Wie sich Sprache mit der Zeit ändert

vom 26.05.2010, 21:31 Uhr

Mir ist letztens klar geworden, wie sich die Sprache so während der Jahre ändern kann. Das Wörter mit der Zeit dazukommen, wie zum Beispiel Anglizismen, ist jedem sicherlich klar. Aber viele übersehen vielleicht den Aspekt, dass sich auch innerhalb unserer Sprache viele Wörter, von der Bedeutung her ändern. Aufgefallen ist mir das an einem älteren Bekannten von mir. Dieser wunderte sich neulich sehr darüber, dass mein Bruder meinte, er sei ''voll gut'' im Schach spielen.

Laut meinem Bekannten, der übrigens 85 Jahre alt ist, sei das für ihn damals nicht normal gewesen. In seiner Kindheit hatte das Wort ''voll'' eine etwas andere Bedeutung. Es bezeichnete lediglich den Zustand eines Gefäßes, das entweder mit einem Inhalt gefüllt war und somit ''voll'' war, oder eben nicht, also ''leer'' war. Man wäre damals nie auf die Idee gekommen, eine Sache als ''voll gut'', ''voll cool'', ''voll lecker'' oder ''voll dreckig'' zu bezeichnen, wie das heute unter vielen Jugendlichen der Fall ist. Er hat dann spaßeshalber sogar nachgefragt, ob man umgekehrt auch ''leer gut'' oder ''leer cool'' sagen kann.

Wie das Wort ''voll'' sich mit der Zeit verändert hat, ist sicherlich nur ein Beispiel von vielen. Den meistens Menschen ist es wahrscheinlich gar nicht bewusst, wie sich die Wörter mit der Zeit verändern und man übernimmt neue, ''modische'' Redensarten einfach, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was ich im Grunde schon ein wenig denkwürdig finde.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Was findest du denn daran denkwürdig, dass sich Sprache verändert? Würde sie es nicht tun, würden wir uns wohl noch alle mit Grunzlauten verständigen, wenn man der Evolutionstheorie glauben darf. Menschliche Sprache verändert sich nun einmal, seitdem es sie gibt, du hattest in der Schule bestimmt einmal mit Lyrik älterer Sprachstufen zu tun. Das, was du als Beispiel anführst, ist nur ein Fliegenklecks innerhalb der Sprachevolution. Tatsache ist aber, dass Jugendsprache der Motor von Sprachentwicklung ist und ältere Herrschaften, die jetzt über die Sprache der Jugend meckern, in ihrer Jugend aufgrund ihrer eigenen Sprachverwendung vergleichbares Entsetzen ausgelöst haben.

Ebenso sieht es mit den gefürchteten Anglizismen aus. Diese sind nicht der erste und nicht der letzte sprachübergreifende Einfluss auf das Deutsche. Erfolgreiche Anglizismen werden sich dauerhaft durchsetzen, andere werden wieder verworfen, genau so, wie es jiddischen, französischen, lateinischen und italienischen Lehnwörtern widerfahren ist.

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» Feuerputz » Beiträge: 1415 » Talkpoints: 7,29 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Das sich die Sprache selbst ändert, ist ja eigentlich nichts neues. Diese Entwicklung gibt es wohl schon seit es Sprache gibt. Alles Lebendige ändert sich. Tote Sprachen sind übrigens davon ausgenommen. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass sich Latein oder Altgriechisch in Zukunft signifikant ändern wird. Anders bei alle Sprachen, die genutzt werden.

Was aber Dein Beispiel angeht, wage ich zu bezweifeln, dass es sich dazu eignet, die Änderung der Sprach zu beschreiben. Denn im Moment handelt es sich hier lediglich um eine Jugendsprache, und es werden (hoffentlich) die wenigstens in der nachpubertären Phase des Lebens noch davon zu sprechen, "voll gut" in was auch immer zu sein. ;)

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Was aber Dein Beispiel angeht, wage ich zu bezweifeln, dass es sich dazu eignet, die Änderung der Sprach zu beschreiben. Denn im Moment handelt es sich hier lediglich um eine Jugendsprache, und es werden (hoffentlich) die wenigstens in der nachpubertären Phase des Lebens noch davon zu sprechen, "voll gut" in was auch immer zu sein. ;)

