Ist die Basis eines Burn-out-Syndroms wirklich Überforderung

vom 02.09.2012, 17:17 Uhr

Burn-outs sind hin und wieder leider im alltäglichen Berufsleben vorzufinden, und über die Ursachen wird sich ja hin und wieder gestritten. Jedoch halte ich persönlich die These für falsch, dass ein Burn-out-Syndrom ausschließlich auf eine Überforderung beruht. Das ist mir persönlich zu einfach gedacht. Ich würde ja eher vermuten, dass ein Burn-out-Syndrom auch daran liegen kann, dass man sehr ambitioniert ist, dass man nicht mehr abschalten kann und so weiter. Doch die alleine These der Überforderung ist mir zu weit hergeholt.

Was meint Ihr? Ist es wirklich ausschließlich die Überforderung, wenn einem das Borun-out-Syndrom begegnet oder denkt Ihr, dass Überforderung ein Grund, aber nicht DER Grund für ein solches Syndrom sein kann? Was meint Ihr denn dazu?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Mein Bruder hatte ein ordentliches Burn-out. Grund dafür war, dass er als Baustellenleiter in Sri Lanka gearbeitet hat, genau zu dem Zeitpunkt als der große Tsunami gewesen ist. Der war ja am Jahresende, mein Bruder hat dort schon für ein paar Monate gearbeitet und kannte demnach auch viele Leute dort. Zu Weihnachten ist er dann über die Feiertage nach Hause geflogen. Drei Tage nach seiner Ankunft war der Tsunami.

Wir waren natürlich heilfroh, dass er zu diesem Zeitpunkt in Österreich war und somit nicht in Gefahr war. Aber ihn hat das ordentlich mitgenommen. Er ist dann auch gleich wieder hingeflogen und er hat etwa 60 Prozent seiner Mitarbeiter verloren. Viele wurden in der Zwischenzeit auch zu Freunden von ihm. Den Tsunami im Fernsehen zu sehen ist eine Sache, aber ich glaube es ist wieder eine andere Sache wenn man das ganze dann vor Ort live sieht und man auch viele persönlich kennt.

Jedenfalls hat er dann eine große private Hilfsaktion eingeleitet. Aufgrund seiner beruflichen Position hatte er da auch recht gut die Möglichkeit. Er hat sich da regelrecht aufgeopfert und im Nachhinein betrachtet war er auch einfach zu engagiert. Er hatte als Ziel möglichst jene Orte zu erreichen, die eben nicht von den großen Hilfsorganisationen erreicht wurden. Das war natürlich alles andere als leicht und mehr oder weniger ein Faß ohne Boden. Er hat sich da so hineingetigert, was ich auch verstehen kann, aber es hat ihn gleichzeitig kaputt gemacht.

Er hat so viel und intensiv gearbeitet, dass es mit einem ordentlichen Burn-out geendet hat. Er war dann monatelang im Krankenstand, weil gar nichts mehr ging. Danach hat er seine Stelle aufgegeben und ist in eine andere Branche gewechselt. Inzwischen tendiert er langsam wieder in seine Branche zurück zu wechseln. Die Gründe waren bei ihm definitiv eine Überforderung aber eben auch einfach ein viel zu großes Engagement, kombiniert mit der Erkenntnis der Hilflosigkeit. Er konnte eben auch einfach nicht mehr abschalten und hatte nur noch seine Hilfsaktion im Kopf. Ist zwar natürlich sehr löblich, aber kann eben auch ordentlich kaputt machen.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


In der Regel fängt es klein an. Man ist frisch motiviert, will alles richtig machen. Meistens tut man das auch. Man deligiert nichts, weil man der Meinung ist, dass man es selber sowieso am besten machen kann. Das hat mit eingebildet sein nichts zu tun, aber man weiß nie, wie andere das so handhaben und wenn man weiß, dass man gut ist, dann ist es eben einfach besser, wenn man es selber macht. Manchmal sieht man dann einfach kein Land mehr.

Hinzu kommt, dass man im Laufe der Zeit auch sieht, was andere so falsch machen oder was generell falsch läuft. Das passt nicht in den Plan und man versucht das alles zu ändern. Damit ist man dann Stunden beschäftigt - zu seiner normalen Arbeit dazu. Der Tag bräuchte dann eigentlich 48 Stunden. Und weil man sich so viele Gedanken macht, kann man auch nicht abschalten, wenn man dann endlich daheim ist und sich erholen sollte. Man denkt weiter an die Arbeit, was man so verbessern kann usw. Ja doch, man kommt dann eben an den Punkt, wo man überfordert ist. Nicht weil man nicht gut ist, sondern weil man gut ist und das Beste will.

Meistens tun dann die lieben Kollegen noch ihr übriges. Während die kein bischen mehr tun, als verlangt wird, rackert man sich ab, übernimmt vielleicht noch Arbeit von denen und dann wird auch noch gelästert. Natürlich immer schön hinten herum und trotzdem bekommt man das ja mit. Oder es gibt eben auch einfach Berufe, wo Unterbesetzung ein schlimmes Problem ist. Wenn ich gezwungen bin, Tag ein Tag aus 12 Stunden zu arbeiten, dann ist man eben einfach überfordert. Schon allein, weil man gar nicht genug Schlaf bekommen kann. Und andere Berufe sind psychisch sehr belastend. Auf eine Intensivstation oder in einem Hospiz würde ich nicht arbeiten können und wollen.

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» winny2311 » Beiträge: 14978 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Meistens tun dann die lieben Kollegen noch ihr übriges. Während die kein bischen mehr tun, als verlangt wird, rackert man sich ab, übernimmt vielleicht noch Arbeit von denen und dann wird auch noch gelästert.


Genau das ist sicherlich ein wesentliches Problem. Aber ich würde hier nicht anklagend auf diejenigen zeigen, die nur ihre Aufgaben und nicht mehr erfüllen, sondern mich fragen, warum andere unbedingt mehr machen, als notwendig wäre. Handeln nicht diejenigen, die Dienst nach Vorschrift leisten, gesundheitsförderlicher, weil sie eben ihre Arbeit als das sehen, was sie ist - ein Zweck zum Geldverdienen – und nicht versuchen, ihr Selbstwertgefühl oder ihren Lebenssinn aus der Arbeit zu beziehen?

Daher resultiert ja auch die Überforderung, weil sich einige übermäßig viel aufbürden und diese Menge an Arbeit sowie die zeitliche Auslastung nicht mehr bewältigen können. Ich möchte mal behaupten, dass es in den meisten Berufen – vielleicht von Ärzten und einigen anderen Ausnahmen abgesehen – absolut ausreicht, wenn man nur seine Aufgaben erledigt und nicht denkt, man müsse unbedingt die Welt im Job verändern. Die Entscheidung dazu, mehr zu machen als nötig, trifft jeder selber und dann muss man sich auch nicht wundern, wenn ein Burnout eintritt.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich habe vor längerer Zeit mal einen Beitrag im Fernsehen verfolgt, wo diese Thematik behandelt wurde und hier kam tatsächlich zu Tage, dass ein Burn Out auch durch Unterforderung entstehen kann. Hintergrund war ein Büroangestellter, der kaum ausgelastet war, aber aus Angst vor Arbeitsplatzverlust in die Situation geriet, einen beschäftigten Eindruck machen zu müssen, was eine Dauerstress-Situation auslöste. Im Netz hat das heute einen Namen bekommen "Bore out" Info.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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