Probleme wenn man Lehrern oder Dozenten direkt Meinung sagt?

vom 22.11.2014, 00:06 Uhr

Schon in der sechsten Klasse wurde meine Mutter von meinem damaligen Klassenlehrer auf dem Elternabend davor gewarnt, dass ich mit meiner direkten und manchmal sarkastischen Art irgendwann einmal Probleme mit Lehrern oder Dozenten bekommen könnte, die mit meiner Art nicht umgehen können und es dann eben beleidigend auffassen. Ich war schon immer ein sehr direkter Mensch, gerade was die Schule und das Studium angeht. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich das meistens ohne große Umschweife. Das heißt nicht, dass ich mit Ausdrücken um mich werfe, wenn mir etwas nicht passt, aber ich verpacke meine Worte auch nicht in Watte, damit sich bloß niemand verletzt fühlt.

Ich muss sagen, dass ich trotz der Aussage meines damaligen Klassenlehrers bisher damit sehr gut gefahren bin. Auch jetzt im Studium komme ich mit meinen Dozenten trotz meiner Art sehr gut klar und die meisten können auch mit Kritik sehr gut umgehen. Mit einem Dozenten habe ich mich sogar über eine Stunde lang bei einem abendlichen Treffen des Studiengangs in der Kneipe über meine Meinung zu dem Studiengang und speziell seinen Vorlesungen unterhalten und er hat jede Kritik angenommen und nicht beleidigt oder ähnliches reagiert. Ganz im Gegenteil: Ich glaube manche sind sogar richtig dankbar, wenn man ihnen mal sagt, was schief läuft und auch ein Blick in das Innenleben eines Studenten gibt

In meinem Studiengang sind wirklich alle sehr bemüht, ihn so angenehm wie möglich für die Studenten zu gestalten und das weiß ich auch zu schätzen. Ich denke eben, dass sie nichts verbessern können, wenn sie nicht wissen, was schief läuft. Einiges bekommen sie einfach nicht mit und ich bin dann eben eine Person aus meinem Kurs, die ihnen das direkt sagt. Andere lästern nur hinter dem Rücken der Dozenten und Verantwortlichen, aber das nützt ja nichts und wird auch nicht zu Verbesserungen führen.

Habt ihr schon mal erlebt, dass eine direkte, ehrliche, offene und vielleicht auch mal sarkastische Art bei Dozenten oder Lehrern zu Problem geführt hat? Oder äußert ihr euch eigentlich nie kritisch gegenüber Dozenten, eurem Studiengang oder ähnlichem?

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde, dass man als Unterrichtender durchaus auch mit Kritik umgehen können sollte. Sachlich und konstruktiv sollte es natürlich sein. Wobei gerade von Lehrern jüngerer oder behinderter Schüler zu erwarten ist, auch mit Beleidigungen professionell umgehen zu können.

Kritik annehmen kann allerdings längst nicht jeder. Selbst wenn man die Sicht des Kritisierenden versteht und sich ändern möchte, muss einem dies auch erstmal gelingen.

Ich hatte vor Jahren mal in einem Kurs sitzen müssen als Erstmaßnahme der Arbeitsagentur. Der Dozent hatte es nicht leicht mit mir. Was natürlich auch daran lag, dass jeder nur seine Zeit absitzen wollte und es kaum etwas zum lernen gab. Ich war genervt von allem und jedem dort und der Dozent machte zu Beginn einige "Fehler". Damals war es weniger sachliche Kritik, die ich vorbrachte. Dennoch ebenfalls ohne Beleidigungen oder ähnliches.

Später trafen wir in anderer Situation nochmal aufeinander, verstanden uns gut und mit etwas Hintergrundinformationen und neutralerem Blick auf seine Situation konnte ich manches durchaus besser verstehen.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich habe festgestellt, dass gerade in der Universität zumindest bei uns Dozenten nie direkt und von Angesicht zu Angesicht kritisiert werden. Bei uns werden am Ende jeder Veranstaltung so genannte Evaluationsbögen ausgeteilt, die von den Studenten anonym ausgefüllt werden sollen. Diese Bögen stellen Fragen über die Art des Unterrichts, wie das Thema vermittelt wurde etc. und am Ende muss man dem Dozenten eine Gesamtnote geben. Man hat auch ein Kästchen für freie Formulierungen, wo man dann genug eigene Kritikpunkte eingeben kann. Der Dozent selbst bekommt diese Bögen gar nicht zu Gesicht, er teilt sie nur aus bevor sie ausgefüllt werden. Am Ende werden die Bögen von einem Tutor eingesammelt und in der Fachschaft elektronisch ausgewertet. Der Dozent selbst bekommt nur das Endergebnis mitgeteilt.

Damit soll verhindert werden, dass er in diesen Kritik-Kästchen die Handschriften einiger Studenten vergleichen kann und dann eben diesen Studenten eine reinwürgt, wenn ihm die Kritik nicht passt. Ich finde diese Maßnahmen und diese Vorsicht zwar nachvollziehbar, aber auch irgendwie total übertrieben.

