Deutsche zu faul zum Auswendiglernen?

vom 09.05.2008, 17:05 Uhr

Nachdem ich heute über das Thema mit dem Vokabellernen gestolpert bin, ist mir eine Frage aufgefallen, die mich schon seit einiger Zeit beschäftigt. Den Deutschen wird des Öfteren nachgesagt, dass sie in ihrem Leben viel zu wenig auswendig lernen. Stimmt das denn wirklich?

Wenn man sich beispielsweise die beiden Schulsysteme in Deutschland und Frankreich anschaut, so lassen sich wirklich derbe Unterschiede feststellen. So müssen Schüler in Frankreich bei Weitem mehr auswendig lernen als ihre Genossen in Deutschland. Auch das berufliche Leben spielt sich mehr im Kopf ab und hat mehr mit Fachwissen zu tun.

Wenn ich mich an meine Schulzeit zurückerinnere, so muss ich sagen, dass wir nicht viel auswendig gelernt haben und daher dazu neige, dieser These zuzustimmen. Ich kann mich nur an zwei oder drei Gedichte erinnern, die wirklich auswendig gelernt werden mussten. Aber eigentlich ist alles freier ausgelegt. Man kann sich hier zu Lande den Mut zur Wissenslücke leisten, wenn man weiß, wie man sie ausfüllen kann, indem man sich aushilft.

Da stellt sich grundsätzlich natürlich auch die Frage, ob das Auswendiglernen überhaupt so viel bringt. Sind jetzt andere Leute schlauer, wenn sie viel ihr Leben lang gelernt haben? Vergisst man nicht viel von dem, was man auswendig gelernt hat?

Wie seht ihr das Ganze? Habt ihr auch relativ wenige Erfahrungen mit dem Auswendiglernen gemacht oder würdet ihr diese Behauptung widerlegen? Bin mal auf eure Ansichten gespannt!

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» IceKing32 » Beiträge: 1238 » Talkpoints: -5,40 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Keine Ahnung ob man jetzt gleich sagen kann, wir Deutschen wären zu faul etwas auswendig zu lernen. Ich musste es in meiner Schulzeit nur gelegentlich. Drei oder vier Gedichte waren es vielleicht, alles berühmte Klassiker von denen ich heute wohl nur noch einen auf die Reihe kriege. Bin ich deswegen zu faul gewesen, etwas auswendig zu lernen? Nö, ich habs immer brav gemacht wenn ich es sollte.

Aber die andere Seite der Medaille ist doch - was soll das Auswendiglernen bringen? Außer dass man auf einer Cocktailparty ganz toll mit einem Zitat eines Klassikers rüberkommt - ui, toll! Ich halte es für besser, wenn man sich Wissen aneignet oder logische Verknüpfungen schaffen lernt, als wenn man stumpf das Geschreibsel von irgendwelchen Berühmtheiten auswendig lernt.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Also das kommt erstmal darauf an, auf welcher Schule du warst bzw. man ist. Ich gehe auf ein Gymnasium und muss sagen, dass ich eigentlich sehr viel auswendig lernen muss. Deshalb vergesse ich auch vieles, weil es einfach zu viel wird. Ich muss für Chemie Formeln lernen, für Deutsch bestimmte Dichter und Schriftsteller kennen, und in Latein und Englisch natürlich massig Vokabeln. Ich finde, dass es viel zu viel ist, weil man sich da nichts mehr über längere Zeit merken kann. Man ist so im Stress und wenn man mit den Englisch Vokabeln endlich fertig ist, dann muss man die Lateinischen auch noch lernen.

Im Allgemeinen ist es natürlich sinnvoll Vokabeln zu lernen, allerdings sollte man das alles ein wenig mehr strukturieren und die Schüler nicht überladen und sich dann wunder, wenn schlechte Ergebnisse dabei herauskommen. Das Auswendig lernen trainiert auch das Gehirn und macht einen dadurch auch schlauer. Wenn man im Fernsehn kleine, aber wichtige Informationen hört, kann man sich diese viel Besser merken. Ich denke wir brauchen diese Gehirntraining, weil manche Deutsche vielleicht sonst wirklich verblöden würden, wenn man sein ganzes Leben nur einen Duden und eine Übersetzter benutzt hat.

