Habe ich meinen Freund im Stich gelassen?

vom 23.10.2009, 13:04 Uhr

Hallo ihr!

Ich habe mich vor ein paar Wochen von meinem Freund getrennt, da er massiver Alkoholiker ist, der auch schon mehrmals im Entzug war und so weiter. Also er machte schon Entgiftung, lang zeitigen Entzug und so weiter, egal ob ambulant oder stationär. Nun hat er wieder einen kalten Entzug gemacht.

Er war nun wirklich im Delirium, er hatte mehr als übelste Halluzinationen. Er war nun fünf Tage auf kaltem Entzug, am zweiten Tag habe ich es mitbekommen und am dritten Tag habe ich dann versucht seine Betreuerin zu erreichen, denn sonst war es immer so, dass er am dritten Tag wieder getrunken hatte. Diesmal eben nicht und er fing dann am dritten beziehungsweise vierten Tag das halluzinieren an und deshalb habe ich dann die Eltern angerufen, dass die die Betreuerin informieren.

Gut das haben sie getan, doch die Betreuerin hatte nur mal angerufen. Nachdem ich heute Nacht dann den Notarzt geholt habe, wegen Sturz, Halluzinationen und Atemnot, nahmen die ihn nicht mit. Daher wieder die Betreuerin versucht anzurufen und nun habe ich sie erreicht. Sie kam dann endlich mal vorbei und er kam dann auch in den Entzug.

Einen hatte ich schon mitgemacht mit ihm, war damals täglich dort und war einfach total fertig. Durch die Tabletten war er ziemlich klar im Kopf und daher war es auch gut, dass ich da war. Wir schmiedeten damals Pläne und kamen dann auch in dem Entzug fest zusammen. Davor waren wir nur Freunde.

Heute wurde er geholt mit dem Krankenwagen, zum Glück ohne Polizei, doch heute bin ich nicht mitgefahren in die Klinik. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich ihn besuchen werde, doch weder heute noch morgen. Ich habe ihm noch Zigaretten für heute und morgen mitgegeben und seine Eltern angerufen, dass sie ihm doch morgen Zigaretten und Trinken bringen möchten, was sie auch tun werden.

Diesmal ist es halt so, dass er nicht betrunken ist, sondern eben im Delirium und ich denke nicht, dass dies so wie beim Entzug ist, dass er dann nach paar Tabletten Einnahmen wieder klar im Kopf ist. Er selber sieht auch nicht, dass er im Delirium ist. Ich werde ihn schon mal besuchen, doch eben nicht so wie damals. Ich weiß auch, dass er nach 14 Tagen oder so, wenn er aus dem Krankenhaus draußen ist, dass er dann noch vier Monate weg kommt.

Seine Wohnung darf er behalten, sprich er wird wieder kommen. Jedoch wird er so weit weg sein, dass wir uns nicht sehen können. Findet ihr, ich habe ihn im Stich gelassen, dass ich ihn heute nicht mit ins Krankenhaus begleitet habe? Damals war ich dabei, da ich die einzige war, auf die er "hörte" und besänftigen ließ. Doch in dem Zustand wo er nun ist, kann ich ihm einfach auch nicht helfen.

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» kleineliebe » Beiträge: 1817 » Talkpoints: 2,92 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich kann wirklich verstehen, dass du dir jetzt Gedanken darüber machst. Ich denke aber, du hast ihn schon genug unterstützt und solltest nun auch mal an dich selbst denken. So wie sich das anhört hast du schon sehr viel mit ihm durchgemacht und ihm schon wirklich viel geholfen.

Auch wenn es schwer für ihn ist, musst du dich selbst schützen. Die Frage ist einfach, wie oft du das noch mit ihm durchziehen musst, möchte er denn zumindest wirklich aufhören?

Du tust dir glaube ich nur selbst weh, wenn du ihn in diesem Zustand besuchst und auch dem Bild, dass du von ihm hast, wird das nicht wirklich gut tun. Indem du also ihn zwar besuchst, aber nicht so oft wie damals zeigst du ihm auch deutlich, dass du ihn zwar unterstützt, aber einfach nicht noch einmal die Kraft hast, all das mit ihm durchzumachen.

Wenn er dir das hinterher zum Vorwurf macht, kann er überhaupt nicht nachvollziehen, was du als seine Freundin durchgemacht hast. Vielleicht begreift er dann auch, durch die Angst dich zu verlieren, dass er endgültig damit aufhören muss.