Da würde ich dir nicht unbedingt zustimmen. Denn obwohl du sicherlich recht damit hast, dass diese Ausdrucksweise hauptsächlich von Jugendlichen gepflegt wird, verstehen doch heutzutage auch ältere Menschen, was damit gemeint ist, selbst wenn sie es nie selbst verwendet werden. Ich denke, dass es in der Generation meiner Eltern so gut wie niemanden gibt, der mit dieser Verwendung des Wortes "voll" nicht vertraut ist, während die Generation meiner Großeltern sie eben gar nicht kennt. Insofern lässt sich hier schon eine Änderung der Sprache beobachten.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang auch das Wort "eigentlich". "Eigentlich" wird ja seit mehreren Generation geradezu inflationär in jeden zweiten Satz eingebaut, obwohl es von seiner eigentlichen Bedeutung (wie eben in diesem Zusammenhang) gar nicht passt. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Wort "irgendwie".

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Das Problem ist aber , dass sich der Tiefencode unserer Sprache mit der Zeit auflösen kann, wenn sich die deutsche Sprache weiter so stark verändert. Es ist selbstverständlich, dass in einer Sprache ständig neue Wörter entstehen oder Angliszismen dazu kommen. Auf der anderen Seite fallen auch viele Wörter leider aus unserem Wortschatz.Doch ist das in unserer Sprache vermehrter aufgetreten als es zum Beispiel in Frankreich der Fall ist , da den Franzosen ihre Sprache auch sehr wichtig ist und sie sie vor großen Einflüssen schützen.

Eine große Schuld für die Veränderung unserer Sprache liegt aber bei der Technik. Die junge Generation schreibt viele SMS und chattet auch gerne im Internet. Hierbei werden beim Schreiben unwichtige Wörter weggelassen so dass der Satz "Hast du die Biologiehausaufgaben gemacht?" zu "Hassu Bio HA?" Diese Verknappung der Wörter und auch des Satzbaues wirkt sich auch auf das Gesprochene aus. Es werden Wörter zusammen gezogen, neu gebildet, andere ganz weggelassen.

Es ist ganz richtig, dass eine Sprache sich mit der Zeit verändern muss, jedoch ist es fatal wenn die Grundstruktur einer Sprache droht sich aufzulösen. Es ist auch wichtig, dass unsere Sprache vor zu vielen Anglizismen geschützt wird, da sich sonst verschiedene Generationen irgendwann nicht mehr miteinander unterhalten können. Es ist heutzutage für einen älteren Menschen schon nicht einfach sich in der Innenstadt zurecht zu finden oder im Internet, da fast alles in der englischen Sprache ausgeschrieben ist. Dieses Problem wird zurzeit auch in der Wissenschaft behandelt und es wurde ein Schutzprogramm der deutschen Sprache aufgebaut auf das ich sehr gespannt bin.

» Doro86 » Beiträge: 23 » Talkpoints: 14,98 »


Tut mir Leid, aber was du da in den Raum stellst ist totaler Quatsch, Doro86. Was verstehst du unter Tiefencode? Die Grammatik? Die kann sich weder auflösen, noch grundlegend ändern, unterliegt seit jeher der geringfügigen Veränderung und entwickelt sich ungesteuert. Diese Entwicklungen sind auch nicht auf dauerhafte Vereinfachungen ausgerichtet, sondern unterliegen Schwankungen.

Im Deutschen sind diese Veränderungen auch keinesfalls gehäufter aufgetreten, als in anderen Sprachen. Ich würde gerne wissen, auf welcher Beobachtung diese Aussage fußt. In Frankreich werden von konservativer Seite aus Versuche unternommen, Anglizismen zu vermeiden, aber diese Strömungen gibt es in Deutschland auch. Gegenteilig kann man eher sagen, dass Jugendsprache in Frankreich ganz besonders aus dem Rahmen fällt, da sie weitaus kryptischer gestaltet wird, als deutscher Jugendslang, denn sie variiert die Buchstabenreihenfolge einzelner Wörter.

Genau so sieht es mit der bösen Technik aus, SMS-Sprache gibt es nicht, genau so wenig wie Chatsprache, sondern diese sind immer dem jeweiligen Kontext angepasst. Was du hier als herausragende Sprachverfallserscheinungen einordnest, sind vollkommen natürliche Sprachwandelphänomene, die man auch der deutschen Lyrik um 1800 unterstellen kann.

