Wie Vertrauen von schwierigem Menschen gewinnen?

vom 12.12.2010, 14:40 Uhr

Hallo,

ich habe einen guten Freund oder nennen wir ihn meinetwegen auch Seelenverwandten, der bereitet mir in letzter Zeit Sorgen. Ich komme nicht richtig an ihn heran. Er will genau wie ich, dass wir uns treffen, aber wenn es dann soweit ist, "zickt" er herum.

Dann fallen Sätze wie "Ich bin doch gar kein besonderer Mensch, ich bin doch gar nicht interessant!" und damit hört er so schnell auch nicht wieder auf und das belastet - er kann nicht recht begreifen, dass ich ihn wirklich gern habe und es ernst mit ihm meine, glaube ich. Eine Ursache kann seine verpatzte Ehe sein, ich weiß es aber nicht genau. Einerseits will er mich sehen und wehrt aber trotzdem jede Nähe ab. Im übertragenenen Sinne sagt er "Geh!" und will aber, dass ich bleibe. Er holt mich erst an sich ran und dann schiebt er mich wieder fort und flüchtet sich in telefonische Unerreichbarkeit. Mir kommt das alles auch ein bisschen wie ein Test vor, als würde er genaustens prüfen wollen, ob ich es ernst meine - diese "Testphase" dauert nun schon ein halbes Jahr.

Wie gesagt, mich belastet das, ich habe ihn wirklich gerne und sage ihm das auch oft, dann lächelt er glücklich und erfreut und ich denke: jetzt vertraut er mir, jetzt ist alles gut, aber dann bekomme ich ihn wieder eine ganze Weile weder zu sehen noch zu hören und beim nächsten Mal geht das Spiel von vorne los. Treffen, Testen, Zicken, kurzes Schweigen, meine "Treueversicherung", Freude, Flucht. Jedes Mal. Ich gehe mit ihm zwei Schritte vor und alle wieder zurück. Mir kommt es durch z.B. seine Sätze vor, dass er sich selbst nicht sonderlich mag und deshalb nicht glauben kann, dass ich es ernst meine. Könnte denn das sein?

Was soll ich denn da machen? Ich würde ihn gerne kontinuierlich sehen oder hören, nicht immer wieder verlieren, wie gewinne ich denn sein dauerhaftes Vertrauen? Wenn er mich nicht leiden könnte, würde er sich ja nicht dann doch wieder treffen wollen.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Es kann schon gut sein, dass er sich selbst nicht leiden mag und dass er deshalb glaubt, auch andere können ihn keineswegs mögen. Aber diese Meinung muß ja irgendwo herkommen. Gut möglich, dass ihn jemand so weit gebracht hat, das zu glauben. Sein Vertrauen in einen anderen Menschen und an seine Glaubhaftigkeit scheint total erschüttert zu sein. Dieses Vertrauen wieder herzustellen, ist nicht leicht und wird Dir nicht so schnell gelingen. Die beste Möglichkeit wäre ein Gespräch mit einem Fachman. Ein Psychologe kennt sich besser aus und kann dementprechend gezielt helfen.

Für Dich ist das der reinste Horror, das kann ich verstehen. Aber Deine Treueversicherungen nimmt er nicht ernst, die kannst Du Dir sparen. Vielleicht sagst Du ihm noch einmal in Ruhe, dass Du so nicht bereit bist, Dich weiterhin mit ihm zu treffen, wenn er sich nicht ändert. Dann bitte ihn, wenn er bereit ist sich zu ändern, Dich anzurufen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Also ich denke, dass du ein nicht unbedingt untypisches Problem hast. Leute, die schon einmal verheiratet waren weisen oft ein solches Verhalten auf. Es ist aber ganz einfach nur Angst. Ich denke aber, dass es auch ganz klar nach zu vollziehen ist, wenn man bedenkt, dass eine Ehe doch eine sehr starke Bindung fürs Leben sein soll. Wenn so eine Bindung bricht, ist man zuerst einmal am Boden zerstört und will sich eigentlich nie mehr in eine solche schlechte Gefühlslage begeben. Stell dir doch einmal vor, deine Ehe wäre kaputtgegangen, dann hättest du auch erst einmal Angst dich wieder zu binden.