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» .daviD » Beiträge: 1221 » Talkpoints: 5,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich kann dir da eigentlich nur zustimmen. Während meines Auslands Austausches nach Frankreich fällt natürlich sofort die viel längere Schulzeit dort auf. Aber auch, dass viel mehr gelernt und auswendig gelernt wird. Bei mir am Gymnasium wird schon rum gemurrt wenn man pro Halbjahr ein Gedicht oder eine Testpassage auswendig vortragen muss. Doch dort, und auch z.B. in Tschechien, wird viel mehr auswendig gelernt. Vokabeln werden heftiger gepaukt, so dass der Wortschatz größer wird. Aber auch Gedichte werden nicht nur interpretiert sondern auch knallhart gelernt. Und das manchmal innerhalb nur weniger Tage.

Ob das natürlich jetzt besser ist, sei dahingestellt. Ein paar Klassiker auswendig zu könne, kann jedoch gar nicht schaden. Und besonders in Hinblick auf Vokabeln bei Fremdsprachen kann es nur von Vorteil sein. Denn man kann die Grammatik sonstwie gut beherrschen und noch so viel über das Land wissen, am wichtigsten ist nun mal der Wortschatz. Aber ich will mich auf der anderen Seiten auch gar nicht darüber beschweren. Ich bin auch ganz froh wenn ich zusätzlich zu meinen Hausaufgaben nicht auch noch Lessing, Goethe & Schiller pauken muss. :D

» Mariechen04 » Beiträge: 9 » Talkpoints: 4,10 »



Erst mal zu dem französischen Unterricht: Der ist total einfach. Als wir in Frankreich waren, haben die in der neunten Klasse mit dem Brüche-Kürzen angefangen, das haben wir in der 6. Klasse gemacht. Insofern halte ich den Unterricht in Frankreich für nicht wirklich schwer, nur ewig in die Länge gezogen.

Und dann mal zu dem Auswendig-Lernen: Ganz ehrlich, den Eindruck habe ich nicht. Wir müssen des öfteren Gedichte oder ähnliches auswendig lernen, besonders in der Unterstufe. Seit der 8. Klasse hat sich das eigentlich ziemlich gelegt. Und das finde ich auch sehr positiv.

Aber zu sagen, nur weil man viel auswendig lernt, ist man intelligenter, finde ich ein wenig komisch. Klar, das Auswendiglernen trainiert das Gedächtnis bestimmt, aber ganz ehrlich: Ich kann kein einziges der Gedichte mehr auswendig, die wir lernen mussten. Und sie bringen einen im Leben auch nicht wirklich weiter. Insofern glaube ich nicht, dass die Deutschen so lernfaul sind. Und ganz ehrlich: Mal seine Kontonummer, Bankleitzahl, sämtliche Pin-Codes, ICQ-Nummer und andere Nummern auswendig zu lernen ist im Leben, glaube ich, hilfreicher als der "Zauberlehrling".

» Kampffisch » Beiträge: 923 » Talkpoints: -0,81 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich würde auch nicht sagen, dass die Deutschen zu faul sind zum Auswendiglernen. Ich musste in der Schule jedes Jahr mindestens zehn Gedichte auswendig lernen oder auch Theaterstücke da man in diese Arbeitsgemeinschaft rein musste zwischen den Klassen 5-7 in der Hauptschule. Aber was bringt das Auswendiglernen ? Wozu willst du dieses Wissen anwenden, und ehrlich gesagt, ich konnte in meinem Beruf noch nicht meine Gedichteskunst walten lassen, obwohl ich noch sehr viele Gedichte heute noch Auswendig kann ! Das ganze bringt in meinen Augen nur etwas als allgemeines Gedächtnistraining, damit man sich andere Dinge schneller aneignen kann die man dann wirklich braucht und benutzt. So wie es Taline bereits geschrieben hat, damit man das logische Denken kann und die Synapsen mehrfach miteinander Verknüpft, damit die Informationen im Kopf schneller verarbeitet werden können.

