Underground Film machen

vom 27.04.2009, 21:56 Uhr

Meine Freunde und ich wollen einen guten Underground Film machen und damit dann berühmt werden. Wir haben schon ein bisschen was gemacht aber noch keinen ganzen Film. Wir sind nun ein wenig unsicher wenn es um die Kosten geht, denn wir haben nicht viel Geld und keinen Sponsor der uns unter die Arme greifen könnte.

Mit welchen Summen müssten wir rechnen wenn wir das in die Tat umsetzen wollen?

» Georgia » Beiträge: 23 » Talkpoints: 0,00 »



Ohje ohje, da frägst du was...

Zuerst einmal das Allerwichtigste: Das Drehbuch bestimmt die Kosten und nicht die Kosten das Drehbuch. Wenn das Budget nicht da um eine gute Idee umzusetzen, dann sollte man sich an einer anderen Idee versuchen die das Budget auch zulässt und nicht versuchen hier und da zusammenzustreichen, das geht zu 99% schief.

Sponsoren werdet ihr nur schwer finden können, ohne richtiges Konzept, welches dem Sponsor auch einen Mehrwert bietet. Geld für nichts gibts nunmal nicht und bei einem Undergroundfilm damit zu punkten dass es ja eine prima Werbung ist im Abspann genannt zu werden zieht nun wirklich keinen hinterm Ofen hervor.

Und was das berühmt werden angeht, nunja, erstmal kleine Brötchen backen.

Um aber mal etwas genauer darauf einzugehen:

1. Das Budget:

Unter 2000,-€ wird wohl nicht viel gehen. Alleine die Miete für eine gute Kamera und das Minimum an Beleuchtung wird diese Summe schon komplett verschlingen. Und dabei sind wir damit noch nichtmal annähernd im Profibereich. Dazu kommen manche Drehorte für die Miete fällig wird, eventuelle Kostüme, Spezialeffekte, Maske, Props, Catering, Benzin, Fahrzeugmiete usw. Irgendwie kann man sicher an fast jeder Stelle den Rotstift ansetzen, um eine Kamera und Beleuchtung kommt ihr aber nicht drumrum, wenn der Film optisch nicht gerade wie ein Hochzeitsvideo aussehen soll. Über den Ton reden wir jetzt mal gar nicht (da kann man alleine 1500,-€ - 2000,-€ lassen pro Drehwoche, für Stereo oder sogar Dolby nochmal ein Vielfaches). Das mal in aller Kürze.

Und wie gesagt, das ist noch lange keine professionelle Produktion, sondern lediglich eine Ausrüstung wie man sie bei Tatort oder GZSZ hat. Also das absolute Minimum für Filmmaterial das in Fernsehen gezeigt werden soll. Für Kino gelten natürlich nochmal ganz andere (wesentlich teurere) Richtlinien.

2. Die Crew

Wenn man sowas in Angriff nimmt, ist es unabdingbar ein paar Leute in der Crew zu haben, die sich mit dem Filmemachen bereits etwas auskennen. Mindestens der Kameramann und der Beleuchter sollten schon zumindest Grundwissen in dem Bereich haben. Den Rest der Crew kann man zur Nit mit Laien besetzen, wenn diese ihre Aufgaben ernst nehmen und auch bereit sind mal zwei oder drei Stunden länger zu arbeiten als ursprünglich geplant.

3. Das Drehbuch

Wichtig ist natürlich ein gut ausgearbeitetes Drehbuch, nach dem auch strikt gearbeitet wird. Änderungen am Set bergen immer die Gefahr, dass später Anschlussfehler entstehen, an die man vor Ort einfach nicht denken konnte. Beim Drehbuch ist zu beachten, dass eine DIN A4 Seite im Durchschnitt 1 1/2 Minuten Film entspricht. Ein 20-seitiges Drehbuch würde also später eine Laufzeit von etwa 30 Minuten haben. Hier muss man sich also immer die Frage stellen, ob der Stoff denn auch genug her gibt um auch wirklich über die gesamte Länge den Zuschauer bei der Stange zu halten.

