Warum unterstützen Menschen Straftäter bei der Flucht?

vom 04.03.2011, 03:15 Uhr

Es gibt ja immer wieder einzelne Fälle, in denen verurteilte Straftäter aus dem Gefängnis fliehen. Einige von ihnen werden bei ihrer Flucht von anderen Menschen unterstützt, unter anderem auch von Angestellten der JVA. Gerade diese Leute sollen ja eigentlich dafür sorgen, dass die Gefangenen im Gefängnis verbleiben.

Wenn ein Familienangehöriger nicht wahrhaben will, dass der geliebte Ehemann oder der liebevolle Vater in Wirklichkeit ein kaltblütiger Mörder oder brutaler Schläger ist, kann ich das bedingt nachvollziehen. Diese Menschen lernen den Straftäter in erster Linie als Menschen und nicht als Täter kennen und haben daher eine andere Sicht auf die Situation.

Bei Mitarbeitern der JVA, zum Beispiel Aufsehern, Ärzten und Therapeuten, erwarte ich hingegen, dass sie professionell genug sind, um sich durch Sympathien zu einem Inhaftierten nicht blenden zu lassen. Es gibt sicher einige Gefangene, die sehr nett erscheinen, auch wenn sie schreckliche Taten begangen haben. In dem Fall darf man sich von der netten Fassade nicht blenden lassen. Die wenigsten Menschen, die im Gefängnis sitzen, sind unschuldig, fast alle sitzen zu Recht dort.

Was bewegt aber Menschen, einem solchen Täter zur Flucht zu verhelfen? Ist es nur die Sympathie für einen einzelnen Täter oder vielleicht auch der Glaube an dessen Unschuld?

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke, dass da mehrere Faktoren zusammenkommen. Gerade wenn ein Angestellter der JVA unterstützend bei der Flucht ist. Sicher sollten gerade die es wissen, dass so etwas ins Auge gehen kann und Fluchthelfer ist im Gegensatz zur Flucht ja strafbar. Auch das sollten die JVA Angestellten wissen.

Warum sie trotzdem helfen kann damit zusammenhängen, dass sie sich wirklich in diesen Menschen verliebt haben. Manche Menschen haben auch die Fähigkeit einen anderen Menschen sehr zu beeinflussen. Dass die Gefangenen dann einen JVA angestellten mit irgendwas unter Druck setzen ist bestimmt kein Einzelfall. Schließlich hat der JVA Angestellte auch ein Leben außerhalb der JVA und der Gefangene hat noch "Freunde" außerhalb der JVA.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Es ist wohl eher so, dass gerade die Menschen, die in so einer Anstalt arbeiten, viel leichter ein persönliches Verhältnis zu den Gefangenen entwickeln und die eigentliche Tat dann in den Hintergrund rückt. Das finde ich auch völlig normal, denn man kann Gefangene nicht dauerhaft als zu bewachende Objekte betrachten, wenn man nicht zur Maschine verkommen will.

An der Stelle verliert man natürlich ein bisschen die Distanz und da kann dann eben auch der Punkt überschritten werden, wo man Professionalität und Nähe zur Person nicht mehr auseinander hält. Es ist ja nicht so, dass nur Mörder einsitzen würden und jeder Mörder sich immer wie ein "kaltblütiger Mörder" verhält. Das können ganz "normale Menschen" sein, die durch Umstände zu einer Tat getrieben wurden. Ein "Schläger" ist nicht immer eine unberechenbare und unerträgliche Persönlichkeit. Da stehen doch immer individuelle Schicksale und Motive hinter jedem einzelnen und diese Gefangenen sind doch "99,9%" ihrer Lebenszeit so wie du und ich. Das ist ja keine schwarzweiße Welt und es fällt leicht, Beziehungen zu solchen Menschen aufzubauen.

Ich habe eine Bekannte, die besucht Strafgefangene, um ihnen so etwas wie Normalität zu bieten, eine Möglichkeit zur Unterhaltung zu bieten, den Kontakt "nach Draußen" zu halten. Bei diesen Gesprächen und Kontakten spielt die Tat nur am Rande eine Rolle. Die meiste Zeit sind die Gefangenen Menschen wie du und ich - von Ausnahmen mal abgesehen.

Bei einer gewissen Sympathie, vielleicht sogar so etwas wie Freundschaft, kann ich mir schon vorstellen, dass einer dem anderen hilft - wir sind ja alle nur Menschen. Ich bin ja auch eher jemand der sagt, Job ist Job, Privat ist Privat, aber bei Menschen, die im eher sozialen Bereich tätig sind, ist da natürlich viel schwerer eine Grenze zu ziehen, als in anderen Bereichen. Also Verständnis habe ich dafür schon.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wenn man in einer solchen Anstalt arbeitet und regelmäßig Kontakt zu den Straftätern hat, dann ist man besonders anfällig dafür, diese Menschen für ihr Schicksal zu bemitleiden. Und wenn diese Straftäter dann merken, dass sie den einen oder anderen Mitarbeiter für sich gewinnen können, dann nutzen sie das in der Regel auch sehr aus und dann kommen Geschichtchen auf, von der armen Frau, die alleine zu Hause wartet und den Mann vermisst, den zwei kleinen Kindern, die gerade erst krabbeln gelernt haben oder das erste Wort sprechen können und unter dem Stress der Mutter leiden, der Vater vermissen. Und wenn man das Pech hat als beeinflussbarer und vielleicht auch leicht naiver Mensch in einer solchen Anstalt zu arbeiten, dann wird man sich davon vielleicht auch mitreißen lassen und das auch gar hinterfragen, so dass man dem Straftäter letzten Endes zur Flucht verhilft, obwohl es weder Frau noch Kinder gibt, die auf ihn warten.

Im Grunde sollte man eigentlich schon davon ausgehen, dass eben ein solcher Menschenschlag nicht in einer Haftanstalt arbeitet, aber manchmal passiert es eben doch und manchmal lassen sich auch weniger beeinflussbare Menschen mitreißen, wenn sie sich mit dem Schicksal des Straftäter in irgendeiner Art und Weise identifizieren können und Mitleid bekommen oder aber nicht mehr ansehen können, wie ein Mensch seine Unschuld versichert und leidet oder dies zumindest vorgibt zu tun.

Bei Familienmitglieder kann man das meiner Meinung nach aber noch am ehesten verstehen, besonders wenn diese die Straftat nicht selbst miterlebt haben und fest davon überzeugt sind, dass der Straftäter unschuldig ist. Viele Menschen haben auch einen sehr festen Familienzusammenhalt und sehen es als ihre Pflicht an, Familienmitgliedern in Schwierigkeiten und Not zu helfen, unabhängig davon, ob ihre Tat sich moralisch rechtfertigen lässt oder eben nicht. Familie ist Familie und bedeutet in einigen Kulturkreisen alles, da wird niemand verpetzt, sondern gedeckt und geholfen. An sich finde ich das aber noch weit weniger schlimm, als wenn es sich um die Angestellten in Haftungseinrichtungen handelt, da eben diese einfach nur manipulierbar sind und die Person gar nicht kennen und daher auch keine Bindung zu ihr haben dürften.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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