Der einsame Tod hinter der Wohnungstür

vom 28.06.2009, 11:47 Uhr

Immer mehr liest oder hört man von einer steigenden Anzahl von Menschen, die erst nach Tagen oder sogar Wochen nach ihrem Tod gefunden werden. Es liegt wohl daran, das viele ältere Menschen heute alleine und isoliert leben. Leider gibt es kaum noch funktionierende Nachbarschaften. Der Trend zum Wegsehen und sich nicht zuständig fühlen nimmt leider immer mehr zu und die soziale Kälte wird immer stärker.

Ich habe das Glück eine gut funktionierende Nachbarschaft zu haben, wo jeder jedem hilft, falls er Hilfe benötigt. Auch wird auf den Anderen geachtet und man macht sich Gedanken, wenn einem etwas ungewöhnlich vorkommt. So war es auch mal, als ich noch sehr spät abends bei meiner 70-jährigen allein lebenden Nachbarin anrief, um nachzufragen, ob alles in Ordnung sei, denn sie hatte die Jalousien nicht runter gezogen, was sonst nicht der Fall ist. Sie war sehr gerührt und freute sich darüber, das ich so Aufmerksam war und sagte: "Wer achtet heutzutage noch auf den Anderen?"

Für mich ist das selbstverständlich, denn wie schnell kann ein älterer Mensch stürzen und liegt dann hilflos in seiner Wohnung. Ich finde es sehr schade, das diese soziale Kälte aber immer mehr zu nimmt und viele nur wegsehen.

» fenasofia » Beiträge: 530 » Talkpoints: 22,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Hallo!

Ich denke nicht, dass es unbedingt die soziale Kälte der Nachbarn ist, wenn jemand erst nach ein paar Tagen oder Wochen gefunden wird. Ich wohnte 250 km von meiner Mutter entfernt und hatte auch bis zu ihrem Tod keinen Kontakt mehr mit ihr. Ich habe mir aber trotzdem oft Gedanken gemacht, was ist, wenn sie in ihrer Wohnung einfach umkippt oder nicht mehr wach wird. Die Nachbarn waren wirklich nett und sie haben sich anfangs auch um meine Mutter sehr bemüht. Aber im Laufe der Zeit hat sie sich es mit allen ziemlich verscherzt in dem Haus. Sie wohnte in einem Haus, wo sehr viele Parteien wohnten.

Sie ist zum Glück nicht in der Wohnung gestorben, sondern ist bei einem Kirchgang umgekippt. Aber ich denke, dass man auch sie erst irgendwann gefunden hätte. Das lag aber nicht an der sozialen Kälte der Nachbarn.

Hier wohnt ein älterer Herr, der auch alleine ist und auch ziemlich einbrödlerisch lebt. Ich denke, dass man ihn auch erst spät finden wird, wenn etwas passiert. Ich habe ihm meine Telefonnummer gegeben, wenn was ist. Aber das nutzt nicht viel, wenn er umkippt oder nicht wach wird. Ich wüßte aber auch nicht, was ich machen sollte, wenn ich ihn ein paar Tage nicht sehe. Denn ich sehe ihn oft ein paar Tage nciht, weil er sehr zurückgezogen in einem Hinterhaus lebt. Ab und an sieht man mal Licht. Aber ich will mich auch nicht aufdrängen.

Ich finde es zwar schlimm, wenn man einen Toten erst nach ein paar Tagen oder gar Wochen findet, aber oft sind die Menschen, die nicht gefunden werden selber schuld, weil sie sich sehr zurückziehen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Hallo Diamante,

das tut mir leid mit deiner Mutter, das sie es sich mit ihren Nachbarn verscherzt hatte.

Ich denke aber doch, das es an der sozialen Kälte unserer Gesellschaft liegt, ich denke da zum Beispiel an die vielen Hochhäuser, wo man den eigen Nachbarn nicht kennt oder kennen will, dort ist alles anonym. Meistens passieren solche Sachen doch in großen Wohnanlagen, aber auch in kleineren Siedlungen. Selbst in meinem kleinen Ort, mit knapp 10000 Einwohner ist das schon passiert, wo ein Mensch wochenlang tot in seiner Wohnung lag und das in einen Haus mit nur 4 Mietparteien und da ist es auch niemandem aufgefallen.

Ich denke schon, das das die soziale Kälte ist und die meisten nur wegschauen und denken, "was geht mich mein Nachbar an". In unserer Region haben sich jedenfalls solche Fälle in den letzten 2 Jahren gehäuft.

» fenasofia » Beiträge: 530 » Talkpoints: 22,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Hallo zusammen,

also es ist nicht unbedingt die soziale Kälte, wie ich finde, die es zu solchen Vorkommnissen kommen lässt. Man möchte als Nachbar nicht aufdringlich oder gar neugierig erscheinen. Und leider kommt es einigen Mitbewohnern im Haus aber so vor, als sei man neugierig, wenn man sich ein wenig mehr für sie und ihren Lebenswandel interessiert.