Am schlimmsten ist so ein Erlebnis natürlich, wenn die Ehe in die Brüche ging, weil ein Partner sich ausgenutzt fühlte. Wenn du dir dann ausgerechnet den aussuchst ist es für dich natürlich noch einmal doppelt so schwer an sie oder ihn ran zu kommen. Ich denke aus deiner Position heraus wäre es das Beste, jedesmal, wenn er meint dass er nichts wert sei oder wenn er sagt er wäre uninteressant, ihn zu fragen, wieso du dann noch bei ihm bist, beziehungsweise wieso du dich dann noch mit ihm abgibst. Das Wichtigste dabei: Bestehe auf eine klare Antwort! Lass dich nicht einfach abwimmeln mit der Standartantwort "Keine Ahnung". Wenn er nach fünf Minuten immer noch keine Antwort sagen kann, dann sag ihm, dass er für dich persönlich sehr wichtig und sehr interessant ist.

Wenn er dich anschaut, schau ihm in die Augen, bis er wegschaut. Wenn du zuerst wegschaust denkt er du hättest das nur so gesagt. Danach, wenn er keine Reaktion zeigt, dann sag ihm, er solle sich mal über das, was du gerade gesagt hast Gedanken machen. Am besten lässt du ihn dann alleine. Deine Theorie mit der "Testphase" ist gar nicht so schlecht, aber sie stimmt nicht. Dieses Verhalten rührt von einer tiefen inneren Gekränktheit. Du hast es irgendwie geschafft, ihm zu zeigen, dass du sehr viel Wert bist. Das kann durch hohe gesellschaftliche Aktivität oder sogar schlicht und ergreifend deinen Job oder durch Sachen, die du erzählt hast, geschehen sein. Durch sein durch die gescheiterte Ehe gekränktes Ego ist sehr schwach und er geht davon aus, dass er es nicht Wert sei, dass er zu schlecht sei für dich.

Nun ist es an dir ihm zu zeigen, dass er gut genug ist, um mit dir zu leben, oder du musst ihm zeigen, dass du gar nicht so gut bist, wie er denkt.Wie ich das verstanden habe, geht er ja davon aus, dass du es nicht Ernst meinst beziehungsweise ihn verarschen willst. Jetzt frage ich dich: Von wem wirst du verarscht? Wohl nur von Leuten, die denken sie seien dir überlegen, oder? Und du für deinen Teil würdest auch nur bei Leuten, die einen höheren sozialen Status haben wie du vermuten, dass sie sich überhaupt trauen, dich verarschen zu wollen, oder? soviel nur zur Untermauerung von meiner Theorie. Das Ganze hat seinen Ursprung in der Psychologie und zwar in der Unterkategorie "Soziale Dynamik". Wenn du willst schreib mir eine persönliche Nachricht, dann werd ich dir Einsteiger Bücher zu dem Thema empfehlen. :)

» fr€ak » Beiträge: 153 » Talkpoints: -0,57 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Danke für eure Antworten! Das Ding ist eben, dass er schon lange mit seiner Frau verheiratet ist, sie hat ihn oft betrogen, Geld hat die Familie auch und das ist ihr zu Kopf gestiegen, die lebt über ihn hinweg und scheut sich oftmals auch nicht davor, ihn in der Öffentlichkeit anzuzischen. Wieso er nach wie vor bei ihr geblieben ist, weiß ich nicht aus seinem Mund, aber sicher, weil er nicht alleine sein will und weil da auch noch dieser gewisse Status der Familie ist, den man so erreicht hat vor Jahren.

Und mit mir, das ist auch nicht so leicht, ich bin ein paar Jährchen jünger als er und nicht ganz unbeliebt bei Männern - aber ich will eben nur ihn, komme wer da wolle. Dein Gedanke Fr€ak kann schon zutreffen, dass er mich für wertvoller hält, als ich bin und sich eben für nicht gut genug - eben weil er sich vielleicht fragt "Wieso ich" - wenn da noch 10 andere (Trotteln) sein könnten.

Mein Problem ist immer, dass ich mich zu schnell an die Wand drücken lasse, wenn er meint, er ist nichts Besonderes und dann so anfängt, die Augen zusammen zu kneifen und zu einem bissigen Tonfall ansetzt. Er beharrt dann regelrecht darauf, dass ich Unrecht habe mit allen positiven Worten über ihn. Mir fehlen dann ganz oft die Worte - zu Hause lege ich mir schon immer ein paar Sätze zurecht, die ich dringend sagen möchte, aber ich bringe es dann immer nicht an richtiger Stelle heraus, weil er derart schnell regelrecht zum Angriff übergeht, so schnell kann ich gar nicht gucken. Und daher komme ich auch nicht weiter mit ihm! Ich ärgere mich dermaßen darüber!

