Integration - Was ist das für euch?

vom 17.12.2011, 04:08 Uhr

Vor einiger Zeit haben wir an der Universität das Thema der Integration besprochen. Dies haben wir am Beispiel der Rüttli Schule in Neu Köln behandelt und uns gefragt, ob dort Integration wirklich statt findet. Bei dieser Diskussion ist uns dann aufgefallen, dass wir alle sehr unterschiedliche Ansichten von Integration an sich haben und das wir es deswegen auf keinen gemeinsamen Nenner schaffen können. Ich habe mir seit dem einige Gedanken darüber gemacht und kann für mich selber auch keine klaren Grenzen ziehen, was nun alles zu Integration gehört. Ein Hauptbestandteil für mich wäre allerdings von gelungener Integration, dass die Sprache des Landes relativ gut beherrscht wird und auch im öffentlichen Umfeld gesprochen wird, sofern es nicht anders gewünscht ist. Ansonsten kann ich das nicht so klar definieren, denn außer diesem wichtigen Punkt, wüsste ich nun nichts, was für mich eindeutig ein Kennzeichen von guter Integration wäre, außer eine Anstellung in dem Land zu haben und eventuell auch "Einheimische" als Freunde. Aber da wir das am Beispiel einer Schule besprochen haben, die einen sehr hohen Ausländeranteil hat, fällt zu mindestens der erste Punkt komplett raus und der zweite zu mindestens für dieses explizite Beispiel auch.

Mich würde nun einmal interessieren, was für euch genau Integration eigentlich bedeutet. Ab wann ist jemand eurer Meinung nach integriert? Welche Dinge spielen für euch bei Integration absolut keine Rolle, sind aber für andere in eurem Umkreis wichtig? Für wie wichtig haltet ihr Integration heutzutage?

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Integration findet doch nicht erst statt, wenn sich jemand in einem für ihn fremden Land nieder lässt. Letztendlich müssen wir uns doch ständig irgendwo integrieren- oder fallen negativ auf. Wenn in Bayern alle ständig auffordern Gott zu grüßen, fällt der Norddeutsche mit seinem Moin Moin auf und der Teenie mit "Was geht ab?" stößt nicht bei jedem sofort auf Sympathie. Und um bei der Begrüßung zu bleiben, so unterscheidet sich diese auch je nach "Gruppe". In manchen Familien/Unternehmen/Freundeskreisen begrüßt man sich mit Händedruck, anderswo mit Küsschen.

Der Abstand zwischen den Personen in der Öffentlichkeit unterscheidet sich je nach Land, also den Abstand den man (sofern möglich) zu fremden Personen hält. Doch auch dem Verhalten in der Öffentlichkeit allgemein sollte man sich möglichst anpassen, wenn man integriert leben möchte. In manchen Ländern wird alles mit Kreditkarte bezahlt, während man in Deutschland bei Beträge unter 10€ schnell "Zahlungsschwierigkeiten" bekommt, wenn man kein Bargeld mit sich trägt. Am Zebrastreifen schimpft man, wenn ein Autofahrer nicht anhält, in anderen Ländern schimpfen Autofahrer häufiger, weil Fußgänger ihnen am Zebrastreifen fast vor das Auto laufen. Das heißt natürlich nicht, dass man im Ausland gleich über jeden Zebrastreifen brettert, aber man sollte als Verkehrsteilnehmer idealerweise gefährliche Stellen in seiner Umgebung kennen.

Allgemein dürfte es in den meisten Situationen helfen, wenn man seine Umgebung einschätzen kann. Wer dann noch positive Dinge aus seiner neuen Umgebung in sein Leben übernimmt, zeigt damit nicht nur Interesse an der Kultur und den Menschen um einen herum, sondern weiß vor allem, welche Verhaltensweisen welche Reaktionen hervorrufen könnten. Und wenn ich mich meiner Umgebung anpassen möchte und mich somit integriere, dann vermeide ich möglichst Verhaltensweisen, die negative Reaktionen in meinem Umfeld hervorrufen. Wenn man sich irgendwo integrieren möchte, sollte man wissen, was man sich erlauben kann und was man besser unterlässt.

