Redewendung: "Herein, wenns kein Schneider ist"

vom 07.03.2011, 14:28 Uhr

Ich habe eben Müll runtergebracht und habe unserem Nachbarn, ein älterer Herr um die 75 Jahre, ein Stück Kuchen gebracht, den ich gestern gebacken habe. Ich klopfte an die Tür, weil er seine Klingel immer abgestellt hat und von drinnen hörte ich "Herein, wenns kein Schneider ist, die Tür steht offen" .

Mein Opa sagte diese Redewendung auch immer und ich kenne eigentlich sehr viele Leute aus verschiedenen Gegenden, die diesen Satz von sich geben, wenn es klopft. Aber warum sagt und sagte man "Herein, wenns kein Schneider ist" ? Was hat der Schneider damit zu tun und warum war er anscheinend nicht gerne gesehen?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Diese Redewendung verwenden häufig ältere Menschen. Der Spruch heißt ursprünglich mal "Herein, wenn's nicht der Schnitter ist". Schnitter ist eine Person, die bei der Ernte Getreide/Gras mähte. Im übertragenden Sinne wurde auch der Tod so genannt.

Früher gab es ja in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Seuchen, die ganze Bevölkerungsscharen gleichzeitigen dahin gerafft haben oder auch Kriege, bei denen viele Menschen ihr Leben lassen mussten. Bildlich gesprochen wie eine Grashalme, die in großer Menge von einer Sense abgemäht wurde. Der Sensenmann gilt heute noch als Bild für den Tod.

Als dann die Zeit der Mähdrescher und Rasenmäher anbrach, wurde das Wort Schnitter verdrängt und vergessen. Es wurde durch den Schneider eretzt. Dadurch verlor der Satz seinen ursprünglichen Sinn.

» Tiffy » Beiträge: 11 » Talkpoints: 2,77 »


Sicherlich hat der Schneider, der seine Forderungen eintrieb, den Anlaß zu diesem Spruch gegeben. Früher hatten es Schneider nicht leicht. Man hielt nicht viel von ihnen. Sie arbeiteten viel, waren aber immer Stubenhocker.

Sie waren nicht so kraftvoll gebaut wie ein Steinmetz oder ein Muskel bepackter Schmied. Den mit Nadel und Faden und zarten Stoffen hantierenden Schneider nahm niemand ernst. Deshalb zahlten Kunden nur ungern die Rechnungen. Oft mußte er vergebens auf seinen Lohn warten. Deshalb wurde er als armer Schneider bezeichnet.

Der Schneider wurde nur selten sofort entlohnt. Er musste seine offenen Rechnungen selbst eintreiben.Man wollte nicht, das er in die Wohnung kam. Wenn man ihn reinließe, würde man sich nur um noch zu bezahlende Rechnungen streiten müssen. Deshalb war er auch kein gern gesehener Gast.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



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