Welche Schimpfwörter müssen sich Beamte gefallen lassen?

vom 30.06.2009, 14:59 Uhr

Es kommt ja nicht gerade selten vor, dass Schimpfwörter zu den Ohren von Beamten wandern, die als Beleidigungen gelten und deshalb auch mit einer Geldstrafe gehandet wird. Mich würde aber einmal interessieren, welche Schimpfwörter sich Beamte gefallen lassen dürfen? Meiner Meinung nach gibt es auch Wörter, die sich Beamte leider gefallen lassen müssen, oder nicht?

Was glaubt ihr, was sich Beamte alles gefallen lassen dürfen?

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» Dominik12 » Beiträge: 1689 » Talkpoints: 7,61 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wieder einmal eine Frage, die sich mit etwas nachdenken auch von alleine beantwortet: Beamte müssen sich gar nichts gefallen lassen, nur müssen Sie auch nicht jeden Blödsinn anzeigen und sich mit dem Papierkram herumschlagen - so wie man auch als "normale" Person nicht jeden Mist zur Anzeige bringen muss (was trotzdem noch genug machen). Nur weil ein paar Besoffene mal Polizisten "Arschloch" genannt haben und die das ruhen lassen haben heißt das nicht, dass das auf einmal legitim ist.

Nur mal als Denkanstoß: Bereits das Duzen (eines Polizisten) kann geahndet werden, da Polizisten gesiezt werden müssen. Da kann man sich wohl denken, dass wie das wohl aussieht, wenn man noch ein paar Schippen drauflegt. Denn Polizisten sind nicht irgendwelche Vereinskumpel, sondern Vertreter des Staates!

Sollte irgendetwas für einen objektiven Dritten ebenfalls als beleidigend zu verstehen sein, ist dies bereits eine Beleidigung (mehr oder weniger).

Siehe auch hier dazu im Forum: Beleidigungen - und was sie kosten können

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Also ich habe im Rahmen meiner Ausbildung Rechtsunterricht und unser Lehrer stiftet uns immer dazu an, zu einem Polizisten (möglichst unter Zeugen) zu sagen: Ich finde, dass sie der dümmste Polizist sind, den ich je gesehen habe. Oder: Kann es sein, dass Sie dumm sind?

Mit einer Frage oder der Äußerung "Ich finde" fällt alles unter Meinungsfreiheit und der Beamte MUSS es sich gefallen lassen - ob er will oder nicht. Das ist recht viel verlangt finde ich - also da ist das Rechtssystem ganz schön merkwürdig angelegt.

Wir sind natürlich trotzdem anständig und lassen uns von jenem Lehrer nicht "verführen" ;-).

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



So ein Schwachsinn! Meinungsfreiheit hin- oder her: Wenn ein objektiver Dritter darin eine Beleidigung erkennt (der Richter!) oder die Absicht jemanden zu beleidigen, kannst Du deine Meinungsfreiheit in den Wind schießen! Die gibt es nur solange, solang man damit nicht die Rechte anderer verletzt.

Und in solchen Formulierungen kommt nicht die eigene Meinung zum tragen, sondern vordergründig die Absicht, jemanden zu beleidigen! Man kann es ja gerne einmal ausprobieren - und anschließend hier die Kostennote einstellen, wieviel man denn letztendlich berappen durfte.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Nein, ich denke der Lehrer wird es schon wissen - der hat viele Jahre selber am Gericht gearbeitet. Sicher kannst Du einpacken, wenn du sowas sagst, wenn sonst keiner in der Nähe ist, aber wenn Du das unter Zeugen sagst, hat der Polizist keine Chance.

Es sei denn der Zeuge gibt eben nicht direkt das wieder was er gehört hat sondern seine subjektive Einschätzung - so wie Du das eben geschrieben hast. So ist das Rechtssystem! Du kannst alles sagen, musst nur deutlich machen, dass es sich um deine eigene Meinung handelt und nicht um eine Tatsache, die du ihm UNTERSTELLST. Freunde machst Du Dir da natürlich keine, aber man kann Dich wegen nichts bestrafen.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Klar, wenn er euch so Begriffe wie "Rechtssystem" beibringt wird er es wohl wissen! Das gibt es in diesem Zusammenhang überhaupt nicht, es heißt: Rechtsordnung! Und am Gericht arbeiten viele (als Hausmeister z. B.) - Ahnung setzt das nicht voraus!

Es handelt sich immernoch um eine Beleidigung, da die Aussage an sich beleidigend ist - wenn Du zu einem Juden sagt: "Ich finde, sie hat man beim Vergasen leider übersehen!" ist das wohl deiner Meinung nach wohl auch noch nur eine Meinungsäußerung ohne strafrechtliche Relevanz?

