Spar - Klausur?

vom 07.06.2010, 01:22 Uhr

Sparen klingt gut, erst mal jedenfalls. Wenn ich Geld spare, dann hab ich es auf der hohen Kante, wenn ich es brauche. Politisches Sparen funktioniert anders, man spart zwar, aber man hat trotzdem kein Geld. Man spart sich höchstens ein paar Ausgaben und erspart sich damit ein paar Milliarden weniger neue Schulden, nur macht man eben immer noch Schulden.

Man kann nur ausgeben, was man auch einnimmt. Der Satz stammt zur Überraschung aller von unserer Bundesmutti hochpersönlich. Und dieser Satz hat tatsächlich auch zwei Richtungen, in die er interpretiert werden kann. Man muss weniger ausgeben, das scheint geplant zu sein. Alternativ könnte man aber auch an der Einnahmeseite arbeiten, das scheint nicht geplant.

Ausgaben, die man für unnötig hält: Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger, das längere Arbeitslosengeld für Ältere. Vor allem letztere Idee ist sehr vorteilhaft, jedenfalls für die Politik. Denn wer kein Arbeitslosengeld mehr bekommt fällt aus der Statistik raus, ist nicht mehr arbeitslos. Er ist dann zwar Hartz-Empfänger, aber darüber gibt es ja keine monatliche Statistik und die Arbeitslosenquote schön niedrig. Genialer Schachzug.

Auf der Einnahmeseite könnte man übrigens richtig viel machen, auch ohne Steuererhöhung. Sinnvoll wäre es mehr Steuerprüfer einzustellen. Durchschnittlich alle 33 Jahre werden Unternehmen vom Finanzamt kontrolliert. Und bei durchschnittlich jeder dritten Prüfung finden sich dann auch fällige Nachzahlungen. JEDER Steuerprüfer erwirtschaftet mehr als er kostet.
Dies gilt auch beim Zoll: Mher Kontrollen, weniger Schmuggel. Würde man es ernst nehmen, dann könnte bereits eine kleine Investition in Personal den Zigarettenschmuggel aus Osteuropa lahm legen. Geschätzte zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen sind damit erzielbar. Nur so zum Nachdenken: die meist gerauchte Zigarette in Deutschland kommt aus St. Petersburg - illegal.
Aber auch an den Häfen könnten mehr Kontrollen die Einfuhr von Fälschungen, Drogen usw. deutlich den Schaden unserer Volkswirtschaft eindämmen.

Aber bei dieser Regierung setzt man eher darauf den ärmsten der Gesellschaft noch etwas wegzunehmen.

Und es fehlt jede Vorstellung, wie man sich die Zukunft vorstellt, längere Planungen als bis zur nächsten Woche fehlen. Für welche Vision steht diese Regierung? Für keine. Sondern für eine rückwärtsgewandte Politik, von Bildung bis Energie, von Wirtschaft bis Verkehr. Atom, Auto, dreigeteiltes Schulsystem, alles Ideen des letzten Jahrtausends. Nur scheint man dabei zu vergessen, dass die Politik der Zukunft nur überhaupt noch etwas machen kann, wenn Schulden und Schuldendienst nicht komplett den Handlungsspielraum der Politik zunichte machen.

Sparen ist schön, aber dann bitte auch an der richtigen Stelle. Und bei der Einnahmeseite braucht man keine Steuern erhöhen, sondern endlich nur die Gesetze durchsetzen und die hinterzogenen Steuern eintreiben.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



betty hat geschrieben:Aber bei dieser Regierung setzt man eher darauf den ärmsten der Gesellschaft noch etwas wegzunehmen.

Und es fehlt jede Vorstellung, wie man sich die Zukunft vorstellt, längere Planungen als bis zur nächsten Woche fehlen.


Stimmt deswegen berät man ja auch über Einsparungen bis 2016, das ist ja nächste Woche.

Und was heißt hier den ärmsten der Gesellschaft etwas wegnehmen? Solle man lieber denen besonders viel nehmen, die überhaupt erst dafür sorgen, dass dieser Staat am Leben bleibt und die Ärmsten überhaupt noch genug bekommen, um vernünftig zu leben?