Auf der Hauptschule bestanden diese ganzen Tests die ich im Fach Englisch schreiben musste nur aus Vokabeln die man Auswendig lernen musste, und es war keine Kunst demnach die volle Punktezahl zu erreichen. Dort hatte ich in Englisch immer eine glatte eins, und als ich dann auf die Realschule gewechselt habe, auf einmal eine vier ! Es hat mir gar nichts gebracht, dass ich meine Vokabeln konnte da es am Rest gefehlt hat den mir nie jemand beigebracht hatte. Daran hab ich es auch gemerkt, dass es nur einen gewissen Teil bringt.

Und frag mal lieber nach, warum weltweit die Deutschen so gerne in der Arbeitswelt gesehen werden, weil sie Individuelle Lösungen bieten können und sich nicht immer an das Schema F halten wie andere Nationen. Nirgendwo kommen so viele Erfindungen her, wie aus Deutschland und das kommt nicht durchs auswendig lernen sondern durch die ganz individuellen Ideen die man nur durch selbstständiges Arbeiten mit selbstständigem Denken erreichen kann. Und das kommt daher, dass hier eben nicht so viel Auswendig gelernt werden muss und die paar Gedichte die man in seinem Leben für eine Woche behalten muss, wie den Zauberlehrling, haben auch noch keinen Umgebracht.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich würde auch nicht pauschal sagen, dass alle Deutschen zu faul zum auswendig lernen sind. Es gibt eben in Deutschland viele faule Menschen aber die gibt es auch in anderen Ländern. Ob unser Schulsystem so wie es jetzt ist auch gut ist, darüber kann man sich streiten. Ich persönlich bin ja im Osten aufgewachsen und deshalb denke ich auch meine Schulbildung noch so ein bisschen davon geprägt. Jedenfalls mussten wir oft Gedichte auswendig lernen und die dann auch vortragen und das hat mir eigentlich auch immer wahnsinnig viel Spaß gemacht.

Wir haben das auch bis zur 13 Klasse noch gemacht und es hat den Deutschunterricht irgendwie aufgelockert, da ich im Leistungskurs war und der nicht allzu groß war. Und im Musikunterricht mussten wir auch bis zur 13. Klasse noch Lieder singen, die ja logischerweise auch auswendig zu lernen waren.

Und so könnte ich das noch ewig weiterführen, in Physik mussten wir für Prüfungen Definitionen auswendig lernen, in Geographie alle Hauptstädte von Deutschlands Bundesländern und in Biologie die Photosynthese. Wer da nicht gelernt hat, hatte keine Chance, denn das sind alles keine logischen Folgerungen, sondern einfach pure Fakten, die man nun mal pauken muss.

Klar, auswendig lernen ist sehr anstrengend, bei meinem Studium mache ich quasi nichts anderes und ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es wesentlich un anstrengender ist, eine Matheaufgabe zu lösen, als eine Seite komplett auswendig zu lernen. Aber nur durch Training bleibt man fit, am Anfang meines Studiums habe ich noch ewig gebraucht und nun lerne ich in der gleichen Zeit die doppelte Menge. Deshalb finde ich auch so kleine Spielchen wie Dr. Kawashimas Gehirnjogging ziemlich gut vor allem für Menschen, die im täglichen Leben nie etwas auswendig lernen müssen.

Außerdem würde ich empfehlen, keine Einkaufszettel zu schreiben, sondern lieber versuchen, mir alles zu merken denn auch so kleine Sachen halten fit und zögern die Verdummung im Alter hinaus. ;-)

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Für mich stellt sich nicht die Frage, ob die Deutschen zu faul zum auswendig lernen sind, sondern eher ob auswendig lernen überhaupt sinnvoll ist! Warum sollte man etwas auswendig lernen? Ich finde in den Schulen ist das "Bulimielernen" eh schon viel zu sehr angesagt. (falls jemand mit dem Begriff Bulimielernen nichts anfangen kann: man stopft sich innerhalb kurzer Zeit möglichst viel Stoff in den Kopf (bzw LERNT AUSWENDIG) den man nach der Lernstandsüberprüfung wieder vergisst, bzw hart gesagt "ausk*tzt" )

Natürlich müssen Vokabeln gelernt werden, aber viel wichtiger ist doch das Anwenden der Vokabeln! Wenn man die Vokabeln einfach nur auswendig lernt vergisst man sie meistens schnell wieder, die Vokabeln die man allerdings oft benutzt behält man für lange Zeit im Gedächtnis. Genauso unnütz finde ich in Mathematik einfaches Formeln lernen, viel wichtiger ist es die Formeln zu verstehen und selbst herleiten/beweisen zu können. Kann man sie nur auswendig kann man nur bestimmte Aufgabentypen bearbeiten auf die die Formel passt...