Dieses Thema wird auch ganz bestimmt nicht, so wie du es darstellst, in der ernstzunehmenden Wissenschaft behandelt, sondern höchstens von erzkonservativen Nationalisten, die wenig Ahnung von Sprachgeschichte und entsprechenden Steuerungsprozessen haben.

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» Feuerputz » Beiträge: 1415 » Talkpoints: 7,29 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ja, mit dem Thema Sprachwandel befassen wir uns zur Zeit auch gerade im Deutschunterricht. Bei uns dreht es sich aber hauptsächlich um Anglizismen und "Chat- bzw SMS-Sprache". Ich muss dazu sagen, dass ich selbst auch manchmal gar nicht auf meine Schreibweise achte und wenn ich im Nachhinein den Chatverlauf oder ältere SMS lese, merke ich manchmal, dass ich schon auch einige Anglizismen, Abkürzungen oder Neukreationen benutze.

Unsere Deutschlehrerin hatte uns auch ein Beispiel einer schottischen Schülerin genannt, welche einen Aufsatz komplett in SMS-Sprache schrieb und so dem Deutschlehrer abgab. Dieser wusste zuerst gar nicht welche Sprache das sein sollte, bis er nach und nach die Zeichen entziffern konnte. (Näheres dazu zB unter: Klick) Die Schülerin meinte später nur, dass sie diese Schreibweise viel leichter und verständlicher fände als das normale Schulenglisch.

Ich finde so etwas aber schon übertrieben und käme niemals auf die Idee in einer derartigen Schreibweise in der Schule etwas abzugeben.

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» AdultMusic » Beiträge: 127 » Talkpoints: 3,01 » Auszeichnung für 100 Beiträge



@Feuerputz
Grunzlaute aus der Urzeit waren doch keine Sprache, dass waren erst Versuche der Kommunikation. Ich rede davon, dass sich bestimmte Wörterbedeutungen innerhalb der Sprache schon so schnell, innerhalb einiger Jahre ändern können. Das sich in den anderen Sprachen genauso schnell was ändert wie im Deutschen stimmt auch nicht. Doro86 hat durchaus recht damit, wenn sie sagt, dass das bei den Franzosen nicht so ist. Die polnische Sprache ändert sich übrigens meiner Meinung nach auch deutlich langsamer.

Das sich Sprache verändert sich natürlich völlig normal und unvermeidbar. Aber es ist nicht immer gut, wie Sprache sich verändert. In Frankreich zum Beispiel gibt es bestimmte Behörden, die dafür verantwortlich sind, das die französische Sprache ''rein'' bliebt und nicht durch Anglizismen und neue, unschöne Ausdrücke ''verunreinigt'' wird. Das funktioniert auch durchaus gut und dort setzen sich Wörter wie ''Computer'' oder ''MP3 Player'' eben nicht durch, wie das hier in Deutschland der Fall ist, den in Frankreich sind das nicht nur ''Strömungen'' wie bei uns, sondern eben schon fast eine Art gesetzliche Regelung. In der Deutschen Sprache gibt es das natürlich nicht, deshalb habe ich manchmal den Eindruck, dass die Deutsche Sprache teilweise etwas ''verkommt''. Viele Ausdrücke kommen hinzu, die das Niveau der Sprache irgendwie herabsetzen und Jugendsprache klingt immer alberner und niveauloser. Ich finde daher schon, dass Doro86 recht hat und es sich hier um eine Art Sprachsverfallerscheinung handelt, die immer niveauloser und alberner wird und mit früher doch kaum noch zu vergleichen ist.

Andererseits ist es in der Deutschen Sprache meiner Meinung nach auch schwerer, das typische Hochdeutsch beizubehalten. Nennt man in Frankreich den Computer ''ordinateur'', klingt das immer noch nach schönem Französisch und keineswegs komisch oder veraltet. Aber was sollten wir deutsche denn für MP3 Player sagen? Tragbares Musikabspielgerät? Ich finde in der Hinsicht, dass es sich in anderen Sprachen viel einfach regeln lässt, die Sprache zu erhalten und sie nicht zu verunreinigen. In der Deutschen Sprache ist das oftmals gar nicht möglich, weil die Begriffe dann altmodisch und komisch wirken.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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