Es jedem Recht machen wollen

vom 27.09.2011, 23:09 Uhr

Kennt ihr das Gefühl, dass ihr es jedem Recht machen wollt und euch selber dabei irgendwie vergesst? Ich kenne das Gefühl eigentlich seit meiner frühen Kindheit. Ich könnte mir vorstellen, dass es bei mir daher kommt, dass meine Schwester eigentlich nie dafür was tun musste um Anerkennung von meiner Mutter zu bekommen. Mein Vater war viel zu wenig zu hause um mir die Anerkennung zu geben ohne dass ich dafür was leisten musste.

Egal ob in der Schule oder zu hause. Irgendwie musste ich immer versuchen, dass ich nicht unterging. In der Schule stand ich daher sehr unter Druck und dadurch kam es auch manches mal dazu, dass ich eben nicht so war, wie man vielleicht von mir erwartete.

Später dann wollte ich natürlich auch immer alles so machen, dass die Leute in meiner Umgebung zufrieden mit mir waren. Das ist aber auf Dauer unheimlich anstrengend und wenn ich dann mal nicht so war, dann habe ich sofort das Gefühl gehabt ein Versager zu sein, weil ich es irgendjemanden nicht Recht machen konnte. Ich habe das mit psychologischer Hilfe ein wenig abschaffen können. Aber noch heute erwische ich mich dabei, dass ich es wieder jedem Recht machen will. Ich entschuldige mich, obwohl sich vielleicht eher mein Gegenüber entschuldigen sollte und meine damalige Psychologin meinte es mit einem Satz, dass solche Menschen einfach zu gut für diese Welt sind und deswegen auch ausgenutzt werden.

Ich bin froh, dass ich nicht mehr ganz so "bescheuert" bin und das Einzige, was noch übrig geblieben ist, ist, dass ich sehr schwer nein sagen kann und wenn ich irgendwas falsch mache ich dann total aufgelöst bin und tagelang daran denke, was ich falsch gemacht habe. Aber es ist auf jeden Fall nicht mehr so wie in meiner Kindheit und Jugend.

Meint ihr, dass man ohne Hilfe aus diesem "Sumpf" herausfindet es allen Leuten Recht zu machen? Kennt ihr das von euch selber oder von eurer Umgebung? Wie geht ihr mit solchen Menschen um? Verführt es nicht, dass man solche Menschen ausnutzt? Wenn ihr selber so seid, lasst ihr euch ausnutzen oder musstet ihr es auch erst lernen nicht ausgenutzt zu werden?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Oh ja, du sprichst mir aus der Seele :lol: Ich war früher auch so, dass ich es immer allen Recht machen wollte und damit auch oft gescheitert bin. Denn eines ist Tatsache: man kann es nicht allen Recht machen und wenn man sich noch so verbiegt. Da gibt es ja auch so ein schönes Sprichwort: Allen Recht getan ist eine Kunst, die niemand kann. Der Grundstein für mein Verhalten wurde schon in der Kindheit gelegt. Ich bin die ältere Schwester, die Vernünftige, die Verantwortungsbewusste. Meine jüngere Schwester war ein schwieriges Kind und hat meiner Mutter so manche schlaflose Nacht bereitet. Da ging es ja auf keinen Fall, dass ich auch mal aus der Reihe tanze, im Gegenteil. Und auch später war ich die, die für Harmonie sorgte, sich kümmerte.

Ich war auch immer der Überzeugung, dass man Probleme mit vernünftigen Gesprächen und mit Verständnis aus dem Weg räumen kann. Aber ob bei Freundinnen oder in der Familie: Verständnis hatte meistens ich, die anderen machten, was sie wollten. Und wenn es wirklich mal ein Problem gab, dann war die jeweilige Freundin nicht gesprächsbereit, sondern ganz schnell weg. Oder auch, wenn ich keinen Nutzen mehr für die Person hatte. Dass so etwas schmerzt ist klar, ich habe daraus aber mit der Zeit gelernt. Ich bin zwar immer noch relativ harmoniesüchtig, loyal und allezeit für Familie und Freunde da, aber ich verbiege mich nicht mehr und achte auch mehr darauf, was mir gut tut und was ich will. Und ich entschuldige mich nicht mehr für Dinge, die gar nicht mein Fehler waren.

