Bafög durch bedingungsloses Grundeinkommen ersetzen?

vom 02.01.2019, 13:12 Uhr

Der deutsche Gewerkschaftsbund fordert eine radikale Reform des Bafög und das weit über die Vorstellungen und Pläne der Regierung hinaus. So wird zum Beispiel eine Form von bedingungslosem Grundeinkommen für Studenten gefordert - soll heißen, dass Studenten ohne Altersgrenzen oder bestimmte Bedingungen (wie bestimmte Einkommensgrenzen der Eltern oder Rücklagen) beispielsweise 1000 Euro im Monat erhalten und das Geld auch nicht zurückzahlen müssten.

Wie realistisch ist eurer Ansicht nach so eine Reform? Wäre das eurer Ansicht nach wünschenswert oder eher nicht? Welche Vorteile und welche Nachteile seht ihr hierbei? Sollten Studenten statt vom Bafög von einer Form des bedingungslosen Grundeinkommens profitieren dürfen?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich finde, wenn man damit schon anfängt, dann sollte man einen Bildungsfreibetrag einführen und damit Auszubildende und genauso bedienen, wie Menschen, die für ihrem Wunschberuf tatsächlich tief in die eigene Tasche greifen müssen, wie beispielsweise angehende Erzieher/innen und meinetwegen Kosmetiker/innen.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Der Vorteil liegt klar auf der Hand. Jeder könnte sorgenfrei studieren. Ich hatte beim Bund und in der Ausbildung einige kennen gelernt, die von den Eltern gesagt bekommen haben, dass sie kein Geld dafür hätten. Das war bitter.

Der Nachteil wäre die Gegenfinanzierung. Bafög muss zurückgezahlt werden. Grundsicherung dürfte wohl ohne Rückzahlung ablaufen. Bisher bekommen meines Wissens weniger als 10 Prozent Bafög. Dann müsste man auch ganz neue Gesetze machen, die sicher durch die Gerichte geprüft werden würden. Letztlich würde jeder Grundsicherung haben wollen. Und genau aus diesem Grund will es keiner machen. Da will keiner etwas lostreten.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich kenne einige Arbeitslose, die gerne nochmal studieren würden, es aber aus finanziellen Gründen nicht können, da sie kein Bafög mehr erhalten können. Sei es weil sie bereits ein Studium abgeschlossen oder bereits die Altersgrenze von 30 Jahren hinter sich gelassen haben.

So eine Regelung würde viele Menschen vom Amt wegbringen. Dies wäre auch eine fruchtbare Maßnahme gegen den sogenannten Fachkräftemangel. Es gibt eine Menge Leute, die gerne Fachkräfte werden möchten, aber denen jeder Zugang zu entsprechenden Ausbildungen finanziell aus obigen Gründen verschlossen ist und Umschulungen bringen nicht wirklich, was der Arbeitsmarkt verlangt. In nur wenigen europäischen Ländern wird einem Fort- und Ausbildung ab einem gewissem Alter dermaßen erschwert, wie in Deutschland.

» Paulie » Beiträge: 554 » Talkpoints: 0,24 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Juri1877 hat geschrieben:Der Nachteil wäre die Gegenfinanzierung. Bafög muss zurückgezahlt werden.

Naja auch nur bedingt. Schon von Haus aus bekommt man die Hälfte des Bafögs als Zuschuss und nur die andere Hälfte als Kredit. Dann muss man maximal 10.000 Euro zurückzahlen. Wer zügig studiert oder zu den besten seines Jahrgangs gehört (hier zählen glaube ich die besten 25 oder 30 Prozent), kann den Beitrag nochmal reduzieren oder auch alternativ das Geld nicht in Raten zurückzahlen. Hat man Kinder kriegt man auch noch einmal einen Zuschuss den man nicht zurückzahlen muss. Ich habe am Ende nicht mal 1/3 meines Bafögs zurückzahlen müssen, meine Frau noch weniger. Ich denke viele dürften weit weniger zurückzahlen als sie tatsächlich als zinslosen Kredit beim Bafög bekommen haben.