4. Die Disposition

Oft unterschätzt, aber von essenttieller Wichtigkeit ist die Disposition. Hier wird schwarz auf weiss festgehalten, wann welche Szene, mit welchen Darstellen, welchem Equipment an welcher Location und wie lange gedreht wird. Ein Dispoblock könnte beispielsweise so aussehen:

16:30h - 19:00h: Stuttgart Hauptbahnhof (Unterführung, Treppe zu Gleis 4)
Darsteller: Max, Jonas
Crew: Jakob (Regie) Phillip (Kamera I), Paul (Oberbeleuchter), Hannes (Lichtassistent I),Gerhard (Lichtassistent II), Johanna (Aufnahmeleitung), Sandra (Maske)
Requisiten: Koffer (no. 62), Zugtickets (no. 73), Zigarettenschachtel (no. 09)

Vorbau für Szene 67: Hotel Hammersbach (Zimmer 34, Badewanne)
Darsteller: Sven
Crew: Patrick (Setrunner I), Rainer (Setrunner II), Andreas (Lichtassistent III), Barbara (Maske II)
Requisiten: Bademantel (no. 28 ), Revolver (no. 107), Kunstblut, Prop für Einschussloch

In der Praxis sieht das also so aus, dass ein Teil des Teams am Bahnhof eine Szene dreht mit zwei Darstellern und 7 Leuten aus der Crew, während ein kleines Team bereits im Hotel die nächste Szene vorbereitet. Ein Beleuchter setzt schonmal Licht, der Darsteller wird geschminkt und die beiden Setrunner richten die Szenerie her (in diesem Fall würde die Badewanne befüllt, Kunstblut wird verteilt und der Darsteller bekommt eine Maske mit Einschussloch). Wenn das Team am Bahnhof dann fertig ist, kann es direkt zum Hotel gehen und dort weiterdrehen.

Diese Methode bietet sich besonders bei Produktionen mit geringem Budget an, da man hier die Drehzeiten ganz gewaltig verkürzen kann, was bares Geld spart. Mit jedem weiteren Drehtag wird die Produktion durch die anfallenden Mietkosten teurer und teurer. Da ist es sehr wichtig jeden Tag maximal auszureizen.

Solch eine Disposition zu schreiben verlangt einiges an organisatorischem Talent und auch Vorstellungsvermögen. Es ist nicht selten, dass bei einer gut ausgearbeiteten Disposition im Drehbuch hin und her gesprungen wird. So würde man am ersten Tag eben Szene 58, 16, 24 und dann 02 drehen, so wie es vom Timing und der Logistik her eben am besten passt. Auch an den Regisseur stellt dies hohe Ansprüche und verlangt ihm einiges ab. Da muss man als Independetfilmer aber nunmal durch.

5. Die Requisiten

Darüber könnte man wohl Bücher schreiben. Wichtig bei den Requisiten ist auf jeden Fall, dass diese mit festen Nummern versehen werden, damit man sie schnell finden kann. Dazu haben sich die billigen durchsichtigen Boxen von IKEA als sehr nützlich erwiesen. Diese kann man mit laufenden Nummern beschriften. Wenn für Szene XY dann eben der Revolver mit der Requisitennummer no. 107 benötigt wird, hat man diesen schnell in der entsprechenden Box gefunden (Beispielsweise in der Box mit den Requisiten 100-110). Nach dem Dreh kommt die Requisite sofort wieder in die Box, damit sie später wieder gefunden werden kann. Nichts schlimmeres als Drehfertig zu sein, und dann fehlt einem die kleine blaue Zigarettenschachtel und keiner weis wo die hingekommen ist. Das kostet Zeit, Geld und Nerven.

Die Organistation der Requisiten hängt stark davon ab, was man eigentlich drehen möchte. Bei einem Jugenddrama in der heutigen Zeit ist es natürlich um einiges leichter an die entsprechenden Kostüme zu kommen als bei einem Film über Napoleons Feldzüge. Auch ist das ein ganz bedeutender Kostenfaktor, der schnell sämtliche Produktionskassen sprengen kann. Hier würde ich mich zu Beginn also wirklich auf das Jugenddrama beschränken, welches nahezu ohne Requisiten zurecht kommt.

