Wie wurdet Ihr von Gedichten begeistert?

vom 19.04.2010, 13:55 Uhr

Kaum eine Textsorte spaltet die Menschen so sehr. Entweder lieben sie Gedichte heiß und innig oder können gar nichts mit ihnen anfangen.

Mir wurde in meiner Schulzeit der Zugang zu Gedichten gründlich vergällt. Während ich in meiner Grundschulzeit Gedichte noch mochte und mir sogar das Auswendiglernen Spaß machte, fing kurz darauf die Qual an. Kaum war ich auf dem Gymnasium musste man Gedichte interpretieren und auf Versmaße untersuchen. Plötzlich konnte es passieren, dass man ein Gedicht falsch verstanden hat. Ich finde es sehr schade, dass ich zu Gedichten nur schwer Zugang finde. Da ich immer wieder Kinder unterrichte suche ich jetzt nach Möglichkeiten, wie man die Freude an Gedichten wecken kann, die sozusagen erprobt sind.

Ich frage mich bis heute, was diejenigen Leute erlebt haben, die Gedichte lieben? Ich bin mir sicher, dass auch hier einige von diesen Leuten sein müssen. Deshalb würde ich gerne von euch einige Dinge wisse:

Wer war verantwortlich dafür, dass ihr Gedichte mögt? Waren das eher Lehrer oder Menschen aus eurer Familie oder ganz andere Personen? Könnt ihr euch noch erinnern, was euch im Unterricht über Gedichte so besonders Spaßgemacht hat und warum das so war? Erinnert ihr euch noch an irgendwelche besonderen Erlebnisse von denen ihr sagt, dass diese besonders wichtig für eure Liebe zu Gedichten waren?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



In der Schule hatte ich absolut keine Lust auf Gedichte. Allein schon die Tatsache, dass man sich als Schüler nicht aussuchen durfte, welches Gedicht man auswendig lernen konnte und welches nicht. Dieser Zwang hat mir die Lust an Gedichten früher ziemlich verhagelt.

Als ich etwas älter wurde und mich häufiger mit Freunden zu gemütlichen Abenden traf, war ich Gedichten gegenüber wieder aufgeschlossener. Grund hierfür war ein Freund, der leidenschaftlich gerne Gedichte textete. Er gab mir einmal seine gesammelten Gedichte mit nach Hause. Als ich sie las, fand ich wieder Gefallen an den Reimen und Texten. Es war so ein bisschen, als wenn man für ein paar Minuten in eine kleine neue Welt eintaucht.

Ich habe selbst keine Begabung zum dichten, bewundere aber Leute, die noch schöne Gedichte verfassen können. Heutzutage sind Gedichte oftmals verpönt, sie werden als kitschig betrachtet. Aber auch ein altmodisches Gedicht kann von Zeit zu Zeit mal ganz schön zu lesen sein!

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» Svenja84 » Beiträge: 231 » Talkpoints: 6,61 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich weiß nicht, ob man so pauschal sagen kann, es müssten Gründe dazu führen, dass man Gedichte mag oder nicht mag. Ich vermute eher, dass es oft einfach eine reine Geschmacksfrage ist. Wieso ist die Lieblingsfarbe des einen Menschen Rot, die des anderen Blau? Das kann man nicht erklären. Manchmal denke ich, mit der Vorliebe oder Abneigung gegenüber bestimmten Dingen, auch Kunstformen wie der Lyrik, ist es genau so.

Ich persönlich mag Lyrik. Wobei ich auch nicht mit allen Gedichten etwas anfangen kann. Viele modernere gefallen mir nicht so, ich mag eher die traditionelleren. Irgendwie liebe ich es einfach, was für Stimmungen man alleine mit Sprache herstellen kann. Natürlich kann man das auch über viele Seiten in einem Roman, aber das Gedicht vereint quasi besonders viele stimmungserzeugende Elemente auf engem Raum. Zumindest die Gedichte, die ich mag. Das fasziniert mich.

Wobei es natürlich nicht nur um eine schöne Form geht, auch mag ich es, wie man mit Sprache spielen kann. Auch, wenn Leute Kritik in lyrische Form verpacken, statt einfach nur stumpf zu rufen, was ihnen zuwider ist, finde ich das sehr interessant. Lyrik ist einfach Kunst, sehr deutlich, für mich. Und ich mag das einfach, habe das irgendwie schon immer gemocht, bis heute. Mich musste da keiner heran führen.

Wenn ich an meine Grundschulzeit zurück denke, so haben wir da Gedichte von beispielsweise Christian Morgenstern lesen müssen. Oder Jandl. Eben das, wovon man wohl glaubt, dass es für Kinder besonders geeignet und schön sei. Wilhelm Busch war da zum Beispiel auch dabei. Und bei älteren Kindern auch einfachere Gedichte von Schiller und Goethe. Die Sachen fand ich als Kind toll. Heute haut es mich nicht mehr so vom Hocker.

Als ich dann ins Jugendalter kam, hatte ich ein sehr ausgeprägtes Interesse an Goethe und vor allen Dingen Georg Trakl. Das Interesse hat bis heute nicht aufgehört. Gerade Trakl liebe ich einfach, und bedauere es, dass er so wenig bekannt ist. Ich mag auch an seinen Gedichten einfach diese Atmosphäre, die da auf kommt. Seine Gefühle und Sinneswahrnehmungen so beschreiben zu können, das sagt mir einfach sehr zu.

