Arbeitslose als Spielball gieriger Unternehmen?

vom 27.11.2011, 20:16 Uhr

Wie in diesem Artikel berichtet wird, werden ja wieder einmal die Arbeitslosenstatistiken und die Gewinne der Unternehmen in trauter Absprache der handelnden auf pikante Weise zurecht frisiert. Wie anders soll man sonst die Anzahl von 9000 bereitgestellten Aushilfskräften sonst bezeichnen.

Von unbezahlten Praktikas, Gesetzeslücken im SGB ist jetzt die Rede und passt ja blendend in die momentane Mindestlohndiskussion. Was meint ihr zu den bezeichnenden Vorfällen und wem ist vielleicht auch schon derartiges widerfahren?

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» schraxy » Beiträge: 1085 » Talkpoints: 52,15 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Du musst allerdings auch erst einmal genau verstehen was überhaupt der eigentliche Sinn ist, denn in dem Artikel geht es um Amazon und nicht um andere Unternehmen oder sogar mehrere Unternehmen. Man kann eben nicht Äpfel mit Birnen vergleichen das ist einfach nicht objektiv und bringt uns hier zu dem Thema nicht weiter.

Du solltest daher die Sache einmal genau beschreiben und nicht so um den heißen Brei reden. Was haben nun die anderen Unternehmen genau nun mit Amazon zu tun? Ich verstehe hier einfach nicht ganz den direkten Zusammenhang.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


karlchen66 hat geschrieben:Du musst allerdings auch erst einmal genau verstehen was überhaupt der eigentliche Sinn ist, denn in dem Artikel geht es um Amazon und nicht um andere Unternehmen oder sogar mehrere Unternehmen.

Na ja, der eigentliche Sinn dahinter ist ja zweifelsohne eine gewisse Ausbeutermentalität der Unternehmen. Und diese Zustände sind bei weitem kein Einzelfall, die Unternehmen hierbei beliebig erweiterbar und halten durchaus mehreren Vergleichen wie zum Beispiel auch im Pflegebereich stand.

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» schraxy » Beiträge: 1085 » Talkpoints: 52,15 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



@schraxy: Du hast aber in Deutschland eine verfassungsmäßige Vertragsfreiheit und diese wird dir auch Kraft des Gesetzes garantiert. Wenn man sich beispielsweise seinen Arbeitsvertrag oder auch Mitarbeitervertrag im Vorfeld genau betrachtet, kann man nicht ausgebeutet werden behaupte ich einmal. Beim Lesen erkenne ich dann allerdings die Schwachpunkte und unterschreibe sie dann nicht so. Jede Sache hat auch immer zwei Seiten so auch hier. Man kann mich nur direkt ausbeuten wenn ich es einfach zulasse, denn anders geht es nun einmal nicht.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Das ist Quatsch was du schreibst, denn wenn du den Artikel richtig gelesen hättest, dann hättest du auch mitbekommen wie die Arbeitslosenzahlen beschönigt werden und wie Amazon diese Leute überhaupt beschäftigt. Denn das hat nichts mit Arbeitsverträgen und Mindestlohn zu tun, sondern es handelt sich dabei um sogenannte Maßnahmen zur Wiedereingliederung oder schlichtweg Probearbeiten. Dazu wirst du vom Arbeitsamt verpflichtet wenn du Arbeitslos bist und vermittelt werden sollst - davor kann man sich auf lange Frist gesehen nicht endlos davor drücken.

Zum anderen stellst du es hier als wirklich einfach dar, dass man eine Arbeit nicht annehmen muss nur weil einem etwas im Arbeitsvertrag nicht passt. Offenbar hast du noch keine großen Erfahrungen gemacht mit Arbeitslosigkeit und dem verweigern einer Arbeitsstelle. Denn die Arbeitgeber teilen das natürlich dann dem Arbeitsamt mit, man wird vorgeladen und darf sich dann rechtfertigen warum man diese Arbeit nicht angenommen hat. Hat man dann keinen triftigen Grund, dann können natürlich auch direkt finanzielle Sanktionen verhangen werden. Was du hier schreibst, gehört jedenfalls nicht zu den triftigen Gründen. Somit hast du dann die Wahl, vom wem du dich eher ausbeuten lassen möchtest und abhängig machst.

Erfahrungen mit dem Thema, ja habe ich ebenfalls. Ich war bereits bei Zeitarbeitsfirmen angestellt, dort stand im Arbeitsvertrag etwas schönes konformes aber in Wirklichkeit lief das ganz anders ab. So war die Arbeitszeit nicht bei geregelten 40 Stunden die Woche wie im Arbeitsvertrag stand, sondern mindestens 50 Stunden. Bezahlt wurden natürlich nur die 40 Stunden, da man den Rest "unentgeltlich" gearbeitet hat und um diesen Job zu bekommen, musste man mit einer Unterschrift auf Zahlungen von Überstunden und Schichtzulagen verzichten.