Warum bitteschön soll denn ein ALGII-Empfänger Elterngeld bekommen? Elterngeld ist dazu gedacht, dass Arbeitnehmer zu Hause bleiben und das zu geringeren Bezügen als sie sonst als Lohn bekommen würden. Arbeitet der ALGII-Empfänger der nur ALGII bekommt? - Nein. Will er dann auch nur noch 60 oder 70% seines letzten ALGII-Satzes bekommen? -Nein. Warum also sollte er überhaupt noch berechtigt sein, dieses zu bekommen?

Und bei der Deckelung des Elterngeldes auf 1800, statt auf 2700 Euro werden genau diejenigen getroffen, die viel verdienen und nicht diejenigen die wenig bekommen. Da haben einige dann plötzlich nur noch 50% oder weniger von ihrem letzten Lohn (von dem sie übrigens im Gegensatz zu de Geringverdienern große Summe an den Staat für die ganzen Sozialleistungen zahlen).

Und warum fallen ältere Arbeitslose aus der Statistik, nur weil sie statt 24 Monaten nur noch 12 oder 18 Monate lang ALGI bekommen? Sie werden einfach nur früher als bishr als ALGII-Empfänger geführt und stehen nur unter einer anderen Gruppe in der Statistik. Sie stehen aber trotzdem weiterdrin und zählen auch weiterhin in die Arbeitslosenquote. Der einzige Vorteil für den Staat ist eben, dass er weniger Arbeitslosengeld zahlt und sich für diese Zeit auch die Rentenbezüge etwas verringern und er daher Geld spart.

Und was ist eigentlich mit den anderen Sparzielen, zum Beispiel im Verteidigungsetat? Das fordert doch immer jeder, wenn es ums Sparen geht. Und wenn das jetzt getan wird, erwähnt das niemand, weil man das ja dann der Regierung nicht vorwerfen kann. Und was ist mit der Bankenabgabe, die quasie beschlossene Sache ist und 2012 kommen soll. Hat auch jeder gefordert und jetzt verliert man kein Wort darüber, dass dadurch weniger gespart werden muss. Was ist denn mit dem Abbau von bis zu 15.000 Stellen im öffentlichen Dienst und der Kürzung der Bezüge? Will auch dauernd jeder am Stammstisch haben und keiner lobt die Regierung jetzt dafür, dass sie da mal ansetzen.

Die Regierung soll nach Möglichkeit nicht bei der Bildung sparen, nicht bei der Forschung und nicht bei der Familienpolitik. Und im Sozialetat auch nicht (der übrigens über 140 Mrd. Euro beträgt!). Was bleibt denn dann noch übrig um das Haushaltsloch zu stopfen? Genau Steuererhöhung für alle Arbeitnehmer und etwas reicheren. Die zahlen ja nie was und bescheissen den Staat bei ihren Steuererklärungen.

Vielleicht sollten ja auch einfach mal alle Milliardäre in Deutschland eine jährliche Extraabgabe zahlen. Vielleicht 1.000.000 Euro pro Jahr als Reichensteuer. Nur blöd, dass damit nur 100 Millionen Euro zusammenkommen würden im Jahr. Aber vielleicht enteignen wir einfach gleich alle Millionäre und Milliardäre und die ganzen Unternehmen. Die haben ja sowieso alle nie was für ihr Geld gemacht und kommen ihrer sozialen Verantwortung, alle die sich nicht selber um ihren Lebensunterhalt kümmern zu wollen durchzufüttern, nicht nach.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


betty hat geschrieben:Ausgaben, die man für unnötig hält: Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger

Mit dem Elterngeld sollten doch die Eltern einen Anreiz zum Gründen einer Familie erhalten, die es sonst wegen des Verdienstausfalles nicht tun würden. Wenn Aufstocker also von dieser Regelung ausgeschlossen werden und weiterhin Elterngeld erhalten, dann ist das doch nur die konsequente Umsetzung der einstigen Pläne. So bitter das auch sein mag, Kindergeld etc. werden doch auch voll angerechnet.

betty hat geschrieben:Auf der Einnahmeseite könnte man übrigens richtig viel machen, auch ohne Steuererhöhung. Sinnvoll wäre es mehr Steuerprüfer einzustellen. Durchschnittlich alle 33 Jahre werden Unternehmen vom Finanzamt kontrolliert. Und bei durchschnittlich jeder dritten Prüfung finden sich dann auch fällige Nachzahlungen. JEDER Steuerprüfer erwirtschaftet mehr als er kostet.