Rüttli-Schüler scheinen sich meiner Meinung nach sehr gut in ihr Umfeld integriert zu haben. Sie haben sich einen Platz in ihrer Klasse erkämpft, ringen um die Anerkennung der Klassenkameraden und Freunde und wissen genau, was sie sich bei den Lehrern und anderen Menschen alles erlauben können. Derselbe Schüler, der auf dem Schulhof cool ist, weil er irgendwelche dummen Sprüche ablässt und die Hose in den Kniekehlen hängen hat, wäre an vielen anderen Schulen auf der Welt ganz schnell ein Außenseiter und würde sein Verhalten wahrscheinlich ebenso seiner Umgebung anpassen und um Anerkennung kämpfen. Eine zwei auf einem Rüttli-Zeugnis wird kaum jemanden begeistern, das werden die meisten Rüttli-Schüler schon lernen, bevor sie überhaupt dort eingeschult werden. Und wenn der Lehrer einen lobt, dann ist das "uncool" bei den Kollegen. In Afrika, wo Kinder froh sind einen Schulplatz zu bekommen, ist es hingegen wahrscheinlich eher "uncool" unter Gleichaltrigen, die Lehrer zu beleidigen und Schüler kämen erst gar nicht auf die Idee.

Es gibt Menschen, die unsere Sprache nicht sprechen, weil sie zum Beispiel taub sind. Trotzdem sind sie integriert. Und ich denke, dass man sich auch ohne Sprache seiner Umgebung anpassen kann. Wobei die Sprache natürlich hilfreich ist, bei allem was über Oberflächlichkeiten hinaus geht und notwendig im Alltag. Doch allein die Landessprache zu beherrschen, integriert mich meiner Meinung nach absolut nicht in eine Kultur. Die Sprache bietet aber Möglichkeiten schneller herauszufinden, wie die Umgebung funktioniert. Man kann lesen, was auf den Schildern, was auf den Produktverpackungen, den Werbetafeln, der Tageszeitung, dem Busfahrplan, in den Verträgen und Regeln steht, man kann verstehen, worüber in der Umgebung gesprochen wird und selbst um Hilfe bitten, nachfragen und mitreden.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Für mich bedeutet Integration, dass ein Mensch, obwohl er anders ist, nicht von den Menschen ausgegrenzt wird und so akzeptiert wird, wie er ist. Das heißt, dass ein Mensch, der zum Beispiel eine Gehbehinderung hat, nicht von den Menschen an seiner Schule oder seinem Arbeitsplatz ausgegrenzt wird, weil er nicht laufen kann und dass diese Behinderung von den anderen Leuten dann berücksichtig wird, damit er auch an den Gruppenaktivitäten teilnehmen kann.

Ich denke auch, dass es sehr viele Leute gibt, die eine andere Vorstellung von der Integration haben und wo die Integration jetzt nun genau anfängt. Aber ich denke, dass Integration einfach nur bedeutet, dass man einen Menschen so annimmt und akzeptiert wie er ist.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Integration ist für mich in erster Linie die Sprache mehr oder weniger zu beherrschen, sich mit der jeweiligen Kultur auseinander zu setzen und sich den jeweiligen vorherrschenden Bedingungen anzupassen. In meinen Augen kann kein Mensch der fremd in einem anderen Land ist von der Bevölkerung erwarten akzeptiert zu werden, wenn er nicht mal ansatzweise die Sprache spricht oder sich sogar dagegen sträubt die Sprache zu lernen.

Natürlich sollte man Menschen auch niemals ausgrenzen weil sie aus einem anderen Land sind oder eine andere Sprache sprechen und man sollte es diesen fremden Menschen auch einfach machen und helfen.

» Zalus » Beiträge: 164 » Talkpoints: 1,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Mir fällt direkt auf, dass andere bei Integration davon reden, wie die Gesellschaft/die Gruppe jemanden integriert, während ich eher davon ausging, dass sich der Dazugekommene integriert. Aber es muss natürlich von beiden Seiten ausgehen! Wenn ich in meiner Gruppe (Unternehmen, Familie, Verein, Schulklasse, usw.) das Sagen habe und beschließe jemanden keinen Platz in der Gruppe zu geben, dann kann "der Neue" eigentlich machen was er will- er wird es in jedem Fall sehr schwer haben. Und wer fragt schon gerne um Hilfe oder geht auf andere zu, wenn diese sich abwenden und abweisend verhalten?

