Nächste Runde im Wulff-Theater

vom 03.01.2012, 01:41 Uhr

Das Theater um Bundepräsident Wulff geht in die nächste Runde, er soll versucht haben, den Chef der Bildzeitung zum Zurückhalten der „Enthüllungen“ bewogen zu haben. Auch im neuen Jahr können wir also nicht sagen „Schwamm drüber“, sondern das Theater geht weiter.

Die Unterstellung, die mit der Anfrage im Landtag verbunden war ist ja, dass er eventuell wegen geschäftlicher Beziehungen mit den Gerkes zum einen in seinem Amt (damals noch als Ministerpräsident) Vorteile angenommen habe und zum anderen deswegen sein Amt vielleicht anders ausgeübt habe – also den Gerkes auch hat Vorteile zukommen lassen. Für Letzteres gibt es aber keinerlei Hinweise.

Und ich frage mich schon, warum all dieses Theater darum gemacht wird. Denn schließlich bekam er die 500.000 nicht geschenkt, es war ein Privatkredit und er musste darauf auch Zinsen zahlen, zwar etwas weniger als am Markt üblich, aber ob das dann so ein riesiger Vorteil ist, kann auch bezweifelt werden. Auch wenn man spekuliert, dass ein Teil des Geldes von Herrn Gerkens kam - die Gerkens sind ja ein Ehepaar und da kann man davon ausgehen, dass nicht immer klar zwischen dem Vermögen der Frau und des Mannes unterschieden werden kann. Das macht es nicht unwahrscheinlich, dass zumindest ein Teil der Summe von Herrn Gerkens erwirtschaftet wurde, aber was ändert das denn?

Mal anders gefragt, stellt Euch vor, Ihr leiht Euch von jemandem privat 10000 EUR und zahlt ihm als Dank ein bisschen mehr zurück, würdet Ihr das als Geschäftsbeziehung bezeichnen? Würdet Ihr Euch deswegen diesem Menschen ganz besonders verpflichtet fühlen? Das, was für uns 10000 EUR sind, entspricht in der Einkommenskategorie eines damaligen Ministerpräsidenten vielleicht einer halben Million.

Darf denn ein Mensch in dieser Position keine Freunde haben und sich von denen mal einladen lassen? Muss man deswegen immer gleich Bestechlichkeit und Korruption unterstellen? Haben wir nicht etwas zu hohe Ansprüche an einen Bundespräsidenten? Auch das ist nur ein Mensch, auch das ist jemand, der mal ein Geschenk gerne annimmt und das ist auch ok, insofern er dadurch nicht bestechlich wird. Wenn wir von Politikern ständige Perfektion erwarten, dann können wir nur immer wieder enttäuscht werden.

Ich finde also all diese Reportagen mittlerweile sehr aufgebauscht und ich kann auch verstehen, dass er als Amtsträger versucht hat, entsprechende Berichte zu verhindern. Wer möchte schon öffentlich durch den Dreck gezogen werden. Wie geht es Euch dabei? Findet Ihr, Wulff sollte zurücktreten oder haltet Ihr das alles für sehr übertrieben?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 10.01.2012, 10:39, insgesamt 2-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Als Bundespräsident ist in meinen Augen Wulff einfach nicht mehr tragbar und er sollte schnellstmöglich zurücktreten. In nur wenigen Wochen hat es Wulff geschafft, dass er fast täglich in der Boulevardpresse Thema Nummer Eins war. Und so richtig vertrauenswürdig ist er durch diese ganze Kreditsache nicht unbedingt geworden. Er hat vielmehr seinen Job ausgenutzt und sich einen Vorteil verschafft.

» kowalski6 » Beiträge: 3399 » Talkpoints: 154,43 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Als diese Geschichte aufkam, habe ich auch gedacht, dass die Presse hier völlig übertreibt. Herr Wulff hat sich einen größeren Betrag bei einem Geschäftsmann geliehen und dafür weniger Zinsen bezahlt als am Markt üblich. Das würde unsereins vielleicht auch gerne machen, wenn wir so einflussreiche Freunde hätten. Allerdings ist es ja so, dass er anfangs verschleiern wollte, dass er das getan hat und auch nicht zugeben wollte, dass es da eine Geschäftsverbindung gibt. Für mich ist das schon geschäftlich, wenn man sich so viel Geld bei jemandem leiht und auch noch Zinsen zahlt. Das ist für mich kein Freundschaftsdienst mehr, nicht bei einem so hohen Betrag.