Warum ich den Arbeitsvertrag unterschrieben habe, ganz einfach - die Zeitarbeitsfirma hat das ganze bereits ans Arbeitsamt gemeldet, dass ich dort zum Termin xy die Arbeit aufnehme obwohl zu diesem Zeitpunkt von meiner Seite noch keine Zusage oder Unterschrift erfolgt ist. Deswegen habe ich Post vom Arbeitsamt bekommen, dass die Leistungen eingestellt worden sind da ich ja nun Arbeit habe. Hätte ich das also nicht unterschrieben, dann hätte ich mich erneut Arbeitssuchend melden müssen was zum einen die Konsequenz für mich hätte eine 6 Wochen Geldsperre verhängt zu bekommen da ich mich nicht fristgerecht gemeldet habe. Zum anderen wäre nicht nur diese Geldsperre verhängt worden, denn das Gehalt das die Zeitarbeitsfirma gezahlt hat lag geringfügig über dem Branchenüblichen Gehalt, bei offiziell weniger Arbeitszeit und alleine deswegen hätte ich es auf so etwas nicht Argumentieren können warum ich diese Stelle ablehne. Wird nun darauf verwiesen, dass man sich auf gesundheitliche Probleme heraus reden kann, so lasst euch direkt gesagt haben, dass ihr dann ebenfalls zum Amtsarzt geschickt werden könnt der das feststellt. Findet der nichts und ihr weigert euch weiterhin solche Maßnahmen und Stellen anzunehmen, dann gibt es finanzielle Sanktionen und am Ende nur noch Essensmarken.

An anderer Stelle wurde ich auch mehrfach für 14 Tage und mehr zum Probearbeiten angefordert, wovon ich nichts gehabt habe finanziell und hinterher vom Unternehmen eine Absage kassiert habe. In der Zeit in der man allerdings einer solchen Maßnahme nachgeht, zählt man nicht in die offiziellen Arbeitslosenzahlen hinein und somit werden diese auch weiterhin beschönigt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Also dass sie diese 9000 nur befristet nehmen finde ich okay. Schließlich haben sie nach dem Weihnachtsgeschäft deutlich weniger Bedarf. Wie es läuft ist natürlich nicht gut. Allerdings ist es eigentlich ein Fehler der Gesetzgebung. Jeder nutzt mal Lücken aus, dass ist Menschlich. Und kann man ihnen wirklich vorwerfen, dass sie so intelligent waren diese Lücke zu entdecken? Andere Unternehmen werden sich jetzt wahrscheinlich ärgern, dass es ihnen nicht aufgefallen ist. Gut finde ich es deswegen trotzdem nicht, werde aber trotzdem mit gutem Gewissen weiterhin bei Amazon einkaufen. Hoffe aber, dass es da bald eine Änderung gibt.

Natürlich sind unbezahlte Praktika ein allgemeines Problem. Gerade wenn es um Absolventen nach dem Studium geht. Diese hängen oft Jahrelang in der Praktikumsschleife. Was und ob man was dagegen tun kann, weiß ich allerdings nicht.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Man muss es mal ganz klar sehen. Der Druck auf Arbeitslose ist eine gewollte Sache, denn er senkt den Preis, mithin die Lohnquote, sorgt dafür, dass die Finger von der Profitqote gelassen werden und erhöht bei den Arbeitnehmern die Bereitschaft, auch zu schlechten Bedingungen Arbeit aufzunehmen. Seit Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts , als die Macht der Gewerkschaften und Arbeitnehmer in der kurzen Zeit der Vollbeschäftigung zu stark wurde, baggert die Plutokratie an dieser Baustelle und spätestens mit Schröder und Fischer ist das dann auch in Deutschland politisch umgesetzt worden.

Die Unternehmen nutzen die Möglichkeiten, sie wären dumm und würden unwirtschaftlich handeln, würden sie es nicht tun. Aber sie stehen natürlich auch im Fokus der Öffentlichkeit und mitunter unterwerfen sie sich auch eigenen moralischen Regeln - Stichwort: corporate governance. Nur ist die Öffentlichkeit in den letzten Jahren so weichgekocht worden, dass solche Dinge klaglos hingenommen werden.

Ich empfinde das als unterste Sohle und es ist ja nicht erstmalig, dass Amazon in dieser Beziehung auffällt. Erst neulich gab es die Diskussion um unterschiedliche Bezahlung von Arbeitskräften und das Aushebeln von Tarifverträgen. Aber man muss auch ganz klar den Gesetzgeber in die Pflicht nehmen, der hier die Schleusen erst geöffnet hat.

@Karlchen - mit deinem Beitrag überschlägst du dich mal wieder selbst. Deine Vorstellungen sind weitab jeder Realität. Aber Sorae hat dir ja die passende Antwort gegeben. Niemand kann dich zwingen, eine Arbeit aufzunehmen, aber im Notfall hast du dann eben auch nichts mehr zu fressen. Das ist das, was du heute unter Vertragsfreiheit verstehen musst.

Das ist auch die Vorstellung von einigen Liberalen. Man ist frei zu entscheiden. Nimm den Vertrag, arbeite zu miesen Bedingungen oder lass es und schlafe unter der Brücke. Die Verfassung garantiert dir deine Rechte. Aber Vorsicht: Die Brücke ist hoffentlich nicht bereits privatisiert worden, dem anderen feuchten Traum der Liberalen, denn dann wird das nichts mit dem Schlafplatz. Übrigens ein interessantes Thema, dass neulich in einer Doku auf rbb diskutiert wurde. Da ging es um die Antipoden Freiheit und Sicherheit und wie unsere Gesellschaft damit umgeht. Resultat sind bereits heute viele Räume in Städten, die zwar scheinbar öffentlich sind, aber privaten Unternehmen gehören und auch von denen überwacht werden. Eine Nebenstraße, ein Durchgang zwischen Gebäuden, Parkanlagen, all das ist nicht mehr frei zur Nutzung. Diese Orte, ehemals öffentliche Räume, sind im Laufe der letzten Jahre zu überwachten und privatisierten Unorten geworden und hoffentlich gehört die Brücke oder der Zugang zur Brücke, die du dannn zum Schlafen brauchst, nicht dazu.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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