Heirat, damit der Freund nicht abgeschoben wird?

vom 21.08.2009, 11:55 Uhr

Ich habe eine Cousine, die 17 Jahre alt ist und seit ein paar Monaten einen Freund hat. Dieser wird aber nun mit Mitte September abgeschoben, weil er keine Aufenthaltsgenehmigung hat. Um das zu verhindern, heiraten die beiden noch Ende August!

Ich finde diese ganze Situation aber mehr als bedenklich und kann auch nicht verstehen, wie meine Tante und mein Onkel zu dieser Heirat zustimmen konnten. Der Freund meiner Cousine spricht kein Wort deutsch und sie können sich nur über dessen Bruder, der deutsch kann, unterhalten! Weiter geht er nicht arbeiten und hat natürlich auch keine eigene Wohnung!

Ich finde, dass die ganze Beziehung aufgrund der sprachlichen Probleme gar nicht wirklich eingeschätzt werden kann! Der Bruder kann ja viel übersetzen, aber wer weiß, ob er das auch wirklich wortwörtlich tut! Außerdem kann man doch niemanden heiraten, mit dem man noch nie alleine reden konnte und mit dem man noch nie alleine Zeit verbracht hat! Der Freund hat seine wahre Seite unter Umständen ja noch gar nicht gezeigt!

Was denkt ihr darüber? Würdet ihr euren Kindern eine Hochzeit in dieser Situation erlauben? Denkt ihr, dass meine Cousine nur dafür ausgenützt wird, dass ihr Freund hier bleiben kann?

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» Nipfi » Beiträge: 3076 » Talkpoints: 8,28 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Mit 17 würde ich niemals heiraten. Da spielt noch nicht einmal der Grund eine große Rolle. Wenn ich daran denke wie naiv ich mit 17 noch war und welche Gedankengänge ich damals hatte, weiß ich einfach, dass diese Ehe so oder so gescheitert wäre, egal aus welchem Grund ich geheiratet hätte.

Aber das Ganze wirkt natürlich noch skurriler, wenn diese Ehe nur deshalb geschlossen wird, damit der Andere nicht abgeschoben wird. Wäre deine Cousine jetzt wenigstens Mitte 20 und mit dem Freund schon seit vielen Jahr zusammen und sie wüsste, dass sie ihn so oder so demnächst oder irgendwann heiraten wollen würde, würde dagegen ja nichts sprechen. Aber eigentlich ist sie in dem Alter fast noch ein Kind und sie kann gar nicht abschätzen welche Folgen diese Heirat mal für sie haben wird. Ich würde mal probieren mit ihr zu sprechen, auch wenn ich denke, dass das nicht viel nützen wird.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Die eigentliche Frage hierbei ist doch, wie man generell zu einer sogenannten Scheinehe steht. Da deine Cousine ihren Freund ja nur oder zumindest vor allem deshalb heiratet, weil er andernfalls Deutschland verlassen muss, ist es doch zunächst mal vollkommen egal wie gut oder langfristig ihre tatsächliche Liebesbeziehung ist. Sie müssen ja im Zweifelsfall nach der Hochzeit nicht mal wirklich zusammenbleiben, der junge Mann muss doch nur dem Staat gegenüber belegen, dass er in Deutschland eine Ehefrau hat. Vielleicht haben die beiden ja auch trotz der Sprachbarriere genau das vereinbart - dass sie vorranging heiraten, um seine Abschiebung zu verhindern und das keinen Einfluss auf ihre Beziehung hat.

Eigentlich bringen die beiden doch als Paar gar keine so schlechten Vorraussetzungen für eine Scheinehe mit. Sie kennen sich immerhin schon eine Weile, stehen sich wirklich irgendwie nahe und eventuell entwickeln sich ja bei ihnen tatsächlich im Laufe der Zeit große Gefühle.

