Wie Krebspatienten im Endstadium noch Mut zureden?
Die Mutter meiner Freundin ist an Krebs erkrankt und wird wohl nicht mehr lange leben. Meine Freundin ist da völlig überfordert und hat mich gebeten doch mal mit ihrer Mutter zu sprechen. Die Mutter weiß, dass sie bald sterben wird. Aber sie will es irgendwie nicht wahr haben. Wie kann man einem Krebspatienten im Endstadium noch Mut zusprechen? Die Mutter ist nicht gläubig. Mit Gott und ewigem Leben und dergleichen brauche ich da gar nicht erst anzufangen.
Wie würdet ihr mit dieser Situation umgehen und vor allem, was kann ich meiner Freundin raten, wie sie ihrer Mutter ein wenig Mut zu spricht? Wie kann meine Freundin mit ihrer Mutter umgehen?
Das ist natürlich eine Extremsituation. In diesem Fall sollte man sich wohl nach dem Betroffenen richten und nicht versuchen, ihn oder sie in irgendeine Richtung zu beeinflussen. Jeder geht mit solchen Situationen anders um und manche Menschen ziehen es eben vor, ihr baldiges Ende eher zu verdrängen und so die Zeit zu nutzen, die ihnen noch bleibt.
Keinesfalls würde ich zu Menschen, die diese Strategie verfolgen, sagen, dass beispielsweise der Urlaub, den sie gerade planen, wohl nichts wird, weil sie in 4 Wochen tot sind. Erstens kann das keiner so genau sagen und zweitens macht es ja im Endeffekt keinen Unterschied. Wenn sich der Betroffene wohler fühlt, wenn er mit mir über Alltagsdinge sprechen kann, würde ich das Thema Krankheit und Tod auch beiseite lassen.
Für ebenso verfehlt halte ich aber auch "wohlwollende Lügen" im Tonfall von "Aber natürlich wirst du wieder gesund!" Auch schwerkranke Leute sind geistig oft noch klar genug, dass sie merken, wenn man sie anlügt. Manchmal sind alle Versuche, jemandem Mut zu machen, vergebens. Dann kann man nur noch versichern, dass alles getan wird, damit der- oder diejenige schmerzfrei, gut versorgt und in Frieden von uns gehen kann. Und natürlich ist es wichtig, einfach nur da zu sein, auch wenn einem nichts Intelligentes zu sagen einfällt.
Ja, das ist wahrlich weder eine schöne, noch eine einfache Situation und den Tipp überhaupt gibt es gar nicht. Die Umgangsweise ist auch ganz stark abhängig von der erkrankten Person und deren Bereitschaft über die Krankheit oder den Tod zu sprechen. Es gibt Menschen die über das Sterben sprechen möchten und die, die das komplett alleine mit sich ausmachen wollen.
Ich habe so ein wenig Probleme mit dem Ausdruck "Mut zusprechen", den du benutzt. Wie soll man jemandem mit Krebs im Endstadium der in absehbarer Zeit sterben wird Mut zusprechen? Wie Gerbera schon sagte sollte man auf jeden Fall davon absehen solche Aussagen zu täten wie, dass das alles schon wieder wird. Wirklich Mut zusprechen kann deine Freundin ihrer Mutter also nicht, aber es ist ganz wichtig ihr zu zeigen, dass man für sie da ist und auch bei ihr bleiben wird; dass sie nicht alleine ist und sie das gemeinsam durchstehen werden.
Deine Freundin sollte ihrer Mutter klar machen, dass sie jederzeit mit ihr reden kann, wenn sie das möchte. Meine Mutter hat vor ihrem Tod auch hin und wieder vom Sterben gesprochen; ich aber wollte das nicht so wahr haben und habe das Gespräch dann meist in eine andere Richtung gelenkt, was ich heute etwas bereue, da es für viele Menschen vor ihrem Tod wichtig ist, ihre Gedanken dazu auszutauschen. Also falls ihre Mutter über irgendwas sprechen möchte, sollte sich deine Freundin darauf einlassen, auch wenn es schwer fällt. Manchmal reicht es auch schon wenn man zuhört. Die einfache Anwesenheit ist schon extrem wichtig.
Ansonsten kann man leider nicht arg viel machen, wenn die Mutter ihren baldigen Tod nicht wahr haben will; das ist doch auch verständlich. Wenn es für ihre Mutter einfacher ist, das Thema zu vermeiden, sollte es vielleicht auch vermieden werden.
Mein Großvater ist an Krebs gestorben und daher ist mir die Situation nicht ganz fremd - auch wenn er mit der Tatsache, dass das Lebensende naht, im Großen und Ganzen im Reinen war.