6. Kostüme

Hier empfiehlt es sich ähnlich vorzugehen wie auch bei den Requisiten. Zusätzlich sollte man vor Drehbeginn von jedem Darsteller Bilder anfertigen in seinem fertig geschminkten und kostümierten Zustand. Nach dieser Vorlage arbeiten dann die Ausstatter und Maskenbildner. Das soll verhindern, dass im Laufe der Zeit kleine Abweichungen entstehen, die später im Film als störend empfunden werden können.

Hier mal ein kleines Beispiel welches mir neulich aufgefallen ist für einen klassischen Anschlussfehler: Asterix. Bei Minute 5:49 wirft Asterix seinen Helm weg, bei 5:55 hat er ihn wieder auf, bei 6:02 ist der Helm dann wieder weg und bei 6:04 hat er ihn dann wieder auf. Wenn dem Zuschauer sowas auffällt reißt ihn sowas meist aus der Immersion und er beschäftigt sich mehr damit über den Fehler nachzudenken als jetzt dem Film weiter zu folgen. Vermeiden lässt sich sowas natürlich nie zu 100%, aber 99% sind zu schaffen wenn man entsprechend aufmerksam ist.

7. Postproduktion

Ein leidiges Thema und vor allem ein Zeitaufwand der oft unterschätzt wird. Gerade im Amateurbereich kann sich eine Postproduktion über Monate bis hin zu Jahren erstrecken. Einfach die Szenen zusammenschneiden die man aufgenommen hat macht leider noch bei weitem keinen guten Film. Hier ist viel Feintuning vonnöten. Angefangen bei Tonwertkorrekturen über Nachvertonung bis hin zur CGI, all das frisst sehr viel Zeit. Ich habe schon bei Low Budget Produktionen mitgemacht, bei denen die Postproduktionszeit über 4 Jahre betragen hat und es gibt Projekte wo es noch weitaus mehr gewesen ist. Als Beispiel sei mal Star Wars Tydirium genannt. Die basteln schon seit 2001 an ihrem Filmchen und ein Ende ist immer noch nicht absehbar. Eines ist aber gewiss: Die Postproduktion ist ebenso wichtig wie der eigentliche Dreh, hier kann man noch viel rausholen, wenn man sich denn die Zeit dazu lässt.

8. Verbreitung des Films

Auch hierüber sollte man sich im Vorfeld Gedanken machen. Wie will ich den Film eigentlich verbreiten? Mache ich eine Homepage wo man ihn downloaden kann? Stelle ich ihn auf Youtube, oder macht man das Ganze besser über Filesharing? Oder veröffentlichen wir den Film auf DVD, bieten wir Fernsehsendern die Rechte daran an oder alles zusammen? Auch hier will wohl überlegt sein, was mit dem späteren Film eigentlich passieren soll. Von kostspieligen DVD-Produktionen oder peinlichen Anfragen bei TV-Sendern würde ich am Anfang aber ganz bestimmt absehen. Eine kostenlose Veröffentlichung im Web ist derzeit die beste Alternative wenn man noch keinen Namen hat.

Ich hoffe ich konnte mal einen kleinen Einblick in die Welt des Filmemachens schaffen. Deine Frage klang nämlich sehr unbedarft und ich sah es eigentlich als meine Pflicht an, da mal etwas Aufklärung zu betreiben. Fast nirgends wird der Arbeits- und Kostenaufwand mehr unterschätzt als bei Filmproduktionen.

Plant das Ganze auf jeden Fall sehr gründlich durch. Je mehr Vorbereitung in so einem Projekt steckt, desto mehr Zeit, Geld aber vor allem auch Nerven könnt ihr dann beim eigentlichen Dreh sparen.

Falls du dich noch etwas tiefer in die Sache einlesen willst empfehle ich dir zum einen mal meinen Making-Of Bericht hier zu meinem aktuellen Projekt "Die Farbe" oder auch ein Besuch im Forum von Regie.de, wo sich viele junge Filmemacher tummeln, die in ganz Deutschland Gleichgesinnte suchen. Dort lässt sich auch sehr leicht eine entsprechende Crew zusammenstellen.

Wenn du noch weitere Fragen hast (was wohl bestimmt der Fall sein dürfte), werde ich diese gerne hier beantworten.

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