Wahlrechtsentzug für ältere Senioren?

vom 24.09.2010, 22:18 Uhr

Derzeit wird ein neues Wahlrecht in Österreich diskutiert. Da es immer mehr Senioren gibt, sind Senioren bereits heute mit 25% eine der größten Wahlgruppen. Politologen sehen dahinter eine Gefahr, weil es eben keinen altersgemäßen Ausgleich gibt.

Aus diesem Grund wird nun überlegt, dass man Pensionisten 10 Jahre nach Arbeitsende das Wahlrecht entzieht. So soll es einerseits zu einem Ausgleich kommen und andererseits will man Leute so dazu bewegen möglichst lange arbeiten zu gehen.

Nun kann ich ein wenig das grundlegende Problem nachvollziehen, aber ein Wahlrecht zu haben finde ich schon auch wichtig. Ich würde mich ein wenig nutzlos aus ausgeschlossen fühlen, wenn ich im Alter kein Wahlrecht mehr habe, nur weil es zu wenig junge Leute gibt. Macht so ein Wahlrecht wirklich Sinn? Wie könnte man sonst eine Lösung finden?

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich halte ein solches Wahlrecht für menschenverachtend. Sicherlich gibt es alte Leute, die nicht so recht beurteilen können, welche Partei ihre Interessen am ehesten vertritt, aber es gibt auch eine Menge junge Leute, die das während ihres ganzen Lebens nicht beurteilen können.

Ich habe eher den Eindruck, dass damit die Interessen der alten Menschen noch weniger vertreten werden sollen als bisher schon. Wenn sie nicht mehr wählen dürfen, haben sie keine Lobby mehr, sondern werden allenfalls noch Objekte von Mitleid und guten Werken sein.

» RopiusK » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Oh mein Gott, wer hat denn diese bescheuerte Initiative ins Rollen gebracht? Jörg Haider persönlich? Das grenzt ja an Volksverdummung! Was soll das denn für einen politischen Sinn machen?

Warum sollte man Senioren das Wahlrecht entziehen? Mal ernsthaft, was spricht denn tatsächlich dagegen, dass ältere Menschen wählen, wer sie politisch vertritt? Ich sehe keinen ernsthaften Grund. Natürlich gibt es auch alte Menschen, die geistig nicht mehr zurechnungsfähig sind. Denen, die geistig verwirrt sind, kann man aber sicherlich auch in Österreich per Gerichtsbeschluss das Wahlrecht aberkennen. Warum sollte man aber geistig fitten Senioren das Wahlrecht entziehen?

Ist da nicht vor kurzem wegen der EU ein Antidiskriminierungsgesetz auf den Weg gebracht worden? Zumindest in Deutschland gilt seit dem, dass man Menschen nicht aufgrund ihres Alters, Geschlechts, Religion oder sexueller Orientierung diskriminieren darf. Gilt so was bei euch Österreichern noch nicht? So ein pauschalisierter Wahlrechsentzug auf Altersbasis wäre aus meiner Nichtjuristensicht ein ganz klarer Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Diese glorreiche Idee kommt vom Politologen Peter Hajek. Er will damit die Senioren auch gar nicht für unzurechnungsfähig oder dumm halten, sondern er sieht es eben als Ausgleich für die wenigen jüngeren Leute. Ich persönlich würde mir aber sehr entwürdigt vorkommen, wenn man mir das Wahlrecht entzieht nur weil es zu wenige Jugendliche gibt!

Das kann man doch nicht machen! Er geht sogar so weit, dass er in Überlegung bringt, Eltern mit mehreren Kindern ein Wahlrecht mit höherer Wertigkeit zu geben. Also die Eltern können dann mehr oder weniger auch eine Stimme für ihre Kinder abgeben! Er sieht seine Vorschläge zwar auch eher als Denkanstoß aber doch als ernstgemeinten Denkanstoß!

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Das kommt in der Tat einer Entmündigung gleich. Welche Ideen sich die Politiker ausdenken, um in die Schlagzeilen zu kommen, grenzt schon an Menschenverachtung. Wenn ich dann in einer Antwort noch lese, dass Eltern mit mehreren Kindern eine höhere Wertigkeit beim Wahlrecht zugestanden werden soll, finde ich das total krass. Die wenigsten Paare haben mehr als ein bis drei Kinder. Fünf oder mehr Kinder sind meist da anzutreffen, wo der Staat nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Eltern in Form von Hartz4 zahlt.

