsch können. Die Kinder sind dafür aber durchaus in der Lage, sehr gut Deutsch zu sprechen, aber wozu sollten die Eltern es auch lernen? Die bleiben lieber bei ihren Landsleuten und sprechen mit den Kids die Muttersprache. Behörden? Die holen ja lieber den Dolmetscher statt es bindend zum machen, dass man auch Deutsch sprechen und lesen kann. B1-Niveau? Sehe ich bei so gut wie keinen von denen.

Beschimpfen können sie jedoch auf Deutsch hier in meiner Umgebung verdammt gut. Wenn es aber um grundlegendes geht, wie bei Aldi die Kassiererin verstehen, dann wird es schon hoch komplex und darf mit Händen und Füßen gerne gearbeitet werden.

Eine Bekannte von mir ist Erzieherin und hat die Nase schon gestrichen voll. Die erzählt mir gerne, was auf der Arbeit los ist und auch das Verhalten der Eltern sagt einiges. Keine Arbeit, kein Deutsch, aber Erwartungshaltung hoch 10. Soll nicht pauschalisierend sein, aber davon gibt es bei uns einfach zu viele im Pott.

Gibt genug Ausnahmen, keine Frage und all jene die sich bemühen, meine ich nicht. Es gibt aber eben auch zu viele, die bewusst nichts tun und machen, weil sie wissen, dass man ihnen eh nichts kann und das fängt von Deutschkursen, die man ja so verpflichtend machen möchte an. Passiert doch am Ende nichts, wenn die nicht gehen.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Sicher, persönlich finde ich es auch eine sehr schlechte Idee in einem anderen Land zu leben und die Sprache nicht zu verstehen. Ich lebe selbst im Ausland und habe die Sprache schon vorher gelernt und als ich erst da war natürlich intensiv. Und nach ungefähr einem Jahr, habe ich alles verstanden und mich völlig unbehindert verständigt. Aber ich habe es selbst gewählt ins Ausland zu gehen und da liegt natürlich auch der Unterschied.

Gerade die Leute, die die Sprache nicht lernen, sind ja oft Flüchtlinge. Und da kommt vieles zusammen, was die Erlernung einer neuen Sprache für sie fast unmöglich macht. Manche können nicht lesen und schreiben, was es natürlich schwerer macht, denn sie können sich ja dann nicht mit Büchern oder Vokabeln selbst pauken. Viele haben eine Art Kriegstrauma, was die Fähigkeit zu lernen sich zu konzentrieren sehr stört. Und vor allem haben viele auch keine Routine darin etwas theoretisches zu lernen.

Ich hatte mal einen Untermieter aus Afghanistan und habe versucht ihm bei seinen Hausaufgaben für den Sprachkurs zu helfen. Er hat nicht verstanden, dass er die Wörter nicht nur einmal hinschreiben sollte, sondern sie auch so lange wiederholen sollte, bis er sie kann. Das hielt er offensichtlich für eine komische Idee von mir.

Hinzu kommt auch noch, dass manche gar nicht wissen, ob sie in dem Land bleiben können oder nicht. Manche sind durch mehrere Länder gekommen und nicht sicher, ob sie nun hier bleiben. Vielleicht kehren sie auch in die Heimat zurück. Bei Frauen aus manchen Ländern kommt es vor, dass die Männer nicht wollen, dass sie selbstständiger werden. Unter Umständen verbieten sie ihnen rauszukommen und die Sprachen zu lernen. Oder sie machen es ihnen jedenfalls schwer.

» Stockholm » Beiträge: 28 » Talkpoints: 7,97 »


Juri1877 hat geschrieben:Bei ein oder zwei Kindern in einer Klasse mag dies noch irgendwie gehen, aber demnächst haben wir komplette Klassen mit Migrationshintergrund. Dann wird es unmöglich, denen noch richtig den Lehrstoff zu vermitteln. Ich finde es auch lächerlich, wie sehr hier einige dass Problem schön schreiben.

Das kommt ganz drauf an. Mein Sohn war in den ersten Schuljahren in so einer Klasse. Das waren mindestens 90% ausländische Kinder und ich habe da keine Probleme gesehen. D.h. im Lehrstoff lagen sie nicht zurück, und ich bin selbst Lehrerin und kann das beurteilen. Natürlich kann es sich mehr auswirken, je höher man kommt. Aber dafür habt ihr doch in Deutschland das drei-geteilte Schulsystem.

» Stockholm » Beiträge: 28 » Talkpoints: 7,97 »


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