Bringt ein Mietpreisstop bezahlbare Wohnungen?

vom 13.09.2018, 16:48 Uhr

Aktuell fordert die SPD einen gesetzlichen Mietpreisstop und wenn ich das richtig verstanden habe, dann beinhaltet dieser, dass die Mieten dann jährlich nicht mehr als 2% erhöht werden dürfen. Hauptargument seitens der SPD für solch eine Regelung ist, dass Wohnraum dadurch wieder bezahlbar würde. Dieser Logik kann ich aber nicht ganz folgen, denn wenn jetzt schon das Mietniveau gerade in Ballungsräumen schon jetzt auf schwindelerregendem Niveau ist und dann jährlich immer noch erhöht werden kann, wo schafft das denn dann bezahlbare Wohnungen?

Was haltet ihr denn von dem Vorstoß eines Mietpreisstops? So neu ist ja diese Idee ja nun wirklich nicht und glaubt ihr dran, dass es was wird und effektiv auch wirklich etwas bringt? Könnt ihr das Argument der daraus resultierenden bezahlbaren Wohnungen nachvollziehen oder müssten dafür schon mal ganz andere Maßnahmen ergriffen werden?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Glaube nicht, dass sich aufgrund eines einzigen Gesetzes das Mietpreisniveau so senken ließe, dass der knappe Wohnraum nicht auch in Zukunft weiter gentrifiziert würde. Die Angelegenheit ist wesentlich komplexer, als es zunächst den Anschein hat. Etwas wird dabei oft in den Hintergrund gedrängt: Man muss unterscheiden zwischen "kleinen" privaten Vermietern und großen Wohnungsbaugesellschaften, und da noch zwischen gemeinnützigen Genossenschaften und reinen Investoren, die auf schnelle Rendite setzen.

Die Kostenseite, die den Mietzahlungen gegenübersteht, wird in der Öffentlichkeit nicht ausreichend thematisiert. So haben sich zum Beispiel Grundsteuern, öffentliche Lasten und Versicherungen fortlaufend erhöht, energetische Maßnahmen, Anforderungen an den Brandschutz verschärft.

Kenne persönlich Hausbesitzer, die aufgrund der von der Gemeinde vorgenommenen Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen pleite gegangen sind, weil ihnen auch Banken keine Kredite gewährten. Schlussendlich an den meistbietenden Investor verkauften. Diese Vermieter fühlten sich mehr und mehr nur als verlängerter Arm der Stadtverwaltung, die forciert ihre Interessen durchsetzt.

» Gorgen_ » Beiträge: 1068 » Talkpoints: 376,81 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Um ehrlich zu sein glaube ich da nicht so wirklich dran. In meinen Augen sind die deutschen Politiker (keine Ahnung wie das im Ausland ist, deren Politiker beobachte ich nicht so intensiv) absolut unfähig, wenn es darum geht, ein Gesetz ohne irgendeine Form von Hintertür zu konstruieren bzw. Schlupflöcher zu stopfen. Da frage ich mich oft, man da einfach nicht der Wille dazu existiert oder ob man einfach zu dumm ist das zu erkennen oder welche Gründe sonst dafür vorliegen, dass man da tatenlos zuschaut.

Daher denke ich, dass das Gesetz nur ein Alibigesetz für die Bevölkerung ist, dass man den Menschen eben vorgaukeln kann, dass man ja aktiv geworden wäre und sich bemüht hätte. Aber durch die Hintertür wird es genauso weitergehen wie bisher.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ach, das ist nur wenig durchdacht. Das Problem ist doch einfach die ganz normale menschliche Gier. Wer Geld hat versucht sein Geld eben zu vermehren. Und solange man Leute findet, die teure Mieten zahlen, wird es auch Leute geben, die teuren Wohnraum schaffen. Wenn es sich nicht mehr lohnt neue teure Wohnungen in Berlin oder München zum Beispiel zu bauen, weil man keine steigenden Mieten mehr verlangen kann, dann wird kein Wohnraum mehr geschaffen.

Dann streiten sich nachher sogar noch die Wohlhabenden um die Sozialwohnungen, wenn man es mal etwas übertreibt. Bisher boomen doch einige Großstädte nur deswegen, weil man mit dem Wohnungsbau einen Haufen Geld verdienen kann. Wenn das nicht mehr so ist, dann geht das Geld woanders hin oder in andere Investmentformen.