Ein Beispiel: ich hatte letzte Woche Freundinnen zu einer Weinprobe eingeladen. Meine Schwägerin, die nebenan wohnt meinte, wir sollten diese Weinprobe doch in ihrem Gartenpavillon machen. Tolle Idee und so machten wir aus, dass ich den Wein und die Gläser bringe, jeder etwas zum Knabbern macht und sie und ihr Mann den Pavillon richten. Als ich gegen Abend rüber ging, schnauzte sie mich an, warum ich mich erst jetzt blicken lasse, ich hätte ruhig mal helfen können - sie hatte aufwändig dekoriert, was ich gar nicht gemacht und erwartet hätte. Früher hätte ich mich vielmals entschuldigt und ein furchtbar schlechtes Gewissen gehabt. Nun habe ich nur zu ihr gesagt, dass sei selber schuld sei, wenn sie nicht anrufen oder an der Haustüre klingeln könne. Kann ich riechen, dass sie ein Staatsbankett herrichten möchte?

Ich musste also auch erst lernen, nicht ausgenutzt zu werden, aber ich habe dazu keine psychologische Hilfe gebraucht, sondern die Erfahrungen haben mich das gelehrt. Ich rechne nicht auf und bin auch weiterhin für andere da, wenn es aber ständig auf meine Kosten geht und mir nicht gut tut, dann sage ich auch mal Nein. Sollte da jemand beleidigt sein, dann ist nur ein kleiner Teil der Welt beleidigt und sollte eine Freundschaft deswegen auseinander gehen, dann war es sowieso keine.

» kerry3 » Beiträge: 892 » Talkpoints: 18,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich kenne es leider auch nur zu gut. Daher wurde ich mal sehr mies von einer Nachbarin ausgenutzt. Ich habe damals sehr gelitten, weil sie mir viele Vorwürfe gemacht hat, dass sie alles für mich getan hätte und ich für sie gar nichts. Dabei war es komplett anders herum. Ich habe damals kaum noch meinen Haushalt gemacht bekommen, weil diese Nachbarin dauernd bei mir war und sich alles möglich von mir geholt hat. Sie sagte immer leihen, aber das wenigstes davon habe ich zurück bekommen. Sie wurde dann auch teils richtig frech und ich habe mir das alles bieten lassen und am Ende noch einen Tritt in den Hintern dafür bekommen.

Mir fällt es auch oft beim Einkaufen auf, dass ich eher an die anderen denke. Ich kaufe dann vieles, was mein Freund gerne isst und denke dann auch noch an die Tiere. Oft fällt mir dann zu Hause auf, dass ich mich vergessen habe. Dann passiert es schon mal, dass ich vergessen habe mir etwas für aufs Brot zu kaufen. Bei Getränken ist es genauso und es passiert auch, wenn wir Besuch haben. Ich bewirte den Besuch und sitze selbst am Ende ohne etwas zu trinken da und muss dann nochmal aufstehen und mir etwas holen. Auch bei Streitigkeiten war es früher immer so, dass ich die Schuld und die Fehler nur bei mir gesucht habe. Mit der Zeit habe ich dann auch gelernt, dass ich nicht immer an allem Schuld bin.

Natürlich versuche ich es immer noch irgendwie allen recht zu machen, aber ich versuche eben auch zu lernen, dass das nicht immer geht. Es gibt ja meistens jemanden, der etwas zu meckern hat und dem man einfach nichts recht machen kann.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich hatte und habe dieses Problem auch. In meiner letzten Beziehung wollte ich es ihm immer Recht machen. Ich habe vieles was meinen Sohn und mich betrifft hinten an gestellt oder links liegen gelassen, um es ihm Recht zu machen und seinen Terminen nach gehen zu können. Das war vollkommen falsch was ich getan habe, das weiß ich im nachhinein. Jedoch hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich meinen Dingen nachgegangen bin. Er könnte denken: Ich gehe fremd oder unternehme lieber mit anderen etwas als mit ihm. So war es jedoch nicht und so habe ich nichts mehr für mich selbst getan.

Letzendlich wurden mir diese einigen Male, in denen ich nicht mit ihm unterwegs war (Fussball & Co) angekreidet bei jedem ach so kleinen Streit und mir die ganze Schuld gegeben am Ende der Beziehung. Jedoch kann ein Mensch alleine nicht schuld an allem sein.