Ich hoffe ich konnte dir helfen, auch wenn ich mich natürlich nicht wirklich in deine Situation hineinversetzen kann, da ich noch nie in der Lage war. Hoffentlich klappt es diesmal, ich würde es dir wirklich wünschen!

» janamaus » Beiträge: 50 » Talkpoints: 0,13 »


Ich kann mich sehr gut in dich hineinversetzen, ich hab das gleiche auch lange Zeit mitgemacht, damals mit meinem Freund, hab ihn beim Entzug geholfen und war auch beinahe Tag und Nacht bei ihm (trotz damals 10 Monate altem Kind). Nach ein paar Tagen Delir und Entzug war er dann wieder klar im Kopf und war dann 3 Wochen an der Psychiatrie stationär. Er hatte dort psychiatrische Betreuung, hat aber nie wirklich zugegeben, daß er Alkoholiker ist.

Trotzdem war er nach dem Entzug wieder ein ganz neuer Mensch, er war wieder voller Pläne und fast wieder der Mensch, den ich am Anfang kennen und lieben gelernt habe. Leider fing er dann nach acht Monaten aufgrund von beruflichem und privatem Streß (lag aber nicht an mir) wieder zu trinken an, ich hab ihn sicher 1000 Mal gebeten, damit aufzuhören bzw. sich wieder in Betreuung zu begeben. Als Zeichen meines guten Willens ihn zu unterstützen, hab ich ihn dann auch noch geheiratet. Er hat mir versprechen müssen, daß er aufhört, was er natürlich auch getan hat. Aber es ist immer schlimmer geworden mit dem Trinen, ein Blackozt nach dem anderen und wenn man ihn darauf angesprochen hat, hat er immer betont, daß er alles im Griff hat und kein Alkoholiker ist. Er hat dann sein Auto im Suff kaputtgefahren, fast seine berufliche Existenz verloren usw. und ich habe ihn zwei Jahre lang immer wieder aufgefangen und unterstützt, aber als er dann am zweiten Geburtstag unseres Jüngsten wieder ein Blackout hatte, hat es mir gereicht und ich habe die Scheidung eingereicht. Es war dann noch ein sehr harter und langer Weg, das alles druchzustehen, aber es hat sich zu 100 Prozent gelohnt, ich bzw. wir können nun endlich wieder richtig leben.

Wie ich deinem Post entnehme, hast du dich ja auch schon von deinem Freund getrennt und ich bin mir sicher, daß du ihn schon unendlich viel gegeben hast und es dir nicht leicht gemacht hast.

Ich kann dir nur wirklich raten, dich um dich selbst zu kümmern, du bist nicht für deinen Freund verantwortlich. Nur er selbst kann es durch seinen Willen schaffen, die Sucht zu besiegen, oder auch nicht. Und auch dann brauchst du dir keine Vorwürfe zu machen. Indem du deinem Feund immer wieder beistehst (so hart das klingen mag, aber denk mal darüber nach), unterstützt du ihn nur in seiner Sucht. Schau drauf, daß es dir gut geht und halte dich ganz ohne schlechtes Gewissen von deinem Freund fern. Nur so hat er eventuell eine Chance darüber nachzudenken, was er duch die Sucht verliert, nämlcih den Menschen, den er liebt. Entweder er kapiert und packt das und sonst kann ihm leider niemand helfen.

Ich wünsch dir alles Gute und schicke dir viel Kraft, das durchzustehen! Schau, ob du dich vielleicht auch an jemanden wenden kannst, der dich unterstützt und mit dem du reden kannst (Anonoyme Alkoholiker?).

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» canella » Beiträge: 13 » Talkpoints: 5,95 »



Du hast dich getrennt und verhälst dich doch weiterhin so, als wenn ihr ein Paar seid. Was denn nun? Wenn die trennung von ihm ausgegangen wäre und du jetzt überlegen würdest, würde ich das noch verstehen können. Aber so?

Er hat dich geschlagen, er hat Sex gegen deinen Willen gewollt und du hast ihm jetzt trotz Trennung wieder die Bude eingerannt bzw. ihm hinterher telefoniert. Lebe du dein Leben und lass ihn seine gestalten. Da er ja nun nicht das erste Mal den wagen Versuch unternimmt vom Alkohol loszukommen, glaube ich nichtmal das er danach trocken bleibt.

