Problem im Umgang mit behinderten Menschen

vom 30.03.2009, 12:30 Uhr

Also ich wollte doch mal nachfragen ob es andere Leute gibt die auch Probleme haben mit dem Umgang mit behinderten Menschen haben. Ich selbst habe 2 schwerbehinderte Cousins, und das Zusammenleben gestaltet sich meist wegen anderen Menschen als Schwierig.

Einer davon hat das Prader-Willi-Syndrom, das heißt das bei ihm eine Unvollständigkeit des 15. Chromosoms vorliegt. Die Krankheit äussert sich dadurch dass er einen unstillbaren Hunger hat und gar nicht satt werden kann. Andere Beschwerden sind auch, dass er z.B. ein verkürztes Zungenbändchen hat und deshalb viele Worte nicht richtig aussprechen kann. Die Ärzte sagen jedoch dass er im Kopf absolut fit sei.

Da er noch 2 ältere Schwestern hat und einen jüngeren Bruder, ist das Zusammenleben oft nicht einfach, da er mit seinen 17 Jahren fast das Dreifache eines "normalen" Kindes wiegt, und er es nicht verstehen kann wenn die immer essen können wenn sie wollen und das sie so viel dünner sind als er. Oft gab es auch Unverständnis auf der Seite seines kleinen Bruders, der damals einfach noch zu klein war um zu verstehen dass er nur "heimlich" essen darf und warum die Küche abgesperrt ist.

Wenn man mit ihm unterwegs ist, was ich des öfteren mal bin, dann wird man oft angestarrt, wobei ihm das eigentlich wenig ausmacht. Er lächelt die Leute dann an oder redet einfach drauflos. Leider kann man mit ihm nicht mal einfach bei einem Bäcker was zu essen holen gehen, und das macht auch die Spaziergänge in der Stadt immer zu einer Herausforderung.

Der Hunger ist ihm angeboren, er kann nichts dafür dass er immer das Verlangen nach Essen hat, und wenn man dann mitten in der Stadt steht und ihm versucht zu erklären dass er erst vor 15 Minuten etwas gegessen hat und es jetzt nichts gibt (Einfach weil er eine bestimmte Diät machen muss und das nicht essen DARF, er könnte daran sterben) dann bleiben oft auch Passanten stehen und schauen zu.

Was ich am Schlimmsten finde sind die Menschen, die ihn anschauen und dann so laut über ihn lästern dass er es hören kann. Dann ist er meistens den restlichen Tag schlecht gelaunt und will mit keinem mehr reden. Wenn ich höre dass jemand so etwas sagt, dann werde ich schonmal sauer und spreche denjenigen an ob er zu dumm ist um zu sehen das mein Cousin krank ist. Und ob er es gut finden würde wenn jemand mal über sein Kind so reden würde.

Was noch dazu kommt ist das mein Onkel vor 4 Jahren, an einem Herzinfarkt, vor seinen Augen gestorben ist. Er versteht das nicht und wartet manchmal stundenlang vor der Türe auf seinen Papa, und wenn ihn jemand fragt was er da macht dann sagt er dass sein Papa bald nach Hause kommt, oft kommen dann die Nachbarn zu meiner Tante und fragt sie warum wir ihm so einen Mist erzählen würden. Aber er denkt es sich einfach so.

Und jetzt meine Frage an euch, wie geht ihr damit um wenn ihr hört wie jemand so über einen Menschen redet der für seine Lage offensichtlich nichts kann? Kennt jemand vielleicht diese Krankheit? Ich könnte ganze Bücher füllen über Ihn mit Fragen und Erfahrungen.

» LikeDiamonds » Beiträge: 94 » Talkpoints: 3,24 »



Hallo!

