Anderen Schuld an etwas geben - dann doch lieber den Göttern

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Gestern war eine Frau bei Markus Lanz zu Gast, die eine schwere Covid-19-Erkrankung überstanden hatte. Sie erzählte unter anderem, wie sie in ihrem Ort angefeindet und selbst nach Gesundung gemieden wurde. Ihr wurde sogar unterstellt, für die Ausbreitung der Krankheit in Deutschland verantwortlich zu sein.

Die Leute brauchen anscheinend Menschen als Schuldige für etwas, was schlimm ist und dessen Ursachen entweder komplex sind oder was einfach Schicksal ist. Schuldige können sogenannte Ausländer, Mitglieder anderer Religionen, Rothaarige oder Bill Gates sein.

Ist es dann nicht besser, wie in Urzeiten, den Göttern die Schuld zu geben? Könnte man nicht vielleicht für bestimmte Bevölkerungsgruppen eine Art Gott erfinden, der für alles Schlechte die Schuld auf sich nimmt und den man zur Aggressionsbewältigung beschimpfen kann, wie man will? Es gäbe bestimmt Leute, die das glauben und die sich daran abreagieren würden und Unschuldige in Ruhe lassen. Oder wie könnte man den Hass sonst umlenken, damit keine Unschuldigen darunter leiden?

So eine Art göttlichen Universal-Sündenbock hat man ja schon mit dem Teufel bzw. Satan erfunden. Allerdings hilft auch das nicht dagegen, Menschen anzufeinden, denn in der Vergangenheit wurde ja dann doch wieder irgendwelchen Menschen unterstellt, mit diesem Satan im Bunde zu sein oder von ihm besessen oder befallen zu sein. Und so kehrt die Menschenfeindlichkeit auf einem Umweg dann doch wieder zurück.

Aber auch zu Zeiten, als Götterglaube weit verbreitet war, hat man doch Menschen für alle möglichen Dinge beschuldigt. Ich sage nur Hexenverfolgungen und Antisemitismus. Im Endeffekt sind Götter halt genauso wenig greifbar wie eine Wetterlage oder eine Pandemie.

Davon abgesehen kann man Menschen keine Götter "verordnen" und ich finde es auch irgendwie übergriffig, dass man einfach davon ausgeht, dass bestimmte Menschen zu blöd sind um bestimmte Zusammenhänge zu verstehen, also sollen sie sich halt an irgendwelchen Göttern austoben.

Ich würde mich jedenfalls erst mal fragen, was an der Kommunikation verbessert werden kann. Wenn jemand nicht versteht wie sich Viren ausbreiten dann muss der doch zumindest die Chance bekommen das zu verstehen, zur Not eben in einfacher Sprache und mit vielen Bildchen. Bei Leuten, die irgendwelche wirren Behauptungen aufstellen, hilft es übrigens einfach mal nachzufragen. Wer sich erklären muss und nicht mehr einfach nur nachplappern kann merkt oft irgendwann selber, wie viel Unsinn er von sich gibt.

Dein Menschenbild möchte ich ehrlich gesagt auch nicht. Die "Klugen" und guten Menschen (zu denen du dich selbstverständlich zählst, schließlich hast du ja keinerlei Vorurteile) sollen den "Dummen" also per Gehirnwäsche irgendwelche primitiven Vorstellungen, die seit Jahrhunderten als überwunden gelten, wieder einimpfen, damit das niedere Volk in seiner unkontrollierten Aggression nicht selbst zerfleischt. Ich bin schon froh darum, dass das so garantiert nicht funktioniert.

Es liegt nun mal leider in der Natur des Menschen, "den anderen" die Schuld zu geben, sei es den Juden, den Asylbewerbern, Bill Gates, den Reichen allgemein, oder in deinem Fall "gewissen Bevölkerungsschichten".Dagegen helfen nur Aufklärung und Bildung und ein gutes Vorbild.

Ich bin also nicht der Ansicht, dass ein Vorurteil besser ist als das andere. Sprich, in meinen Augen ist es genauso falsch, "gewissen Bevölkerungsschichten" zu unterstellen, dass sie auch noch an den Weihnachtsmann glauben würden, wenn es ihnen die klugen Leute ohne Hass und Vorurteile einreden, als wenn man behauptet, "die Chinesen" hätten Corona im Labor erfunden. Also mal ehrlich.