In einer Vorlesung, die ich besuche, fragt ein Dozent auch immer wieder, ob wir etwas an seiner Vortragsart zu meckern haben oder am Stoff selbst, weil es ihn wundert, dass immer so wenige Studenten an seiner Vorlesung teilnehmen, aber auch da traut sich niemand, ihm das direkt zu sagen, egal ob die Kritik positiv oder negativ ist. Ich finde das immer sehr schade, mir ist es auch viel lieber, wenn man direkt sagt was man denkt ohne großes reden um den heißen Brei.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke, dass Lehrer und Dozenten wohl zu der Berufssparte zählen, die am schlechtesten mit Kritik umgehen können. Deshalb glaube ich, dass man besser daran ist, seine Meinung gegenüber seinem "Vorgesetzten" für sich zu behalten, denn dann geht man auch Problemen aus dem Weg.

Natürlich muss man Kritik auch annehmen können, allerdings muss ich schon sagen, dass es ziemlich schwierig ist, Kritik auch so zu formulieren, dass sie sachlich und nicht schmerzhaft ist. Wahrscheinlich wäre da die Sandwichtheorie angebracht.

Sie funktioniert folgendermaßen, dass man zuerst etwas Positives sagt, wie zum Beispiel: "Das Thema, das wir heute behandelt haben, hat mich sehr angesprochen.", dann die Kritik dazu äußert: "Schade, dass es kein Bildmaterial dazu gibt, es interessiert mich wirklich sehr", und dann wieder ein Lob: "Aber sehr gut, dass Sie uns von ihren eigenen Erfahrungen berichtet hatten, so hat es wirklich mein Interesse geweckt und ich konnte einen Bezug dazu herstellen."

So oder so ähnlich könnte so etwas aussehen, damit sich niemand persönlich auf den Schlips getreten fühlt und nur sachlich und nicht auf personeller Ebene kritisiert wird. Natürlich wird es dann schwierig, wenn es um die "Äh" s geht, das zu kritisieren, ohne dass man auf die persönliche Ebene geht, weil das eben auch eine persönliche Macke ist, so würde ich sagen.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Das ist ein definitiv sensibles Thema. Gerade wenn man vom Lehrer oder Dozenten und dessen Benotung abhängig ist, wäre es vielleicht sogar eher unklug, den "Vorgesetzten" zu kritisieren. Denn dieser könnte im Extremfall aus Rache eine schlechte Note vergeben oder einem sonst irgendwie das Leben schwer machen, was auch nicht unbedingt erstrebenswert wäre. Leider weiß man ja auch nie, wie ein Mensch auf (sachliche und konstruktive) Kritik reagieren würde, sodass das ziemlich schnell in die Hose gehen könnte.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ehrlich gesagt hatte ich zu Schul- und Studienzeiten kaum jemals das Bedürfnis, einem Mitglied des Lehrkörpers die Meinung zu sagen. Für mich waren Schule und Uni eher Teil eines müden, resignierten Abkommens des Inhalts: Ihr lasst mich hier vorne mein Zeug erzählen, und dafür bekommt ihr irgendwann einen Abschluss. Natürlich gab es auch engagierte und interessante Lehrende, aber viele haben sich auch eben so durchgeschleppt und entweder auf die Pension oder auf die nächste Vertragsverlängerung gewartet.

Und das wussten die Leute auch selber. Deswegen wäre kein Erkenntnisgewinn erzielt worden, wenn eine naseweise junge Frau Gerbera gemeint hätte, hier direkt oder am Ende noch "frech" oder "sarkastisch" Kritik zu üben, sondern ich wäre den Leuten nur auf die Nerven gegangen hätte mir schlimmstenfalls Nachteile eingehandelt.

Auf das berühmte "Shit-Sandwich", bei dem man zuerst lobt, dann kritisiert, dann nochmal lobt, fällt übrigens sowieso schon längst kein Schwein mehr herein, weil es sich schon längst um ein abgeschmacktes Klischee handelt. Das würde ich gerade bei den etwas intelligenteren Zeitgenossen nicht mehr riskieren, wenn ich Kritik anbringen möchte. Was sowieso schon selten genug der Fall ist.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich äußere mich durchaus auch kritisch meinen Dozenten gegenüber. Dabei werde ich aber nicht beleidigend, sondern kritisiere auf einer sachlichen Ebene, ohne jemandem vor den Kopf zu stoßen. Bisher hat dies bei allen Dozenten wunderbar geklappt und ich bin prima mit denen klargekommen.

Jetzt habe ich jedoch eine Dozentin, die mich scheinbar eh nicht besonders mag und die mich auch ziemlich auflaufen lässt. Kritik mag sie scheinbar auch nicht und meine Meinung soll ich möglichst für mich behalten, die ist ihr egal. Das gilt aber auch für alle anderen, am Besten soll man die Klappe halten. Ich denke, dass dies in diesem Fall auch das Beste ist, ich habe mich schon einmal mit ihr angelegt und das ist nicht gut für meine Benotungen.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12546 » Talkpoints: 0,94 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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