Bei welchen Fächer haltet ihr eine Benotung für unnötig?

vom 05.08.2020, 14:50 Uhr

Neben den relevanten Haupt- und Sachfächern werden in der Schule ja auch mehrere Fächer unterrichtet die in der Bewertung oft Auslegungssache sind bzw. deren Benotung von Lehrer zu Lehrer sehr individuell gestaltet werden kann. Ich denke dabei zum Beispiel an Kunst, Sport, Musik, Handwerken und Hauswirtschaft.

Ob und inwiefern zum Beispiel ein Bild schön ist, das Essen gut gewürzt wurde oder ein Gegenstand perfekt gestaltet ist ist hin und wieder ja auch Geschmackssache des Lehrers. Eine faire objektive Bewertung stelle ich mir da teilweise sehr schwierig vor. Und auch im Sportunterricht spielen ja auch mehrere Komponenten hinein wie gut, oder auch nicht, sich ein Kind bewegen kann.

In einigen dieser Fächer, wie zum Beispiel in Musik, werden die Kinder dann auch noch einzeln "vorgeführt" um Einzelnoten zu erlangen. Sie müssen bestimmte Lieder einzeln vorsingen oder Rhythmen klopfen. Manchen Kindern mag das sogar Spaß machen, aber ich denke den meisten Schülern gefällt das eher nicht.

Die meisten Fächer sind bei der Frage der Versetzung in die nächste Klassenstufe ja nicht relevant. Ich frage mich allerdings trotzdem warum man diese Fächer nicht einfach ohne Notenbewertung durchführt. Man könnte diese ja trotzdem im Zeugnis aufnehmen und, ähnlich wie bei Arbeitsgruppen, einfach mit dem Kommentar "xy hat erfolgreich am Fach Sport, Musik, Kunst teilgenommen".

Bei welchen Fächern haltet ihr eine Benotung unnötig? Denkt ihr die Schüler würden trotzdem mit dem nötigen Ernst an den Fächern teilnehmen wenn sie dafür nicht mehr benotet werden würden?

» Huibuu » Beiträge: 390 » Talkpoints: 0,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich würde ganz anders vorgehen und Sport, Musik und Kunst jeweils in die Bereiche Theorie und Praxis aufteilen und nur die Theorie benoten. Für seine Unmusikalität kann man ja nichts und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man Singen und Akkorde erkennen nicht erlernen kann oder zumindest nur in einem minimalen Rahmen. Aber man kann die Musikgeschichte lernen.

Auch Sporttheorie mit Benotung sollte man anbieten. Da könnte man ein bisschen Anatomie machen, ein bisschen gesunde Ernährung und ein bisschen Sportgeschichte. Und schon hätte man tolle Möglichkeiten, dies mit anderen Fächern wie etwa Biologie und Hauswirtschaft zu verknüpfen.

Aber ich habe den Eindruck, dass die meisten Lehrer und auch die Kultusministerien gar keinen fächerübergreifenden Unterricht wollen.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich bin da etwas ambivalent in meiner Einstellung der Benotung von Fächern wie Sport, Kunst und Musik gegenüber. Zwar stimme ich zu, dass in diesen Fächern der Erfolg und die Leistungsstärke einfach sehr viel schwieriger objektiv zu beurteilen sind und noch dazu stärker von individuellen Anlagen abhängen, aber nichtsdestotrotz glaube ich, dass ein gewisser „Notendruck“ vielleicht auch erforderlich ist, um überhaupt eine Motivation zum Mitmachen aufzubauen.

Würde man beispielsweise in Kunst lediglich die regelmäßige Kursteilnahme und die pünktliche Abgabe von Projekten zum „Bestehen“ zugrunde legen, dann würden sich wohl einige wenig leistungsbereite Schüler damit zufrieden geben, eine 10-Minuten-Kritzelei einzureichen und dies mit mangelndem Talent zu rechtfertigen, während ein ambitionierter und künstlerisch interessierter Schüler vielleicht Tage und Wochen an einem höchst aufwändigen Werk sitzt und dafür am Ende die gleiche Wertung erhält. Wäre das fair? Wohl kaum. Andererseits sehe ich auch ein, dass man den Maßstab eines jungen Ausnahmetalents nicht auf jeden Durchschnittsschüler anwenden kann, da das genauso zu Frustration führt.

Was eine geeignete Lösung wäre, weiß ich nicht. Eine reine Benotung des Theorieteils würde mir für Fächer mit dem Schwerpunkt auf der Praxis nicht ausreichen. Die Mühe, die in einer praktischen Leistung steckt, lässt sich mit Noten nun mal nicht richtig umreißen. Man könnte höchstens für jeden Schüler individuell auf Basis der „Ausgangsfähigkeiten“ ein eigenes Lernziel definieren und die persönlichen Fortschritte benoten, aber das erfordert höchstes Engagement und viel Menschenkenntnis auf Lehrerseite.

