Vater unbekannt: Wie sag man es einem Kind?

vom 29.04.2010, 19:23 Uhr

Heute am Nachmittag war auf RTL ein Bericht bzw. eine Reality Show. Es war in "Verdachtsfälle". Dort hat die Mutter 20 Jahre geschwiegen, weil sie den Vater des Kindes nicht angegeben hat und die Tochter durch Zufall dahinter gekommen ist, dass ihr vermeintlicher Vater gar nicht der Vater ist. Denn in der Geburtsurkunde stand "Vater unbekannt". Hinterher hat sich rausgestellt, dass die Tochter von dem Mann der Patentante der Mutter war, mit dem die Mutter wohl vor ca. 21 Jahren eine Affäre hatte. Sie wollte es dem Kind nicht sagen, weil nicht mal die Patentante es wußte.

Nun ist in meinem Bekanntenkreis ein Fall, wo die Frau vergewaltigt wurde und daraus ein Kind entstand, was mittlerweile 10 Jahre ist. Das Kind sieht den Mann meiner Bekannten als ihren Vater an und in ihrer Geburtsurkunde steht auch "Vater unbekannt", weil das Kind auch vor der Beziehung gekommen ist. Spätestens, wenn das Kind mal heiraten will und die Geburtsurkunde braucht, wird es rauskommen, dass der vermeintliche Vater nicht der Vater ist. Aber wie sagt man einem Kind, dass es aus einer Vergewaltigung stammt?

Dann wird es sicherlich auch Fälle geben, wo die Mutter selber nicht weiß, wer der Vater des Kindes ist, weil sie ein "heißes" Leben geführt hat. Wie soll man da einem Kind sagen, wer der Vater ist oder dass man nicht weiß, wer der Vater ist, weil die Mutter einen nicht gerade erstrebenswerten Lebenswandel geführt hat?

Sicher sollte man einem Kind so früh wie möglich sagen, dass der Vater nicht der Vater ist. Aber ab wann kann man einem Kind zumuten zu erfahren, dass es aus einer Vergewaltiung stammt oder dass mehrere potentielle Väter in Frage kommen? Und vor allem wie sagt man das einem Kind?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Wow, das ist wirklich harter Stoff, mit dem du da ankommst. Ich habe etwas darüber nachgedacht und bin zu Folgendem gekommen. Wenn es eine potenzielle Vaterfigur im Leben des Kindes gibt, aber dieser nicht der leibliche Vater ist, dann würde ich dem Kind das auch von Anfang an vermitteln. Und zwar in dem es zu dem Mann nicht Papa oder dergleichen sagen muß. Gleichzeitig sollte dem Kind aber trotzdem gesagt werden, daß dieser Mensch das Kind genauso lieb haben kann, wie der eigentliche Vater. Vorausgesetz natürlich, dieser neue "Papa" hat echtes Interesse an dem Kind. Weiterhin könne man dem Nachwuchs erklären, daß der leibliche Vater im Moment viel zu tun und leider nicht, obwohl er es gerne wäre, bei ihnen sein könne.

Kein Kind will wissen, daß der Vater eventuell ein A...loch oder Monster ist. Damit können die Zwerge nicht umgehen. Somit ist die Frage, ob man dem Kind von einer Vergewaltigung erzählt oder nicht, auch vorerst zum Teil beantwortet.

Wenn das Kind einen bestimmten Reifegrad besitz wird es, früher oder später, selber den Wunsch entwickeln, den Ersatzvater mit einer dementsprechenden Betitelung anzureden. Bei mir war das auf jeden Fall so. Obwohl ich meinen "echten Vater" mit meinen zehn Jahren sehr wohl gekannt habe, konnte ich aber feststellen, daß der andere Mann eine viel umsorgendere Person ist. Kunststück, wenn der leibliche Vater sich immer mehr aus dem Leben des eigenen Kindes zurückzieht. Aber diese Wahl sollte den Kleinen freigestellt werden.

Da man sein Kind von Anfang an nicht angelogen hat, ist man auf der sicheren Seite, falls dieses mehr von seinem Vater wissen möchte. Ich glaube, daß die meisten Streitereien und Gefühlsverwirrungen entstehen, wenn man seinem Kind Dinge vormacht. Oder Sachen vorgibt, die so einfach nicht stimmen. Es sollte ein offenes Thema sein, über das jeder Zeit geredet werden kann. So kann der Nachwuchs mit der Situation natürlich und unverkrampft umgehen und auch damit wachsen. Nichts ist schlimmer, als wenn man instinktiv weiß, daß etwas nicht stimmt, man aber darüber nicht reden darf.