Nun kommt noch hinzu, dass er den Kredit bei dem Ehepaar abgelöst hat durch einen Bankkredit. Aber auch hier hat er Zinsvorteile genossen, hier auch wegen seiner Position. Das ist natürlich ebenso nicht wirklich richtig, denn würde unsereins so einen Vorteil bekommen? Wahrscheinlich nicht. Also finde ich in diesem Fall, dass er sich aufgrund seines Amtes bereichert und Vorteile nutzt, was einem Bundespräsidenten einfach nicht geziemt.

Nun kommt noch hinzu, dass er leider Gottes so dumm war und einem Bild Reporter gedroht hat. Das fand ich von all den Dingen die schlimmste Geschichte. Denn einerseits muss Wulff doch klar sein, dass in Deutschland die Pressefreiheit sehr hoch gehalten wird und man sich als Bundespräsident so einen Fauxpas nicht erlauben darf. Und desweiteren hätte ihm klar sein müssen, dass sich eine so große Zeitung wie die Bild so etwas nicht bieten lässt. Dass das an die Öffentlichkeit kommt, hätte ihm klar sein müssen, denn die Bild hat es nicht nötig, sich so etwas gefallen zu lassen. Wie er hier drohen konnte, ist mir völlig unklar. Doch damit hat er seine Glaubwürdigkeit noch mehr herabgesetzt, denn nun denkt jeder, dass er noch mehr zu verbergen hat.

Ich finde einfach, dass sich ein Bundespräsident so nicht verhalten darf. Ein Bundespräsident hat ohnehin durch seine Stellung schon sehr viele Vorteile und dann verschafft er sich noch mehr, auf eine Art, nie ich ethisch nicht in Ordnung finde. Es ist ungerecht, weil ein normaler Mensch so etwas nie erreichen könnte. Und für ihn sind 500.000 Euro sicherlich keine so große Summe wie für unsereins. Er hätte auch einen ganz normalen Bankkredit nehmen können mit den üblichen Zinsen, warum er hier unbedingt etwas anders machen musste, verstehe ich nicht. Natürlich will jeder gerne sparen, aber in seiner Position, auch schon als Ministerpräsident, geht das nicht. Er hat sich dadurch Vorteile verschafft, die er sich nicht hätte verschaffen dürfen.

Ich mochte ihn als Bundespräsident, aber momentan wandelt er auf dünnem Eis. Ich würde ihn gern als Bundespräsident behalten, befürchte aber, dass er nicht mehr tragbar ist unter diesen Umständen. Das schlimme dabei ist ja auch noch, dass er ein Ehrensold behält, egal was er verbockt hat. Dennoch wird er wohl zurücktreten müssen, denn das ganze nimmt offensichtlich kein Ende.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ehrlich gesagt war mir die ganze Dramatik herzlich egal. Wulff hat sich irgendwo Geld geliehen und sich ein Haus hingestellt. Na und? Die Bude steht da, kann jeder sehen, da gibt es schlimmere Schandtaten. Hätte man jetzt natürlich ein wenig souveräner drauf reagieren können, wäre auch die Kacke nicht so ans Dampfen gekommen. Was jetzt wieder abgeht, hat eigentlich nur noch Nervpotential "rääääää der Wulff hat gesagt, der will mich hauen". Damit hat er sich endgültig ins Aus geschossen und ich vermute, er wird noch vor Februar den Hut nehmen. Wäre nur schön, wenn einige Herren der Presse diesem Beispiel dann folgen würden. Fehlt übrigens auch nur noch, dass sich herausstellt, dass KT damals die Grundbuchpläne kopiert hat.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Das Ganze ist eigentlich die Privatsache vom Wulff und damit hat er auch das Recht, wie jeder andere Bürger auch, die Berichterstattung dazu zu untersagen. Es geht uns schlicht und einfach nichts an, ob und von wem er zinsgünstige Kredite bekommen hat. Denn auch der normale Bürger darf von Freunden Geld leihen und das zu besseren Konditionen, als bei einer Bank.