Und wenn du dann wieder mit ihm zusammen bist, wird dein Leben wieder so verlaufen, das du rennen kannst, wenn es ihm beliebt. Bau dir deine Zukunft nach deinen Wünschen und mach dich nicht von diesem Mann abhängig.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Alkoholiker können sich nur selbst helfen, von außen kann man da - leider - nur sehr wenig machen. Du hast es ja bereits erlebt, dass Dein Freund auf gutes Zureden hin nicht von selbst in eine Klinik zum Entzug wollte. Das mit dem Delirium ist dadurch gekommen, dass er alleine zu Hause versucht hat zu entziehen, wo er nun wahnsinniges Glück gehabt hat, dass er das überhaupt überlebt hat.

Die meisten Alkoholiker kommen aus ihrem Teufelskreis meist erst dann heraus, wenn sie wirklich ganz unten sind, also alles verloren haben, was ihnen etwas bedeutet hat, wie den Job, die Freunde und auch den Partner. Weil irgendwann das keiner mehr mitmachen kann, das zehrt an der eigenen Substanz.

Dass er nun in eine Therapie geht, ist gut und richtig. Denn dort kann er auch zu sich selbst finden, ganz ohne Alkohol und lernen, ohne Alkohol zu leben. Die Rückfallquote ist zwar leider nicht besonders niedrig, aber wenn er einen starken Willen hat, dann schafft er es auch, trocken zu bleiben. Nur muss dieser Wille aus ihm selbst heraus kommen. Weder Du noch sonstjemand kann ihm da helfen. Du hast ja schon gemerkt, dass Du ihm bisher auch nicht helfen konntest. Daher ist das auch kein im Stich lassen. Dein Freund ist schwerkrank, weil Alkoholismus eine lebensgefährliche Krankheit ist, eine Sucht, die stark abhängig machen kann, bzw. ist es bei ihm ja bereits der Fall.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich kann auch gut verstehen, dass du ihn diesmal nicht begleitet hast. Ich würde das auch nicht noch einmal mit ihm durchmachen wollen, vielleicht nimmt er es dir nicht einmal übel. Wer weiß ob er später nicht doch wieder rückfallig wird und dann kommt wieder ein Entzug?

Ich finde, du hast die richtige Entscheidung getroffen. Du kannst ihn ja trotzdem mal wieder besuchen und nach ihm schauen.

» Maynou » Beiträge: 1 » Talkpoints: 0,23 »


Welcher Gedanke mir dabei noch so kommt: Was hat er denn bisher für Dich getan, dass er erwarten könnte, dass Du ihn weiterhin unterstützt? Wenn da nichts oder nur sehr wenig ist, dann solltest Du wirklich mal gründlich Deine Prioritäten überdenken. Denn jemand, der nur nimmt, der ist es auch nicht wert, dass Du Dir Gedanken um ihn machst. Denn so, wie Du es schreibst, sieht es so aus, als hättest Du schon eine ganze Menge für ihn getan, aber was er getan hat, um zu verdienen, dass Du Dich um ihn kümmerst, das wird nicht deutlich.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Das ist schon eine sehr verzwickte Situation. Zum einen kann ich mir gut vorstellen, dass es für dich besser ist, wenn du genau das tust. Beziehungsweise hast du es ja schon getan. Immerhin musst du dich auch um dein eigenes Leben kümmern und kannst dich nicht immer aufopfern. Vor allem, wenn da nichts von ihm zurückkommt. Eine Partnerschaft sollte schließlich aus Geben und Nehmen bestehen.

Zum anderen finde ich schon, dass du ihn nicht in dieser Situation alleine hättest lassen sollen. Zurückziehen kann man sich immer nich, bzw. einen klaren Schlussstrich ziehen. Aber das was du machst ist nicht halbes und nichts ganzes. Zumal er, wie du sagst, keinen anderen hat, dem er wirklich vertraut.

Ich denke,dass du vielleicht enttäuscht von ihm bist, oder? Schließlich hast du das schon einmal mitgemacht und offensichtlich hat das nichts gebracht. Hat er dir denn versprochen trocken zu bleiben?

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» winny2311 » Beiträge: 14930 » Talkpoints: 2,85 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Hallo,

eine sehr schwierige Situation, in der du dich da befindest. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass du dich fragst, ob du richtig gehandelt hast.

Einerseits denke ich, dass es in seiner Situation total wichtig ist, dass er jemanden hat, dem er vertrauen kann und der für ihn da ist und du sagst, dass er da nicht viele Menschen hat.