Nochmal zurück zu der Vergewaltigungssituation. Es ist für jeden Menschen hart zu wissen, daß man kein Kind der Liebe ist. Aber die Frucht einer Gewaltat zu sein, ist noch tausendmal schlimmer. Leider gibt es immer wieder Mütter, die aus diesem verständlichen Grund einfach keine echte Mutter-Kind-Beziehung zu ihrem Nachwuchs aufbauen können. Es ist unglaublich schwer zu entscheiden, ob es in diesem Fall nicht sinnvoller ist, einem Heranwachsenden zu erzählen, warum man solche Probleme hat. Ein normal entwickelter Erwachsener mit einer starken Psyche wird lernen können damit umzugehen. Aber ein kleiner Mensch, wird das nicht verstehen und eventuell daran innerlich zerbrechen.

Man identifiziert sich automatisch mit seinen Eltern. Stellt man sich nun vor, daß eine Teil davon ein grausamer Verbrecher ist, dann kann man sich gut vorstellen, daß es schwierig sein wird ein ordentliches Verhältnis zu sich selber aufbauen zu können. Aber wenn man sich selber gefunden hat und weiß wer man ist, ist es einfacher zu lernen mit so einer Tatsache richtig umzugehen. Es kommt wohl immer auf die Situation und den Menschen an, ob man den ganzen Schrecken mitteilt oder nicht. Ein Kind sollte damit nicht belastet werden. Das ist auf jeden Fall meine Meinung.

» Fabienne3 » Beiträge: 824 » Talkpoints: 23,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Fabienne3 hat geschrieben:Wow, das ist wirklich harter Stoff, mit dem du da ankommst. Ich habe etwas darüber nachgedacht und bin zu Folgendem gekommen. Wenn es eine potenzielle Vaterfigur im Leben des Kindes gibt, aber dieser nicht der leibliche Vater ist, dann würde ich dem Kind das auch von Anfang an vermitteln. Und zwar in dem es zu dem Mann nicht Papa oder dergleichen sagen muß. Gleichzeitig sollte dem Kind aber trotzdem gesagt werden, daß dieser Mensch das Kind genauso lieb haben kann, wie der eigentliche Vater. Vorausgesetz natürlich, dieser neue "Papa" hat echtes Interesse an dem Kind. Weiterhin könne man dem Nachwuchs erklären, daß der leibliche Vater im Moment viel zu tun und leider nicht, obwohl er es gerne wäre, bei ihnen sein könne.

In dem Fall, den ich oben geschildert habe, war das Kind noch im Bauch, als die Mutter den Ziehvater kennengelernt hat und bei meiner Bekannten war es kurz nach der Geburt. Die Kinder kannten also nur diesen Vater. Da kann man doch nicht sagen, dass der richtige Vater die Kinder/das Kind liebt. Es war eine Vergewaltigung und/oder eben ein unbekannter Vater. Da kann man doch das Kind nicht in dieser Hinsicht wirklich anlügen. Das ist ja nicht nur ein Verschweigen sondern eine richtige Lüge. Wenn man das Kind dann anlügt und sagt, dass der Vater viel zu tun hat und nicht da sein kann ist das noch schlimmer, als wenn man den Ziehvater als Vater ausgibt. Denn er ist ja für das Kind von Anfang an dagewesen und war ein Vater für das Kind.

Ich glaube, daß die meisten Streitereien und Gefühlsverwirrungen entstehen, wenn man seinem Kind Dinge vormacht. Oder Sachen vorgibt, die so einfach nicht stimmen.

Und genau das hast du doch weiter oben geschrieben. Man soll dem Kind sagen, dass der richtige Vater das Kind liebt usw. Der Vater ist nicht bekannt. Entweder, weil die Mutter nicht weiß, wer der Vater ist, weil sie zu viele Männer hatte, oder es war eine Vergewaltigung. Der Vater ist unbekannt und deswegen kann man doch das Kind nicht anlügen. Da entsehen ja die Gefühlsverwirrungen wie du dann selber schreibst.

Ich möchte hier einfach wissen, wie und wann man einem Kind sagt, dass es entweder aus einer Vergewaltigung stammt oder dass mehrere Väter in Frage kommen, von denen man im günstigsten Falle noch die Vornamen kennt.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich denke nicht, das man einem Kleinstkind vermitteln sollte, das der Mann in der Familie nicht Papa sondern Hans-Jürgen ist (nur um mal einen Vornamen ins Spiel zu bringen). Wie soll so ein kleines Kind denn verstehen, was da läuft? Es bekommt ja in seinem Umfeld mit das andere Kinder in dem Alter den Mann im Haus mit Papa anreden und es kann sich verbal noch gar nicht entsprechend ausdrücken um seine Fragen dazu zu stellen.

