Als Bundesland die Rassenliste für Kampfhunde abschaffen?

vom 28.02.2018, 13:25 Uhr

Ich habe gelesen, dass Thüringen das erste Bundesland ist, dass die Rassenliste für sogenannte Kampfhunde abgeschafft hat. Dies ist wohl seit Anfang 2018 so in Kraft getreten. Das Bundesland vertritt die Meinung, dass das Problem nur der Hund selbst oder die Rasse ist, sondern am anderen Ende der Leine hängt.

Bisher sollen wohl auch Niedersachsen und Schleswig-Holstein der gleichen Ansicht sein. In einem anderen Artikel hieß es, dass auch Berlin überlegt, diese Liste abzuschaffen. Alle anderen Bundesländer halten aber nach wie vor daran fest.

Was haltet ihr davon, wenn Bundesländer die Rassenliste abschaffen? Meint ihr, dass man damit mehr Hunde vermittelt bekommt, die auf der Liste standen und in Tierheimen sitzen? Werden die Auflagen für die Haltung dieser Rassen dann auch beeinflusst?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Nur, weil man die Rassenliste abschafft, wird man doch nicht automatisch mehr Hunde vermitteln können. Nur durch die Abschaffung verändert sich ja das Denken der Menschen auch gar nicht und wenn man über Jahre oder Jahrzehnte eingetrichtert bekommt, dass Hunderasse XY total gefährlich ist, dann braucht es seine Zeit, bis dieses Umdenken stattfindet. Hinzu kommt, dass man noch von den Medien immer solche Horrormeldungen vermittelt bekommt, dass schon wieder ein "Kampfhund" ein Baby totgebissen hat oder einer Frau das Gesicht zerfetzt hat oder was auch immer. Das braucht eben alles Zeit.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Diese Rasselisten hätten gar nicht erst eingeführt werden dürfen. Sie sind völlig willkürlich zusammengestellt, was man bereits daran sieht, dass jedes Bundesland andere Rassen als definitiv oder potentiell gefährlich listet. Bayern und Brandenburg haben die längsten Listen, aber nicht einmal in diesen Bundesländern wird der Kaukasische Owtscharka als gefährlich eingeschätzt. In Hamburg wird er in Kategorie 2 gelistet. Nur in Brandenburg ist der Dobermann gefährlich, der Kangal nur in Hamburg und Hessen, der Cane Corso nur in Bayern und Brandenburg. Zumindest in Bayern kommt es beim Bullterrier auf die Größe an, ob er als gefährlich oder ungefährlich eingestuft wird. Da entscheidet schon mal ein cm ein Hundeschicksal. Der Deutsche Schäferhund (nichts gegen diese Rasse!) taucht übrigens in keiner Liste auf, obwohl diese Rasse jede Statistik über Beißvorfälle anführt!

Die meisten Bundesländer unterscheiden eine Kategorie 1 und eine Kategorie 2 der Einteilung in die Liste. Kategorie 1 bedeutet, dass diese Rasse unwiderlegbar gefährlich ist. Sie dürfen in einigen Bundesländern weder gezüchtet, noch gehalten werden (Brandenburg). In Hamburg und NRW dürfen sie unter Auflagen gehalten werden. In Bayern und Baden-Württemberg dürfen sie nicht gezüchtet werden, dürfen aber mit behördlicher Erlaubnis gehalten werden, wenn 'ein berechtigtes Interesse' besteht. Dieses nachzuweisen ist logischerweise unmöglich.

In Kategorie 2 sind die Rassen gelistet, deren Gefährlichkeit man vermutet, die aber unter Auflagen, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, gehalten werden dürfen. Auch die Hunderassen, die dort gelistet sind sind je nach Bundesland andere.

Nun gelten diese Verordnungen nicht nur für reinrassige Hunde, sondern auch für Mischlinge dieser Rassen. Vielen Mischlingswelpen sieht man nicht an, zu welchen Rassen ihre Eltern gehörten. Irgendwann meint dann jemand einen Listenhund in den Vorfahren erkennen zu können (ob zu Recht oder Unrecht sei mal dahingestellt) und zeigt das an. Das Schicksal des Hundes und seiner Halter liegt dann in der Hand eines Sachverständigen. Erstens kann aber auch dieser irren und zweitens kommen, wenn dem Hund ein Listenhund als Vorfahr attestiert wird, auf den Besitzer Auflagen zu, die dieser vielleicht nicht stemmen kann, z.B. eine stark überhöhte Hundesteuer. Dann landet so ein Tier, auch wenn es jahrelang völlig unauffällig durch sein Hundeleben gegangen ist, im Tierheim und versteht die Welt nicht mehr! In Bayern heißt das in vielen Fällen (Kategorie 1) lebenslang unschuldig hinter Gittern.

Bremen teilt nicht in Kategorien ein, verbietet aber das Halten bestimmter Rassen (Pit Bull, Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier) es sei denn: Sie werden als Fundtiere oder aus einem Tierheim in Bremen adoptiert.

Niedersachsen sieht für keine Hunderasse eine besondere Gefährlichkeit, Schleswig-Holstein seit 1.1.2016 auch nicht mehr. Dieses Bundesland stellt an alle Hundehalter höhere Anforderungen. So gilt eine generelle Pflicht zur Kennzeichnung jedes Hundes mittels Microchip und zum Abschluss einer Hundehalter-Haftpflichtversicherung. Thüringen hat seine Rasseliste im Januar dieses Jahres entsorgt.

Für mich steht fest, dass das Einteilen von Hunden aufgrund ihrer Rasse in bestimmte 'Gefährlichkeits-Kategorien' völlig willkürlich und somit nicht rechtens ist. Ich habe viel mit Hunden zu tun und durfte schon einige sog. Listenhunde verschiedener Rassen kennenlernen. Das waren ausnahmslos alle 'normale', also liebenswerte Hunde ohne besondere Gefährlichkeit. Deshalb bin ich auch der festen Überzeugung, dass beim Wegfall dieser Listen mehr Hunde dieser Rassen aus den Tierheimen adoptiert würden, bzw. gar nicht erst dort landen.

Jeder Hund hat Zähne, jeder Hund kann durch falsche Behandlung oder schlechte Erfahrung zur Gefahr für seine Mitwelt werden. Da muss man den verantwortlichen Menschen stärker in die Pflicht nehmen. Nicht jeder Mensch ist geeignet, einen Hund zu halten, sei es einen Chihuahua, einen Irischen Wolfshund oder einen Staffordshire. Die Konsequenz wäre für mich, nicht einzelne Hunderassen und deren Halter zu diskriminieren, sondern Menschen, die sich als nicht fähig zur artgerechten Hundehaltung erwiesen haben, die Hundehaltung zu verbieten. Und das möglichst bevor etwas Schlimmes passiert.

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» Vega » Beiträge: 207 » Talkpoints: 137,19 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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