Selbstreflektion durch Bildung, Erfahrung, Charakter?

vom 18.06.2019, 18:38 Uhr

Ich als Mensch habe im Alltag sehr viel mit anderen Menschen zu tun. Der Mensch ist nun einmal ein Gesellschaftstier, das lässt sich nicht ändern. Jedenfalls stelle ich immer wieder fest, dass manche Mitmenschen deutlich mehr Selbstreflektion haben als andere, wobei ich mich frage, von welchen Faktoren das abhängig ist. Was meint ihr, wodurch kommt (gesteigerte) Selbstreflektion zu Stande? Kommt Selbstreflektion eurer Ansicht nach mehr durch Bildung, mehr durch Erfahrung oder ist doch der Charakter dabei entscheidend?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Das habe ich mich auch schon oft gefragt und bin zu keinem endgültigen Schluss gekommen. Für mich ist Selbstreflexion sehr wichtig und meistens reflexartig, nur in sehr stressigen Zeiten muss ich mir dies zu Bewusstsein rufen. Ich tue das, weil ich es will. Es ist mir sehr wichtig, schon seit frühester Jugend. In meiner Familie ist es aber so gar nicht verbreitet und weder mein Vater noch meine Schwester kämen von sich aus auf die Idee mal über ihre Person, ihr Handeln oder Denken nachzusinnen.

Das führte bei mir schon immer zu totalem Unverständnis, wie kann man sich nicht einmal als Person in Frage stellen? Klar sind sie sich nicht immer über ihre Pläne oder nächsten Schritte sicher und denken darüber nach, aber das ist nicht das Gleiche. Ich denke es liegt zum Großteil am Charakter, der Einstellung und den ganz privaten Erfahrungen. Der Bildung würde ich es nicht unbedingt zuschreiben, aber sie kann unter bestimmten Voraussetzungen vielleicht schon mit Einfließen.

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» Pikalina » Beiträge: 790 » Talkpoints: 6,08 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Bildung ist meines Erachtens für die Charakterentwicklung mehr als zweitrangig. Man kann fünfzehn antike Sprachen sprechen und akademische Titel sammeln wie Briefmarken und dennoch ein ausgemachter Trottel sein, was die höheren Weihen der Persönlichkeitsentwicklung angeht. Andere Leute haben dafür nie eine höhere Bildungsanstalt von innen gesehen und man kann auf die unterschiedlichsten Arten viel von ihnen lernen.

Was die viel besungene Fähigkeit zur Selbstreflexion angeht, bin ich mir auch nicht sicher. Ich finde aber, dass die generellen äußeren Umstände nicht ignoriert werden dürfen. Wer 16 Stunden am Tag im Bergwerk oder auf dem Feld schuftet, hat wenig Zeit und Energie, um philosophisch zu werden, und ähnliches gilt beispielsweise für Menschen, die in rigide Kulturen und Gesellschaften hinein geboren werden, in denen es sonnenklar ist, dass du den gleichen Beruf wie dein Vater ergreifst oder Schulbildung nur etwas für die top fünf Prozent der Bevölkerung darstellt.

Für mich sind also Fragen wie die nach Selbstreflexion oder auch Selbstverwirklichung weniger Charakterfragen als eher danach, ob man ein Leben in relativer Freiheit und Sicherheit zubringt oder mit Verlaub andere Sorgen hat als die sorgsame unablässige Nabelschau, ob man auch wirklich so toll ist, wie man gerne wäre.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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