Das der Vater nicht bekannt ist, sollte dem Kind zwar mal gesagt werden, aber dann auch in einem Alter, wo man sich als Mutter auch entsprechend erklären kann und das Kind eben auch die Umstände verstehen sollte.

Sicherlich muss man auch einschätzen können, wann ein Kind emotional so eine Wahrheit verkraften kann. Und es ist für ein Kind eben auch wichtig, das es die Wahrheit kennt. Wobei bei einer Vergewaltigung nicht immer der Vater unbekannt sein muss. Nur dürfte dieser wohl kaum Rechte haben sein Kind zu sehen. Allenfalls die Pflicht zum Unterhalt hat er zu erfüllen. Ein Kind was durch so ein Ereignis gezeugt, aber von seinem Umfeld geliebt wird, wird auch die Wahrheit verkraften.

Was die Thematik mit dem wilden Leben angeht. Nun da muss man einem Kind nicht die ganze Wahrheit auf den Tisch packen. Das man halt in Partylaune mit dem Erzeuge im Bett war kann es wissen. Das man wirklich wild gelebt hat, kann man als Mutter da für sich behalten, wenn es im Umfeld sonst niemand weiss. Und das solche Fehltritte vorkommen ist recht normal, da es dies schon seit Ewigkeiten gibt und immer geben wird.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Mein Sohn war fünf, als ich ihm erklärt habe dass sein Stiefvater nicht sein richtiger Vater ist. Ich habe ihm das damals so gesagt, dass der Vater umgezogen ist und ich nicht weiß wo er wohnt. Damit war es in diesem Alter auch gut. Später hat er immer mal wieder ein bisschen was gefragt und ich habe ihm dann altersgerecht immer etwas mehr erklärt - bis wir jetzt mit neun Jahren an dem Punkt angekommen sind, der vollständig der Realität entspricht, natürlich nicht in aller Härte vorgebracht. Der Vater hat mehrere Kinder, ist aber kein Familienmensch und hat deshalb zu keinem seiner Kinder Kontakt.

Für meinen Sohn ist das verständlich und wir haben vor kurzem darüber gesprochen, dass mein Sohn den Kontakt zu ihm erst suchen wird, wenn er selbst erwachsen ist - in der Hoffnung dass mein Ex mit einem jungen Mann eher etwas anfangen kann als mit einem Kind.

Dass ich meinem Sohn schon mit fünf Jahren die Wahrheit erzählt habe war insofern gut, weil ich mich wenig später von seinem Stiefvater getrennt habe und dieser keinen Kontakt mehr mit seinem angeblich so geliebten Stiefsohn möchte. Mein Sohn kann damit besser klarkommen wiel er weiß dass dieser Mann sowieso nicht sein Vater ist.

Mit meinem Lebensgefährten hat mein Sohnemann seit drei Jahren ein sehr gutes Verhältnis. Vor etwa einem dreiviertel Jahr hat mein Sohn uns abends mitgeteilt, dass wir doch bald heiraten sollen, er möchte nämlich den Nachnamen meines Lebensgefährten haben. Und dann hat er ganz lieb gefragt, ob mein Lebensgefährte es erlauben würde dass er zu ihm "Papa" sagt. Ich fand das so süß, weil es von ihm selber kam und es ihm keine vorgeschrieben hatte.

» Nicky14 » Beiträge: 743 » Talkpoints: 0,09 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich denke, dass es durchaus einen Unterschied gibt, ob man den Vater kennt, oder nicht. Im Falle einer Vergewaltigung ist das nicht immer der Fall und wenn mehrere Männer in Frage kommen auch nicht.

Weiß man es aber, dann sollte man es seinem Kind auch sagen. Ich finde, dass jedes Kind ein Anrecht darauf hat zu erfahren, wo die Wurzeln sind. Die Wahrheit ist nicht immer schön, aber es gibt viele Wege seinem Kind sowas nahe zu bringen.

Wenn man als Kind tatsächlich das Produkt einer Vergewaltigung ist, sollte man als Mutter mit der Wahrheit schon etwas warten, weil es das jüngere Kind ohnehin nicht verstehen wird. Was es allerdings versteht ist, dass der Stiefvater zB. nicht der richtige Vater ist.

Ich denke nicht, dass man pauschal sagen kann, wann die Zeit dafür gekommen ist, weil zum einen nicht alle Kinder gleich weit sind und zum anderen sind die Situationen auch nicht immer die selben.

Sollten tatsächlich mehrere Männer in Frage kommen, finde ich, dass man schon etwas daran setzen sollte heraus zu finde, wer der Vater ist. Und zwar nicht wegen dem Unterhalt, sondern wegen des Kindes und sicherlich will auch der Mann wissen, ob er Nachkommen hat oder nicht.

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» winny2311 » Beiträge: 15008 » Talkpoints: 3,49 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


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