Ich selbst wohne in einem Haus, in dem insgesamt 9 Wohnungen sind. Unter uns haben ältere Leute gewohnt, bei denen wir ab und zu zu Besuch waren. Allerdings wohnen hier im Haus auch Menschen, die sich selbst so abschotten und auch niemanden aus dem Haus grüßen. Bzw man sieht diese Menschen nicht mal persönlich, sondern man sieht nur Licht in der Wohnung und das nicht mal regelmäßig. Bei besagter Mietpartei würde es sicher auch Wochen dauern, bis jemand dort nachhaken würde, ob etwas nicht stimmt. Wir im Haus wundern uns alle, was dort oben in der Wohnung passiert, denn man hört schon Geräusche von oben (Waschmaschine z. B.), nur sieht man niemals jemanden. Die Frau, die dort wohnt, geht nicht mal zu tagsüber Briefkasten. Also da liegt es nicht an den Mitbewohnern im Haus, wenn dort mal etwas passiert und es tagelang nicht bemerkt wird. Denn wir machen uns ja schon unsere Gedanken. Nur kann man die Nachbarn nicht zwingen, sich mit anderen Nachbarn zu unterhalten oder gar aus der Wohnung zu gehen, wenn andere Menschen unterwegs sind.

Ich finde es schade, dass es solche Menschen gibt, denn gerade in einem solch kleinen Haus ist es doch ganz nett, wenn man ein gutes Verhältnis zu den anderen Mietern hat. Allerdings mögen manche Menschen eher die Einsamkeit und dann sollte man sie auch so leben lassen.

Wie das in großen Wohnanlagen ist, kann ich nicht sagen, da ich nie in einer gewohnt habe. Und ehrlich gesagt möchte ich das auch nicht, da mir Städte im Allgemeinen ein Graus sind. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es dort ebenso ist, wie auf dem Dorf. Denn niemand lässt sich gerne den Vorwurf machen, neugierig zu sein. Und wie bereits erwähnt, manche Menschen empfinden es als Neugier, wenn man mal nachfragt, weil man sich Sorgen macht. Und auch wie Diamante schon sagt, Aufdrängen möchte man sich auch nicht. Und wenn man schon diverse Versuche unternommen hat, mit den Nachbarn zu sprechen, diese aber immer wieder abgeblockt werden, dann verliert man auch schnell wieder das Interesse. Zwingen kann man niemanden und man weiß auch nicht, warum diese Menschen eher einsam leben wollen.

LG P-P

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» P-P » Beiträge: 3246 » Talkpoints: 1,58 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Das sowas nur in grossen Wohnanlagen passiert glaube ich auch weniger. Dort kennt man zwar seine Nachbarn nicht unbedingt, weil da auch sehr viel ein und ausgezogen wird. Aber solche Fälle auf diese Wohngegenden eingrenzen halte ich für falsch.

Selbst hier, eine kleine Siedlung mit ein Einfamilienhäusern, hat Leute, die mit allen gleich zu Beginn gestritten haben. Wenn die Leute in ihrem Haus umfallen und nicht mehr aufwachen, interessiert das auch niemanden. Der Sohn ist Fernfahrer und kommt auch nur alle 4 bis 6 Wochen mal nach Hause.

Selbst die Oma von anderen Nachbarn, die immer die Urlaubsversorgung vom Haus übernimmt, könnte drin umfallen und niemand merkt es. Wenn sie hier ist, dann geht sie auch allen anderen Leuten aus dem Weg. Und es ist nunmal so, das die Leute im Alter eben auch meist ein bisschen Wunderlich werden. Und sich wegen Kleinigkeiten mit der Nachbarschaft streiten, wo sie früher drüber gelächelt hätten. Also macht man sich als Nachbar dann auch keine Gedanken um diese Leute.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich grenze es ja nicht auf große Wohnanlagen ein, denn wie ich schon geschrieben habe ist so etwas ja auch schon in meiner Gemeinde in einer kleineren Siedlung passiert. Aber ich finde nun mal das es in solchen Wohnanlagen häufiger vorkommt, eben weil alles so anonym ist.

Und das ist keine soziale Kälte, wenn man sich über seine Nachbarn, gerade wenn es ältere Herrschaften sind und vielleicht auch mal ein wenig wunderlich erscheinen, keine Gedanken macht. Also, ich empfinde so etwas schon als soziale Kälte.

» fenasofia » Beiträge: 530 » Talkpoints: 22,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich kann nur bedingt bestätigen, dass sich kein Nachbar mehr um den anderen kümmert. In unserem Haus wohnen mehrere Parteien. Als meine Nachbarin noch lebte ( bis 04.10) habe ich öfter mal geschellt um nach ihr zu sehen, oder ich habe telefonisch versucht, sie zu erreichen.

