Sollte man Griechenland aus der Eu ausschließen?

vom 04.10.2011, 02:30 Uhr

Griechenland funktioniert nicht. Das Aufspannen des Rettungsschirms war ein schwerer Fehler der EU. Wir bürgen jetzt für die Schulden von armen EU - Staaten und das könnte uns teuer zu stehen kommen. Griechenland wird in den Bankrott gehen und es wäre sinnvoll all unsere Hilfen abzuziehen, die Bürgschaften fallen zu lassen und Griechenland aus der Europäischen Union zu werfen.

Offiziell könnte man das Ganze mit den gefälschten Daten begründen, die beim EU - Beitritt von Griechenland angebenen wurden. Nur dadurch kam Griechenland in die EU.

Portugal sollten wir mit direkten Finanzspritzen sanieren statt mit dem Rettungsschirm. Die Summe ist wesentlich überschaubarer und der Effekt größer. Irland kann sich von alleine sanieren.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



nille hat geschrieben:Ich würde Griechenland wenn es nach mir ginge sofort aus der EU schmeißen.

Und was wären die Folgen dieses Reflexes? Schön dass du die besser nicht darstellst. So erscheint dein Vorschlag ja so einfach.

nille hat geschrieben:Ich meine wir zahlen den größten Anteil um die Griechen wieder aufzubauen, aber was da gelaufen ist ist einfach unfassbar.

Liest du eigentlich auch mal die Beiträge da oben im Thread? Keiner zahlt etwas an "die Griechen", noch weniger wird etwas bezahlt, um das Land "wieder aufzubauen". Das interessiert momentan niemanden. In der derzeitigen akuten Brandbekämpfung geht es darum, den griechischen Gläubigern irgendwie den Hintern zu retten, mitnichten "den Griechen". Die Griechen sind unwichtig, systemisch sind die Banken. Die griechischen Gläubiger sind v. a. ausländische Banken, denn die haben in der Vergangenheit den "profunden" Urteilen der Ratingagenturen vertraut und günstig griechische Staatsanleihen erworben. Die haben sie bei der EZB als Sicherheiten für Kredite hinterlegt, ohne dafür selber bedeutendes Eigenkapital gegenrechnen zu müssen. Das war ein Riesengeschäft und ging lange gut, bis die Finanzkrise inkl. Bankenrettung 1.0 kam, in deren Verlauf die Staatsschulden überall hochschnellten. Wir retten jetzt erneut den Banken den Hintern und übernehmen deren Schulden. Kein Grieche hat da was von, im Gegenteil.

nille hat geschrieben: Wir können so viel Geld zahlen wie wir wollen, die kommen da so in der EU nicht aus dem Schlamassel.

Das liegt v. a. an der fehlerhaften Konstruktion der Union, die eben immer noch aus Nationalstaaten besteht und von einem wirklichen politischen Bündnis weit entfernt ist. Es fehlt v. a. eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die jetzige Situation zwingt jedoch neue Lösungen geradezu auf. Aber noch fehlt dazu wohl der Mut. Natürlich hätten die Griechen niemals so früh den Euro bekommen dürfen. Dafür bedanke dich bei der Politik und bei versagenden Prüfungsbehörden (Eurostat). Dass man so leistungsstarke und leistungsschwache Länder nicht zusammen in einen Währungsraum packen sollte, davor hat man von Anfang an gewarnt. Das ist VWL 2. Semester. Dass dann der reichste Mitspieler einen Lohnunterbietungswettbewerb startet und damit die Ungleichheit in unverantwortlichem Maß verschärft, auch das wird lange kritisiert und ebenso lange ignoriert. Natürlich offensichtlich auch von dir, wobei ich bezweifle, dass du das jemals so gesehen hast.

nille hat geschrieben: [...] Griechenland ist ein Fass ohne Boden und das haben sie sich selbst zuzuschreiben.

Ich mag die Rolle Deutschlands und der Leistungsbilanzdefizite nicht nochmal darstellen, es wird ohnehin nicht verstanden und/oder einfach ignoriert. Siehe es mal so: Ohne die Verschuldungsbereitschaft anderer Länder, könnten wir nicht den (ehemaligen) Exportweltmeister spielen. Wenn wir den Billigheimer in Europa machen (stagnierende/sinkende Löhne seit ca. 2000), schaden wir den möglichen Exporten der EU-Partner. Was sollen die machen, außer sich zu verschulden? Den Gürtel enger schnallen? Aber wer kauft dann unsere Mercedesse?

