Ich möchte, dass es nicht mehr so weh tut!

vom 02.02.2011, 23:48 Uhr

Ich muss euch wieder mit meinem Problem belästigen. Ich denke mir, dass es meine Art ist, so mit der ganzen Situation umzugehen, dass ich darüber schreibe und oder mit Leuten darüber rede, denn das ist das einzige was ich im Moment machen kann. In mir herrscht eine komplette Nervosität und meine Gedanken wandern den ganzen Tag zu dem schrecklichen Ereignis, der unser ganzes Leben vor 2 Wochen änderte. Heute genau auf den Tag ist es schon 2 Wochen her, seitdem dieser schreckliche Unfall war.

Ich bin seit Montag Abend alleine mit den Kindern zuhause, habe niemanden der mit mir redet, möchte natürlich auch nicht, dass meine Kinder sich um mich Sorgen, den der kleine ist sowieso sehr sensibel. Wenn er sieht dass es der Mama schlecht geht, muss er auch gleich weinen. Immer wieder erwische ich mich, wie ich auf Facebook gehe und die Fotos anschaue, und immer wieder mache ich die Seite wieder zu, den es tut so schrecklich weh, ihn auf den Fotos zu sehen. Wie er lacht und die Hochzeitstorte anschneidet. Das Foto ist vielleicht 3 Wochen alt, den da haben sie geheiratet.

Es kommen mir schreckliche Gedanken in den Sinn, sehe ihn vor mir, wie er im Sarg liegt und überlege, wie ich es ungeschehen machen kann. Mein Mann hat ihn schon wahrscheinlich so gesehen und ich leide, denn ich weiß, dass mein Mann als ein anderer Mensch nach Hause kommen wird. Ich meine, wir haben ihn im Spital gesehen, mit den ganzen Apparaten, aber da hat er noch gelebt, auch wenn die Ärzte schon meinten das sein Hirn tot sei, dennoch sah man, wie er angeblich (künstliche Beatmung) atmete, wie sein Herz schlug. Mein einziger Trost ist, dass vielleicht sein Herz jetzt in einem anderen Menschen schlägt, dass er nicht einfach von dieser Welt gegangen ist.

Ich möchte, dass es endlich aufhört, weh zu tun, ich möchte endlich wieder schlafen können, ohne nach kurzer Zeit aufzustehen oder nur durch die komplette Erschöpfung einzuschlafen. Ich möchte, dass ich endlich einmal andere Gedanken habe, nicht immer nur daran denke. Ich möchte nicht einfach Angst vor dem Ende haben, den so ist das Leben einfach nicht lebenswert. Im Moment funktioniere ich nur, habe Angst, dass meinen Kindern etwas passiert, dass meinem Mann etwas passiert, dass meinen Verwandten und Freunden etwas passiert und ganz besonders, dass mir etwas passiert. Ich habe schreckliche Angst vor dem Tod, schon eigentlich immer gehabt, doch jetzt holt mich diese Angst wieder ein.

Ich weiß, dass es der Lauf der Dinge ist, Menschen werden geboren und sterben, aber es musste doch nicht mit 35 Jahren sein (bin auch 35), und es musste auch nicht sein, dass ein kleiner Junge jetzt ohne seinen Vater aufwachsen muss. Und wenn ich mich frage, warum das ganze? Wegen dem lieben Geld! Wegen einige Euros mehr im Monat, musste er sein Leben lassen. Ach das ganze Leben ist einfach so ungerecht, und es tut verdammt weh, dass zu wissen. Danke schon einmal fürs Aufmuntern, dass habe ich jetzt wirklich nötig.

» Redangel » Beiträge: 1289 » Talkpoints: 2,82 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Als mein Vater 2009 starb war ich in einer ähnlichen Situation. Nur war das eben auch von jetzt auf gleich passiert ohne das man sich quasi auf den Tod vorbereiten muss. Mein bester Freund hatte damals sehr viel Aufbauarbeit bei mir zu leisten, weil ich da halt verdrängen wollte.

Aber seine Worte, das man es einfach nur akzeptieren muss und dabei bedenken soll, was der Verstorbene gerade noch schönes erlebt hat, hat mir sehr dabei geholfen. Bei mir war es eben so, das ich dankbar dafür bin, das mein Vater seine Enkeltöchter noch als Schulkinder erleben durfte. Genauso wie er eben, trotz schwerer Erkrankung, einige andere grössere Familienereignisse noch geniessen konnte.

Du schreibst, das der Cousin deines Mannes erst kurz vorher geheiratet hat. Denke daran, das er damit einen sehr glücklichen Tag erleben durfte. Man kann auch sagen, das er als glücklicher Mensch gestorben ist. Und eben nicht einsam und verbittert. Erinnere dich an die schönen Momente, die du mit ihm erleben konntest.