Für mich ist die Frage: Was ist hier genau mit "Mut zusprechen" gemeint? Denn einem Todkranken ohne Aussicht auf Heilung Hoffnung geben zu wollen, wo keine ist, fände ich persönlich sehr unfair gegenüber dem Kranken. Andererseits muss man aber auch nicht darauf bestehen, dass ein Todkranker sich jetzt sofort mit der Tatsache abfindet, dass er sterben wird. Ich denke, hier ist ein ganz hohes Maß an Feinfühligkeit gefragt. Sie kennt ihre Mutter und ich glaube, man spürt instinktiv, was man sagen soll.
Als ich mit meinem Großvater in der Situation war, dass er im Sterben liegt, hat mir das Wissen über die natürlichen Sterbephasen des Menschen (nach Kübler-Ross, einer bekannten Sterbeforscherin) sehr geholfen. Der Sterbeprozess läuft bei allen Menschen psychisch ähnlich ab, und da sind auch unschöne und vor allem für die Angehörigen sehr unangenehme Phasen ein ganz normaler Bestandteil auf dem Weg zu einer Einstellung, in der der Mensch mit seinem Lebensende in Frieden ist. Mir hat es sehr geholfen, das Verhalten irgendwie nachzuvollziehen. Kurz beschrieben handelt es sich um folgende Phasen:
1. Verleugnungsphase: Der Mensch möchte nicht wahrhaben, dass sein Lebensende naht. Oft klammert er sich an Hoffnungen, hofft auf einen Irrtum der Ärzte, plant weiter für die Zukunft. Wenn die Umgebung darauf eingeht und ihn anlügt, isoliert sich der Mensch manchmal und fühlt sich unverstanden.
2.Zorn: Wenn der Mensch langsam zu verstehen beginnt, dass der Tod bevorsteht, folgt oft eine Phase des Zorns, in der er sich z.B. fragt, warum gerade er sterben muss und sich teilweise aus Wut und Verzweiflung gegen die richtet, die nicht in dieser Situation sind. Für die Angehörigen ist das sehr schlimm, aber sie sollten es nicht persönlich nehmen und ruhig und verständnisvoll bleiben, auch wenn es schwer fällt.
3. Verhandeln: Der Kranke erkennt den Tod an, will aber verhandeln - oft mit Gott oder dem Schicksal. Er bittet beispielsweise um Aufschub. Oft dauert diese Phase nur recht kurz. Angehörige sollten nicht den Fehler machen, unrealistische Hoffnungen zu machen.
4. Depression: Die Trauer darüber, zu sterben, und über die Verluste, die das mit sich bringt, nimmt Überhand. Oft bereut der Mensch Dinge in seinem Leben, die er getan oder versäumt hat. Auch hier bleibt die Hoffnung ein Stück weit vorhanden, und sei es nur auf einen schmerzlosen Tod. Es tut dem Kranken gut, wenn er sich in seiner Trauer verstanden fühlt. Wie er damit umgeht, ist individuell verschieden, und das sollten die Angehörigen respektieren. Manche wollen in dieser Phase eben eher für sich sein, andere möchten sprechen.
5. Zustimmung/Akzeptanz: Der Mensch hat den Trauerprozess abgeschlossen und willigt nun in sein Schicksal ein. Oft ist er sehr ruhig und zieht sich zurück, möchte seine Ruhe haben. Angehörige können das teilweise als Ablehnung verstehen, aber häufig schätzen Sterbende die Anwesenheit ihrer Lieben - möchten aber eben nicht bedrängt werden, sondern in Frieden gehen.
Sicherlich gibt es Abweichungen, aber häufig findet es recht ähnlich statt. Für mich Empfinden ist es das allerwichtigste, die Wünsche des Sterbenden zu respektieren, damit er sich wohl und verstanden fühlt.
Das ist eine schlimme Situation und einen richtigen Tipp wird da sicherlich keiner geben können. Ich habe auch einen Krebspatienten ohne Hoffnung in der Familie meines Verlobten und wir versuchen mit ihm ganz normal umzugehen, weil er auch schon viel zu viel Mitleid bekommt, was er gar nicht möchte.
Ein Patient mit einer solchen Diagnose muss mehrere Stufen durchgehen. Erst mal wird er die Diagnose nicht annehmen und sie verdrängen, dann wird der Patient sauer, dann traurig und irgendwann kann der Patient es akzeptieren und damit leben. Diese Stufen nacheinander durchzugehen ist normal und ich denke einfach, dass sie noch nicht so weit ist, dass sie damit leben kann.
Du kannst da nun auch nicht viel machen. Du kannst der Mutter sagen, dass du an ihrer Seite bist und dich um die Tochter kümmern wirst, aber sonst kannst du der Mutter keinen Mut geben. Sterben ist nicht leicht und eine solche Diagnose nimmt man nicht mal eben an. Hoffnungen sind fehl am Platz, wenn keine da sind.