Aber stimmt das denn überhaupt, dass die sich alle über die Maßen verschuldet haben? Schau dir doch bitte, bitte mal den Verlauf der Staatsverschuldung der PIIGS-Länder an, v. a. Griechenland. Griechenland hatte immer recht hohe Schulden, konnte aber immer ganz gut damit leben. Die Griechen waren sogar seit 2000 auf einem leichten Entschuldungspfad, wie du erkennen kannst. Zudem haben sie übrigens investiert, wie kein anderes Land. Dann kam die Finanzkrise und was fällt dir auf? Die Schulden stiegen (übrigens überall) genau dadurch an. Ursache war die Banken- und Finanzkrise 1.0 und die folgende Rettung der Banken und NICHT ein hemmungsloser Konsum, üppige Renten, ein Herumliegen in der Sonne, Partys am Strand. Irgendein findiger Geist hat dann die Deutungshoheit dadurch übernommen, dass man plötzlich von einer Staatsschuldenkrise sprach, Finanz- und Bankenkrise verschwanden so geschickt aus dem Fokus. Fangen jetzt Spekulationen an, auch durch dumme oder unterlassene Bemerkungen unserer politischen Elite und setzt dann ein sich selbst vestärkender Herdentrieb ein, steigen die Zinsen für die Schulden. Genau das hat die Sache für Griechenland dann unbezahlbar gemacht.

Deine Aussage, das haben die sich selbst zuzuschreiben, stimmt am Rand. Aber wie du erkennen solltest ist das viel zu einfach gedacht und lenkt von den vielfältigen Ursachen ab. Verkennt man aber die Ursachen, gibt es keine tauglichen Lösungen. Solche kurz greifenden Begründungen sind kreuzgefährlich.

Und es ist ja nicht so, dass man erst seit heute wüsste, wie es um die griechische Wirtschaft steht. Das wusste man bereits mit Eintritt der Griechen in den Euro. Auch die auflaufenden Defizite in der Leistungsbilanz und beim Staatshaushalt kannte man. Warum haben da nicht längst bei kreditgebenden Banken, der EZB, nationalen Notenbanken oder Verantwortlichen für Wirtschafts- und Finanzpolitik und Ratingagenturen die Alarmglocken geklingelt?

nille hat geschrieben: [...] Wenn ich dann noch sehe wie sie uns Deutsche, die größten Helfer und Geldgeber, als Nazis beschimpfen kann ich beim besten Willen nicht verstehen warum die Regierung an ihrem Kurs weiter festhält.

Na ja, wenn selbst unsere Kanzlerin verlangt die Europäer sollen später in Rente gehen und weniger Urlaub machen, wenn griechischen Rentnern Raffgier vorgeworfen wird, wenn vor Urlaub in Griechenland gewarnt wird, wenn der Focus mit Stinkefinger auf dem Titelbild von Betrügern in der Euro Familie redet, wenn man verlangt, dass Griechenland seine Inseln verkauft, wenn die Bild draufhaut, wo sie nur kann, dann liegt die Messlatte eben tief. Der durchschnittliche Grieche ist doch so etwas von weit weg von dem Bild, das hier entworfen wird. Und nochmal: Wir helfen nicht "dem Griechen". Wir helfen jetzt erst mal unseren Banken. Man spielt auf Zeit.

TuDios hat geschrieben:Griechenland funktioniert nicht [...] es wäre sinnvoll all unsere Hilfen abzuziehen, die Bürgschaften fallen zu lassen und Griechenland aus der Europäischen Union zu werfen.

Offiziell könnte man das Ganze mit den gefälschten Daten begründen, die beim EU - Beitritt von Griechenland angebenen wurden. Nur dadurch kam Griechenland in die EU[...]

Auch du bedenkst nicht die Konsequenzen für Europa. Und nochmal: Darf ich fragen, auf welcher rechtlichen Norm du einen Rauswurf der Griechen begründest? Zudem ist das Problem nicht die Zugehörigkeit zur EU sondern die zur Währungszone. Aber das sind ja nur "Kleinigkeiten".

Glaubst du denn, ein Land würde da einfach irgendwelche Angaben machen und das würde dann akzeptiert werden? Natürlich wird da geprüft. Geprüft hat Eurostat und die haben bereits vor Jahren zugegeben, schlampig geprüft zu haben. Auf der Seite ist also auch eine gehörige Portion Mitschuld zu finden. Nein, der Käse ist längst gegessen.


Ich kann ja verstehen, wenn man gerne mal am Stammtisch den Mund aufreißt, aber wenn auch andere, v. a. auch begründete Meinungen angeboten werden, könnte man doch mal im Ansatz darauf eingehen. Ich habe die Weisheit bestimmt nicht mit Löffeln gegessen und ich verstehe die Sache auch nicht so ganz, aber eure eindimensionale, undifferenzierte "Hau drauf"-Rhetorik, die hilft doch nun keinem.

Da schreit einer: "Griechen raus!", ich begründe halbwegs differenziert dagegen, dann kommt der nächste und schreit: "Griechen raus!". Nennt ihr das Diskussion?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


So alte Threads sind manchmal auch noch recht interessant. Wie wir gesehen haben, ist nur der freiwillige Austritt möglich und die Briten haben es getan. Die Griechen sollten übrigens nur aus der Eurozone austreten und nicht aus der EU. Ich bezweifle allerdings, dass dieser Unterschied wirklich so klar war. Vor allem kann man nun sehen, was der versprochen Wiedereintritt für die Griechen wirklich wert war.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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