Man muss halt nur wissen, was man von Scheinehen dieser Art hält. Sie sind im Prinzip illegal und natürlich auch eventuell schwer glaubhaft aufrecht zu erhalten. Die beiden müssen immer damit rechnen, dass ihnen der Staat auf die Schliche kommt.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Deine Cousine ist mit einem Mann zusammen, mit dem sie sich gar nicht unterhalten kann? Naja, das sie hierbei dann ihr Augenmerk ausschließlich auf den Charakter ihres Partners gelegt hat, ist schwer vorstellbar. Doch es mag auch andere Vorzüge geben.

Wie hat sie ihn denn kennen gelernt? Aber, auch wenn es noch zahlreiche Fragen dieser Art geben kann, was die Konstellation der Beziehung an Dritte eben mit sich bringt tut das nichts zur eigentlichen Sache.

Das übrigens der Freund nicht arbeitet, ist ihm nicht anzulasten. Denn mit der fehlenden Aufenthaltserlaubnis darf er ja gar nicht arbeiten. Je nach Status darf er übrigens auch nicht ohne weiteres eine Wohnung nach belieben anmieten. Selbst wenn er unendliche Geldmittel zur Verfügung hätte. Auch das ist also nichts, was man ihm vorwerfen kann bzw. sollte.

Aber die Abschiebung wird idR. deutlich vor der Zeit angekündigt, so dass der betreffende die Möglichkeit hat, freiwillig und auf eigene Kosten zu gehen. Dann besteht auch die Möglichkeit, dass er wieder in der BRD einreisen darf. Eine echte Abschiebung zieht ein Wiedereinreiseverbot von mindestens zehn Jahren nach sich. Also war ihm der Umstand wohl schon bewusst, als er mit Deiner Cousine zusammen kam.

Es stellt sich außerdem die Frage nach dem wahren Grund der Abschiebung. Wenn auch sein Bruder in Deutschland ist, wie ist denn dann dessen Aufenthaltsstatus? Sind es nämlich Ausländer, die früher Gastarbeiter genannt wurden, dann könnte die Abschiebung auf Grund einer kriminellen Vorgeschichte erfolgen. Steht aber im Beschluss zur Abschiebung drin.

Hat Deine Cousine das Blättchen denn schon mal gesehen und gelesen?

Grundsätzlich halte ich das Vorgehen, den Aufenthalt mittels Heirat zu sichern für bedenklich. Aber es kann Situationen geben, die anders nicht aufzulösen sind. Das von Dir geschilderte kann natürlich aus der Ferne niemand beurteilen. Aber hier gibt es schon Anzeichen, die massiv dagegen sprechen!

Übrigens ist es auch immer so eine Frage, ob eine Heirat geht. Denn es müssen Papiere beigebracht werden, die idR. nicht über die Botschaft besorgt werden können. Aus welchem Land wäre denn der Zukünftige?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich meine auch, dass man mit 17 eigentlich noch zu jung ist, um zu heiraten. Deine Cousine scheint ja auch noch nicht wirklich reif zu sein, wenn sie so überstürzt jemanden heiratet, mit dem sie sich nicht mal unterhalten kann. Sie mag ja jetzt verliebt sein, aber das kann schnell wieder vergehen. Und was ist, wenn der Junge sie gar nicht wirklich liebt? Er ist sicher froh, wenn sie heiraten, damit er eben in Deutschland bleiben kann.

Scheinehen werden auch beim kleinsten Verdacht, genau geprüft. Und wenn es sich irgendwie bestätigt, dass es sich um eine Scheinehe handelt, wird der Gatte doch ausgewiesen. Ich verstehe die Eltern auch nicht recht, dass sie dies erlauben. Aber vielleicht sind sie der Meinung, dass ihre Tochter ihre Erfahrungen selbst machen soll. Allerdings könnte es dann ja später sein, dass die Tochter ihren Eltern Vorwürfe macht, dass sie sie nicht von der Heirat abgehalten haben.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich dachte, Scheinehen sind Ehen, die überhaupt nicht aus einer Partnerschaft/Liebe eingegangen werden, sondern einzig und allein zum Zweck, dass er eben nicht abgeschoben wird?

