Probleme und Schwierigkeiten mit Pflegekindern

vom 12.03.2011, 12:58 Uhr

Wir haben uns damals mit unserer Familie dazu durch gerungen das wir Pflegekinder aufnehmen. Also Kindern aus ihren derzeitigen unpässlichen und unmöglichen Situation aus ihren Familien raus nehmen und bei uns die Möglichkeit zu bieten sie Wohnen zu lassen bis sich die Lage wieder beruhigt hat. Es war zwar keine große Sache die Unterkunft und Verpflegung bereit zu stellen, da wir ein großes Haus besitzen und auch nicht in Geldnot sind. Jedoch gibt es auch andere Probleme mit den Kindern da sie, oft Physisch angegriffen zu uns kommen und wir meistens über deren Hintergrund so gut wie nicht wissen nur was sie gegenüber dem Jugendamt erzählt haben. So ist es zu Beginn sehr schwer eine Beziehung oder Bindung zu ihnen Aufzubauen in der sich beide Seiten gut Verstehen, was natürlich verständlich und normal ist.

Wir haben zurzeit 2 Pflegekinder bei uns. Die Voraussichtlich bis zu ihren 18.Lebensjahr bei uns bleiben, weil keine Aussicht auf eine Besserung besteht. Die jüngste ist 4 Jahre alt und wird im September 5 Jahre, es handelt sich um ein kleines Mädchen. Sie ist bei uns seit sie 1,5 Jahre alt war und verbringt somit mehr als die Hälfte ihres Lebens bei uns und entwickelt sich prächtig auch wenn sie bei den meisten anderen Kindern noch sehr viele Nachteile hat, da ihr ungefähr die 1,5 Jahre fehlen, so hatte sie kaum einen Wortschatz und Physische Probleme die sich darin äußerten das sie sich selbst immer in den Arm biss. Heute ist bei ihr alles normal und sie ist eine sehr lustige und aufgeschlossene junge Dame, zwar hat sie noch viel zu lernen aber das wird der kleine Racker schon schaffen.

Der 2. gestaltete sich schwieriger. Die meisten Kinder werden aus den Familien genommen wenn sie klein sind da sie sich dann an ihre Pflegeeltern besser binden können und die Vertrauensbasis größer wird dadurch sinkt der Schaden den die leiblichen Eltern anrichten können um einiges. Jedoch war der Junge schon 14 Jahre alt und ist nun schon gut 1 Jahr bei uns. Natürlich hat er schwerere Schäden als das kleine Mädchen aber ich als 17 Jähriger habe so das ein oder andere Problem mit ihm was ich aber aus anderen Gründen nicht nennen kann. So haben wir in den letzten circa 4 Wochen nicht mehr als 50 Wörter miteinander gesprochen, da ich ihn nicht sonderlich mag, ihm aber die Möglichkeit geben will das er ein Normales Leben führen kann. Die Sache ist die, er denkt sich in der Schule (wir 2 Besuchen dieselbe Schule) Gerüchte über meine Familie aus welche er in die Welt setzt aber erstunken und erlogen sind. Wenn ich ihn darauf anspreche verneint er es und verfängt sich in Widersprüchen, um nur eins der vielen Probleme zu nennen.

Natürlich haben die beiden Kinder noch Kontakt zu ihren richtigen Eltern, da wir ihre Bindung nicht zerstören wollen sondern ihnen nur ein geregelteres Umfeld bieten wollen. Jedoch der kleinen bekommt das nicht sonderlich gut da sie danach Albträume hat und erbrechen muss. Meine Eltern dürfen bei diesen Treffen aber nicht anwesend sein und wir wissen nicht was da los ist. Die Betreuerin vom Jugendamt sagt auch es würde nichts passieren. Der Große nimmt eigentlich nur noch seinen Laptop mit und zockt bei seinen Eltern, genauso wie hier.

Habt ihr auch solche ähnlichen Probleme? Wie kann man versuchen sich ein wenig anzunähern?