Ich kenne mich mit der Krankheit gar nicht aus. Aber ich würde niemals über einen Behinderten lästern und schlecht über ihn reden. Ich finde solche Leute unmöglich, die schlecht über Behinderte reden und dann auch noch so, dass sie es mitbekommen. Diese Leute machen sich anscheind wirklich keine Gedanken, was sie damit den Behinderten antun. Ich denke, dass solche Menschen wirklich dumm sind, wenn sie glauben, dass die Behinderten nichts davon mitbekommen.

Ich muss sagen, dass ich noch nie etwas mit Behinderten zu tun hatte und auch keine Ahnung vom Umgang mit ihnen habe. Aber ich würde niemals auf die Idee kommen, so laut etwas zu sagen, dass sie es mitbekommen müssen. In dem Laden, in dem ich früher gearbeitet habe, kam auch immer ein behindertes Paar vorbei. Sie kamen gleich zu mir und fragten wir ich heiße und meistens kamen sie dann einmal am Tag und haben ein paar Minuten mit mir und den anderen Anstellten geredet. Sie waren zwar eher wie Kinder, aber man konnte doch trotzdem normal mit ihnen sprechen. Dort hat keiner schlecht über die Beiden gesprochen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich muss sagen, dass ich die hier angesprochene Behinderung gar nicht kenne. Was mir bisher bekannt war, und vielleicht von außen ähnlich anzusehen ist, war bisher ausschließlich Fettleibigkeit (im Sinne von Adipositas). Bei dieser Art der Fettleibigkeit handelt es sich nicht zwangsläufig um eine genetische oder andere Art von Krankheit - zum Teil resultiert sie einfach aus einer falschen, ungesunden Lebensweise.

Gerade bei soetwas finde ich es schwer, auf der Straße im Vorbeigehen zu erkennen, was nun auf die betreffliche Person zutrifft. Allein am Körpergewicht kann man jedenfalls keine angeborene Behinderung erkennen. Aber gerade, weil man es nicht erkennen kann, würde ich mich auch hüten, irgendwelche blöden Sprüche zu reißen. Denn ganz egal, ob die betreffende Person behindert ist oder nicht - zu schaffen machen solche Bemerkungen jedem.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde dieses erzwungene Wegschauen und Schweigen, wenn ein behinderter Mensch in der Nähe ist, fast noch schlimmer.

Ich hatte als Kind und auch Jugendlich an sich gar keinen Kontakt zu behinderten Menschen. Wenn meine Mutter mit uns beiden Kindern unterwegs war und es kam uns ein behinderter Mensch entgegen, sagte ( oder befahl eher) uns schon früh genug vorher, das wir jetzt ja nicht reden dürfen. Ich nehme an, das sie Angst hatte, das halt so Fragen kommen wie: Warum hat der Mann da keine Beine?. Ich kann mich auch nicht erinnern, das uns das dann später erklärt wurde.

Vor wenigen Jahren habe ich in einer kleinen Metzgerei auf dem Land gearbeitet. Zur Kundschaft gehört auch eine junge Familie, die einen Sohn hatte der ADHS hatte und extrem hyperaktiv war. Und somit halt dann halt wohl auch des öfteren bei meiner Chefin negativ aufgefallen ist. Als die Mutter mit ihrem Kind das erste Mal den Laden betrat, ich hatte gerade erst angefangen dort zu arbeiten, zog mich meine Chefin beiseite. Ich solle ja auf keinen Fall was über den Sohn oder so sagen. Ich meine das ist was, was man als Verkäuferin eh nicht macht und ich wusste auch gar nicht so recht was sie von mir wollte. Ich habe den Jungen während meiner Zeit dort als wohlerzogen erlebt. Kann sein das er auffällig war. Aber auch nicht wesentlich mehr als andere Kinder die ich in meiner beruflichen Laufbahn kennengelernt hatte. Wobei meine Cheffin da eh mit zweierlei Mass gehandelt hat und mit kranken Menschen wohl generell nichts anfangen konnte. Über die verstorbene Schwiegermutter erzählte sie, das diese ja schwer depressiv und so schwierig gewesen sei. Einmal war eine Kundin mit Wehen im Laden. Zu ihrer Tochter sagte sie nachher die schwangere Frau X. war einkaufen und die hätte sich vielleicht angestellt. Als die Tochter aber selbst ein Kind bekam und Wehen hatte, war die werdende Oma total durch den Wind.