Ich denke keine Mietpreisbremse wird daran etwas ändern. Man kann höchstens versuchen, dass Wohnungsangebot der Nachfrage anzupassen. Aber dann muss eben jemand in den Markt, der kein Geld verdienen will und das wäre der Staat. Oder man muss eben dafür sorgen, dass mehr selbstgenutzter Wohnraum entsteht um damit auch wieder Nachfrage aus dem Markt zu nehmen. Aber dann muss eben der Erwerb oder Bau von Wohnungen und Häusern billiger werden. Das könnte der Staat ja durchaus beeinflussen, indem er auf die Nebenkosten Einfluss nimmt.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Deutschland kann auf eine Vielzahl von Experimenten im Wohnungssektor zurückblicken. Möchte nur ein paar davon skizzieren: Das war dann einmal die Beschlagnahme von Zimmern, die Wohnungsbewirtschaftung in der Nachkriegszeit durch die Alliierten. Viele Städte hatten damals schon eine staatlich verordnete "Mietpreisbremse", man nannte sie "weißer Kreis".

Köln zum Beispiel wurde erst ca. 1962 "schwarzer Kreis". Vorher mussten für Neubauwohnungen sogenannte Baukostenzuschüsse, verloren oder teilweise anrechenbar auf Mietzeit gezahlt werden(man sieht in Immobilieninseraten von damals oft die Abkürzung "BKZ" für Baukostenzuschuss.) Ab etwa 1962 wurden dann statt der BKZs sogenannte Kautionen verlangt.

Und plötzlich schossen die Mietpreise in die Höhe. Der Mietensteigerungsmechanismus war freigegeben. Dann hatte man plötzlich die Idee mit den Trabantenstädten (Chorweiler, Meschenich etc.), die aber mehr Probleme schufen als sie abzuhelfen imstande waren. Lambsdorff stelle schließlich den sozialen Wohnungsbau völlig ein. Man wollte die Städte nicht ins Unendliche wachsen lassen. Dann verlegte man verstärktes Augenmerk auf die Erhaltung und Sanierung von urbanen Quartieren mit überalterter Bausubstanz, was bis heute zum Teil nicht ganz abgeschlossen ist.

Rahmenplanungen der Stadtteile. Wobei die Finanzierung zum Teil auf die Hausbesitzer abgewälzt wurde. Diese holen sich das investierte Geld von den Mietern zurück. Mit Zins und Zinseszins etc. Es muss ein maßgeschneiderter Strukturplan, der eng mit den Kommunen und Hausbesitzern abgestimmt wird, ausgearbeitet werden.

Ein global verordnetes Gesetz im Sinne einer "Mietpreisbremse", wie es SPD-Vorsitzende Frau Nahles wohlmeinend vorschlägt, reicht da nicht aus. Da sieht auch mehr nach Aktionismus aus, der vielleicht nicht einmal diese Legislaturperiode überdauert und von der nächsten Regierung wieder rückgängig gemacht wird.

» Gorgen_ » Beiträge: 1068 » Talkpoints: 376,81 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Möchte noch etwas zur Durchsetzung einer geplanten Mietpreisbremse sagen. Es gibt allein jetzt schon Probleme, die ortsübliche Vergleichsmiete in Erfahrung zu bringen. Ein Mietspiegel kann teilweise nur über einen Rechtsanwalt eingesehen werden. Der steht nicht irgendwo im Internet oder wäre sonstwie leicht zugänglich. Dann, wer definiert denn den Mietspiegel.

Man gewinnt den Eindruck, dass sich hier Interessengemeinschaften zusammengetan haben, um Preise zu diktieren. Alles sehr nebulös. Wer keine Insiderkenntnisse hat, kommt an für ihn relevante Informationen nicht so leicht heran. Und, wer unter Zugzwang steckt, weil er sich beispielsweise aus beruflichen Gründen eine neue Wohnung suchen muss, wird alles akzeptieren, auch "überhöhte" Mietpreise.

Dann wird genau so wie bei der bereits jetzt bestehenden Regelung, im Vermietungsgespräch kaum ein Mieter sich selbst gegenüber dem Vermieter unbeliebt machen, indem er kritische Fragen stellt. Nein, es wird sogar oft noch Schmiergeld zusätzlich zu Kautionen etc. gezahlt, nur um andere Konkurrenten auszustechen.

» Gorgen_ » Beiträge: 1068 » Talkpoints: 376,81 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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