Offensichtlich ist es doch ihr Freund, den sie liebt. Es gibt doch einen Unterschied, ob sie ihn eventuell sowieso später geheiratet hätte und sich jetzt nur mehr dazu beeilt oder ob sie ihn gar nicht liebt und das als Freundschaftsdienst tut? Ok, über die exakte Definition kann man sich jetzt streiten.

Zum Thema der Beziehung selbst, ist es tatsächlich etwas schwer, wenn sie sich nicht einmal selbst mit ihm verständigen kann. Und auch ist es zweifelhaft, ob eine Ehe mit jemandem, den man noch nicht mit all seinen Macken kennt, so haltbar ist.

Gäbe es denn keine Art Kompromiss, dass er ersteinmal dann eben wieder im Ausland ist und sie dann eine Fernbeziehung führen und wenn sie merken, dass sie sich langfristig mögen, erst heiraten? Dann würde er ja auch wieder eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

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» Cloudx » Beiträge: 21 » Talkpoints: 0,10 »


Nelchen hat geschrieben:Scheinehen werden auch beim kleinsten Verdacht, genau geprüft. Und wenn es sich irgendwie bestätigt, dass es sich um eine Scheinehe handelt, wird der Gatte doch ausgewiesen.

Aber es handelt sich ja hier nicht wirklich um eine Scheinehe, oder? Zumindest von ihrer Seite aus nicht, und vielleicht sind die Eltern des Mädchens ja einfach so gutgläubig, dass es bei ihm auch echte Gefühle sind. Oder es SIND wirkliche Gefühle.

Aber das ist halt immer das Problem, man weiß einfach nicht, was in seinem Kopf vorgeht. Es kann ja auch gut sein, dass er schon geahnt hat, dass eine Ausweisung bevor steht, und die Liebe der Cousine nur ausnutzt?

Und ich stimme auch den anderen zu, die bereits erwähnt haben, dass deine Cousine eben erst 17 ist und man da nie weiß, ob die Gefühle wirklich von Dauer sind oder nach der ersten Verliebtheit das Interesse verschwindet. Dann ist sie verheiratet mit einem Jungen, von dem sie nicht wirklich weiß, ob er sie auch liebt und mit dem sie nicht einmal kommunizieren kann. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Gefühle so intensiv sind, denn wenn es so wäre, dann hätte doch einer von beiden versucht, die andere Sprache wenigstens mal ansatzweise zu lernen? Gerade der Junge hat doch die besten Voraussetzungen dafür, wenn sein Bruder schon deutsch kann. Dann könnten die beiden wenigstens ein wenig miteinander reden, ohne Dolmetscher. Wobei ich mich ja sowieso frage, wie es gehen soll, dass richtige Liebesgefühle aufkommen, wenn man nicht miteinander sprechen kann.

Ich finde es aber schon eine schwere Situation für die Eltern. Schließlich werden sie für eine geraume Zeit den "Hass" ihrer Tochter zu spüren bekommen, dafür, dass sie in ihren Augen schuld daran sind, dass ich heiß geliebter Freund ausgewiesen wurde. Aber letztendlich sollte man deswegen nicht etwas zulassen, was der Tochter zwar im Moment richtig erscheint, was sie aber vielleicht schon in naher Zukunft bereuen wird.

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» Wunky » Beiträge: 487 » Talkpoints: -0,18 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Cloudx liegt schon richtig. Eine Scheinehe ist eine Ehe, die einem anderen Zweck als der Ehe dient. Und die kann nicht einseitig geschlossen werden. Leider ist es gar nicht so selten, dass bei bi-nationalen Ehen nach zwei Jahren ein Partner ganz plötzlich von Scheidung spricht, weil dieser dann ein eigenständiges Bleiberecht hat. Wenn dieser Partner dann noch zeitnah plötzlich jemanden aus der Heimat ehelicht, dann geht der (dann zutiefst) gekränkte Partner oft die irrsten Wege.