Meine ehemalige Sportlehrerin hatte zum Beispiel damals für jeden Schüler anhand von Größe und Gewicht ausgerechnet, welche Höhe er beim Hochsprung für welche Note erreichen musste, und das fand ich ein ziemlich gutes Beispiel für die Bemühung um eine faire Beurteilung. Aber das ist nun mal arbeitsintensiv und auch nicht immer machbar, und ich fürchte fast, dass einige kritische Eltern solche Ansätze als „Ungleichbehandlung“ torpedieren würden.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ich fände es ziemlich unfair wenn bestimmte Fächer aus der Benotung ausgeklammert werden, weil nun mal für alle Fächer ein gewisses Talent und Interesse erforderlich sind.

Angenommen du hast absolut kein Talent für Sprachen. Dann fühlst du dich "einzeln vorgeführt" wenn du unregelmäßige Verben aufsagen musst. Oder was ist wenn du kein Gefühl für Mathematik hast und an die Tafel zum Vorrechnen aufgerufen wirst? Oder laut etwas vorlesen wenn man damit Probleme hat? Würdest du einem Legastheniker die Chance nehmen wollen wenigstens in einigen Fächern gut zu sein weil es da ausnahmsweise nicht um lesen und schreiben geht?

Und was ist mit den ganzen Aufgaben, bei denen es eben nicht nur darum geht eine Lösung abzuliefern, die entweder objektiv falsch oder objektiv richtig ist? Gedichtsinterpretationen in den sprachlichen Fächern zum Beispiel? Aufsätze in Geschichte? Meiner Erfahrung nach werden selbst Lösungswege in den Naturwissenschaften und Versuchsprotokolle eher subjektiv bewertet.

Ich habe übrigens sehr viel Kunstunterricht gehabt in meinem Leben und habe nie einen Lehrer erwischt, bei dem ich die Benotung der praktischen Arbeiten nicht nachvollziehen konnte. Es geht nämlich gar nicht darum ob ein Bild "schön" ist sondern in erster Linie wie gut die Aufgabe umgesetzt wurde.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich finde auch, dass man auch beim Kunstunterricht objektive Bewertungskriterien an der Hand hat, nach denen man Schülerarbeiten bewerten kann. Unter anderem gibt es ja meistens eine konkrete Aufgabenstellung, bei der man durchaus bewerten kann, ob und in wieweit sich die Schüler daran gehalten haben, und mit welchem Aufwand bzw. Präzision beispielsweise eine bestimmte Technik umgesetzt wurde.Auch das Wissen über Kunstgeschichte kann man da oft herauslesen. Wenn die Aufgabe lautet, man solle ein Bild im Stil des Pointillismus malen, und der Schüler gibt etwas ab, was damit nichts zu tun hat, könnte man annehmen, dass er gar nicht Bescheid weiß, welcher Stil gemeint war.

Benutzeravatar

» lascar » Beiträge: 4414 » Talkpoints: 782,29 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Spontan könnte ich mir auch vorstellen, dass jedem als erstes die Fächer einfallen, die er/sie damals nicht ausstehen konnte und in denen es auch leistungsmäßig schlecht ausgesehen hat. Bei mir war es der Sport, aber aus der Warte einer rational denkenden Erwachsenen, die nie wieder auf einen Schwebebalken klettern muss (hoffe ich), ist mir eigentlich auch klar, dass es bei Noten ein "Ganz oder gar nicht"-Prinzip geben sollte. Das Konzept der Leistungserfassung auf diese Art ist nämlich pädagogisch gesehen wirklich nicht das Maß aller Dinge, aber irgendwie hat keiner Lust darauf, sinnvolle Alternativen zu entwickeln.

Aber wie schon erwähnt, kann man in jedem Fach begabt sein oder sich anstellen wie der letzte Depp. Es schenkt sich gefühlsmäßig nichts, ob man sich in Mathe beim Vorrechnen, in Musik beim Vorsingen oder in Sport beim Vorturnen blamiert. Ich kann mich in allen drei Sparten an etliche Momente erinnern, die mein aufblühendes Selbstwertgefühl ziemlich zurückgeworfen haben. Aber irgendwie schreit keiner, dass es deswegen unfair sei, Mathe zu benoten, wo doch nicht jeder "begabt" dafür sei.

Und auch bei den "kreativen" Schulfächern geht es schließlich nicht darum, "schön" zu singen, zu malen oder zu tanzen, sondern im Normalfall um die Umsetzung des zuvor Gelernten. Und das zu beurteilen, ohne sich vom eigenen "Geschmack" beeindrucken zu lassen, ist ja theoretisch der Job der Lehrkräfte und nicht nur eine nette Dreingabe.

Dass die Lehrer in dieser Hinsicht gerne versagen, steht auf einem ganz anderen Blatt und hat mit der Benotung gar nichts zu tun. Nicht jede/r, der vor einer Klasse steht, ist für den Beruf auch geschaffen. Manche neigen auch zur Rachsucht, zum Machtmissbrauch oder geilen sich schlicht daran auf, Teenager bloßzustellen. Da ist es dann egal, ob in Mathe, Latein oder Musik.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^