» Netvire » Beiträge: 26 » Talkpoints: 24,89 »



Pflegekinder sind einfach durch ihr Vorleben geprägt und sind dadurch schwerer in der Lage, Nähe zuzulassen und diese auch aufzubauen. Du hast ja selbst geschrieben, dass der ältere Pflegebruder bereits in der Pubertät zu Euch gekommen ist. Da war es doch eigentlich schon klar, dass es nicht einfach sein wird, wenn er sich in Eure Familie einbringen soll. Normalerweise gibt es dafür ja auch Hilfe vom Jugendamt, wenn Komplikationen nicht miteinander zu regeln sind. Es ist wohl auch wichtig, dass man mit viel Geduld auf ein Pflegekind eingeht, liebevoll, aber dennoch konsequent ist. Das dauert und ist nicht immer von Erfolg gekrönt

Du hast ja in einem anderen Thread davon geschrieben, dass Dein Vater wohl nur am Wochenende zu Hause ist oder nur dann richtig Zeit hat und dass auch Deine Mutter recht viel arbeitet und ausgelastet ist. Ehrlich gesagt kann ich es so nicht wirklich verstehen, wenn man gut beschäftigt ist, sich noch um zwei Pflegekinder zu kümmern. Das ist nicht böse gemeint, aber Pflegekinder brauchen noch einmal eine intensivere Zuwendung und mir scheint, die Situation lässt es bei Euch derzeit nicht so zu.

Nun ja, bekommt Dein Pflegebruder ausser der Betreuung bei Euch zu Hause noch eine Unterstützung in Form einer Therapie? Wie sieht es allgemein mit Einhaltung der Regeln aus? Wenn er nur am Laptop sitzt, würde ich ihm schon mitteilen, dass er nur noch eine gewisse Zeit am Laptop sitzen darf. Andererseits käme dieser dann erst einmal weg. So etwas meine ich mit Konsequenzen. Natürlich ist es anstrengend, aber es ist auch wichtig, dass Deine Eltern konsequent sind und nicht alles geschehen lassen. Auch ist es so mit diesen Gerüchten, nur wüsste ich auf die Schnelle nichts, was eine logische Konsequenz sein könnte. Aber wenn es nicht mehr tragbar für Deine Familie ist, den Jungen weiterhin in der Familie zu lassen und auch keinerlei zusätzliche Hilfe durch Jugendamt oder professionellen Beratung von aussen möglich sind, gibt es wohl keinen anderen Ausweg, als ihn vielleicht in eine andere Betreuungsstelle oder in einem Heim/ Jugendwohngruppe unterzubringen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Sicher haben Pflegekinder es schwer und je länger sie bei ihren leiblichen Eltern waren, desto mehr prägt sie das. Wenn es sich bei den Eltern wirklich um so psychisch kranke Gestalten handelt, dann ist einem solchen Kind oftmals nur noch schwer zu helfen und ehrlich gesagt finde ich, dass du dich ein bisschen albern verhältst. Klar, du bist auch erst siebzehn Jahre alt, aber versetze dich doch mal in die Lage deines Pflegebruders. Wenn seine Eltern so schlimm waren, dass er von ihnen weg geholt werden musste, dann hatte er vermeintlich in seinem ganzen Leben noch keine richtigen Bezugspersonen, mit denen er reden und sich anvertrauen konnte und die ihn eben einfach lieb hatten. Und wenn er erst ein Jahr bei euch ist, dann wird es ihm sicherlich noch nicht gelungen sein, sich bei deinen Eltern vollkommen wohl zu fühlen, da werden bestimmt immer noch Zweifel bleiben und auch dir gegenüber.

Du als Kind, welches die Möglichkeit hatte in einer intakten und geborgenen Familie aufzuwachsen, solltest hierbei auch nicht erwarten, dass der Junge auf dich zu kommt und auf dicke Freunde macht. Klar will er im ersten Moment nichts von dir wissen, denn er kennt dich kaum und hatte vermutlich auch noch nie wirkliche Freunde oder Geschwister. Er ist neu in deiner Familie und nach einem Jahr hättest meiner Meinung nach du definitiv etwas mehr unternehmen können. Lade ihn doch einfach mal zum Eis essen oder ins Kino ein, hol ihn von seinen Computerspielen weg wenn du doch schon siehst, dass er nichts anderes mehr macht! Und wenn er Gerüchte erzählt, dann informiere vielleicht diene Eltern darüber, aber mach doch bitte nicht so einen Aufstand und sei nicht beleidigt, dass ist wirklich unreif und bringt dich in der Beziehung doch auch nicht weiter. Ich würde dir wirklich einfach mal dazu raten, von dir aus auf deinen Pflegebruder zuzukommen und zu helfen, denn von alleine wird er es wohl kaum schaffen.

