Ist Rick Santorum als Präsident überhaupt wählbar?

vom 08.02.2012, 10:03 Uhr

Als ich heute morgens die Nachrichten las, war ich vor Überraschung entsetzt, als ich erfuhr, dass Rick Santorum alle drei Vorwahlen vom Dienstag in Minnesota, Missouri und in Colorado gewonnen hat. Der ultrakonservative Republikaner war ja in den letzten Vorwahlen in Florida schon weit abgeschlagen und galt eigentlich bereits als besiegt. Nun aber scheint das Rennen wieder völlig offen zu sein. Allerdings verstehe ich ehrlich gesagt nicht, wieso in manchem Staat über 50% aller Menschen die fragwürdige Meinung dieses Politikers teilen können. Beispielsweise ist er wie alle Konservativen strikt gegen Abtreibung oder Homosexualität.

Manchmal frage ich mich, ob Republikaner überhaupt regierungsfähig sind. Beispielsweise vertritt Romney die Meinung, man müsse Steuern abschaffen. Was wäre, wenn Rick Santorum Präsident wäre? Denkt ihr, dass er bei einer Konfrontation mit Barack Obama überhaupt eine Chance hätte? Denken wirklich mehr als 50% der Amerikaner so ultrakonservativ?

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» mendacium. » Beiträge: 750 » Talkpoints: 17,61 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Warum in diesen drei Staaten nun ausgerechnet Rick Santorum vorne lag, kann ich nicht sagen. Aber ich denke, dass, wer auch immer am Ende für die Republikaner zu den Präsidentschaftswahlen antritt (und ich gehe davon aus, dass wohl eher nicht Rick Santorum sein wird), eine gute Chance haben wird. Die Amerikaner sind ja, wie man hin und wieder in den Nachrichten hört, mit Barack Obama eher unzufrieden. Viele sind einfach sture Traditionswähler, die sich gar nicht weiter mit den persönlichen Ansichten des jeweiligen Kandidaten beschäftigen, und der unentschlossene Rest wählt, wenn es mit dem aktuellen Präsidenten ihrer Ansicht nach nicht gut läuft, eben die jeweils andere Partei. So ist das halt, wenn man praktisch nur zwei Parteien hat.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Eine Chance ist ihm gegen den amtierenden Obama wohl schon anzurechnen - allerdings, und glücklicherweise, keine allzu große. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass nach dieser Amtszeit schon wieder ein Republikaner als Präsident gewählt werden wird. Die Vorwahlen sind ja nochmal eine ganz andere Angelegenheit als die letztendliche Präsidentschaftswahl - beide folgenden komplett anderen Spielregeln und Gesetzmäßigkeiten.

Dass teilweise 50 Prozent der Stimmen auf den Erzkonservativen - man darf ihn auch ruhigen Gewissens "Rechten" nennen - gefallen sind, überrascht soweit eigentlich nicht. Durch die Tea Party-Bewegung wurde dieses Gedankengut in den USA innerhalb der letzten zwei bis drei Jahre sehr stark zurück an die Öffentlichkeit befördert und sogar salonfähig gemacht. Das ist eine an sich zwar unschöne und für viele auch erschreckende Entwicklung - allerdings keine unnormale. Die USA haben mit den schwersten Wirtschaftsproblemen seit einer Ewigkeit zu kämpfen - und immer dann, wenn es mit der eigenen Wirtschaft oder Politik nicht rund läuft, wird sich nach Extremen auf beiden Seiten umgesehen.

In dieses Muster passt auch Santorum, der sich dieses Umstandes natürlich auch bewusst ist und ihn auszunutzen weiß - die Republikaner wären dumm, würden sie es nicht tun. Nun jedoch von diesen drei Bundesstaaten auf die gesamte Bevölkerung der USA zu wechseln und zu sagen, dass sie immer noch alle erzkonservativ sind und etwas gegen solche politisierten Punkte wie die Homoehe und dergleichen haben, halte ich für gewagt bis falsch. Das kann man so wirklich nicht verallgemeinern und die Amerikaner wären wohl auch erschreckt, wenn sie wüssten, dass sie so zu einem großen Teil um Ausland wahrgenommen werden.

Die ganzen Wahlkampfparolen und -versprechen, die nun wieder losgetreten werden, kommen nachher zu 99 Prozent ohnehin nicht zum Einsatz. Es gilt jetzt im Vorwahlkampf, auf Stimmenfang zu gehen und sich so weit wie möglich in der Öffentlichkeit einen Namen zu machen. Die Wahlversprechen, die nachher während der effektiven Präsidentschaftswahl gegeben werden, unterscheiden sich dann in ihrem Irrwitz schon wieder ganz erheblich von denen, die im Vorwahlkampf erteilt werden - und das ist durchaus positiv gemeint.