Mitlerweile versuche ich auch an mich zu denken und an das was ich möchte. Ich versuche auf den Anderen einzugehen, jedoch muss ein Geben und ein Nehmen sich in der Waage halten, sodass der eine es dem Anderen nicht immer nur Recht macht bzw. machen muss um ein gutes Gefühl zu haben. Das hatte ich leider immer erst dann, wenn ich mich und meine Termine hinten angestellt hatte bzw. mich gar nicht mehr wahrgenommen habe.

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» SybeX » Beiträge: 3896 » Talkpoints: 11,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:dass solche Menschen einfach zu gut für diese Welt sind und deswegen auch ausgenutzt werden.

Wenn du dein Verhalten ändern willst, solltest du zuerst mal diesen blöden und abgedroschenen Spruch aus deinem Gedächtnis streichen. Erst mal wird damit ja ein extrem positives Bild von dir selber gezeichnet. Du bist nicht nur ein guter Mensch, nein, du bist sogar zu gut für diese Welt. Wo ist denn da die Motivation zur Verhaltensänderung, wenn die eigene Bequemlichkeit mit so blumigen Worten umschrieben wird und wenn man sich immer, wenn man mal wieder ausgenutzt worden ist, damit trösten kann, dass man ja nur ausgenutzt wurde, weil man so ein guter Mensch ist?

Die Tatsachen sehen aber wohl eher so aus, dass der Jasager auch ein sehr bequemer Mensch ist, der Konflikte scheut. Wenn ich nämlich Ja sage ist mein Gegenüber zufrieden und ich habe meine Ruhe. Wenn ich Nein sage zieht das meistens eine Reihe Fragen nach sich, vielleicht auch diverse Überredungsversuche und einen verstimmten Gesprächspartner, wenn ich beim Nein bleibe.

Ich finde deshalb auch den Begriff des Ausnutzens nur bedingt richtig. Das versetzt dich in eine passive Opferrolle, in der nur der andere Schuld hat, was oft nicht der Fall ist. Wenn ich zum Beispiel jemanden frage, ob er mir sein Auto leihen kann und er sagt Ja - wie soll ich dann wissen, dass er es eigentlich selber bräuchte und nun andere Pläne machen muss? Bin ich dann der böse Mensch, der den zu-gut-für-diese-Welt Menschen ausnutzt, nur weil der die Zähne nicht auseinander bekommt um mir zu sagen, dass es heute schlecht ist und mit mir zusammen nach Alternativen sucht?

Ich selber versuche schon es allen irgendwie recht zu machen, aber zu "alle" gehöre eben auch ich. Das funktioniert aber meistens auch ganz gut, denn wenn ich für irgendwas zum Beispiel keine Zeit habe lässt sich oft ein Ausweichtermin finden oder es können generell andere Vorschläge besprochen werden.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Lang hat es gebraucht, bis ich dann doch auf den Trichter gekommen bin, dass man es eben nicht jeden Recht machen kann und vor allem auch gar nicht soll. Das Optimum ist heute noch lange nicht erreicht, aber ich lasse nicht mehr alles mit mir machen und schon gar nicht lasse ich mir alles gefallen. Das ist im privaten, als auch im beruflichen Bereich so. Zwar habe ich immer die Befürchtung, nicht gemocht zu werden oder anzuecken, aber andererseits lernen die Leute ja auch nicht, dass man es so gar nicht möchte. Und ich denke, manchmal sind die Gegenüber dann doch überrascht, wenn man selbst als stille Person dann doch mal etwas sagt und mit der Faust auf den Tisch haut.

Jeder ist sich selbst der Nächste, heißt es ja immer, aber ich denke, man muss schon eine Mischung aus beiden mitbringen. Natürlich ist es schön, wenn man anderen einen Gefallen tut und man andere verwöhnt, aber was spricht dagegen, auch mal an sich zu denken, sich selbst einen Gefallen tun und sich zu verwöhnen? Solange man weder bei dem Einen noch bei dem Anderen niemanden verletzt, doch gar nichts. Aber die Unsicherheit spielt dabei eine Rolle. Und ich denke, wenn man eben selbstbewusster durchs Leben geht, sich nicht so sehr von anderen abhängig macht, in welcher Form auch immer, dem wird es dann doch besser gehen, als wenn er eben sich nur für andere Menschen aufopfert. Das ist nicht schnell und nicht leicht zu begreifen, aber wenn man es geblickt hat und vor allem an sich arbeitet, dann kann man selbst doch nur auch gewinnen.