Freitag hab ich dann einmal tief durchgeatmet und einfach schneller geredet als er und überhört, was er wieder zum selben Thema sagte und ich sagte zu ihm: "Kann das sein, dass du nicht so recht damit klar kommst, dass dich jemand gern hat?" Da hat er die Augen wieder sehr zusammengekniffen, hat erst einmal geschwiegen und dann sagte er leise, teils bissig, teils zögerlich: "...damit komm ich schon klar...ist ja nun nicht so...dass ich ein...Aussätziger bin...ich bin nur nichts Besonderes, gar nicht so interessant." Wieder dasselbe, aber irgendwie kam mir das so vor, als hätte ich ihn "ertappt". Ich denke mal, es gefällt ihm nicht, dass ich ihn analysiere. Dasselbe versucht er immer wieder bei mir, aber ich spiele ja schon mit offenen Karten und mehr als die Wahrheit kann ich nicht sagen, er glaubt sie nur nicht. Nicht dauerhaft zumindest.

Es ist nur auch höllisch schwierig für mich. Ich denke zwischendurch immer mal: jetzt reichts und fange doch wieder an, mich neu zu orientieren, aber das ist dann alles nicht das Wahre und ich lasse es doch. Aber die Sache mit ihm macht mich tierisch unruhig, weil ich nicht so kann wie ich will. Aber diese Woche ziehe ich in eine eigene Wohnung, lebte bisher in WG's und Wohnheimen und war quasi nie alleine, vielleicht traut er sich ja jetzt mal in meine Wohnung und dann geht es vielleicht aufwärts. Ich sage ihm einfach, er soll kommen - auf solche direkten "Anweisungen" reagiert er meistens eher mal. Wenn ich sage "Ruf mich an" klappt das besser, als wenn ich sage "Wenn du mal Zeit hast, könntest du mich ja mal anrufen". Schwierig, das Ganze.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Solche Menschen sind schwierig, und das Schlimmste ist, dass sie dich emotional mit runterziehen. Während du ihm deine Liebe anbietest, verwehrt er dir die seine und das frustriert dich natürlich. Er nimmt sich also jedmögliche Chance positive Erfahrungen zu machen und von anderen Menschen geliebt zu werden. Denn seine Chance bist du.

Seine verpatzte Ehe hat ihn am eigenen Leib erfahren lassen, dass das Anvertrauen bzw. Sich-Öffnen einem anderen Menschen gegenüber mit dem Risiko verbunden ist, ihn auch wieder zu verlieren oder von ihm emotional ausgenutzt zu werden. Deswegen will er sich dir auch nicht öffnen. Er will es nicht auf eine zweite Enttäuschung ankommen lassen.

Wenn du ihm mehr Selbstwertgefühl geben willst, kannst du ihm das auch auf indirketer Weise vermitteln. Zeig Intresse in seinen Hobbies, an seiner eigenen Meinung, etc. Wenn du ihm aufmerksam zu hörst und ihn reden lässt, zeigst du ihm, dass du ihn als individuelle Person schätzt und an ihm interessiert bist. Mach Ausflüge mit ihm, unternimm irgendwas, zeig ihm, dass es mehr gibt da draußen. Verändere seinen isolierten Lebensstil. Dann wird er auch irgendwann aus sich selbst herauskommen und anfangen, sich wieder mit seinen Mitmenschen zu beschäftigen und auf sie zuzugehen.

Je mehr positive Erfahrungen er mit dir macht, deto mehr wird seine Angst vor Bindung schrumpfen. Du kannst ihn also von seiner Bindungsangst heilen, nur verlangt das viel Geduld und Überzeugungsarbeit von dir.

