Hat Stricken noch Zukunft?

vom 06.02.2011, 13:33 Uhr

In diesem Beitrag Strickjacke stricken lassen? wurde bereits danach gefragt, wie man jemanden finden könnte, der eine Strickjacke stricken kann. Die Userin selber kann es scheinbar nicht. Ich könnte es auch nicht und viele meiner Freunde und Bekannte könnten es ebenfalls nicht. Ich habe zwar in der Volksschule noch Stricken gelernt, aber von diesen Kenntnissen ist genau nichts mehr hängen geblieben.

Wenn ich nun an die ältere Generation denke, würden mir da mehrere einfallen, die das problemlos könnten. Früher haben eigentlich sehr viele Frauen noch stricken können. Meine Mama strickt für ihre Enkelkinder auch mit großer Vorliebe diverse Socken, Westen, Pullover und so weiter. Ich persönlich schätze dabei vor allem die Strickwesten.

Wenn man es genau nimmt, schätze ich daran aber vor allem den emotionalen Wert. Natürlich ist es auch fein, dass man sich genau so eine Weste wünschen kann, wie man es sich selber eben vorstellt und so hat man dann eben eine Weste in genau der Farbe die man wünscht oder eben auch dem Muster und so weiter. Finanziell betrachtet ist es jedoch nicht mehr so rentabel. Ich bin immer wieder erstaunt darüber was so ein Wollknäuel kostet. Wirklich billiger wird so eine Weste durch selber stricken also nicht.

Bei Kleidung für Erwachsene ist dieser Unterschied sicher noch extremer. Da kommt eine selber gestrickte Weste wohl nicht mehr billiger als wenn man sie in einem klassischen Bekleidungsgeschäft kauft. Wobei ich hier nun nicht von Designergeschäften ausgehe. Vom Zeitaufwand rede ich erst gar nicht.

Natürlich kann man Stricken als Hobby sehen. Wobei es früher denke ich auch eher so war, dass man eben Kosten sparen wollte und man deswegen eben selber viel gestrickt hat. Heute wird es eher nur noch als Hobby gesehen. Die Nachfrage ist deutlich gesunken. Ich kann mich noch erinnern, dass es früher noch sehr viele Wollgeschäfte gegeben hat, heute würden mir da nur noch vereinzelte Geschäfte einfallen und das auch eher nur in Städten.

Hat Stricken demnach noch Zukunft? Lernt man heutzutage eigentlich noch Stricken in den Volksschulen? Ich könnte meinem Kind Stricken nicht mehr weiter vermitteln. Das finde ich zwar schade, aber es ist leider so. War Wolle zum Stricken früher billiger, zumindest im Verhältnis gesehen? Warum hat man früher mehr gestrickt?

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich bin in den Siebzigern zur Schule gegangen und da hatten wir auch das Fach Handarbeiten wo wir unter anderem auch das Stricken lernten. Ich habe mir tatsächlich damals ein paar Sachen gestrickt, einfache Dinge wie eine Schondecke oder einen Schal zum Beispiel, aber heute könnte ich das nicht mehr. Meine Frau hat früher alle ihre Pullover selber gestrickt. Ich hatte sie neulich gefragt ob sie das nicht noch einmal machen will weil sie immer über Langeweile im Winter klagt, sie meint aber dass sie das inzwischen auch wohl verlernt hat.

Stricken ist in meinen Augen wirklich nur reiner Zeitvertreib. Es gibt so viele schöne und modische Sachen zu kaufen, da lohnt es sich wirklich nicht für viel Geld noch die Wolle zu besorgen und dann wochenlang an dem neuen Kleidungsstück zu arbeiten. Individuelle Kleidungsstücke sind sicherlich ganz nett, aber wer keine Ahnung hat wie es richtig gemacht wird der wird mit dem Ergebnis sicherlich nicht zufrieden sein und das gute Stück dann später auch nicht in der Öffentlichkeit tragen wollen.

Die ältere Generation die so etwas noch kann stirbt langsam aus und der Nachwuchs ist aus bekannten Gründen nicht in Sicht. Deshalb denke ich auch dass diese Kunst wohl bald genauso selten ist wie einige Handwerksberufe.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Der Trend beginnt nicht erst, sondern hat schon vor vier bis fünf Jahren begonnn. Und die Nachfrage ist steigend nach selbstgestrickten Sachen. Ich selbst habe Wartelisten für Socken und habe das auch auf diversen Weihnachtsmärkten so erlebt. Und da werden für ein paar handgestrickte Schafswollsocken zwischen 20 und 25 Euro bezahlt. Also da ist dann schon die Arbeit auch mit vergütet.