Ich habe einige Freaks an mich angezogen, die alle mehr oder weniger egoistisch waren. Egal, ob es nun um Bekannte, Freunde oder Partnerschaften ging. Irgendwann habe ich da dann auch einen Schlussstrich gezogen- der Hammer war wirklich bei einer Bekannten, die meinte, ich würde mich gar nicht um sie kümmern und hätte nie Zeit. Ich wäre ja so egoistisch. Dabei stand ich mitten in den Abschlussprüfungen meiner Ausbildung und vorher sind zwei Familienmitglieder verstorben. Das hat mir dann den Rest gegeben, um mich von dieser Bekanntschaft dann doch zu lösen. Wer solche Leute um sich hat, der braucht nun wahrlich keine Feinde mehr.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Dieses Gefühl kenne ich nur zu gut, jedoch konnte ich es inzwischen fast ganz ablegen. Als ich ein Teenager war, wollte ich es immer all meinen Freunden und Klassenkameraden Recht machen. Ich versuchte um jeden Preis mich abzupassen und es somit allen Recht zu machen. Jedoch habe ich irgendwann erkannt, dass man mit dieser Art zwar akzeptiert wird, jedoch nicht wirklich Freunde findet. In Situationen, in denen man Hilfe von den anderen brauchte waren sie nicht so für mich da wie ich es für sie gewesen wäre.

Mit zunehmendem Alter habe ich aber verstanden, dass ich es nicht allen Recht machen soll und schon gar nicht kann. Es wird eben immer Menschen geben, mit denen man nicht klar kommt und man muss das einfach akzeptieren. Ausnutzen lassen möchte ich mich nicht und ich glaube, dass ist mir in der Form auch seit dem nicht mehr passiert.

Vielleicht braucht man einfach einen Anstoß oder eine bittere Erkenntnis um dieses Verhalten ablegen zu können. Ich glaube aber, so war das jedenfalls bei mir, dass man mit zunehmendem Alter besser damit umgehen kann. Ich würde übrigens auch nie auf die Idee kommen jemanden so schamlos auszunutzen, da ich ja selbst erfahren musste wie sich die Person anschließend fühlt.

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» Sissley » Beiträge: 1131 » Talkpoints: 5,54 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



@Cloudy24: Das mit dem ständigen Ja-Sagen hat nur bedingt was mit dem Titel des Threads zu tun. Wenn ich es allen Menschen Recht machen will muss ich nicht zu allem ja und amen sagen, sondern ich überlege mir einfach, wie ich es dem Menschen so Recht machen kann ohne dass er etwas fragt, was ich mit Ja beantworten muss. Ich habe wirklich versucht jedem ständig eine Freude zu bereiten und habe mich mehr gefreut, wenn die Menschen in meiner Umgebung sich gefreut haben, als wenn ich mir selber was gutes tue.

Dieses "jedem Menschen Recht machen" ist schlimmer als nur ein "Ja-Sager" zu sein. Denn ein "Ja-Sager" stimmt einfach jeder Bitte zu und macht, was man von ihm erwartet. Aber wenn man jedem alles Recht machen will und gar nicht erst darauf wartet, dass die Menschen in der Umgebung eine Bitte äußern, ist das wirklich purer Stress, den man sich selber antut. Man glaubt auch nur an das Gute im Menschen. Schlechte Menschen gibt es in den Augen eines solchen Menschen nicht und wenn jemand Hilfe braucht, sieht dieser Mensche es schon, bevor der andere um Hilfe bittet.