Deiner Freundin solltest du raten, dass sie normal mit ihrer Mutter umgeht. Mit ihr Sachen macht, die sie noch machen möchte und für sie da ist. Ihre Mutter braucht sie jetzt und da kann man nur noch da sein. Mut geben kann man nicht. Wofür denn? Sie muss sterben und das muss man hinnehmen. Mut zu gehen wird sie nicht finden, sie muss es akzeptieren und das wird sie auch und dann hat sie den Mut von ganz alleine zu gehen.
Ich finde einige Äußerungen, die hier gemacht werden, arg fatalistisch. Nur, weil man einem Krebskranken, der von seinen Ärzten gesagt bekommt, er habe nicht mehr lange zu leben, Mut machen möchte, und ihm vielleicht sagt, dass er noch etliche Jahre schaffen könnte, ist man doch kein Lügner. Das ist kein Verschaukeln der Person, kein Kleinreden von Problemen, und auch nicht einmal unbedingt eine Leugnung des Sachverhalts. Ein Fünkchen Wahrheit ist definitiv dabei, wenn man sagt, dass noch nicht alles vorbei ist, trotz sehr negativer Diagnose.
Wieso ich das so sehe? Es gibt nicht nur ärztliche Fehlurteile, es ist auch an sich ganz einfach so, dass kein Arzt voraussehen kann, wie lange ein Mensch mit Krebs nun noch leben wird. Kein Arzt kann das, egal, was behauptet wird! Der Körper kann urplötzlich anders reagieren, als erwartet. Das Leiden kann sich verbessern oder aber auch verschlimmern. Wie viele Jahre es dauert, wie es sich entwickelt, das kann keiner vorher wissen. Ich habe auch schon von mehreren Medizinern selbst gehört, dass es unseriös wäre, Prognosen zu stellen, dass ein Mensch nur noch eine bestimmte Anzahl von Monaten zu leben hätte. Das weiß man einfach nicht.
Demnach sehe ich auch nichts Falsches daran, ein kleines Fünkchen Glauben daran, dass es vielleicht noch einmal bergauf gehen könnte, zu bewahren, selbst wenn vom Endstadium der Erkrankung die Rede ist, und diesen Gedanken auch dem Erkrankten zu vermitteln. Abgesehen davon kann "Endstadium" auch noch etliche Jahre bedeuten, und sogar zu Spontanheilungen kommt es bei Krebs manchmal. Bei einigen Krebsarten kommt es sogar wohl gar nicht einmal so selten vor.
Sicher, dem Erkrankten etwas vorzumachen und zu heucheln, ist keine gute Idee. Aber so zu tun, als sei er schon tot, ebenfalls nicht. Dieser Pessimismus hilft dem Körper sicher nicht bei der Selbstheilung und verbessert auch nicht die Lebensqualität. Und die möglichst gut zu erhalten ist wichtig, gerade, wenn es tatsächlich dem Ende entgegen gehen sollte.
Eine andere Frage, die ich mir beim Eingangs-Posting aber überhaupt stelle, ist, wieso diese Freundin ihrer Mutter Mut zusprechen sollte. Ist die Mutter denn überhaupt entmutigt und niedergeschlagen? Die scheint, wird hier geschrieben, "nicht wahr haben" zu wollen, dass sie bald sterben muss. Das kann natürlich Verdrängung sein, aber vielleicht ist das auch einfach ihr korrekter Weg, mit der Situation umzugehen? Vielleicht hilft es ihr und sorgt für ihr Wohlbefinden, dass sie über die Krankheit möglichst wenig nachdenkt und einfach so frei weiterlebt, wie sie es möchte? Daran wäre doch nichts Schlimmes, daran muss man nichts ändern. Hauptsache ist doch, dass sie sich gut fühlt. Egal, wie sie das bewerkstelligt. Glücklicherweise ist man ja nicht gezwungen, wegen einer Erkrankung gleich depressiv zu werden und nur zu weinen, egal, wie fatal sie nun ist.
Ein guter Freund von mir bekam vor mittlerweile gut einem Jahr Krebs diagnostiziert. Damals hieß es schon, er sei im Endstadium und er bekäme nur noch eine palliative Behandlung. Und heute lebt er noch und schlägt sich wacker, hat auch noch viele schöne Tage und lebt ganz munter. Einschränkungen gibt es durch die Krankheit, aber er versucht, es sich so angenehm wie möglich zu machen. Und es klappt. Auch so kann es einem gehen, der als totkrank gilt und der den Prognosen nach schon unter der Erde liegen müsste. Danach sieht es derzeit, entgegen aller ärztlichen Erwartungen, noch keinesfalls aus.
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