Nur ist es eben halt auch so, das vor allem junge Menschen kaum noch diese Handarbeiten beherrschen. Zumindest kann ich ältere Damen ins Staunen versetzen, wenn ich irgendwo am Stricken bin. Da wird man schon bewundert, weil man es überhaupt kann. Wenn sie dann noch mitbekommen, da man auch noch Socken nach den alten Anleitungen machen kann, dann sind die Lobeshymnen nicht mehr weit.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich persönlich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass in Zukunft noch einmal selbstgestrickte Jacken und Pullover getragen werden. Gerade bei jungen Leuten ist eine solche Vorstellung für mich eigentlich das genaue Gegenteil - Unvorstellbar. Stricken an sich mag für einige Menschen sicher eine recht nette Beschäftigung sein, bei der man im Ergebnis auch sieht, was man geleistet hat, jedoch glaube ich einfach nicht, dass sich Strickjacken/Strickpullover noch einmal durchsetzen.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie selbstgestrickte Jacken oder Pullover auf dem nationalen/Internationen Markt konkurrenzfähig gemacht werden sollen. Wenn wir wirklich von "selbst"-gestrickten Pullovern und Jacken reden, dann verstehe ich es so, dass solche Textilien in mühsamer Handarbeit angefertigt werden. Somit hätten die Textilien wohlmöglich, wenn sie überhaupt Käufer finden, sicher einen hohen Preis.

Gestrickte Socken dagegen kaufe auch ich, sie sehen meiner Meinung nach nicht sonderlich schön aus, aber wärmen gerade jetzt im Winter die Füße sehr gut. Ich bin eigentlich nicht davon überzeugt, dass Strick-Textilien nochmal Trend werden, wenn man solche Sachen haben und trägen möchte, kann sich ja jeder selbst solche Dinge stricken.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Na dann nur mal der Hinweis zur Trachtenmode. Diese ist auch regelmäßig wieder in und wer da auf sich hält wird Jacken bevorzugen, welche echte Handarbeit sind. Und da sind die Leute auch bereit entsprechende Preise zu zahlen.

Ebenso Stulpen und Schlauchschals. Die waren in den achziger Jahren schonmal der totale Renner und sind seit diesem Winter wieder der absolute Hingucker. Und selbst wenn sowas recht leicht zu stricken ist, geben viele Leute sowas lieber in Auftrag. Und da sind die selbstgestrickten Angebote meist wesentlich günstiger als das was in den Läden vorhanden ist.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich selbst kenne nun auch niemanden mehr, der stricken kann. Zwar konnte früher meine Oma stricken, wobei sie mittlerweile auch verstorben ist. Somit gibt es niemanden mehr in meiner Familie und in meinem Freundeskreis, der das beherrscht, was leider mein Nachteil ist. Immerhin habe ich es mir schon als Kind gewünscht, einfach aus Spaß stricken zu lernen. Leider habe ich nun niemanden mehr, der mir das beibringen könnte und um mir das alleine beizubringen, fehlt mir dann doch die Motivation, wenn ich ehrlich gestehen muss.

Dass heutzutage so wenige Menschen stricken, hat jedoch damit zu tun, dass man es einfach nicht mehr benötigt. So konnte man früher auch teilweise nicht so viel Kleidung in Geschäften kaufen, weshalb man mehr oder weniger darauf angewiesen war, sich seine Sachen selbst zu stricken. Und auch dann, wenn man ein spezielles Teil in besonderen Farben haben wollte, musste man sich die Sachen selbst machen. Dabei ist das heutzutage jedoch völlig unnötig, da man Kleidungsstücke in allen erdenklichen Farben und Mustern kaufen kann und mithilfe des Internets findet man garantiert immer das, was man sucht. Von daher muss man sich seine Kleidungsstücke natürlich auch nicht selbst herstellen und ist somit nicht mehr darauf angewiesen.

Die meisten Menschen finden gestrickte Kleidungsstücke auch gar nicht mehr schön. Die Mode hat sich ja im Laufe der Zeit auch gewandelt und heutzutage werden auch andere Sachen als schön empfinden, als damals. Von daher würden nur sehr wenige junge Menschen einen selbst gestrickten Pullover tragen und daher ist das Ganze auch etwas aus der Mode gekommen. Man muss heutzutage nicht mehr stricken und die Sachen werden auch nicht mehr unbedingt als schön empfunden.