» sternfänger » Beiträge: 16 » Talkpoints: 15,68 »


Dein Freund scheint eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein gebrauchen zu können. Diese Spielchen sind für Menschen, die enttäuscht worden sind nicht ungewöhnlich und kommt das ganze bloß daher, dass sie sich selbst nicht leiden können und daher tatsächlich nicht glauben wollen, dass jemand anderes das tut. Frei nach dem Motto ''Wenn ich selbst mich nicht liebe, kann auch kein anderer mich lieben'', gehen diese Menschen durchs leben, wollen sich immer und immer wieder bestätigen lassen, dass anderen was an ihnen liegt und glauben es dann letztendlich doch nicht. Was dein Freund da macht ist keine ''Testphase'' es ist einfach nur eine Möglichkeit, sich besser und bestätigt zu fühlen. Nach einem solchen Treffen geht es ihm nämlich tatsächlich besser, denn du hast ihm abermals versichert, wie viel dir an ihm liegt.

Zu Hause denkt dein Freund vermutlich genaustens darüber nach, was du gesagt hast und wie viel Wahrheitsgehalt deine Aussage haben könnte und dann geht es ihm gut, weil du das gesagt hast, aber gleichzeitig ist er auch traurig, dass ihm das scheinbar nicht reicht und das er dich weggeschickt hat und dann versinkt er in Selbstmitleid. Solche Menschen von diesem Verhalten abzubringen, ist recht schwierig, denn letztendlich bringt es für sie auch eine Art Befriedigung mit sich, wenn auch nicht die, die sie eigentlich wollen. An sich fällt mir da jetzt nur ein Therapeut ein, dein Freund müsste sich mal ordentlich ausreden über sein Leben und besonders die Kindheit und die Ehe. Alleine kannst du da wohl kaum was tun. Dein Freund muss selber den Schritt wagen.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wenn ich das richtig verstanden habe, ist er noch verheiratet. Leben die beiden noch zusammen oder läuft da schon die Trennung und folglich auch mal die Scheidung? Wenn ersteres der Fall ist, dann solltest du recht schnell die Finger von ihm lassen, denn du wirst sonst immer nur leiden, da eine Trennung ja scheinbar nicht angedacht ist.

Wenn er von seiner Frau schon getrennt ist, dann kann vieles dahinter stecken. Verletzte Eitelkeit und Vertrauensverlust stehen da ganz weit oben. Und ähnliches habe ich jetzt bei einem flüchtigen Bekannten erlebt. Der Kontakt war abgebrochen, weil er einfach nur rumgepampt hat. Gründe dafür waren mir nicht bekannt. Dann habe ich neulich wieder den Kontakt versucht aufzubauen, weil ich dachte, das er sich ausgemuckt hat.

Dem war nicht so, aber er hat dann mit einer recht rachsüchtigen Wortwahl mal die Wahrheit ausgepackt. Er hat sich nach zwei gescheiterten Beziehungen ein Feindbild Frau aufgebaut. Und da ist auch kein durchkommen möglich. Der Mann mag dir wichtig sein, aber er wird dich auf Dauer emotional kaputt machen. Er glaubt nicht mehr daran, das ihn jemand einfach als Mensch mag und wird dich jedes Mal wieder vor den Kopf stossen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich hatte da auch einmal einen guten Freund, der sich selber absolut nichts wert war. Er hat dann auch immer so geredet, dass er einfach nicht verstehen könnte, was ich toll an ihm finde und sich selber total schlecht gemacht. Außerdem hatte er vor bis zu einem gewissen Tag sein Leben zu beenden und er wollte einfach, dass ich dann nicht unglücklich bin. An sich war er der liebste Mensch der Welt, aber wenn er seine Phasen hatte, hat er mich immer weiter von sich weg gedrängt.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich das einfach nicht konnte. Manchmal hat er mir so das Gefühl gegeben, dass ich ihm nichts bedeute. Ich bin ihm dann einfach nicht mehr nach gelaufen, obwohl ich wusste, wie sehr er eigentlich an mir hing. Solche Leute haben einfach ein Problem mit sich selber und als Außen stehender ist es sehr schwer so jemandem zu helfen.

An deiner Stelle würde ich ihm einfach mal klipp und klar sagen, dass es dich zu sehr verletzt und du das nicht mehr mitmachen kannst. Sag ihm wie viel er dir bedeutet und wenn er anfängt, dass er nichts wert ist, dass musst du ihm einfach klar machen, dass er es für dich eben doch ist und gerade weil es so ist, muss er damit aufhören. Ansonsten kannst du nicht viel tun, wenn er nicht vertrauen will, wird er das auch nicht.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^