Kindgerechte Erklärung für Neurodermitis

vom 09.08.2010, 23:16 Uhr

Mein Sohn (19 Monate) leidet unter einer schweren Form der Neurodermitis und wie in einem anderen Beitrag schon geschildert, reagieren natürlich vor allem viele Kinder auf Spielplätzen oder sonstwo sehr hart und ablehnend. Das kann ich natürlich verstehen. Auch Erwachsene reagieren oft sehr schockiert, aber ihnen kann man recht gut erklären, dass er Neurodermitis hat und Erwachsene können mit dem Begriff meistens etwas anfangen, wenn auch nicht in dieser Form. Mein Sohn wird natürlich auf Spielplätzen auch immer aktiver und immer häufiger wird er damit konfrontiert, dass Kinder ihn fragen, warum er so aussieht und was er hat.

Da mein Sohn noch nicht wirklich sprechen kann, antworte derzeit natürlich noch ich, aber selbst ich habe manchmal ein wenig Probleme eine kindgerechte Erklärung zu finden. Kleine Kinder können mit dem Begriff Neurodermitis in der Regel natürlich nichts anfangen, außer ein Geschwisterchen ist davon auch betroffen. Wenn ich nun aber als Erklärung gebe, dass er eine Hautkrankheit hat, die aber nicht ansteckend ist, habe ich das Gefühl, dass viele Kinder mit dieser Erklärung auch nicht wirklich was anfangen können.

Vor allem überlege ich mir, wie mein Sohn das in einiger Zeit selber anderen Kindern erkllären kann. Obwohl das Thema Neurodermitis schon lange mein Hauptthema ist, habe ich diesbezüglich noch nicht wirklich eine zufriedenstellende Antwort gefunden. Wie kann man Kindern am besten diese Erkrankung erklären? Was ist für sie am ehesten verständlich? Bis jetzt sage ich in der Regel, dass er einen sehr juckenden Ausschlag hat, der aber nicht ansteckend ist und weil es eben so juckt, muss er sich sooft kratzen.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Warum sagst du nicht, dass die Haut von deinem Sohn sehr trocken ist und dadurch auch aufreißen kann. Zeige es doch mal an einem Blatt, was in der Natur liegt, dass trockene Blätter nicht mehr so geschmeidig sind wie die frischen Blätter und die Haut ist eben sehr empfindlich und manchmal ist es bei deinem Sohn eben so schlimm, dass es auch blutet und nässt. Die Haut hat eben nicht mehr die Elastizität wie eine gesunde Haut.

Ich denke, dass man nicht mit Fachausdrücken rumwerfen muss oder mit dem Wort "Hautausschlag", was sich auch immer abstoßend anhört. Die Haut ist trocken und trockene Haut juckt und dadurch sind die Stellen sehr wund und sehen eben nicht so toll aus wie die Haut gesunder Kinder.

Jedes Kind weiß, was Juckreiz bedeutet und fast jedes Kind hat sich schon mal einen Mückenstich aufgekratzt und auch der ist nicht ansteckend. Vermeide Worte, die abstoßend für Kinder klingen. Auch Fachausdrücke sind da nicht angebracht. Man muss auch nicht unbedingt erzählen, wie Neurodermitis entsteht und was man dagegen machen kann.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


@Diamante: Deine Erklärung mit den Blättern gefällt mir sehr gut und ist vor allem für die Zeiten, wo die Haut zumindest relativ trocken ist, sehr passend. Oft sind die Wunden derat großflächig, dass eigentlich das ganze Gesicht eine offene Wunde ist und sehr stark nässt. Da wird es für ein anderes Kind vielleicht schwer vorzustellen sein, dass er eine trockene Haut hat, die aufreißt, aber die Erklärung mit den Blättern werde ich auf jeden Fall ausprobieren!

Ich habe mich eben auch nie wohl dabei gefühlt, wenn ich Wörter wie Ausschlag oder dergleichen verwendet habe, zum einen, weil ich mir denke, dass viele Kinder mit dem Wort nichts anfangen können und zum anderen, weil er wie du schon richtig gesagt hast, eben ein sehr negativer Ausdruck ist.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Wie sich hier vielleicht schon herum gesprochen hat, war ich in meiner Kindheit und Jugend auch stark von Neurodermitis betroffen. Ich kenne diese miese Krankheit leider aus Betroffenensicht. Das Grundproblem ist, dass viele Leute, längst nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene, vor lauter Ekel einen meiden. Gerade das ist das eigentlich miese bei dieser Krankheit, dass einem nur wenige echte Freunde bleiben, weil viele einfach nicht über ihre Vorurteile springen können. Das Problem an der Neurodermitis ist, dass durch das blöde Wort Neuro im Namen viele Laien denken, man hätte eine Nervenkrankheit und einen dann auch dementsprechend behandeln. Wenn man sich so abgelehnt fühlt, ist das bei der Neurodermitis tückisch, weil dieser Stress dann dazu führen kann, dass der Schub noch stärker wird.

Ich habe viele Versuche gestartet, Menschen meine ehemalige Krankheit zu erklären. Bei Kindern würde ich in etwa so vorgehen: Wenn man Neurodermitis hat, hat man eine sehr dünne zarte Haut. Bei Gesunden Menschen schützt die Haut einen Menschen davor, dass Bakterien und Staub und Dinge auf die man allergisch ist in den Körper gelangen können. Bei gesunden ist die Haut so dicht wie ein Regenmantel bei Regen. Wenn man Neurodermitis hat, ist die Haut dünn und löchrig wie ein Sieb. Wenn dann die Sachen, die der Körper nicht verträgt in den Körper kommen kommt die Körperpolizei und räumt in der Haut auf. Das ist dann ähnlich wie bei einem Mückenstich. Da kämpft der Körper auch gegen etwas, das in die Haut geraten ist und da nicht hin gehört.

Vielleicht kennst Du den Spruch, jemand ist dünnhäutig oder etwas geht unter die Haut. Kinder die Neurodermitis haben sind auch in der Seele ziemlich dünnhäutig und besonders empfindlich. Sie fühlen sich eh schon nicht wohl in ihrer eigenen Haut und wenn man sie wegen ihrer Haut hänselt die ihnen eh schon so weh tut, macht das die Kinder sehr sehr traurig und noch kränker. Durch den Stress spielt die Körperpolizei noch mehr verrückt und die Haut wird noch schlimmer krank, weil da ein Krieg in der Haut tobt. Die Körperpolizei kämpft gegen die Außenwelt, mit der ein gesunder Mensch nie so stark in Kontakt kommt. Außerdem kann man bei der Krankheit nichts dafür, dass man sie hat. Man kann sich nicht eine Neurodermitis einfangen, wie einen Schnupfen. Man hat sie einfach und kann nicht viel dagegen tun, weil die Ärzte noch keine guten Medikamente dagegen gefunden haben.

Wie man das Jucken und das Trockene erklären kann, da hat Diamante schon einen schönen Vergleich gefunden. So aus Betroffenensicht kann man den Kindern auch noch erklären, dass sich Neurodermitis anfühlt, als ob man einen superkratzigen Wollpulover am ganzen Körper angezogen hat. Man kann (fast) gar nicht anders als kratzen. Kratzen hilft kurzzeitig, weil der Schmerz im Kopf stärker wahr genommen wird als Juckreiz. Durch das Kratzen wird die Haut noch dünner und die Krankheit noch schlimmer.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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