Andererseits denke ich, dass es euch beiden nichts hilft, wenn du jetzt zwar die ganze Zeit da bist, aber dabei selber so leidest, dass du daran kaputt gehst. Dann seid ihr im schlimmsten Fall beide sehr bald am Ende und dann ist die Situation noch viel schlimmer, als sie momentan ist. Du sagst, dass er bereits zum wiederholten Male einen Entzugsversuch startet und du ihn in der Vergangenheit immer unterstützt hast. Das heißt ja, dass du nicht einfach aufgegeben hast, sondern schon sehr viel Energie und Kraft investiert hast.
Da er sich momentan im Delirium befindet, bekommt er vielleicht auch gar nicht mit, ob du da bist oder nicht und dich belastet die Situation aber sehr.

Ich finde, du hast richtig gehandelt, denn meiner Meinung nach ist es wichtig, dass du nun an dich selbst denkst, deine Energie für dich nutzt und dann vielleicht für ihn da sein kannst, wenn er aus der Therapie zurück kommt und in der ersten Zeit alleine Unterstützung gebrauchen kann.

Wirklich helfen kannst du ihm momentan ja wirklich nicht, er muss selber einsehen, dass er krank ist, dass er professionelle Hilfe benötigt und diese auch annehmen. Erst, wenn er diesen Schritt selber gegangen ist, kannst du ihn unterstützen, dies in seinem weiteren Leben umzusetzen. Aber der erste Schritt muss von ihm selbst gewollt sein, sonst hilft alles nichts.

Du musst dir also meiner Meinung nach keine Vorwürfe machen, es ist wichtig, dass du auch darauf schaust, dass es dir gut geht! Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft!

» elakiel » Beiträge: 3 » Talkpoints: 3,92 »


Ich denke nicht, dass du deinen Freund im Stich gelassen hast. Du bist schließlich im Rahmen deiner Möglichkeiten für ihn da, was schon sehr viel wert ist. Auch wenn es ihm sehr schlecht geht, solltest du dich dabei nicht selbst völlig verausgaben. Wenn du am Ende deiner Kräfte bist, bist du auch für ihn keine wirkliche Hilfe. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass er nun in einem Zustand ist, in dem deine Bemühungen bei ihm ohnehin nicht ankommen würden.

Grundsätzlich finde ich es sehr mutig von dir, dass du zu deinem Freund gehalten hast. Ich habe im Rahmen meines Studiums natürlich auch mit Alkoholikern zu tun gehabt und fand das oftmals sehr schwierig und kraftraubend. Diejenigen, die einfach "nur" betrunken sind, kann man irgendwie in den Griff bekommen. Allerdings ist es sehr problematisch wenn jemand Alkoholiker ist und sich sogar im Delirium befindet. In diesem Zustand wirst du nichts für diesen Mann tun können und du solltest aufpassen, dass du selbst nicht an den Problemen eines anderen Menschen kaputt gehst.

Sehr gut finde ich es, dass sich die Eltern deines Freundes ebenfalls in die Betreuung des Sohnes einbinden. Wichtig ist einfach, dass nahestehende Leute da sind. Mehr als das ist einfach nicht möglich, gerade nicht in dem aktuellen Zustand. Wichtig ist, dass dein Freund die nötige medizinische Betreuung und Therapie bekommt, die er jetzt braucht. Freunde und Familie können unterstützen, allerdings können sie die professionelle Betreuung durch Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte nicht ersetzen, und diese Betreuung hat nun erst einmal Priorität.

Wichtig ist, dass du auch auf dich selbst achtest, und das in erster Linie. Du schreibst, dass du dich getrennt hast, weil er massiver Alkoholiker ist. Beim Alkoholismus handelt es sich ja nicht um eine kleine Erkrankung, die man nach kurzer Zeit überstehen kann. Alkoholiker verändern sich oft sehr stark durch ihre Sucht und eine Beziehung zu einem Alkoholiker geht nur in den wenigsten Fällen gut. Wenn du also nicht auf der Strecke bleiben willst, solltest du an deiner Entscheidung festhalten und diesen Mann auch nur so weit unterstützen wie du selbst es kannst.

Sobald du selbst merkst, dass du einfach nicht mehr kannst, solltest du die Notbremse ziehen, was du ja offenbar selbst auch schon getan hast. Du solltest versuchen, dir keine Vorwürfe zu machen, sondern anzuerkennen, dass du für dich selbst eine wichtige und notwendige Entscheidung getroffen hast.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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