Und ich glaube auch grundsätzlich kann eigentlich doch jeder in Deutschland studieren. Wenn die Eltern wirklich arm sind, bekommt man Bafög. Wenn es kein Bafög gibt, müssten die Eltern eigentlich genug Geld haben um ein Studium zu ermöglichen und alternativ kann man ja auch ein paar Stunden arbeiten gehen. Möglichkeiten dürfte es da genug geben ein Studium zu ermöglichen.

Allerdings könnte so ein Grundeinkommen zum einen ja dazu führen, dass es mehr Studenten gibt, die nicht mehr so zielstrebig studieren und die andere Frage ist ja ob das wirklich notwendig ist. Wenn eh nur gut 20 Prozent der Studenten Bafög beziehen muss es ja für den Großteil der Studenten irgendwie möglich sein, dass Studium auch ohne staatliche Förderung hinzubekommen.

Das einzige was ich ja solchen Dingen ja immer erst einmal grundsätzlich charmant finde, ist der massive Bürokratieabbau. Bisher ist die Praxis des Bafögbezugs doch irgendwie zu komplex und die Bearbeitung dauert viel zu lange. Ich habe zu meiner Zeit manchmal drei bis vier Monate auf die Bearbeitung warten müssen. Das wäre dann natürlich wesentlich einfacher. Aber das könnte man ja auch mit dem bisherigen System verschlanken. So finde ich ja zum Beispiel die ganze Vermögensanrechnung schwachsinnig. Damit bestraft man am Ende ja sogar noch diejenigen, die sich von ihrem Bafög dank sparsamen Leben etwas weglegen können oder die einfach vor ihrem Studium schon sparsam gelebt haben. Einfach nur das Einkommen berücksichtigen und schon geht das schneller. Auch müsste man überlegen, ob es wirklich Sinn macht Regelsätze für ein ganzes Land zu erstellen, wenn die Lebenshaltungskosten teilweise stark unterschiedlich sind.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich weiß, dass das eine unbeliebte Frage ist: Wer soll das bezahlen? Irgendeiner muss das Geld doch erwirtschaften. Wenn ich die Tausend Euro so ohne Bedingungen bekomme, fange ich auch noch einmal an zu studieren, hätte neben meiner Rente noch ein schönes Zusatzeinkommen und könnte mich zusätzlich weiterbilden. Will man mich ausschließen? Das wäre dann Altersdiskriminierung. An meinem Beispiel sieht man, wie absurd der Vorschlag ist.

Ich bin wie der Vorredner auch der Meinung, dass heutzutage jeder mit oder ohne Bafög studieren kann. Vielleicht ist es für den einen härter als für den anderen. Das Studentenleben war schon immer mit materiellem Verzicht verbunden. Ich kenne so einige junge Leute, die es mit Bafög und Nebenjobs schaffen. Und warum sollte Bafög nicht zumindest teilweise zurückgezahlt werden, wenn man es kann? Ich habe den Darlehensanteil damals auch in monatlichen Raten zurückgezahlt und war damit nach sieben Jahren, kurz bevor das erste Kind kam, fertig. Ich fand das nie unfair, sondern war im Gegenteil dankbar dafür.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das klingt für mich zu sehr nach Gießkannenprinzip und viele Studenten haben ziemlich wohlhabende Eltern, die das Studium auch aus der eigenen Tasche finanzieren können. In meinem gesamten Bekanntenkreis gibt es außer mir nur einen einzigen weiteren Bafög-Empfänger. Viele meiner Freunde haben eine eigene Wohnung (die teilweise 800 Euro warm kostet) und etwas weniger als die Hälfte noch ein eigenes Auto. Die meisten haben keinen Nebenjob.

Solchen Leuten muss man wirklich nicht noch mehr Steuergelder in den A... blasen. Wichtiger wäre es, die Bafög-Sätze mal realistisch anzupassen und von Studenten keinen Mist wie GEZ zu verlangen. Ich kenne niemanden, der zuhause einen Fernseher hat oder Deutschlandfunk im Radio hört.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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