Es wird seine Zeit brauchen. Aber nur wer den Tod akzeptiert, auch wenn es hier einen noch jungen Menschen getroffen hat, kann auch damit umgehen. Ich weiss das es schwer ist. Aber ich habe auch selbst erlebt, das mich der erste Todestag meines Vaters dann nicht in ein so tiefes Loch gerissen hat, wie ich befürchtet habe.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich weiß, dass in dieser Stufe der Trauer keine Worte helfen. Es ist einfach noch zu früh dafür. Trauer ist ein Prozess der in folgenden Phasen abläuft: Verneínung, Zorn, Verhandeln, Depression & Akzeptanz. Du musst nicht zwangsweise alle Phasen durchlaufen, auch kannst du mehrere Phasen der Trauer gleichzeitig durchlaufen. Wichtig ist, dass du deínen Weg des Trauern findest, also so wie du mit dem Verlust am Besten zurecht kommst.

Lass dir gesagt sein, je mehr Zeit vergeht, desto besser kann man damit umgehen. Doch das Zitst halte ich für mehr als wahr: "Es heißt die Zeit heilt alle Wunden, doch ich habe Zeit noch nicht gefunden." Ein tiefer Schmerz bleibt im Herzen.

» JeanSmith » Beiträge: 422 » Talkpoints: 4,88 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Das Gefühl muss schrecklich sein und dass du jetzt auch noch alleine mit den Kindern bist, hilft sicher auch nicht gerade. Wenn es dir hilft, schreib hier also gerne deine Gedanken, man muss sich einfach austauschen auch in solchen Situationen, dashilft einem einfach damit klar zu kommen. Also keine Scheu von deinen Gefühlen hier zu schreiben!

Ich denke, was wichtig ist, man darf seine Gefühle, Ängste und Gedanken nicht unterdrücken. Ich verstehe zwar, wenn du sagst, dass du vor deinen Kindern nicht weinen möchtest, aber denk doch erst mal an dich. Gibt es vielleicht die Möglichkeit die Kinder für ein paar Tage zu Oma und Opa, Freunden oder Verwanten zu geben, damit du ein wenig Zeit für dich und deine Gefühle hast? Du musst mit dem Schmerz und deinen Gefühlen umgehen lernen. Lass sie raus, weine, wenn dir danach zu Mute ist und sieh dir ruhig die Bilder an und zwar bewusst und ohne schlechtes Gewissen. Dein Herz kann nicht begreifen, was da geschehen ist und schon gar nicht wieso, also hilf ihm ein bisschen und lass es geschehen.

Kannten deine Kinder den Cousin deines Mannes denn? Vielleicht solltest du dann auch mit ihnen sprechen, denn Kinder zeigen nicht sofort, wenn sie trauern und auch sie müssen versuchen mit dem Gefühl klar zu kommen. Außerdem solltest du ihnen auf jeden Fall versuchen zu erklären, wieso du traurig bist. Dass du froh bist, dass sie bei dir sind und sie mit dir über alles sprechen können. Auch wenn Kinder sensibel sind oder gerade deshalb bringt es wenig, die Trauer vor ihnen verstecken zu wollen. Sie fühlen, dass etwas nicht stimmt und es verunsichert sie nur noch mehr, wenn sie nicht wissen was los ist.

Wann kommt denn dein Mann wieder? Ich denke auch er wird eine große Stütze für dich sein, wenn er zurück ist. Dann könnt ihr eure Gedanken und Gefühle teilen und über den Cousin sprechen. Das hilft meist mehr als man glauben mag.

Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Kraft für die kommende Zeit und hoffe, dass es dir bald ein wenig besser geht!

Benutzeravatar

» dassi87 » Beiträge: 279 » Talkpoints: -1,74 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Meine Kinder kannten den Cousin, wir hatten sehr guten Kontakt. Meistens kam aber mein kleiner (9 Jahre) nur mit, wenn wir auf Besuch waren, da der Cousin nur einen kleinen 3 1/2 Monatigen Sohn hat, da wurde es meinen Kindern zu langweilig bzw. die anderen 2 sind schon etwas älter (16 und fast 12). Natürlich wissen meine Kinder Bescheid, den in den Tagen als er im Krankenhaus lag, musste ich sie einige Zeit alleine zu Hause lassen. Da hat mir der große auch sehr damit geholfen, dass er auf die kleineren Acht gegeben hat.

Auch habe ich auf den kleinen Sohn von Zoran aufgepasst, als mein Mann und seine Frau im Krankenhaus waren. Der kleine guckte mich neugierig an, lächelte mich an, und mir kamen die Tränen. Mein kleiner sah es und weinte mit mir, weil ihm der kleine so Leid tut, dass er jetzt keinen Papa mehr hat. Zoran hat sich so auf dieses Kind gefreut, und es ist das einzige was er hinterlässt. Alles erinnert an ihn. Der Schlafzimmerkasten, der Geschirrspüler, der Fernseher, den haben mein Mann und Zoran zusammen nach Hause getragen, weil wir einen zu kleinen Auto haben und es nur bei ihm rein gepasst hat.