Ich selbst habe ja eine Borderline- Persönlichkeitsstörung. Die ist an sich auch als Behinderung anerkannt. Ansehen tut man mir das im grossen und ganzen nicht, wenn da nicht diverse Narben wären. Ich gehe selbst im Hochsommer nur langärmlig aus dem Haus. Leider auch im Familienkreis. Ein Teil von mir schämt sich einfach zu sehr. Und vorallem weiss ich auch nicht, was ich auf Fragen antworten soll. Genauso schlimm ist aber dann auch das betretende Schweigen, wenn man die Narben dann halt doch mal sieht.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Um mal auf den Beitrag meiner Vorrednerin zu antworten: Wenn kleine Kinder Behinderte anstarren und Fragen stellen, finde ich das nicht schlimm, das ist eben etwas, was sie noch nicht verstehen und kennen, und wo sie versuchen sich ein Bild davon zu machen und es zu begreifen. Ich weiß aus Erfahrung, dass es einem als Erwachsenem recht peinlich sein kann, wenn ein Kind mit durchdringender Stimme solche Fragen stellt und ich kann mir auch vorstellen, dass das für die betroffene Person unangenehm ist, aber es sind eben Kinder, und man sollte es ihnen, gerade wenn sie noch sehr klein sind, nicht übel nehmen.

Als ich mitten in der Pubertät war und mein ganzes Gesicht geblüht hat, hat mich eine Kindergartenfreundin meiner kleinen Nachbarin mal gefragt, warum ich denn so viele Pickel hätte und hat dann auch gleich angemerkt, dass das ja nicht schön aussieht. Ihre Mama wäre am liebsten im Boden versunken und ich war nicht eben erbaut, aber im Nachhinein denke ich mir, dass einem so etwas als Vierjähriger eben auffällt und dass man dann wissen will, warum das so ist und man sagt, was man denkt. Höflich oder nett ist das natürlich nicht, aber Kinder nehmen die Welt eben anders wahr.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn Kinder Beleidigungen rufen oder ähnliches, das sollte man auf jeden Fall unterbinden und ihnen schon sehr früh klar machen, dass so etwas unter keinen Umständen toleriert wird.

Und bei Erwachsenen liegt der Fall natürlich völlig anders. In einem anderen Thema wurde ja schon darüber gesprochen, dass man als Behinderter oft angegafft wird, die hier erwähnten Beleidigungen sind natürlich noch eine Nummer härter. Ich finde, wenn man sich als erwachsener, denkender Mensch auf diese Art und Weise gebärdet ist das ein totals Armutszeugnis. Ich persönlich hatte noch nie das Bedürfnis Behinderte anzustarren oder ihnen gar Beschimpfungen an den Kopf zu knallen oder laut(auch nicht leise übrigens) über sie zu lästern. Ich kann daher auch absolut nicht nachvollziehen, was einem das gibt sich über andere zu stellen. Wenn die Leute mitleidig reagieren, ist es vielen vermutlich schlicht nicht bewusst wie unhöflich das ist und wie eingebildet das wirkt. Wenn man böse Bemerkungen vom Stapel lässt oder Leute angafft, wie ein Zootier, sollte das aber jedem klar sein, wie erbärmlich ein solches Verhalten ist.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