In dem Haus, wo meine Schwester wohnte, gibt es vier Mieter. Hier kümmerte sich einer um den anderen. Im Mai rief mich sonntags ihre direkte Nachbarin um 9.00 Uhr an und sagte mir, dass meine Schwester die Rolläden noch nicht hochgezogen habe, was sie in all´ den Jahren noch nicht erlebt hätte. Auf Klingeln und Telefonanrufe würde sie nicht reagieren. Wir sind sofort hingefahren. Als wir die Tür öffneten, fanden wir sie auf der Couch eingeschlafen.

Ich will damit sagen, dass Nachbarn auch heute noch besonders auf Einzelpersonen achten. Und das finde ich auch gut so. In einer völligen Anonymität möchte ich nicht leben. Die Menschen sind wirklich zu bedauern.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich finde schon, dass man einen Unterschied zwischen einem Dorf und der Großstadt merkt. Ganz besonders schlimm ist es in diesen riesigen Mehrfamilienhäusern, wo zum Teil 40-50 Parteien wohnen. Dort kennt kaum einer den anderen. Das ist zwar irgendwo schade, aber erst mal nicht weiter schlimm. Ich wohne auch in einem Mehrfamilienhaus, zwar nur mit sechs anderen Wohnungen, aber trotzdem habe ich kaum Kontakt zu meinen Nachbarn und kenne diese nicht weiter. Trotzdem würde ich mir Gedanken machen, wenn in der Wohnung unter mir auf einmal mehrere Tage keine Waschmaschine laufen würde oder der Briefkasten überquillt. Vielen Leuten ist das aber tatsächlich egal, da sie der Meinung sind, dass das Leben der anderen Leute sie nichts angeht. Und so werden Tote manchmal erst nach Wochen oder gar Monaten entdeckt. Ich frage mich viel eher, wieso den anderen Hausbewohnern der Gestank nicht aufgefallen ist.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich finde es wirklich erschreckend, wie viele Menschen alleine wohnen und auch alleine sterben. Da macht man sich schon so seine Gedanken und es schaudert einen leicht, wenn man sich vorstellt, dass es einem selber vielleicht auch mal so gehen könnte.

Ich würde allerdings nie auf die Idee kommen bei meinen Nachbarn anzurufen, wenn sie mal irgendetwas nicht getan hätten, was sie sonst tun. Ich bekomme davon auch wenig mit, da ich sie nicht so oft sehe und nicht wirklich darauf achte, was sie tun. Auch hätte ich eher Angst sie zu belästigen, wenn ich wegen einer "Kleinigkeit" anrufen würde. Ich finde es allerdings gut von dir, dass du das getan hast und dir Sorgen machst. Es sollte sich wirklich jeder wünschen, dass er eine so gute Nachbarschaft hat, damit einem solche Dinge nicht passieren können.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich bin auch der Meinung dass die soziale Kälte immer mehr zunimmt. Im Fernsehen habe ich einmal ein Video gesehen, dass einen Ausschnitt aus einem Clip einer Überwachungskamera zeigte, die sich in einem gewöhnlichen Warteraum vor dem Sprechzimmer eines Arztes befand. Darin war eine alte Frau zu sehen, die von ihrem Sitz aufstand und gleich wieder hinfiel und starb. Das Unfassbare: Im Raum waren auch noch andere Patienten und sogar ein Polizist anwesend. Aber kein einziger hat sich auch nur im Mindesten gerührt, um der alten Dame behilflich zu sein. Später wurde festgestellt dass ihr Leben hätte gerettet werden können, wenn man der alten Frau geholfen hätte.

Auch wenn man auf der Straße etwas fallen lässt, findet sich mittlerweile so gut wie niemand mehr, der einmal behilflich ist und beim Aufsammeln helfen würde. Jedenfalls ist es mir bisher noch nie so ergangen, und die Menschen in meiner Stadt zeichnen sich weder durch besondere Freundlichkeit noch durch große Teilnahmslosigkeit aus.

Es gab bei uns in der Nachbarschaft auch schon einmal einen Fall, bei dem man einen alten Herrn erst gefunden hatte, nachdem dieser schon halb vergammelt war. Ich finde es wirklich erstaunlich dass sich scheinbar wochen- , eventuell sogar monatelang keiner bei ihm gemeldet hatte, um mal mit ihm zu reden oder sich allgemein einfach mal bei ihm zu erkundigen. Dass man es später erst am Geruch, beziehungsweise wohl eher Gestank, festgestellt hat, ist ja klar. Aber trotzdem... ich kann das einfach nicht verstehen.

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» porcelain » Beiträge: 1071 » Talkpoints: 5,47 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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