Den eigenen Körper als sein ein und alles bezeichnen?
Im Fernsehen habe ich eine junge Frau gesehen, die ihren Körper als ihr ein und alles bezeichnet hat. Sie wollte sich ein Tattoo überstechen lassen und meinte, dass dies eben eine Jugendsünde sei.
Ich kann schon nachvollziehen, dass einem der eigene Körper natürlich wichtig ist und man darauf achtet oder zumindest achten sollte. Schließlich hat man ja auch nur diesen einen. Dennoch würde ich nicht so weit gehen und sagen, dass ich meinen Körper als mein ein und alles bezeichnen würde.
Wie seht ihr das? Ist euer Körper für euch auch euer ein und alles? Oder findet ihr diesen Ausdruck doch eher unglücklich gewählt? Klingt es nicht eher selbstverliebt, wenn man seinen Körper so bezeichnet?
Was soll daran so abwegig sein? So gesehen hat die junge Frau doch Recht. Man sagt doch immer das letzte Hemd hat keine Taschen. Was nimmt man schon mit auf dieser Welt? Nichts. Also bringt es nichts, Reichtümer anzuhäufen, Klamotten oder Briefmarken zu sammeln. Man nimmt nur den eigenen Körper mit, wenn man stirbt. Also so gesehen ist der Körper doch das ein und alles, das einzige, was man mitnehmen kann, wenn man stirbt. Ohne Körper ist man nichts und kann auch nichts. Aber ohne Haustier, Partner oder was auch immer man alternativ als "ein und alles" bezeichnen könnte, kann man trotzdem überleben.
Was würdest du denn als dein "ein und alles" bezeichnen wenn nicht deinen Körper? Deinen Hund? Dein Auto? Wenn du keinen Körper hast mit dem du zufrieden bist und der so funktioniert wie er soll ist es doch völlig irrelevant was du sonst so angehäuft hast, seien es nun persönliche Besitztümer oder persönliche Beziehungen.
Ich selber benutze den Ausdruck allerdings überhaupt nicht und kann schon verstehen, dass es komisch klingt in deinen Ohren.
Ich finde diese Bezeichnung auch eher als ungewohnt, weil sie meiner Ansicht nach eine Trennung zwischen "mir" und meinem Körper impliziert. Jemandes "Ein und Alles" ist nach gängiger Definition das Wichtigste im Leben dieser Person, ihr ganzes Glück oder sonstwie von zentraler Bedeutung. Und wenn man es streng wissenschaftlich betrachtet, ist ein physischer Körper natürlich von zentraler Bedeutung, wenn man nach dem heutigen Stand der Wissenschaft als "am Leben" gelten möchte. Aber die Redensart wird traditionell schließlich in übertragener Bedeutung verwendet und nicht wörtlich verstanden.
Essen und Wasser halten uns beispielsweise bekanntlich auch am Leben, aber es wird wohl kaum jemand das gute, alte H2O als "mein Ein und Alles" bezeichnen, sondern sich eher im übertragenen Sinne auf etwas beziehen, das einem emotional etwas bedeutet. Ich fände es daher weniger befremdlich, wenn jemand seinen Hund oder sein Yogastudio als sein "Ein und Alles" bezeichnet, wie wenn jemand so von seinem Körper spricht. Einfach aus Gründen des allgemein üblichen Sprachgebrauchs, nicht weil mir mein Hund emotional näher steht als meine Leber.
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