Haben alle Menschen gleiche Träume?

vom 22.06.2009, 18:08 Uhr

Hallo,

Viele Wissenschaftler haben bereits das Phänomen des Traumes und des Träumens wissenschaftlich untersucht. Sie sind dabei nicht zu identischen Schlüssen gekommen, es gibt viel mehr verschiedene Theorien, von denen manche mehr, manche weniger anerkannt sind.

Eine verbreitete Theorie ist aber, dass alle Menschen dieselben Traummuster hätten. Es gäbe bestimmte "Urbilder", Archetypen, die bei jedem Mensch gleich vorhanden wären, verglichen vielleicht mit Instinkten bei Tieren. Bestimmte Vorstellungen und Bilder seien von Geburt an in jedem Menschen tief verankert, instinktiv im Gehirn vorhanden, egal, aus welcher Kultur und Zeit ein Mensch stammt, unabhängig davon, wie alt er ist, wie er aufwuchs und welchem Geschlecht er angehört.

Ist diese Theorie mittlerweile wissenschaftlich eindeutig gestützt? Wisst ihr, ob es neuere Studien darüber gibt?

Ich persönlich bin mir nicht schlüssig darüber, ob diese Theorie so stimmen kann, oder nicht. Tatsache ist, dass es schon viele Menschen gibt, die ähnliche Dinge träumen. Ein verbreiteter Traum bei vielen Menschen scheint zu sein, fliegen zu können, oder dass einem die Zähne ausfallen. Das sind beides Träume, die auch ich kenne.

Aber könnte es nicht sein, dass das keine angeborenen Urbilder sind, sondern einfach Folgen unseres alltäglichen Erlebens? Könnte ein Mensch, der nichts von Zähnen weiß, träumen, dass sie ihm ausfallen? Mir stellt sich hier die Frage, ob das wirklich angeborene Urtraumbilder sind, oder ob das alles mit Erlebnissen, die wir real hatten oder von denen wir gehört oder gelesen haben, abhängig ist.

Ein anderer Einwand meinerseits wäre, dass viele Menschen heute ja auch von Autos träumen. Ich glaube, dass früher, vor der Erfindung des Autos, keine Träume über Autos existierten. Das scheint also eine Folge des Erlebens zu sein und keinesfalls ein Archetyp. Allerdings besagt die Theorie ja auch nicht, dass alle Träume bloß Urbilder darstellten. Es könnte durchaus sein, dass einige von Urbildern und andere durch das echte Erleben beeinflusst sind.

Was denkt ihr darüber?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Hi,
Es heißt ja immer, dass der Traum das Gespräch mit seinem eigenen Unterbewusstsein ist. Im Traum verarbeitet man Erlebtes, verdaut Dinge, die man im Alltag gar nicht wirklich wahrnimmt und verfestigt Gelerntes. Sich über seine Träume im Klaren zu sein bzw. die häufigsten Traumsequenzen zu kennen, ist in meinen Augen deswegen wichtig, weil ich dann sehe, was mich bedrückt, was mich unterbewusst beschäftigt.

Ich halte die Theorie, dass alle Menschen ähnliche Traummuster haben, bzw. es bestimmte Grundmuster gibt, die alle haben, als eher fragwürdig. Und wenn, dann mag das daran liegen, dass wir alle mit ziemlich ähnlichen Grundproblemen konfrontiert sind und deswegen viele Ängste haben, die ähnlich sind. So zum Beispiel hat sicherlich jeder, in unserer so stressigen Zeit, Verlustängste. Familie und Job zu vereinbaren ist zunehmend schwierig, bzw. steigen Anforderungen an den einzelnen und der Leistungsdruck wird nicht gerade weniger. Dass dann viele vom Fliegen, DEM Sinnbild für Freiheit und Unabhängigkeit träumen, verwundert nicht.

Auch ist doch jeder davon betroffen, dass in unserer Gesellschaft Schönheit Macht bedeutet. Wir sind sehr auf das Äußere konzentriert und durch die Medien wird uns konstant ein gewisses Ideal, das es zu erreichen gilt, suggeriert. Dass dann manche vom Verlust der Zähne, einem wichtigen Teil unserer körperlichen Visitenkarte träumen, verwundert mich ebenfalls nicht. Solche Träume können sich dann aufgrund der ähnlichen Lebenssituationen und Stressfaktoren im Alltag sicherlich ähneln.