Mein Patenonkel hat vor einiger Zeit auch ein Pflegekind bei sich aufgenommnen. Es hat sich dabei um einen kleinen Jungen gehandelt, der bereits im Alter von fünf Jahren selbstverletzendes Verhalten aufwies und den Drang zu haben schien, sich mit Geschirr und Spielzeug zu verletzen. Als ich ihn das erste mal sah, hatte er eine Wunde quer durch das Gesicht, dass war kein schöner Anblick und noch unschöner wurde mir, als mir mein Onkel mitteilte, dass sich der Kleine das scheinbar wissentlich und absichtlich zugefügt hatte. Auf jeden Fall hat mein Onkel erstmal eine Familienfeier organisiert, als der den Jungen aufnahm, wir besuchen meinen Onkel nach wie vor regelmäßig und der Junge, inzwischen sieben Jahre alt, hat sich ganz gut entwickelt und hat auch eine gute Beziehung zu mir und meinem Bruder. Letzte Sommerferien waren wir zusammen in Italien und ich fand es schön, wie gut er sich eingelebt hat.

Ich finde es daher schon sehr wichtig, dass man von sich aus was tut, wenn man Pflegekinder aufnimmt, es ist nicht damit getan, sie großzügig aufzunehmen und sie dann ihren Problemen selbst zu überlassen. Wenn dein Pflegebruder vielleicht Verhaltensstörungen hat, dann sollte man ihm eine Therapie empfehlen oder ihm einfach irgendwie helfen, nicht mit ihm reden und beleidigt sein, dass macht doch keinen glücklich.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Meine Eltern haben sich damals auch entschieden, als wir schon größer waren, Pflegekinder aufzunehmen und sie haben auch ein Geschwisterpaar zugesprochen bekommen. Die beiden waren damals grade am Anfang ihrer Pubertät und es ist ja allgemein für Eltern ja schon schwieriger, wenn die Kinder da drin sind, aber wenn es dann noch fremde Kinder sind, die grade bei einem eingezogen sind, dann ist es noch schwerer.

Meine Eltern haben damals auch alles versucht, damit sie etwas mehr nähe zu den beiden aufbauen konnten, aber alles prallte irgendwie an denen ab, wie als wenn man einen Ball gegen die Wand wirft. Es war wirklich eine stressige Zeit damals zu der Zeit bei uns und ich habe mich immer gewundert, warum meine Eltern sich so etwas freiwillig antun. Sie wollten diesen Kindern eine Chance auf ein geregeltes Familienleben geben und haben mit allen Mitteln versucht, näher an die beiden ran zu kommen. Egal, wie sie es angestellt haben, nichts hat wirklich Früchte getragen.

Nach ca. 4 Jahren war es so schlimm, das die beiden auch nur noch Mist bauten und öfter mal die Polizei vor der Tür stand, weil einer der beiden mal wieder geklaut hatte oder einem anderen was auf die Nase gegeben hatte. Als sie dann auch noch anfingen, bei uns im Haus zu stehlen, haben meine Eltern eingesehen, das sie da nicht weiterkommen und haben sich mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt. Diese haben dann gemeinsam, mit meinen Eltern beschlossen, die Kinder lieber in ein Heim unterzubringen, denn auch die Betreuung durchs Jugendamt, hatte nichts gebracht.

Es war uns allen von Anfang an bewusst, das es sicherlich nicht leicht werden würde, da ja beide Kinder ihre eigene und nicht so besonders gute Vergangenheit hatten, aber das sie sich so gegen ein „normales“ Familienleben strebten, war uns unerklärlich. Es meinte keiner Böse mit ihnen, aber sie haben das Vertrauen in den Menschen wohl so dermaßen verloren gehabt, das sie selber gar nicht anders konnten. Für die beiden gab es nur sich im Doppelpack und alle anderen wurden außen vor gehalten. Auch im Heim hatten sie massive Probleme, sich anzupassen und gerieten dort immer wieder im Konflikt mit den Leitern dort.

Meine Eltern haben sich damals entschieden, diese Kinder zur Pflege aufzunehmen, aber nachdem sie sich dann eingestehen mussten, das es fehlgeschlagen ist, haben sie auch keine weiteren Kinder zur Pflege aufgenommen, denn ihnen reichte diese eine sehr negative Erfahrung und unsere ganze Familie litt schon darunter. Der Kontakt wurde zu den Pflegekindern noch etwa weitere vier Jahre nachdem sie uns verlassen hatten aufrecht erhalten, aber sie waren dann immer nur nett und freundlich, wenn sie was bekommen haben von uns und so nach und nach brach dann der Kontakt ab, als sie aus dem Heim raus mussten, weil sie volljährig waren. Mittlerweile weiß keiner von uns, wo sie sich befinden und wie es ihnen geht. Was ich eigentlich sehr schade finde und ich hoffe, das sie trotzdem ihren Weg gehen werden.

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» EmskoppEL » Beiträge: 3423 » Talkpoints: 20,21 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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