Dann zeigt man sich selbst auch mal wg. einer Scheinehe an, nur um dem anderen eins aus zu wischen. Oft genug passiert dann aber nichts, weil man eben selbst zu Beginn der Beziehung wirklich aus Überzeugung geheiratet hat.

Dagegen, dass eine Seite nur für den Zweck der Aufenthaltsgenehmigung heiratet, kann man nichts machen. Und das ist gut so!

Wie der Fall hier liegt wissen wir ja alle nicht. Aber interessant wäre es zu wissen, wie schnell der Freund alle notwendigen Papiere beisammen hat um überhaupt heiraten zu dürfen. Ebenfalls sollte die potentielle Ehefrau sich wirklich die Abschiebungpapiere ansehen. Ist das aus unerfindlichen Gründen nicht möglich, dann könnte/sollte sie sich ein polizeiliches Führungszeugnis geben lassen!

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich Straftäter wieder in die Gesellschaft einordnen können und diese immer (wieder) auch eine zweite Chance verdienen. Aber wenn hier was im Dunkeln liegen sollte und dies aber noch nicht offen geklärt wurde, verstärken sich einfach negative Gefühle einer solchen Heirat gegenüber.

Anders wenn er wirklich als wg. Straftaten abgeschoben wird aber dies offen benennt (erster Schritt zur Besserung). Auch Anders, wenn er als Asylsuchender abgelehnt wurde oder als Flüchtling nun seine Duldung verloren hat.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich finde es schon bedenklich, dass deine Cousine mit 17 Jahren einen Mann heiraten will, mit dem sie noch nie allein gesprochen hat. Sie weiß ja gar nicht, ober der Bruder wirklich alles genau übersetzt und ihr zukünftiger Ehemann echtes Interesse an ihr hat oder nur an einem Aufenthaltsrecht in Deutschland! Meiner Meinung nach kann man das nur in Gesprächen herausfinden.

Eine weitere Rolle spielt natürlich auch, wie lange sich die zwei schon kennen. Bei einer eher kurzen vorangegangenen Beziehung, kann man schon davon ausgehen, dass der Mann vielleicht nur jemanden gesucht hat, der ihr heiratet für ein Aufenthaltsrecht. Denn wenn man jemanden wirklich liebt, versucht man doch so schnell wie möglich die Sprache zu erlernen. Und dafür gibt es ja hier in Deutschland viele Angebote.

» 007claudi » Beiträge: 4 » Talkpoints: 2,08 »


Nachdem ich zuvor eher wenige Informationen rund um die Situation meiner Cousine hatte, wollte ich euch nun- nach der Hochzeit- alle Details dazu "presigeben".

Meine Cousine kennt ihren (nun) Ehemann seit etwa 3 Monaten und konnte sich nur mit einem "Dolmetscher" mit ihm unterhalten, auch wenn er selbst angeblich versteht, was sie ihm sagt. Er kommt aus Kosovo- Albanien und wäre in der nächsten Woche abgeschoben worden.

Ein weiteres sehr "interessantes" Detail an der Geschichte ist, dass der Bruder des Bräutigams ebenfalls hätte abgeschoben werden sollen und in der letzten Woche die Schwester meiner Tante (Mutter der Braut) geheiratet hat! Auch dieses Paar kannte sich nur wenige Monate vor der Hochzeit, kann sich aber besser verständigen. Ich finde die Situation weiterhin sehr zweifelhaft und kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass sich zwei Brüder, die kurz vor der Abschiebung stehen, in zwei Frauen aus einer Familie verlieben, die sie nach nur wenigen Monaten unbedingt heiraten wollen!

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» Nipfi » Beiträge: 3076 » Talkpoints: 8,28 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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