Wann mein Mann kommt, weiß ich nicht. Ich weiß nicht einmal ob die Beerdigung schon stattgefunden hat oder nicht. Die letzte Info ist vom Dienstag. Da ist er am späten Nachmittag in dem Ort wo er beerdigt werden wird eingetroffen. Ich werde versuchen meinen Mann heute zu erreichen. Benötige mal eben kurz Aufbauende Worte und muss die Stimme meines Mannes hören.

» Redangel » Beiträge: 1289 » Talkpoints: 2,82 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich kann Deine Trauer und Deine damit verbundenen Gefühle sehr gut nachvollziehen. Ich habe am 11. Januar diesen Jahres einen geliebten Menschen verloren. Bei mir war es eine Freundin, mit der mich über Jahre hinweg so etwas wie eine Seelenverwandtschaft verbunden hat. Der Verlust eines lieben Menschen tut verdammt weh. Mir geht es ähnlich wie Dir, denn auch ich habe niemanden mit dem ich richtig darüber reden könnte.

Allerdings habe ich den Verlust nicht auf derart schnelle unvorhersehbare Art erlebt wie Du. Meine Freundin ging fast genau 7 Monate vor Ihrem Tod zum Arzt weil sie schon längere Zeit einen immer wiederkehrenden Druck in der Magengegend verspürt hatte. Sie musste in die Klinik. Die Enddiagnose lautete Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Zeit in der ich den Verlauf der Krankheit miterlebt habe, das ständige Leiden, das sie begleitet hat war fast noch schlimmer zu ertragen wie die Tatsache dass sie gestorben ist.

Ich habe mitgekämpft, wollte Spenden auftreiben für eine alternative Krebstherapie, hab eine Spendenhomepage gebastelt obwohl ich noch nie eine Website gemacht habe. Die Familie meiner Freundin war zu geschockt um selbst noch etwas in der Richtung zu unternehmen. Ich fange auch manchmal einfach zu heulen an wenn ich so an unsere gemeinsamen Unternehmungen denke. Wir haben z.B. zusammen Schmuck hergestellt und sind dann miteinander auf Weihnachtsmärkte gegangen und haben der dort verkauft. Ich habe auch die Homepage nicht vom Netz genommen sondern habe sie entsprechend geändert und damit ein bißchen meiner eigenen Trauer nach außer ab gegeben.

Du kannst ja mal hinsurfen . Sie heißt schenk-mir-einen-euro.com Du musst jetzt einfach für Dich versuchen Dich abzulenken mit irgend etwas das Dir guttut und Spass macht. Ich mache seit einigen Tagen wieder ganz viel Schmuck. Ich schicke Dir viel Kraft für die schwere Zeit, die Du momentan durchleben musst.

Benutzeravatar

» Kaffeemaus » Beiträge: 9 » Talkpoints: 4,80 »


Wenn Du gläubig bist, würde ich zu einem Priester gehen und mal einem Seelsorger, der sich aufs Zuhören versteht mein Herz ausschütten. Wenn Du da deinen Schmerz rauslassen kannst, könnte Dir das etwas helfen. Wenn Du nicht gläubig bist, bietet sich da zum Beispiel so eine Krisenhotline an. Dort kann man anonym anrufen und sich jemandem öffnen. Das ist glaube ich direkter, als der Kontakt von uns über das Forum. Manchmal ist es einfach tröstlicher, eine menschliche Stimme zu hören.

Auch eine Möglichkeit Dir Hilfe zu holen ist, wenn Du mal zu deinem Hausarzt gehst. Vielleicht kann der euch ganz schnell zu einer Kur verhelfen, wo man euch dabei unterstützt, den Schock zu verarbeiten. Oder aber der Arzt kann euch milde Medikamente verschreiben, die in eurer momentanen Situation entspannend wirken und ohne große Nebenwirkungen die Gefühle erträglicher machen. Das würde Dir bzw. euch helfen, mal wieder etwas Schlaf zu finden. Vielleicht weiß euer Hausarzt ja auch eine Anlaufstelle, wo man euch in eurer verdammt tragischen Situation helfen kann. Entweder eine Stelle, wo man für Traumapatienten Hilfe anbietet, oder eine Selbsthilfegruppe für Betroffene.

Ansonsten könntet ihr die Erzieher oder Lehrer (ich weiß nicht wie alt deine Kinder sind) bitten, mit den Kindern mal über den Tod zu sprechen, weil ihr es selbst nicht schafft. Das würde den Kindern helfen, eure Tränen besser zu verstehen. Oder ihr schafft es, den Kinder Kinderbücher über den Tod vorzulesen und mit ihnen gemeinsam durch den Schmerz zu gehen. Auf jeden Fall halte ich es für schwierig, wenn ihr eure Tränen total vor den Kindern versteckt. Wenn ihr einen guten Familienzusammenhalt habt, suche viel Kontakt zu eurer Familie. Sich gegenseitig aufzufangen, wenn man sich ausheult kann im Nachhinein auch viel Kraft geben.

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^