@ Sorcya

Deshalb kann ich ja auch das Verhalten meiner Mutter damals nicht verstehen. Mit behinderten Menschen habe ich damals Menschen verbunden, denen ein Arm oder Bein fehlten und das muss im Krieg passiert sein, dachte ich. So habe ich es quasi "gelernt". Ach ja ich bin Anfang der 70er Jahre geboren, der Krieg war also schon lange rum.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich wollte dich auch gar nicht kritisieren, sonder eher kund tun, dass ich fas genauso sehe und vor allem den Unterschied zwischen Kindern ud Erwachsenen deutlich machen.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich habe das auch durchaus nicht als Kritik aufgefasst. Ich hätte es für mein Leben einfach besser gefunden, wenn man mit dem Thema Behinderung offener umgegangen wäre. Wenn man mir richtig erklärt hätte, warum manche Menschen "anders" sind. Und halt auch, das man vorallem bei Kindern in dem Fall auch mal ein Auge zudrücken sollte, wenn sie fragen. Denn nur so können sich Kinder damit auseinandersetzen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Also ich habe auch schon Andere angesprochen, wenn sie meinten sich über einen behinderten Mensch lustig zu machen oder zu lästern. Auch wenn es oftmals nix bringt, finde ich es wichtig, vor allem um den behinderten Mensch(mit dem man vielleicht gerade unterwegs ist) zu zeigen, dass auch er etwas Wert ist.

Kindern zu erklären was diese oder jene Behinderung ist, ist oftmals echt schwer. Aber mir fällt dazu ein schönes Beispiel ein.

Eine Gruppe behinderter Menschen im Rollstuhl und deren Betreuer sind unterwegs. Dann kam eine Mutti mit ihrem Kind vorbei und das Kind fragte natürlich. "Mutti was ist mit denen" und die Mutti erklärte einfach" Das ist ein Kinderwagen für Erwachsene die nicht richtig laufen können"

Dies finde ich z.B. als guten Einstieg, einem Kind es erstmal vereinfacht zu erklären warum jemand im Rollstuhl unterwegs ist. Das Kind wird es verstehen und später vielleicht immer mehr dazu lernen, wenn man mit Behinderungen offen umgeht, und nicht gar nix dazu sagt oder es ignoriert und das Kind somit nicht "aufgeklärt" werden kann.

» froce » Beiträge: 110 » Talkpoints: 9,37 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich kenne die angesprochene Behinderung auch überhaupt nicht und kann dazu schon mal nichts sagen.

Allerdings zu Behinderungen an und für sich schon. Ich bemühe mich auch, meinem Sohn einen sehr toleranten Umgang mit Behinderten vorzuleben, was aber nicht immer einfach ist. Als wir neulich den Kinderarzt verlassen wollten, kam eine Gruppe Down-Kinder herein. Eines war (so hab ich es interpretiert) total aufgeregt, es gab unverständliche Laute von sich und irgendwie war das ganze Kind in Bewegung. Natürlich schauten alle auf die Gruppe und mein Sohn fragte, was mit dem Kind sei. Ich habe dann gesagt, dass das Kind wohl sehr aufgeregt sei, wäre er ja auch, wenn bestimmte Untersuchungen anstünden. Die Betreuerin der Gruppe hat mich daraufhin sehr freundlich angelächelt, so dass ich denke, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Und wie soll man einem 5-Jährigen auch die Behinderung Down-Syndrom erklären?

Beim Prader-Willi-Syndrom (wie sicher anderen Behinderungen auch) sieht man ja erst mal nur von außen, dass dieser Mensch schon anders ist. Und gerade bei Adipositas ist es ja häufiger, dass viele Menschen ihr Übergewicht gern auf die Umstände wie Krankheiten, Gene usw. schieben, alles bloß eben nicht selbst daran schuld sind. Zwar macht dies die Lästereien auch nicht besser, vielleicht aber verständlicher. Und auch wenn man nicht lästert, so sind extrem übergewichtige Menschen doch nicht so alltäglich, dass man nicht doch einen Blick mehr auf sie wirft. Bei aller Toleranz will ich mich da gar nicht ausschließen :oops:

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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