Bundespräsident Horst Köhler tritt zurück

vom 31.05.2010, 15:18 Uhr

Völlig überraschend erklärte Bundespräsident Horst Köhler seinen Rücktritt. Als Grund er den Autoritätsverlust, den er durch ein missverstandenes Interview in den vergangenen Wochen erlitten habe. Horst Köhler, der seit Juli 2004 im höchstmöglichen politischen Amt war, tritt mit sofortiger Wirkung von seiner Verantwortung als Bundespräsident zurück. Das gab der 67-jährige CDU-Politiker soeben auf einer Pressekonferenz in seinem Amtssitz im Schloss Bellevue bekannt. In seiner letzten Ansprache attackierte er die anhaltende Kritik an seiner Aussage in einem Interview, dass Deutschland im Krieg in Afghanistan „Handelswege beschützen müsse“ und somit Kriege mit deutschen Wirtschaftsinteressen in Verbindung brachte, was einige Irritationen bei der Bundeswehr auslöste.

Köhler revidierte nach der Veröffentlichung des Interviews die Aussage, dennoch geriet er immer mehr in die Kritik. Diese Anschuldigungen entbehrten jeder Grundlage, so Köhler in seiner Rede. Gleichzeitig seien sie ein Zeichen, dass das höchsten politische Amt in Deutschland nicht mehr respektiert wird.

Bis ein neuer Bundespräsident gewählt worden ist, übernimmt Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) Köhlers Aufgaben. Eine offizielle Stellungnahme von Bundeskanzlerin Merkel und Vize-Kanzler Westerwelle ist derzeit noch offen, wird jedoch in den nächsten Stunden mit großer Wahrscheinlichkeit veröffentlicht.

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» Malcolm » Beiträge: 3256 » Talkpoints: -1,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Auch wenn viele sicher eher den Gesangswettbewerb als etwas historisch Bedeutsames sehen werden, ist mit dem Rücktritt hier eher Geschichte geschrieben worden. Zuvor ist meines Wissens höchstens mal ein Kanzler gegangen. Aber der Präsident der BRD noch nie.

Leider bin ich etwas verunsichert, was man von der Begründung halten soll. Wieso sich Köhler hier missverstanden fühlt oder aber jenen mangelnden Respekt vor dem (seinem) Amt vorwirft, die sich schützend vor das Grundgesetz stellen. Immerhin - und das bestreiten noch nicht mal Köhlers Parteifreunde - hat er sich wirklich dumm ausgedrückt. Auch wenn er sicher das gesagt hat, was faktisch schon gemacht wird. Aber sogar eine Merkel hat gemerkt, dass man solche Aussagen nicht verteidigen oder gar stützen darf.

Ich bin der Meinung, dass der Rücktritt daher das Beste war, was der Mann noch hat machen können. Sein politisches Wirken war jedenfalls von Beginn an anders, als von ihm angekündigt und ich denke daher nicht, dass mit ihm etwas verloren geht.

Man kann nun nur hoffen, dass der Nachfolger versuchen wird, eigene Spuren zu hinterlassen und nicht den Weg weiter geht, welchen ein Köhler vorgezeichnet hat. Ihm selbst wünsche ich trotz vieler unverständlicher Entscheidungen und Äußerungen sowie fehlender Einmischung zur Rechten Zeit privat einen ruhigen Lebensabend. Etwas, das er einer Birgit Hogefeld nicht gegönnt hat. Ebenso wie einem Christian Klar. Aber so was drückt denn dann auch das politische Glaubensbekenntnis des Präsidenten aus.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Köhler war einer der unauffälligsten Bundespräsidenten, die wir je hatten. Wenn man im ZDF formuliert, dass es in den letzten Monaten recht still um Köhler wurde, ist das ein ziemlicher Euphemismus.

Als Person hinterlässt Köhler keine große Lücke, jedenfalls meiner Meinung nach. Die Lücke entsteht lediglich dadurch, dass so ein hochrangiges Amt frei wird. Ich kann auch die lobhudelnden Nachrufe nicht so recht nachfühlen, die man nun in die Weltgeschichte posaunt. Auch wenn er noch so integer war, ist es doch seltsam, wenn man wegen eines Missverständnisses einfach so geht. Mitten in der Eurokrise macht sich der mächtigste Mann im Staat mit fadenscheinigen Gründen vom Acker. Auch wenn da nachträglich Sinn hereinkonstruiert werden soll, halte ich die ganze Aktion für fraglich. Da drängt sich doch die Frage auf, was nun der wirkliche Grund gewesen sein mag?

Ich hoffe jedenfalls, dass innerhalb der 30 Tage ein knackiger Ersatz gefunden wird, der mit mehr Elan und Tatkraft zur Arbeit schreitet. Auch ein wenig mehr Charisma als Köhler würde in schwierigen Zeiten in diesem Amt nicht schaden.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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