Traditionelle islamische Bestattung und deutsche Vorschrift

vom 03.03.2011, 17:47 Uhr

Wenn Menschen, die dem islamistischen Glauben angehören sterben, werden sie meistens in ihre ehemalige Heimat überführt. Nun gibt es aber neuerdings auch einige Muslime, die nicht in ihrem Geburtsland bestattet werden wollen, sondern hier in Deutschland, ihrer neuen Heimat. Auf einem normalen Friedhof können sie nicht oder wollen sie nicht bestattet werden, weil sie eine vollkommen andere Tradition und Vorstellung haben.

In einigen Städten sind eigene Gräberfelder für Muslime eingerichtet worden. Nur so ganz einverstanden sind die deutschen Friedhofsgänger damit nicht. Was an deutschen Gräbern meistens gepflegt ist, mit Hecken, Grün und Blumen, Friedhofslampen das sieht bei den Moslems aus wie Wildwuchs, ungepflegt mit Unkraut. Das ist ihre Tradition, nichts auf den Gräbern zu machen.

Nun liegt in einer Kleinstadt ( sicherlich auch in einigen anderen Städten Deutschlands) eine Anfrage der Türkisch-Islamischen Gemeinde vor auf einen eigenen Friedhof. Ich finde diesen Wunsch verständlich. Bisher ist es nur diese Anfrage und kein konkreter Beerdigungsfall. Da fangen die Probleme an. Ein eigenes Gräberfeld ist nicht das Problem, aber die sonstigen Vorstellungen aufgrund des Islamischen Glaubens sind nicht so einfach umzusetzen.

Wichtig ist, dass das Gesicht des Toten nach Mekka weist. Die Grabstätte muss jungfräulich sein, das heißt, in dieser Erde darf noch keine andere Beerdigung stattgefunden haben. Das ewige Ruherecht ist nicht machbar. Die Liegezeit gilt für 30 Jahre, kann dann aber verlängert werden. Für rituelle Waschungen und Trauerfeiern können die bestehenden Räume der Friedhofskapelle oder sonstige nicht genutzt werden, weil sie christliche Symbole besitzen.

Die islamische Tradition schreibt vor, dass noch am Sterbetag die Bestattung stattfindet. In Deutschland gilt aber die Regel, dass die Beerdigung frühestens nach 48 Stunden stattfinden kann. Der Leichnam kommt nach islamischen Regeln in ein Leinentuch und wird so in der Erde bestattet. Das geht nicht aufgrund des deutschen Bestattungsgesetzes, das Sargpflicht für Erdbestattungen vorsieht. Es müßten also jeweils Einzelgenehmigungen beim Gesundheitsamt eingeholt werden.

Es sollte eigentlich so einfach sein, eine Beerdigung vorzunehmen, aber aufgrund der anderen Tradition und unserer gegensätzlichen Vorschriften, ist das alles nicht so einfach zu realisieren. Hier müssen Gespräche stattfinden und jeder muss etwas zurückstecken, anders sehe ich da keine Möglichkeit. Hat jemand schon einmal einer Islamischen Beerdigung beigewohnt? Es ist auch verständlich, dass die Menschen, die ihre Verwandten, Kinder und Enkel hier in Deutschland haben und selbst schon viele Jahre hier wohnen und deren Heimat Deutschland geworden ist, auch hier begraben werden möchten. Habt ihr dafür Verständnis oder seht ihr das anders? Ich denke dass sie das Recht auf einen Teil des Friedhofs haben. Nur, wie soll man mit den verschiedenen Traditionen umgehen? Das ist nicht einfach.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Also ich habe dafür Verständnis. Jeder Religion hat ihre Traditionen. Wenn es katholische, evangelische und jüdische Friedhöfe gibt, warum dann nicht auch islamische? Wie du so schön beschrieben hast, geht die muslimische Bestattung nicht mit dem deutschen Bestattungsgesetz konform. Den Muslimen bleibt nichts anderes übrig als ihre Toten in ein muslimisches Land zu überweisen.

So richtig Gedanken darüber habe ich mir erst gemacht als eine tunesische Klassenkameradin mit 21 Jahren gestorben. Keiner von uns konnte der Beerdigung beiwohnen, weil sie in Tunesien stattfand. Das hat mich schon bekümmert. Sie war ihr Leben lang krank gewesen und stark auf ihre Familie angewiesen und sie hatte Angst vorm Sterben, weshalb sie es so gut wie vermied daran zu denken. Es hat mich traurig gemacht mich nicht von ihr verabschieden zu können und das sie dann soweit von ihrer Familie entfernt wurde, was sie sicher nicht gewollt hätte. Ein Muslim kann seine verstorben Lieben nicht mal eben so auf dem Friedhof besuchen. Gerade diese Besuch sind es, die uns so viel Trost spenden.

Wir haben zwar alternativ eine eigene Trauerfeier veranstaltet und uns so doch noch verabschieden können.

» JeanSmith » Beiträge: 422 » Talkpoints: 4,88 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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