Ist das richtig, diese Wähler noch für ihre Kinder mit wählen zu lassen und auf der anderen Seite den Senioren, die durch die Rentenbesteuerung mit für diese Kinder und Eltern aufkommen müssen, das Wahlrecht zu entziehen? Geistig verwirrte, unzurechnungsfähige Menschen werden von Gericht für unmündig erklärt. Sie bekommen einen Vormund. Unmündige dürfen nicht wählen.

Dieser Politiker, der solche Vorschläge macht,sollte sofort seinen Rücktritt erklären. Ohne Wahlrecht kann sich niemand mit einem Staat identifizieren. Ob dieser Mensch, bevor er solch unerhörte Äusserungen macht , sich wohl überlegt hat, das es irgendwann ihn selbst treffen wird? Wie mag er sich dann fühlen?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Bevor man sich nun dazu hingibt, in dem Schwachsinn was Positives zu sehen bzw. die angeblich ernst zu nehmende Grundlage dieses Vorschlags als gegeben sieht, sollte man wirklich einen (oder mehrere) Schritt zurück gehen. Hier sieht man eine Gefahr darin, dass bei Wahlen der Wille der Bevölkerung Ausdruck findet? Hier sehe ich so viel eher die Gefahr darin, dass der Politologe ein fragwürdiges Verständnis von Abstimmungen und Ergebnissen hat.

Evtl. sollte hier ganz konkret aufgezeigt werden, was die Probleme denn sind, die auf den gemeinen jungen Österreicher zukommen, wenn plötzlich die Alten die Tagespolitik bestimmen. Es ist ja übrigens nicht gesagt, dass die Politiker selbst dann zum gleichen Klientel gehören.

Bevor also Lösungen diskutiert werden, sollte das Problem fest gemacht werden. Ich habe eine entsprechende Diskussion aus Österreich leider nicht mitbekommne. Aber mir scheint es hierbei wirklich lediglich um die Verlängerung eines Sommerlochthemas zu sein. Oder aber die Alpenrepublik hat im Moment so wenige Probleme, dass man sich welche Erfinden muss.

Der Entzug des Wahlrechts auf Grund des Alters ist jedenfalls sicher ein Schritt, denn man auch jenseits der Alpen nicht gehen wird. Und wenn denn doch, so wird die Republik durch die EU geschützt. Schließlich verbietet sich hier die Diskriminierung von Menschen auf Grund des Geschlechts oder eben Alters!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Das wird in der Tat für Österreich überhaupt nichts bringen, denn beispielsweise die Senioren verfügen über einen großen Schatz an Lebenserfahrung. Diesen können sie mit einbringen und beispielsweise an die junge Generation weitergeben. Ansonsten müsste nämlich die junge Generation erst einmal ihre eigenen Erfahrungen machen. Das wird dann aber mit Sicherheit nicht ohne Fehler ablaufen.

Und genau hier bringt die Erfahrung der älteren Generation einen richtig praktikablen Nutzen. Dieser Erfahrungswert wird sich dann auch mit Sicherheit im persönlichen Wahlverhalten der Senioren niederschlagen. Sie sehen eben Zusammenhänge und Ereignisse anders als beispielsweise die jüngere Generation.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich glaube, dass ein solches Wahlrecht in Deutschland nicht möglich ist. Das Grundgesetz (GG) regelt sowohl das Wahlrecht, welches nach den Prinzipien der Unmittelbarkeit, Freiheit, Anonymität, GLEICHHEIT usw. erstellt wurde, als auch die Gleichbehandlung der Bürger.

Dementsprechend hat jeder Bürger das Recht, uneingeschränkt mit denselben Voraussetzungen wie ein Anderer an Wahlen teilzunehmen. In Art. 20 GG steht auch geschrieben, dass die Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Sie wird folglich an die Parteien übergeben, weshalb wir ja eine Parteien-Demokratie haben. Welche Parteien und Personen diese Gewalt übertragen bekommen, wird, laut Art. 20, vom Volk in Wahlen bestimmt. Und da Rentner auch zum Volk gehören und internationale Menschenrechtskonventionen die Diskriminierung von Menschen u.a. aufgrund ihres Alters verbieten, dürfen diese auch nicht ausgeschlossen werden.

Eine Änderung des Artikels ist, wie in Art. 79 Absatz 3 GG beschrieben, nicht möglich und somit können gewisse Bevölkerungsgruppen nicht einfach aus dem Wahlprozess ausgeschlossen werden.

Ein anderer Aspekt ist, dass die Politiker laut GG nur an ihr Gewissen, nicht aber an die Parteien gebunden sind. Letztlich verdanken viele aber ihre Position einem oder mehrerer Gönner aus Wirtschaftskreisen, weshalb sie Lobbypolitik für die Konzerne tätigen (AKW-Laufzeit-Verlängerungen, Steuererlass für Hotel-Lobby usw.). Lobbyismus ist ein bekanntes Phänomen, weder ein Tabu-Thema noch geheim, sondern sogar eine Art Beruf.

