Abitur Wissen, Grundgesetze & Schranken, Art. 1.1

vom 08.06.2008, 13:17 Uhr

Der Schutz der Menschenwürde Art. 1 GG

I. Allgemeines
Menschenwürde stellt den obersten Wert der Verfassung dar, hat Stellung daher ganz am Anfang des Grundgesetzes und die „Ewigkeitsgarantie“

II. Schutzbereich
Menschenwürde ist vom BVerfG verschieden definiert: freie Selbstgestaltung des Menschen, allgemeiner Eigenwert, beschreibt den sozialen Wert- und Achtungsanspruch, den jeder Mensch auf Grund seines Menschseins genießt.

Schutzbereiche - Fallgruppen
Schutz vor:
o Systematischer Erniedrigung/Diskriminierung
o Sklaverei/Menschenhandel/Folter/körperlichen Strafen
o Entzug des Existenzminimums, Verkommenlassen, massive Vernachlässigung
o Betrachtung eines Kindes als Schaden
o Forschung an embryonalen Stammzellen, reproduktives Klonen
Grundrecht steht allen natürlichen Personen zu; auch das werdende Leben und über den Tod hinaus. Nicht geschützt: juristische Personen und Gruppen.

Freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I GG) sowie allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 1 GG. i.V.m. Art. 1 I GG)

I. Allgemeines
Art. 2 I GG steht jedermann zu

II. Schutzbereich
1. Freie Entfaltung der Persönlichkeit
Art. 2 I GG schützt „freie Entfaltung der Persönlichkeit“
Besondere Prüfung auf Rechtfertigungsebene
Durch Auslegung ermitteln, ob zugrunde liegende Norm gegen Verfassungsrecht verstößt
Allgemeine Handlungsfreiheit: nicht nur beschränkt, wenn Individuum bestimmte Tätigkeiten verboten werden, sondern auch wenn Tätigkeit aufgegeben wird

2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art 2 I i.V.m. Art. 1 I GG
Allgemeines Persönlichkeitsrecht als besondere Ausformung der allgemeinen Handlungsfreiheit
Reichweite schwierig zu bestimmen
Bestimmt sich letztendlich aus einer Vielzahl von konkreten Verbürgungen:
o Schutz der Privatsphäre
o Schutz der Identität und Individualität eines Menschen
o Recht am eigenen Bild und Wort, Recht auf Bestimmung des eigenen Bildes in der Öffentlichkeit
o Recht auf informationelle Selbstbestimmung
o Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme
o Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung
o Keine Beschränkung der geschützten Privatsphäre auf den häuslichen Bereich

III. Eingriff
IV. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Art 2 1 GG: Da weiter Schutzbereich, Schrankenregelung Schlüsselrolle
Nach Wortlaut ist Eingriff gerechtfertigt, wenn Schrankentrias erfüllt ist (Rechte anderer, verfassungsgemäße Ordnung, Sittengesetz)
Art. 2 1 GG steht unter umfassendem Rechtsvorbehalt
Vor allem Verhältnismäßigkeitsprinzip bildet Schranke für Eingriffsbefugnisse
Schwierigkeiten bei Schrankenbestimmung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht – grundsätzlich wird formelle Grundlage zu fordern sein.

V. Verhältnis zu anderen Grundrechten
Überschneidungen mit anderen Grundrechten sehr häufig;
Art 2 I GG lex generalis gegenüber den spezielleren Freiheitsrechten
Schutzbereich also nur berührt, wenn Freiheitsbetätigung nicht von anderem, speziellerem Freiheitsrecht erfasst ist.

Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art 2 II 1 GG)

I. Schutzbereich

Art. 2 II 1 GG: Schutzbereich umfasst alle natürlichen Personen („Jeder“)
„Seinem Wesen nach“ nicht auf juristische Personen anwendbar
Schutzbereich: Recht auf Leben, Recht auf Körperliche Unversehrtheit
Recht auf Leben = physische Existenz
Wurde auf Grund der Erfahrungen der NS-Zeit ausdrücklich in Gesetz aufgenommen und stellt hohen Wert im Gefüge des GG dar.
Umstritten ist Zeitpunkt zum Schutze des Lebens – Neugeborene nach Vollendung der Geburt i.S.d. §1 BGB. Aber auch während Geburtsvorgang ist grundrechtlicher Schutz gewährleistet.