Als Hobby hat Stricken jedoch auf jeden Fall eine Zukunft und es spricht ja nichts dagegen, einfach nur aus Spaß zu stricken. Ein Hobby muss ja nicht immer einen tieferen Sinn haben, sondern einfach nur Spaß machen und einen Ausgleich herstellen. Es ist eine Beschäftigung für die Freizeit und deshalb spricht auch nichts dagegen, sich selbst irgendwelche Kleidungsstücke zu stricken. Da ist es dann auch nicht so schlimm, dass es billiger wäre, sich die entsprechenden Kleidungsstücke gleich fertig zu kaufen. Immerhin geht es ja dann nur um den Spaß an der Herstellung selbst und wenn es einem nur darum geht, Kleidung möglichst günstig zu bekommen, dann sollte man die Sachen lieber gleich fertig kaufen. Immerhin ist es wesentlich teurer, die Wolle zu kaufen und die ganze Arbeit muss man ja auch noch mit berechnen.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


@Prinzessin_90: Du hast schon recht, dass sich mit dem Angebot in den Geschäften und auch mit dem Einkommen der Menschen ein Wandel vollzogen hat. Genau das kann man auch in dem Artikel zum Thema Stricken von der Notwendigkeit zum Luxus nachlesen. Nur kann man auch nicht pauschal sagen, dass gerade die jungen Leute diese Sachen nicht anziehen wollen.

Meine Töchter bekommen jeden Winter einen Pullover gestrickt. Der entspricht dann in Farbe und Muster ihren Wünschen und sie ziehen sie voller Stolz an. Vor allem werden sie eben auch von anderen Kindern beneidet, weil es Unikate sind. Und die passende Mütze dazu muss es dann auch noch sein.

Übrigens gab es vor einiger Zeit auch einen Bericht im RBB und da wurde sogar gesagt, dass jährlich um die fünf Tonnen Wolle in Deutschland verstrickt werden. Tendenz steigend, aber das sind auch nur die Zahlen der Großhändler. Was bei Ebay und Co. an echter Schafwolle verkauft wird, ist da gar nicht erfasst.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ist schon lustig, wie sich die Wahrnehmungen unterscheiden. Ich habe nämlich nicht den Eindruck, dass stricken unpopulär ist und, dass kaum noch jemand stricken kann oder will.

Um mich herum werden gerade alle möglichen Projekte für den Winter geplant, zwei Leute in meinem Bekanntenkreis haben erst letztes Jahr richtig stricken gelernt, ich habe in der letzten Woche einen Bericht über strickende Männer gesehen und ein Buchgeschäft, das ich diese Woche aufgesucht habe hatte einen ganzen Tisch mit Büchern zum Thema Handarbeiten und hat auch gleich Sets mit Wolle und Nadeln verkauft.

Natürlich hat sich die Motivation geändert, heute strickt man nicht um Geld zu sparen sondern weil man eine Mütze oder einen Schal oder irgendwas anderes haben möchte, das wirklich dem eigenen Geschmack entspricht und individuell ist. Etwas, bei dem niemand sagen kann "den Zara Schal habe ich auch".

Ich denke nicht, dass die Wolle früher billiger war, sondern, dass die Kleidung wesentlich teurer war. Heute gibt es Menschen, ich gehöre auch dazu, die ein ganzes Zimmer voller Kleidung haben, früher hatte man gerade so viel, dass man immer etwas Frisches da hatte und nie alles in der Wäsche war plus ein gutes Outfit für feierliche Anlässe. Wenn man will, kann man sich heute ganz nebenbei, auf dem Weg nach Hause, einen neuen Pullover kaufen, die kosten ja teilweise nicht mal mehr zehn Euro.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich sehe so häufig Leute in der Öffentlichkeit stricken, dass ich bezweifle, dass der Menschheit jemals das Wissen verloren gehen wird. Egal ob im Wartezimmer beim Arzt, im Bus oder bei mir auf der Arbeit in der Mittagspause, Stricken ist ja nun schon seit einiger Zeit wieder modern.

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» ninjafan » Beiträge: 1455 » Talkpoints: -0,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


So richtig Zukunft hat Stricken sicher nicht, dafür ist es zu teuer. Die Wolle kostet jetzt schon einiges wenn man eine schöne haben will. Ich selber habe auch in der Voksschule stricken gelernt allerdings habe ich das schnell wieder verlernt. Es hat mich nicht unbedingt interessiert. Begonnen habe ich eigentlich wieder in meiner ersten Schwangerschaft. Hier habe ich angefangen eine Decke zu stricken. Dann war wieder Schluss.

Letztes Jahr kam meine Große in den Kindergarten und nach ein paar Tagen kam die Meldung warum wir die Mützen alle kaufen und sie nicht auch so eine selbstgemacht hat wie die anderen. Das war der Startpunkt und jetzt bekommen die Mädels alle Mützen selbstgemacht. Zum Teil gestrickt zum Teil gehäkelt und sie lieben ihre Mützen. Die Kleine hat gerade eine Eule bekommen. Nur ist es halt so dass die Mützen teurer sind als wenn man sie kauft weil die Wolle einfach nicht billig ist.

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» torka » Beiträge: 4369 » Talkpoints: 5,93 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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