Ich schreibe auch selbst Lyrik. Seit meinem etwa vierzehnten Lebensjahr eher düstere Sachen, die mir halfen, bestimmte Dinge zu verarbeiten. Ich weiß nicht, was ich ohne meine Lyrik gemacht hätte. Es war wirklich sehr heilsam, so, wie es war. Aber auch als Kind habe ich schon geschrieben. "Gedichte von Kindern für Kinder" hätte man das nennen können.

Ach, ich weiß nicht. Natürlich haben Lehrer immer wieder betont, wie toll Gedichte seien. Natürlich, das sollen sie ja. Im Gegensatz dazu mögen meine Eltern Lyrik so gar nicht. Aber ich habe sie immer schon geliebt. Wie gesagt, daraus schließe ich, dass das einfach eine Geschmackssache ist. Mancher mag, mancher nicht.

Übrigens habe ich schon einmal den ersten Platz in einem Lyrik-Wettbewerb gewonnen, mit dreizehn Jahren. Das fand ich toll. Das war ein prägendes Erlebnis. Und in der Grundschule sollten wir Bilder zu Gedichten zeichnen, das fand ich auch toll, weil ich auch das Zeichnen und die Malerei liebe. Allerdings können das keine Gründe gewesen sein, wieso ich die Lyrik schätzen lernte, da ich sie damals ja schon mochte.

Was mir im Unterricht übrigens nicht so gefiel, war das stumpfe Auswendiglernen von Gedichten, die durch den Lehrer vorgeschrieben worden waren. Nicht jedem gefällt halt jedes Gedicht, und eines auswendig lernen zu müssen, das einem einfach nicht gefällt, das finde ich heute noch schrecklich. Außerdem nimmt man vielen Schülern mit solchen Zwängen doch jeden Spaß an einer Sache.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Also bei mir war es vorerst ganz ähnlich wie bei dir. In der Grundschulzeit fand ich Gedichte langweilig, manche waren ganz lustig und es konnte Spaß machen sie auswendig zu lernen, aber interessiert haben sie mich nicht. Auf dem Gymnasium waren sie mir dann auch noch geradezu. In den Deutschbüchern tauchten immer die allerschlechtesten, aller langweiligsten und auch schwierigsten Gedichte auf, die mich so gar nicht interessierten. In dieser zeit konnte ich an Gedichten so gar nichts finden und sie waren mir auch geradezu verhasst.

Das hat sich dann von selbst geändert, als ich in der Bücherei ein Shakespeare band aufstöberte. Das machte mir dann doch Spaß, nicht zuletzt eben auch deswegen, weil es ganz zwanglos war und man es nicht mit dem Hintergedanken las, es zu analysieren und alles zu interpretieren. Auch Goethe konnte ich danach mit großer Freunde lesen. Ich denke, dass man Gedichte ganz alleine für sich selbst entdecken muss und nicht darauf warten sollte, bis jemand kommt und versucht sie einem schmackhaft zu machen. Man muss selbst die Initiative ergreifen und es mal versuchen. Gedichte sind übrigens auch nicht gleich Gedichte. Zeitgenössischen Gedichte gefallen mir persönlich nämlich zum Beispiel gar nicht und ich mag auch oft Gedichte mit Reimen nicht. Man muss selbst gucken, was einem da gefällt.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Der Grund warum ich frage ist, dass ich nach Wegen suche, meinen Nachhilfeschülern irgendwie Gedichte schmackhaft zu machen. Manchmal können einem nämlich die Aha-Erlebnisse anderer helfen, eine zündende Unterrichtsidee zu finden.

Und so lange warten kann ich leider nicht, bis die Erkenntnis von selbst kommt, weil dann Nachhilfe nicht mehr notwendig sein wird.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich bin nicht wirklich ein Liebhaber der Lyrik, aber ich erinnere mich noch sehr gut an meine eigene Schulzeit. Ich habe den Deutschunterricht geliebt, nur wenn das Thema Gedichte auf dem Lehrplan stand, hat mein Gehirn von alleine abgeschaltet. Gefesselt haben mich Gedichte nur, wenn sie irgendwie unheimlich oder faszinierend waren. Goethes Erlkönig zum Beispiel, mir läuft da heute noch ein Schauer den Rücken runter, wenn ich das lese, teilweise kann ich nach immerhin 20 Jahren Passagen sogar noch auswendig. Vielleicht versuchst Du es mit solchen fesselnden Themen und kannst auf diese Art Deine Schüler auch ein bisschen fesseln.

Schön sind auch vertonte Gedichte, kennst Du das Rilke-Projekt? Das ist eine CD-Reihe, da tragen bekannte Personen wie z.B. Peter Ustinov, Xavier Naidoo oder Katja Riemann zu unheimlich schöner Musik Rilke Gedichte vor. Wie gesagt, ich bin eigentlich kein großer Lyrik Freund, aber das ist so wunderschön. Vielleicht kannst Du mit damit Deinen Schülern die Welt der Poesie näher bringen.

» maryshelley100 » Beiträge: 248 » Talkpoints: 0,82 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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