Problematisch allein ist Schutz ungeborenen Lebens. Art 2 II 1 GG räumt Ungeborenem subjektives Recht ein, da sich Schutzbedürftigkeit des Ungeborenen und Neugeborenen nicht nennenswert unterscheiden.
Körperliche Unversehrtheit betrifft Gesundheit in physiologischen und psychologischen Sinne.

Schutz umfasst Einwirkungen auf Ablauf körperlicher Funktionen und Gesundheit, Zufügung v. Schmerzen u. Beeinträchtigungen der äußerlichen körperlichen Erscheinung

II. Eingriffe
Eingriffe: jede Tötung, konkrete Gefährdung des Lebens oder Gesundheit.
Eingriffe in die Körperliche Unversehrtheit: körperliche Strafen, Menschenversuche, Zwangssterilisation. Ärztliche Behandlung scheidet dann aus, wenn hinreichende Aufklärung über Behandlung durch Arzt und Eingriff sachengerechte Durchführung.

III. Verfassungsrechtluche Rechtfertigung
Art. 2 II GG Satz 3: ausdrücklicher Gesetzesvorbehalt – erforderlich ist Gesetz im formellen Sinne.
Schranken-Schranken: Durch Art. 102 u. 104 I 1 GG und allgemeine Rechtmäßigkeitsanforderungen und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 II GG gezogen.
Wesensgehalt des Rechts auf Leben kann nur kollektiv/generell verstanden werden.

Todesstrafe ist durch Art 2 II 1 GG nicht ausgeschlossen, nur durch Art. 102 GG. Dieser wird allein noch nicht von Ewigkeitsgarantie des Art 79 III GG erfasst.

IV Schutzpflichtdimensionen
Grundrechtliche Schutzpflicht auf Erhalten von Leben und Gesundheit – häufig relevant.
Schutzpflicht „gebietet dem Staat. Sich schützend und fördernd vor Leben zu stellen, d.h. vor allem es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren.“

Alle Staatlichen Organe müssen sich danach ausrichten.
Da Leben Höchstwert hat, wird Schutzverpflichtung besonders ernst genommen.
Schutz des Staates: strenge Voraussetzungen zum konkreten Leistungsanspruch des Bürgers.

Die Freiheit der Person (Art. 2 II 2, Art. 104 GG)

I. Schutzbereich
Alle natürlichen Personen sind erfasst.
Schutzbereich umfasst nur körperliche Bewegungsfreiheit (jeder beliebige Ort aufsuchbar, verlassbar). Negatives Recht wird nicht geschützt.
Art. 104 GG hat gleichen Schutzbereich – Verdoppelung der Grundrechtsgewährleistung.

II. Eingriff
Eingriffe: jede Freiheitsbeeinträchtigung

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Enthält Gesetzesvorbehalt, an den Art. 104 GG weitere inhaltl. Anforderungen stellt

Voraussetzungen enthält Art. 104 I 1 GG
Zulässigkeit von Freiheitsentziehung: Art 104 II-IV stellt weitere Anforderungen. Nach 104 II I GG: Zulässigkeit und Dauer v. Freiheitsentziehung nur durch Richterentscheidung (Richtermonopol)
Problematisch: Rechtmäßigkeit lebenslanger Freiheitsstrafe. Nur im Einzelfall unter „besonders strenger Prüfung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes“ zulässig.

Besonders Problematisch: Untersuchungshaft. Bis zur endgültigen Verhaftung: unschuldig. (Grundlage in der EMRK, einigen Landesverfassungen, ist Ausprägung grundgesetzlichen Rechtsstaatprinzips). Uhaft nur zulässig, wenn fundiertes Interesse der Strafrechtspflege als gerechtfertigt gilt

LG,H

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