Ich denke aber, dass vor allem Träume, die sich mit den Emotionen und persönlichen Beziehungen beschäftigen, Verluste oder große Liebesgefühle betreffen, sehr individuell sind. Auch hat jeder Mensch andere Wünsche, die ihm im Traum unterbewusst gezeigt werden. Auch hier denke ich, dass sich kaum gemeinsame Traummuster erkennen lassen, da auch solche Wünsche sehr individuell sind.

Nicht zuletzt denke ich, dass man nicht sagen kann, dass alle Menschen der Welt, unabhängig von Kultur, gleiche Traummuster haben. Denn jede Kultur erzeiht ihre Mitglieder anders, Mitglieder verschiedener Kulturen bewerten Dinge anders. Demzufolge haben die Träume auch ganz unterschiedliche Schwerpunkte und Probleme. DInge, die für uns dramatisch sind und daher in Alpträume ausarten, sind für andere Kulturen eventuell so "unwichtig" dass sie gar nicht erst ins Unterbewusstsein vordringen, also auch nicht "träumungswürdig" sind. Ich bin der Meinung, solche Pauschalisierungen sind kaum haltbar. Falls doch, würde ich gerne die Studie, deren Anlage, Durchführung und Ergebnisse lesen :)

Für mich sind Träume individuell, basieren auf unterschiedlichen Wertvorstellungen und Wünschen der einzelnen Menschen und sind daher bei jedem Menschen anders. Es mag Symbole geben, die sich von Zeit zu Zeit bei einem jedem von uns finden lassen, was eben auf ähnliche Grundängste und -stressoren zurückgeht. Dennoch verarbeitet diese jeder wiederum anders und daher können meiner Meinung nach auch die Träume nicht gleich sein.

» steffi11191 » Beiträge: 1275 » Talkpoints: -2,88 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Hallo Steffi,

Danke für deinen schönen Beitrag. Er drückt sehr gut aus, was ich auch zu diesem Thema denke. Allerdings habe ich noch einen kleinen Beitrag zum Thema "kulturelle Unterschiede":

Ich persönlich bin eigentlich asiatischer Herkunft. Ich habe einige Jahre in Asien gelebt, seit der Einschulung bin ich allerdings in Deutschland. Ich kann mich nicht an viel aus meiner früheren Kindheit in Asien erinnern, allerdings weiß ich einige Bruchstücke noch ganz genau, darunter auch die Inhalte einiger Träume. Und ich muss sagen, dass das keine anderen Träume waren, als die aus späterer Zeit, in der ich fast nur noch in Deutschland war. Es waren im Grunde dieselben Inhalte. Nun frage ich mich, ob das doch irgendwelche Urträume der gesamten Menschheit waren?

Ich persönlich glaube aber eher, dass sich Asien und Deutschland vielleicht doch einfach in einigen Dingen so ähnlich sind, dass es möglich ist, dort wie hier in dieselben Lebenssituationen zu geraten und demnach auch ähnliche Dinge zu träumen. So unterschiedlich ist die Mentalität zwischen einigen Asiaten und einigen Deutschen übrigens gar nicht. Es wird nur immer so als riesiger Unterschied aufgebauscht, vielleicht, damit man eine Ausrede hat, einander nicht verstehen zu müssen. ;)

Aber eine groß angelegte Studie zu Trauminhalten würde mich wirklich sehr interessieren. Man müsste protokollieren, was Menschen aus allen verschiedenen Regionen der Welt, aus verschiedenen sozialen Verhältnissen und Altersgruppen, träumen, und dann mal vergleichen. Dann würde man sehen, ob bestimmte Dinge regional unterschiedlich oft geträumt werden. Das wäre dann ja ein Hinweis darauf, dass Träume vom Alltagsleben abhängig sind. Aber ob so eine Studie möglich wäre? Geld wird ja für die unsinnigsten Studien ausgegeben, also müsste man diese hier doch auch verwirklichen können. Ich frage mich nur, ob genug Menschen ehrlich über ihre Träume Auskunft geben würden.

Irgendwie erscheint es mir einfach kaum möglich, dass Menschen von Dingen träumen, von denen sie gar nichts wissen. Wie gesagt, wenn einer noch nie einen Zahn gesehen hätte, ganz theoretisch gesprochen, dann würde er wohl kaum von einem träumen. Und selbst, wenn ich als Mensch, der zum Glück selbst noch niemals Krieg erleben durfte, von Krieg träume, dann denke ich, kann ich das nur, weil ich aus den Medien weiß, was Krieg ist. Hätte ich es nie aus den Medien gehört, würde ich wohl auch nie davon träumen, oder?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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