Ich sehe die ganze Sache als Winterloch an. Der Bundestag war weitgehend in den Weihnachtsferien, in Griechenland ist auch nichts großartiges mehr los und somit musste man jemand anderen finden, den man durch die Presse zerren kann. Ach ja und man sollte auch nicht vergessen, das der Fasching demnächst richtig los geht und dort auch noch Themen benötigt werden und der zu Guttenberg ja die letzten Wochen keinen großen Gesprächsstoff mehr geliefert hat.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Das sich Wulff privat von der Frau eines Geschäftmanns Geld geliehen hat, wäre nie eine Schlagzeile wert gewesen. Wenn er nicht genau zu diesem Geschäftsmann bereits offiziell befragt worden wäre, ob er zu ihm Geschäftsverbindungen unterhalten würde und Wulff "Nein hab ich nicht" sagte. Zu sagen: Nein mit dem Mann hab ich keine geschäftlichen Verbindungen, aber zur Frau schon ist zumindestens rausgewieselt und unschön. Schon für einen Ministerpräsidenten eine unschöne Lage, für einen Bundespräsidenten erst recht. Da wären einige klärende Worte angebracht gewesen, ehe alles auch so rauskam und eine Schramme im Ansehen hinterließen.

Mit besagter Schramme hätte man ja auch leben können, aber dabei blieb es ja nicht. Denn das was Wulff da im Dezember abgezogen hat hat das Ansehen des Amts beschädigt. Er versuchte als Bundespräsident die Pressefreiheit auszuhebeln, durch Drohungen und Druck. Und genau DA liegt auch der große Unterschied zu Wulff und einem normalen Bürger: Er ist derzeit nun einmal der Bundespräsident. Es IST ein Riesnunterschied ob ein normaler Büger stocksauer bei der BILD anruft und grollt, es würde "Krieg geben" oder ob es das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland tut.

Genau wie es das Volk schon etwas angeht, ob ein Politiker mit der entsprechenden Entscheidungsgewalt einen Privatkredit von der Frau eines Geschäftmanns bekommt, der seinerseits öffentliche Aufträge bekommt. Denn ganz ohne Grund hatte es nicht die entsprechende Anfrage im niedersächsischen Landtag gegeben.

Dann die Wahrheit doch sehr sparsam einzusetzen (nämlich nur zur Hälfte) und schließlich nicht nur dem Chefredakteuer von ausgerechnet der BILD Zeitung zu drohen und das dann auch noch auf die Mailbox zu sprechen, das wäre bei einem normalen Arbeitsverhältnis guter Grund zur Kündigung gewesen. Denn Mitarbeiter die sich so ungeschickt anstellen mag kei Unternehmen wirklich haben.

Wohlgemerkt: Nicht der Privatkredit bricht ihm grad das Genick, sondern die Art wie der mit der Thematik umgeht. Solange es nur um den Privatkredit ging fand er ja sogar einen Fürsprecher in Sigmar Gabriel und der ist bestimmt kein Wulff-Fan. Aber ein Angriff auf die Freiheit der Presse, der vom Bundespräsidenten selbst ausgeht? Das geht schlicht und ergreifend gar nicht und ist auch alles andere als eine Lapalie.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


@Nephele: Und nur weil Wulff Bundespräsident ist, hat er kein Privatleben mehr? Wenn ich also behaupte ich habe mit dem Nachbarn keine geschäftliche Verbindung, weil ich sie halt nur mit seiner Frau habe, dann ist das etwas anderes, als beim Ministerpräsidenten oder eben Bundespräsidenten?

Jeder meckert, das immer mit zweierlei Maß gemessen wird, wenn es einen selbst betrifft und hier wird es wohlwollend gefordert. Sorry, aber Pressefreiheit hin oder her. Was ein Wulff oder anderer Prominenter, um es mal nicht nur auf Politiker zu reduzieren, macht, geht uns schlichtweg nichts an. Denn Privatleben heißt schließlich, das es eigentlich die breite Masse nichts angeht.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Jeder meckert, das immer mit zweierlei Maß gemessen wird, wenn es einen selbst betrifft und hier wird es wohlwollend gefordert.

Das sehe ich etwas anders. Wir haben hier einen Politiker, der von den Vorteilen, die so ein Amt als Ministerpräsident mit sich bringt, profitiert hat. Und das Argument, dass er ja auch private Freunde haben kann, lasse ich nicht gelten, denn solche "Freunde" hat der Bäcker an der Ecke oder die Verkäuferin von H&M einfach nicht. Solche Freunde macht man sich, wenn man sich in der entsprechenden Machtposition befindet.