Aus welcher Zeit kommt denn diese Statistik? Mittlerweile sind diese Prüfungen wesentlich häufiger und man kann als Unternehmer inzwischen alle zwei Jahre mit einer Prüfung rechnen. Bei einer bestimmten Größe und damit Steuerpflichten auch jährlich. In meiner aktuellen Firma gibt es einen Rechner nur für Steuerprüfer, weil da jedes Jahr eine Prüfung angesetzt wird und dann eben nicht jedes Mal ein Zugriff eingerichtet werden muss.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kann beim besten Willen nicht wirklich nachvollziehen warum man sich beim Sparpaket aufregt, denn wo gibt es denn wirklich harte Einschnitte. Mal ganz logisch betrachtet, ist ein Hartz 4 Empfänger zu Hause und erhält sein Stütze. Ob er nun den ganzen Tag das TV Programm schaut oder sich um seine Kinder kümmert ist erst einmal völlig egal.

Er hat auf jeden Fall die Zeit dafür und soll sich auch um Arbeit kümmern. Und genau hier müssen die Anreize zur Arbeitsaufnahme gelegt werden. Diese Anreize zur Arbeitsaufnahme sehe ich bei dem Sparpaket nicht, denn die fehlen leider wieder total.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Karlchen, das Problem ist nicht unbedingt der Anreiz zur Arbeitsaufnahme. Die meisten Leute, die eine Weile das "Vergnügen" hatten mit ALGII leben zu müssen, sind sehr motiviert einen Job zu finden. Das Problem ist: Find mal einen Job. Selbst einen mies bezahlten, unpassenden, ätzenden.

Die Streichung des Elterngeldes für ALGII Empfänger ist ja auch nicht der Punkt, wieso derzeit viele Leute sich zunehemd verzweifelt fragen, wie das alles noch zu wuppen sein soll, sondern die Punkte Streichung des Rentenbeitrages und Streichung des Heizkostenzuschußes. Das eine verlagert einen Teil des Problems einfach nach hinten (nach dieser Regierung die Sinflut - da hoffen welche wohl auf wesentlich mehr Klimaerwärmung als berechnet) und lässte alle die danach kommen sich dann mit einer deutich gestiegenen Altersverelendung in jeder Hinsicht abkämpfen und das andere kürzt die Bezüge schlichtweg so zwischen 16-20 Prozent. Und nur zur Erinnerung: Die liegen bei einem erwachsenen Menschen normal bei 359 Euro für alles. Da ist schon jetzt kein Spielraum mehr. Das sind im groben die beiden Punkte welche derzeit für die Unruhe sorgen.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Nephele ich glaube die bringst da gerade was durcheinander. Was ändert denn wirklich die Streichung der Rentenbeiträge? Ein Langzeitarbeitsloser kommt doch in der Regel kaum noch auf genug Beitragszahlungen um später einen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung zu bekommen. Er kriegt als später mit oder ohne Rentenbeiträge im großen und ganzen die gleiche Rente. Es fällt nur weg, dass der Staat jetzt Geld von der linken in die rechte Tasche schiebt, sondern er macht das erst dann, wenn die Rentenauszahlung fällig wird.

Und die ALGII-Bezüge werden doch überhaupt nicht gekürzt. Die bleiben konstant und werden gerade für Kinder und Jugendliche eher noch erhöht, wenn die neuen Berechnungsgrunglagen durch sind. Was gekürzt werden soll ist der Heizkostenzuschuss zum Wohngeld bzw. zur Mietzahlung für ALGII-Empfänger. Und dieser Zuschuss wurde ja nur gewährt, weil die Heizkosten vor 2-3 Jahren enorm gestiegen sind um dafür einen Ausgleich zu schaffen. Das hat sich ja mittlerweile wieder etwas geglättet und somit ist es nur verständlich, diese zeitweise gewährte Unterstützung zu überprüfen und jetzt wieder zu streichen. Zudem kann man diese Kosten ja mit seinem eigenen Heizverhalten selber beeinflussen und sollte dennoch eine Nachforderung für die Nebenkosten kommen, können ja ALGII-Empfänger immer noch zur Arge gehen und einen Antrag auf Übernahme stellen. Ist natürlich ermessenssache ob dieser genehmigt wird, aber ein normaler Arbeitgeber kann das überhaupt nicht und muss selber zu sehen, wie er mit hohen Heizkosten klarkommt oder Nachforderungen bezahlen kann.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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