Wenn dann Gleichgesinnte in der Nähe sind, dann fühlt man sich in deren Gesellschaft schnell wohler und möchte sich dort integrieren. Und wenn die Gruppe Gleichgesinnter kleiner ist, als die große Gruppe um einen herum, dann ist man doch irgendwie weiterhin Außenseiter. Und der Rüttli-Außenseiter kämpft mit seinen eigenen Mitteln dagegen. Nur wendet sich dadurch die Gruppe der anderen noch weiter von ihm ab. Und so nimmt der Kreislauf seinen Lauf. Vielleicht sollte man Rüttli-Schüler einzeln in eine ganz andere Umgebung setzen. Ich glaube viele von ihnen würden an einer problemfreien Schule gar nicht auffallen und sich schnell mit den positiven Dingen der Gesellschaft anfreunden.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Integration bedeutet für mich, dass man sich in das Land integriert, in das man ausgewandert ist. Dazu gehört für mich, dass man ganz klar die Sprache beherrscht und auch Sprachkurse besucht. Außerdem sollte man arbeiten gehen und nicht auf Kosten des Staates in dem frisch eingewanderten Land leben. Des weiteren sollte man den Kontakt zu seinen Mitmenschen suchen und nicht nur unter seines gleichen bleiben und seine Muttersprache sprechen.

» Jenna87w » Beiträge: 2149 » Talkpoints: 0,47 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Integriert ist für mich jemand, der sich in dem fremden Land, wo er sich niedergelassen hat, auch mit Menschen anderer Herkunft unterhält, und diesen auch zugänglich ist. Für mich muss man nicht perfekt die neue Sprache sprechen, aber man sollte dieser dann irgendwann so mächtig sein, dass man sich miteinander verständigen kann, auch wenn es sich hierbei nur um eine dritte Sprache handelt, die man in beiden Ländern halt spricht.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Der erste Satz von Trisa ist das, was mir auch direkt durch den Kopf gegangen ist: auch für mich hat Integration nicht ausschließlich die Bedeutung, dass es sich um einen Menschen handelt, der aus einem fremden Land kommt. Auch für mich findet Integration überall dort statt oder ist notwendig, wo jemand als Fremder zu einer bestehenden Gruppe hinzustößt, also auch im Falle eines Umzugs innerhalb desselben Landes in eine andere Gegend, die eben entsprechend fremd ist.

Wichtig für das Gelingen einer Integration ist für mich zunächst der Wunsch des zu Integrierenden dahingehend, dass er diese Integration auch möchte. Das bedingt allerdings, dass er sich entsprechend verhält, auf das Fremde zugeht und sich demgegenüber relativ offen verhält und sich jedenfalls nicht ablehnend gibt. Einen Menschen gegen seinen Willen zu integrieren, wird wohl nicht möglich sein, also halte ich den Integrationswunsch des Fremden für zwingend erforderlich und auch, dass er eine entsprechende Haltung gegenüber denen zeigt, von denen er integriert werden möchte. Insofern kann man wohl meiner Meinung nach sagen, dass Integration nur dann gelingen kann, wenn sowohl das Neue als auch das Fremde zusammenarbeiten. Jedenfalls findet die Integration sicherlich nicht nur von einer Seite aus statt, wenn sie funktionieren soll.

Wie wichtig die Integration heutzutage ist, kann man vermutlich schwer beschreiben, ich selbst halte sie allerdings schon immer für sehr wichtig und meine nicht, dass sich daran in den letzten Jahren oder Jahrzehnten etwas bedeutend verändert hat, jedenfalls nicht an meiner Wahrnehmung in Bezug auf die Wichtigkeit integrativer Maßnahmen. Wenn jemand den Wunsch hat, irgendwo integriert zu werden, wäre es wünschenswert, wenn von Seiten der Fremden diesem Wunsch entsprochen wird und der Wunsch, den ihrerseits Fremden zu integrieren, auch ihr eigener Wunsch ist. So viel Interesse am Menschen sollte man wohl haben, um sich mit Fremdem immer wieder offen auseinanderzusetzen und nicht nur zu tolerieren, sondern vor allem zu akzeptieren.

Integriert ist jemand für mich wiederum dann, wenn er einen Zugang zu dieser Gruppe, in die er integriert werden will, gewonnen hat. Sobald irgendeine Form von zwischenmenschlicher Verknüpfung stattgefunden hat, nimmt die Integration als Vorgang in meinen Augen ihren Lauf und ergibt sich vermutlich ab dann sogar mehr oder weniger von selbst, sofern sich nicht ein verhindernder Umstand ergibt. Letzten Endes geklappt hat die Integration sicherlich dann, wenn der zu Integrierende Teil der Gemeinschaft geworden ist, vor allem also seine sozialen Kontakte gefunden hat und seinen festen Stand innerhalb dieser Gemeinschaft bestimmen konnte. Wenn er sich als Teil der Gruppe fühlt und die Gruppe auf ihn zurückkommt, ihm also deutlich signalisiert, dass er dazugehört, dann sollte die Integration wohl erfolgreich abgeschlossen sein.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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