Dieser Politiker hatte also bei der Kreditvergabe einen Vorteil gegenüber dem "Normalbürger" und hat es wohlwollend hingenommen, dass mit zweierlei Maß gemessen wurde. Warum sollte mit dieser Sonderbehandlung jetzt plötzlich Schluss sein, nur weil sie sich plötzlich als Nachteil für ihn erweist? DAS wäre dann erst recht ungerecht.

Und ganz davon abgesehen denke ich schon, dass man sich als Staatsoberhaupt in einer so exponierten Position befindet, dass man sich über sein Handeln und die möglichen Konsequenzen einfach ein paar mehr Gedanken machen muss als Otto Normalbürger. Ich kann verstehen, dass das nicht immer leicht fällt und ich kann auch verstehen, wenn sich so jemand ein bisschen mehr Privatleben wünscht, aber das alles weiß man doch, bevor man so einen Job antritt. Wenn man sich für die Macht entscheidet weiß man auch, dass man einen Preis dafür bezahlen muss.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Cloudy24 hat geschrieben:. Und das Argument, dass er ja auch private Freunde haben kann, lasse ich nicht gelten, denn solche "Freunde" hat der Bäcker an der Ecke oder die Verkäuferin von H&M einfach nicht. Solche Freunde macht man sich, wenn man sich in der entsprechenden Machtposition befindet.


Und dieser Aussage widerspreche ich. Denn ich habe keine Machtposition und kenne trotzdem Leute, welche mir, wenn das Konzept schlüssig ist, einen solchen Kredit geben würden. Und da kommt ohne groß nachzudenken gleich eine Hand voll Leute zusammen, welche Unternehmer mit entsprechenden finanziellen Hintergrund sind.

Also kann man nicht behaupten, das man nur reiche Freunde hat, wenn man eine Machtposition bekleidet. Aber daran sieht man eben, das die Sichten auf solche Dinge nie objektiv sind, wenn man ehrlich ist. Und ich gehe soweit, das auch ein gewisser Neid dazu beigetragen hat, das diese ganze Sache überhaupt in die Öffentlichkeit gezerrt wurde.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Scheinbar herrscht eine große Informationsunsicherheit bezüglich der ursprünglichen Geschichte, rund um den Privatkredit und warum genau das ganze so nicht okay war.

Herr Wulff wurde damals als Mitglied des niedersächsischen Landtags (er war da immerhin Ministerpräsident) ganz hochoffiziell gefragt, ob es einen geschäftlichen Kontakt mit Egon Geerkens geben würde. Darauf antwortete Wulff:

"Zwischen Ministerpräsident Wulff und den in der Anfrage genannten Personen und Gesellschaften hat es in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben."


Da Egon Geerkens und seine Frau NICHT in Gütertrennung leben, ist das schon einen Happen fragwürdig als Antwort. Zumal er danach den Darlehenesvertrag zwischen ihm und Frau Geerkens auflöste und durch einen Kredit bei der BW Bank ersetzte, welcher ihm von Herrn Geerkens vermittelt wurde. Ein Kredit zu Konditionen, den die Bank normalerweise NICHT einräumen würde, weil sie sonst recht fix pleite wären.
Sieht schon etwas arg nach "Spuren verwischen" aus. Und zu dem Zeitpunkt sah es vorallem nach einer wenigstens fragwürdigen Verquickung von Politikereinfluß (Wulff) und wirtschaftlichen Vorteilen (Geerkens) aus.

Sowas sieht nicht gut aus und hinterlässt einen schlechten Nachgeschmack. Das hat auch nichts mehr Privatleben zu tun, denn hierbei werden durchaus öffentliche Interessen berührt. Als hochrangiger Politiker mit großer Entscheidungsmacht habe ich einfach mich privat so gut es geht aus geschäftlichen Verwicklungen von Privatperson und politischen Amt rauszuhalten.

Die reine Privatperson Christian Wulff geht uns in der Tat nichts an: Niemand muß wissen wie sein Wohnzimmer aussieht, braucht Fotos seiner Familie oder braucht einen Blick in den Kühlschrank zu werfen. Lustigerweise: Bis zu dem Zeitpunkt an dem die BILD Zeitung entgegen seiner Interessen ganz ernsthaft und seriös recherchierte, hatte er Null Bedenken dieselben Leute auch genre mal mit der einen oder anderen Homestory zu beglücken.

Die politische Person Christian Wulff hingegen geht uns sehr wohl etwas an und ein Bundespräsident der zensorisch mit Hilfe von Drohungen unschöne Presse von seiner Person abwenden will ist wirklich niemand, der in dieses Amt gehört.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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