Wirklich interessant wird es also erst wieder im direkten Kampf um die Präsidentschaft. Alles, was jetzt derzeit stattfindet, ist zwar ein gefundenes Fressen für die Medien und mag sich auch dazu eignen, Gemüter anzufachen und Lager zu bilden - taugt für die letzte Runde des Wahlkampfes aber nur bedingt.

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» Paul Smith » Beiträge: 416 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Amerika ist ein freies Land, zumindest wenn man Geld hat. Aber die freedom of speech ist dort ein hohes Gut und deswegen nimmt man hin, dass sich diese Gottesanbeter hinstellen und ihre geistige Gülle, unterstützt durch viel Geld, über das amerikanische Volk schütten.

Ein Teil der Amerikaner ist auch tatsächlich ziemlich weltfremd, nationalistisch, teilweise auch ziemlich ungebildet, teilweise tief religiös und Freiheit bringt es mit sich, dass man akzeptiert, dass es auch zu extremen Auswüchsen kommt. Nur darf man das nicht verallgemeinern. Man hat zwar häufig den Eindruck, Amerikaner haben einen Sockenschuss, aber da leben nicht nur Dorftrottel. Das System ist halt so, wie es ist und am Ende kommt es meist zu einer Kompromisslösung, mit der man halbwegs leben kann. Der Durchschnittsamerikaner will auch nur seine Ruhe haben und sein Leben in bescheidenem Wohlstand führen, mit Extremismus hat er nichts am Hut. Nur muss er halt zur Wahlurne gehen.

Ich persönlich halte die Ultrakonservativen, das Umfeld der Tea-Party, für brandgefährlich. Auch in Deutschland haben wir Tendenzen zur Bildung, bzw. Etablierung dieser Bewegung. Ehrlich gesagt, für mich haben die viel gemein, mit Islamisten, nur dass sie im Anzug und der Bibel daherkommen. Das ist sicher verallgemeinernd, aber was ich da schon an Auswüchsen gesehen habe, geht auf keine Kuhhaut.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wie kommst du jetzt auf über 50%? Zunächst mal liegt die Wahlbeteiligung mit Sicherheit nicht bei 100%, denn es gibt immer Leute, die nicht wählen gehen, auch wenn sie wählen dürften. In den USA ist es dann außerdem noch so, dass man sich als Wähler registrieren lassen muss. Bei uns geht das ja automatisch, weil es ein Meldegesetz gibt und man die Leute so auch einem Wahlkreis zuordnen kann, aber so etwas gibt es dort ja nicht. Es ist also anzunehmen, dass ein Teil der eigentlich wahlberechtigten nicht wählen konnte, weil sie noch nicht registriert sind. Zum Thema Registrierung ist außerdem anzumerken, dass es Staaten gibt, bei denen die Vorwahl der Republikaner von vorne herein nur für registrierte republikanische Wähler offen ist. Alle Wähler, die demokratisch oder ohne Parteizugehörigkeit registriert sind, haben also gar nicht an dieser Vorwahl teilgenommen.

Ich will diese Zahlen nun nicht schön reden und ich finde es erschreckend genug, wie verbreitet gewisse Einstellungen in einem modernen Land wie den USA sind, aber so dramatisch wie sich das mit deinen 50% anhört ist es eben auch nicht.

Welcher republikanische Kandidat nun die besten Chancen hat kann ich nicht sagen, denn ich habe mich bis jetzt eher oberflächlich mit dem Thema beschäftigt. Aber es ist nun mal eine Tatsache, dass es in den USA zur Zeit nicht so wirklich rund läuft und, dass Obama nicht alle Wahlversprechen einhalten konnte. Sicher spielen da einige Altlasten des Amtsvorgängers eine Rolle, mit denen auch jeder andere Präsident zu kämpfen haben wird, aber die Frage ist eben, wie viele Wähler sich wirklich so rational mit dem Thema befassen. Also ich denke einfach, dass in Obama sehr viele Hoffnungen gesetzt wurden, die teilweise auch sehr unrealistisch waren, und, dass manch einer aus Enttäuschung nun zur Konkurrenz gehen wird, egal, was diese Konkurrenz im Wahlprogramm stehen hat. Und auch wenn demokratische Wähler aus Protest einfach nicht wählen gehen wäre das ja ein Gewinn für die Republikaner.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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