Das hört sich alles absurd an und ich habe auch nachdem mir eine Psychologin diesen Spruch gesagt hat auch was geändert, weil nichts gut ist, was zuviel ist und "zu gut" ist nicht gut. Also musste ich etwas ändern. Denn wenn man eine Familie mit 2 Kindern hat, eine Mutter, die nur Piep macht und man springt, Nachbarn, die irgendwelche Hilfe brauchen, dann sind einfach 24 Stunden am Tag zu wenig. Man kommt einfach nicht mehr dazu an sich selber zu denken und wenn man das immer so gemacht hat und es dann ändert, weil man Hilfe von Außen bekommen hat, dann heißt es auf einmal, dass man egoistisch ist und dass man nur an sich selber denkt.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Bei mir war es früher auch so, dass ich es immer allen Leuten recht machen wollte. Ich bin immer tiefer und tiefer in einen Strudel gesunken und ich habe mich am Ende kaum noch zurechtgefunden und nicht mehr auf mich selbst geachtet, weil ich es allen Leuten Verwandten, Bekannten, Freunden, Geschwistern und vor allem den Eltern immer recht machen wollte.

Jedoch habe ich es nach einiger Zeit eingesehen, dass ich diesem enormen Leistungsdruck nicht mehr standhalten kann und ich habe mich so entschieden, dass ich es nur noch den Leuten recht machen will, die mir auch am wichtigsten sind. Das sind mein Bruder, meine Großeltern, meine Eltern und meine besten Freunde und Freundinnen. Bei dem Rest versuche ich es auch ihnen alles recht zu machen, aber ich gebe mir da nicht so viel Mühe wie bei den anderen Leuten.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich kenne dieses Problem auch sehr gut, muss ich zugeben. Ich habe auch mein halbes Leben lang versucht, es allen Leuten in meiner Umgebung recht zu machen. Früher waren es eher meine Verwandten, dann wollte ich es meinen Partnern recht machen. Das zog sich dann wirklich eine ganze Weile durch mein Leben und ich kam selbst immer zu kurz dabei. Mir ist das auch erst gar nicht so extrem aufgefallen, denn für mich war es einfach selbstverständlich, dass ich eher an andere denke als an mich selbst. Irgendwann kann ich dann aber auch auf den Trichter, dass es so unmöglich weitergehen kann, denn wenn man selbst nur auf der Strecke bleibt, dann fehlt einem auch etwas und so wirklich glücklich werden kann man dann auch nicht. Egal wie sehr man sich auch dabei anstrengt - man kann es nicht allen recht machen und man die Leute finden dann auch immer etwas an einem auszusetzen.

Das Problem hatte ich bei meinem Exfreund wirklich sehr stark, muss ich sagen. Ich hab auch versucht, ihm alles recht zu machen, damit er in der Beziehung glücklich ist, aber egal was ich auch gemacht habe - es war einfach nie gut genug. Die Leute wissen es manchmal auch einfach nicht zu schätzen, was man alles für sie macht. Er war da auch sehr undankbar und das hat mich dann auch dazu gebracht, mal umzudenken und auch mich selbst mal ernster zu nehmen. Auch heute ist es noch so, dass ich beispielsweise überlege, was mein Mann oder mein Sohn gebrauchen könnte, wenn ich einkaufen bin und mich selbst dabei eher vergesse - aber so schlimm wie damals ist es bei weitem nicht und ich muss sagen, dass es mir seitdem auch deutlich besser geht. Ich freue mich zwar immer noch mehr, wenn ich anderen eine Freude machen kann, als wenn ich mir selbst etwas gönne, aber ich versuche nicht mehr, jedem alles Recht zu machen, weil man das eben sowieso nicht kann.

Ich hatte in meinem Freundeskreis auch einige sehr egoistische Personen, muss ich sagen. Die kamen immer nur an, wenn sie irgendetwas gebraucht haben. Die waren echt der Meinung, dass ich mein Leben nur nach ihnen ausrichten müsse. Sobald sie meine Hilfe brauchten, sollte ich für sie da sein - egal um welche Uhrzeit es sich handelt. Wenn es mir aber mal schlecht ging, dann war natürlich niemand da, weil die ja alle so mit ihrem eigenen Leben beschäftigt waren. Habe ich dann aber mal keine Zeit, dann wurde ich gleich als egoistisch abgestempelt. Von diesen Leuten habe ich mich dann ebenfalls gelöst, auch wenn es mir anfangs echt schwer gefallen ist. Nun weiß ich aber, dass diese Personen eigentlich nur meine Gutmütigkeit ausgenutzt haben. Auf solche Leute kann dich dann wirklich verzichten und bin ohne sie deutlich besser dran.

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» MeL.G » Beiträge: 4918 » Talkpoints: 16,81 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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