Da wir, wie zu Beginn des Threads argumentiert, immer mehr alte Menschen in der Gesellschaft haben werden (was uns wieder zum Thema zurückführt), werden die Parteien im Wahlkampf zunehmend Lobbypolitik betreiben, die zugunsten älterer Menschen funktioniert; sei es hinsichtlich von Medikamenten, wo Deals mit den Pharmafirmen gemacht werden, oder etwa Altersvorsorge und ähnliches. Um ein größtmögliches Wählerspektrum abzudecken werden die Themen der Zielgruppe mithilfe von Spin-Doktoren angepasst. Trotzdem werden das politische Geschäft und die gesellschaftliche Infrastruktur weiterhin funktionieren; alte Leute hin oder her.

Der Befürchtung, die Interessen der Jungen könnten aufgrund ihrer quantitativen Unterlegenheit gegenüber den Alten nicht ausreichend vertreten werden ist zu entgegnen, dass die Parteien in Zukunft auch auf erstere Schauen müssen; denn nur, wenn die Jugend gut ausgebildet wird ist sie in der Lage, die steigenden Aufkommen für die älteren Generationen zu stemmen. Demzufolge ist die Politik gezwungen, auch Wert auf die Interessen der Sprösslinge zu legen und in deren Interesse präventiv, vorausschauend und nachhaltig zu handeln.

» Haltz92 » Beiträge: 17 » Talkpoints: 17,10 »


Ich finde es nicht okay, Senioren von den Wahlen auszuschließen. Schließlich beschließt die Regierung auch Sachen, die für sie Relevant sind, weswegen sie auch ein Recht haben, die Partei zu wählen, die sie für richtig halten. Welches Recht hat den bitte schön ein Land eine Altersgruppe von Menschen, so zu diskriminieren. Ich denke so etwas würde in Deutschland nie durchkommen, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es in einem land, wie Österreich funktioniert.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Auch ich finde es unverständlich, wieso solch ein unsinniger und unqualifizierter Vorschlag gemacht wird und ich denke, dass dieser doch wieder wenig mit Demokratie zu tun haben dürfte, jedenfalls habe ich unter diesem Begriff bisher nicht verstanden, dass eine bestimmte Personengruppe ihr Wahlrecht entzogen bekommt, damit ein Ausgleich der vorhandenen Stimmen auch jüngerer Wähler stattfinden kann. Was für ein Unsinn!

Außerdem würde dieser Schritt doch die eigentliche Problematik gar nicht lösen, sinnvoller wäre es, wenn die Jungen mehr Aufklärung erfahren würden, sich der Wichtigkeit ihrer Wahlstimme bewusster werden und ihrem Recht auch entsprechend nachkommen würden. Dadurch, dass man die Stimmen älterer, die durchaus einem guten Zweck dienlich sein können, einfach vermeiden würde, würde hier doch wieder ein Missverhältnis entstehen, wenngleich auch eines, das sich anders ausprägt als das aktuelle.

Grundsätzlich sollte sicherlich jeder Wähler auch von seinem Wahlrecht Gebrauch machen dürfen und der, der es nicht möchte, sollte es bleiben lassen, wobei ich meine, dass Letzteres doch einen Missstand offenbart. Ob es sich dabei nun um Politikverdrossenheit, mangelnde Bildung oder einfach mangelndes Interesse handelt, kann ich nicht beurteilen.

Aber anstatt an diesem Problem anzusetzen und eine Änderung zu versuchen, würde man mit einem Entzug des Wahlrechts bei einem Teil derjenigen, die davon Gebrauch machen, ein völlig falsches Ergebnis konstruieren, das wiederum ein unvollständiges Ergebnis darstellen und nicht die Ansicht des Volkes wiedergeben würde. Ich finde, dass das fast gleich einem völlig gefälschten Wahlergebnis gleichkommt und frage mich, weshalb es diesen Peter Hajek genau stört, dass die Stimmen der älteren Wähler offenbar in einer Überzahl eingehen und er für einen „altersgemäßen Ausgleich“ sorgen will.

Diese Ergebnisse der Wahlen, die bisher stattgefunden haben, sind authentisch, wenngleich ich das Bedauern darüber, dass sich zu wenige jüngere Wähler daran beteiligen, durchaus nachvollziehen kann. Der Änderungsansatz bleibt trotzdem derselbe, unglaublich sinnfrei und dazu noch äußerst anmaßend, wie ich finde.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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