Es handelt sich hierbei um eine eindeutig ehrverletzende Äußerung - und damit ist es eine Beleidigung, welche nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist! Wie gesagt, selbst ein "Du" kann bereits als Beleidigung eines Beamten gewertet werden, da müssen sie sich so eine Art der "Meinungsäußerung" nicht gefallen lassen.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Polizisten und andere Beamte müssen sich wie jeder andere Mensch keine Beleidigungen gefallen lassen. Wenn man jemanden Beleidigt ist es allerdings uninteressant ob derjenige Beamter, Polizist, Verkäufer oder Hausfrau ist. Eine Beleidigung ist eine Beleidigung egal an wen sie gerichtet ist. Die immer so gerne genannte Beamtenbeleidigung gibt es im juristischen Sinne gar nicht.

» Vamozi » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich bin auch Beamter, vorwiegend im Außendienst und muss sagen dass ich eigentlich gegen Beleidigungen und Schimpfwörter relativ resistent bin und da kein großes Drama draus mache. Ich weiß ja dass man eigentlich nicht mich persönlich meint sondern meinen Brötchengeber. Ich bin auch nicht der Typ der sich rächt weil er genau weiß dass er am längeren Hebel sitzt. Wenn ein Typ mal schlecht drauf ist dann akzeptiere ich das auch und vereinbare einen neuen Termin oder bestelle ihn ins Amt. Ich habe durchaus Verständnis dafür wenn manche Leute echt aufgebracht sind wenn die Behörden ins Haus schneien und mit irgendwelchen bürokratischen Forderungen das Unternehmen lahmlegen.

Leider gibt es auch Kollegen die sich und ihre Arbeit für den Nabel der Welt halten und dabei vergessen dass der arme Mann vielleicht in den letzten vierzehn Tagen von fünf unterschiedlichen Behörden aufgesucht wurden die ihn alle mit ihren Wünschen konfrontieren. Meistens komme ich deshalb auch mit den größten Cholerikern aus wo sich schon kein anderer mehr ohne Polizeischutz hintraut.

Solche Unannehmlichkeiten behalte ich auch für mich oder gebe sie nur in kleinem Kollegenkreis zum Besten. Wenn ich das jedesmal an die große Glocke hängen würde käme ich aus den Berichteschreiben garnicht mehr raus und der Staatschutz wäre nur am ermitteln.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Subbotnik hat geschrieben:Bereits das Duzen (eines Polizisten) kann geahndet werden, da Polizisten gesiezt werden müssen.

Sehr schön. Jetzt kann ich endlich mal was mit einbringen was ich damals nie so wirklich verstanden habe bzw. irgendwie merkwürdig fand.

Denn: Dieter Bohlen stand (anscheinend) mal vor Gericht, weil er einen Polizisten geduzt hat. Er hat aber keine Strafe bekommen. Er meinte anscheinend zum Richter das er Gott auch nicht siezt und daher auch nicht einsieht ein "untergeordnetes Wesen" zu sietzen. Wie kann es also sein das Bohlen einfach so davon kommt? Promibonus oder doch eine plausible Begründung?

Gehen wir mal davon aus das die Geschichte so in etwa stimmt.

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» otsego » Beiträge: 1009 » Talkpoints: -2,08 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Die Geschichte stimmt soweit ;). Ohne mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen: Herr Bohlen hatte halt keinen schlechten Anwalt, der dem Gericht ausreichend darlegen und es überzeugen konnte, dass er prinzipiell jeden duzt und dass somit nicht als bewusste Missachtung oder Herabwürdigung zu verstehen war, sondern allenfalls als unhöflich angesehen wird.

Das ist, ich seh hier schon wieder die ersten Nasen nach dem Promibonus schreien, nicht nur bei ihm so - zwar kann das Duzen als Missachtung / Herabwürdigung ausgelegt werden, das ist aber heute immer weniger der Fall, da das Duzen zum allgemeinem Umgangston gehört. Hier kommt es aber immer:
- auf den Einzelfall,
- den Anwalt und vor allem
- das zuständige Gericht / den zuständigen Richter an :wink:.

Gerade in Gegenden, wo es noch "altbackener" zugeht (z. B. Süddeutschland) wird das eher noch so gesehen wie 1950 - und in liberaleren, gerade im Rheinland, dürfte da manch ein Richter schon die Augen verdrehen bei der Klageschrift. Trotzdem: Das Duzen eines Beamten kann als Beleidigung eingestuft werden, je nach Situation - normalerweise fällt das unter Unhöflichkeit (die nunmal nicht strafbar ist). Ich würde es nicht drauf ankommen lassen, außer man ist ein stadtbekannter Rüpel :wink:, dem man abkauft, dass er unhöflich hoch zehn ist und vor niemandem Respekt hat.

Nur mal noch zum Einzelfall: Es ist u. U. auch erlaubt, einen Polizisten "Bulle" zu nennen: Das LG Regensburg hat dazu mal entschieden, dass solang man nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, z. B. wenn man morgens von der Polizei geweckt und sich noch mental im Bett befindet (Schlaftrunkenheit), auch das nicht unbedingt als Beleidigung zu verstehen ist (3 Ns 134 Js 97458/04). Aber hier ging es eher darum, dass man gefragt wird, ob man die anwesenden Beamten für Bullen hält und das eben bejaht :wink:. Auch hier: Darauf ankommen lassen würde ich es nicht :wink:, das ist eher ein Urteil mit Seltenheitswert.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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