» Sinda » Beiträge: 358 » Talkpoints: -0,28 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Sinda hat geschrieben:Warum sollte man etwas auswendig lernen?


Manche Dinge kann man sich eben nicht logisch erschließen oder sie verstehen, die muss man einfach auswendig lernen, da gibt es gar keine Diskussion. Zum Beispiel musste ich die komplette Anatomie des Menschen auswendig lernen. Das musste ich mir alles in den Kopf hineinprügeln, denn welcher Nerv wo verläuft, wie er heißt und wo er entspringt und was er innerviert, das kann man nicht verstehen, das muss man lernen wie ein Telefonbuch ;-)

Klar und auch ich kenne das von dir beschriebene "Bulimielernen" aber gerade das sollte man eigentlich vermeiden und rechtzeitig anfangen und es oft genug wiederholen, um es eben nicht gleich wieder zu vergessen. Ich habe mein Abi zum Beispiel 2003 gemacht und habe immer noch ganze Passagen aus meinem Biologie-Hefter 1:1 im Kopf. Weil ich es mir eben oft angeguckt habe und es sich so quasi eingebrannt hat ;-)

Ich bevorzuge aber auch das bildliche Auswendiglernen. Entweder Tabellen oder Bilder oder auch gute Grafiken. Die kann ich quasi "abscannen" und mir so merken, dass ich das dann in der Prüfung aufrufe und es dann in meinem Kopf vom Blatt ablesen kann. Die Methode wende ich schon seit der Schulzeit an und finde sie ganz gut auch wenn es manchmal dauert, ehe ich mir zu jeder Thematik eine gute Grafik oder tabelle erstellt habe aber es lohnt sich immer.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke auch nicht, dass man das so einfach sagen kann, nur weil die Schüler oder Menschen allgemein in Frankreich mehr machen müssen.

Wenn ich in meine Schulzeit zurückblicke, war es ganz klar eine Frage des Faches, ob wir auswendig lernen mussten. Ich hatte Biologie Leistungskurs und da musste man sehr viel lernen und das musste ich auch, weil ich kein Mensch bin,der sich Sachen leicht merken kann.

Da wären wir schon beim 2. Punkt. Es ist menschenabhängig, ob man überhaupt viel lernen muss! Ich kenne mehrere Leute die sind definitiv auswendiglern faul, müssen es aber auch nicht. Andere wiederum machen es eben.

Und ein weiterer Punkt ist die Bereitschaft dazu. Ich denke nicht das da die Nationalität primär eine Rolle spielt, sondern wirklich charackterbedingt ist, ob man lernen kann und will.

Warum sollte man etwas auswendig lernen?

Ich bin wie gesagt auch kein Typ, der was gleich begreift und ich lerne auswendig und beschäftige mich so intensiv mit der Materie bis ich dahinter komme was Sache ist. Ich gestehe ,dass ich Naturwissenschaftlich eine absolute Niete bin und irgendwie durchs Bio Abi kommen musste also lernen lernen lernen. Das hat tatsächlich eine enorme Leistungssteigerung mit sich gebracht (um genau zu sein das beste Bio Abi des Jahrgangs).

Ich bin auch ein Bildlicher Auswendiglerner. Das hat zur Folge,dass ich entweder alles nochmal abschreibe 1:1 oder auch kürzer, oder meine Bücher bis aufs äußerste anstreiche und markiere. Ich kann mir auch nicht einfach so etwas durchlese, ich muss mir da Stichpunkte dazu machen und Beispielfälle.

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» winny2311 » Beiträge: 14930 » Talkpoints: 2,85 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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