Durch Stipendium für Studium weniger klug fühlen?

In einem Roman den ich gerade lese, geht es um eine junge Frau, die ein Stipendium für eine Uni in Oxford bekommen hat. Das hat sie sich immer gewünscht. Als das Auslandsjahr dann aber los ging und sie auf die Kommilitonen traf, fühlte sie sich irgendwie dümmer als die anderen. Sie war der Ansicht, dass sie das Stipendium ja nur durch eine Bewerbung dafür erhalten hat und alle anderen im Raum sich dieses Studium durch harte Arbeit selbst verdient hätten. Natürlich ist das reine Fiktion aus dem Buch, aber ich frage mich, wie das im realen Leben aussieht.

Ich denke, dass man sicherlich auch für ein Stipendium etwas gearbeitet haben muss und dafür niemand genommen wird, der den Ansprüchen nicht genügt oder nicht ausreichende Arbeit vorweisen kann oder?

Könnt ihr nachvollziehen, dass sich jemand wegen eines Stipendiums weniger klug fühlt? Ist es denn nicht so, dass man gute Arbeit leisten muss, um dieses überhaupt zu bekommen? Ist man deswegen weniger schlau oder hat sich weniger anstrengen müssen? Wie seht ihr das?

[Gio]

Es gibt unterschiedlichste Stipendium. Meist muss man dafür besonders gute Leistungen bringen und ist eher stolz darauf als sich unterlegen zu fühlen. Das Deutschlandstipendium, von dem auch mein Neffe profitiert hat, bekommt man etwa für besonders gute Noten. Extrapunkte erhält man für ein besonderes soziales Engagement.

Es gibt verschiedenste Stiftungen, die Stipendien vergeben. Meist spielt neben der Note das soziale Engagement eine ebenso große Rolle. Das System ist wahrscheinlich ein völlig anderes als das in Amerika. Aber wahrscheinlich ist doch die Note dort auch wichtig? Anders kann ich es mir nicht vorstellen. Die Stifter wollen doch Erfolge und keine Studenten, die dann im Studium versagen.

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum man sich besonders dumm fühlt, nur weil man gefördert wird durch ein Stipendium. Ich kenne das eher so, dass man nur wegen besonders guter Noten ein Stipendium erhält oder aber, weil man zu einer ethnischen Minderheit gehört oder sich sozial oder politisch engagiert. Das hat mit der Intelligenz nichts zu tun. Nach der Logik müsste man sich auch wegen dem Bafög total dumm fühlen, weil man ja nichts tun muss, um zu überleben und das Geld einfach so bekommt.

Ich könnte eher verstehen, dass man sich einigermaßen "faul" fühlt, wenn man finanziell unterstützt wird. Denn dann muss man ja nicht für den Lebensunterhalt arbeiten, sondern kommt auch so zurecht. Wenn dann die Kommilitonen alle arbeiten und sich komplett selbst finanzieren, kann das schon komisch wirken.

Dieses Szenario trifft doch höchstens auf Sport-Stipendien in den USA zu. Da zählt ja vor allem die sportliche Leistung, so, dass man unter Umständen schon an einer Uni landen kann, an die man es nicht geschafft hätte wenn nur die Noten berücksichtigt worden wären. Aber "weniger klug" darf man deshalb trotzdem nicht sein, weil man gute Leistungen vorweisen muss, nicht nur im Sport, damit man das Geld weiterhin bekommt.

Mir fällt eigentlich kein Beispiel von einem Stipendium ein, für das man "weniger klug" sein darf. Es gibt zwar Stipendien, für die man sich nur bewerben kann wenn man bestimmte Merkmale aufweist, die mit den Leistungen gar nichts zu tun haben - zum Beispiel eine Frau ist - aber das ist ja nur eine grobe Vorauswahl. Danach geht es dann natürlich um solche Sachen wie Leistungen und Motivation. Sprich, aus den tausend Bewerberinnen wird selbstverständlich die Frau ausgewählt, in der man das größte Potential für ein erfolgreiches Studium sieht.

Vor allem in Europa, wo es im Vergleich zu den USA relativ wenige Stipendien gibt, ist es wahrscheinlich deutlich leichter einen Studienplatz ohne diese Förderung zu bekommen. Ich kenne jedenfalls Leute, die trotz guter Voraussetzungen kein Stipendium bekommen haben, weil irgendjemand wahrscheinlich ein bisschen besser war, aber der gewünschte Studienplatz war trotzdem kein Problem.