Krise bei Quelle / Arcandor - mögliche Ursachen

vom 20.07.2009, 21:47 Uhr

Sicher ist es keinem von euch entgangen, dass sich Arcandor / Quelle seit kurzem, bzw. mal wieder, in der Krise befindet - so gewaltig, dass große Teile des Unternehmens daran zerbrechen könnten. Nur: Wie kann eigentlich ein Unternehme, das so groß ist und im Grunde keinen schlechten Umsatz macht so tief fallen?

Liegt das nur am Missmanagement oder daran, dass dort teilweise Trends jahrelang verschlafen wurden? Denn die Großaktionärin Madeleine Schickedanz gab jetzt ja selber zu, dass man die Zeichen der Zeit, vor allem was das Internet angeht, jahrelang verkannt bzw. ignoriert hatte. Und das heute am Internet was den Handel angeht kaum mehr ein Weg vorbeigeht kann man ja kaum noch von der Hand weisen. Aber liegt es nur daran oder ist Arcandor / Quelle auch an anderen Fronten völlig falsch aufgestellt? Was seht ihr als mögliche Ursachen dafür an, dass das Unternehmen sich in der Krise befindet?

» Oschi » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



KarstadtQuelle hat ja jahrelang in absolutem Tiefschlaf einfach vor sich hingewurstelt. Die haben wohl gedacht, was jahrzentelang funktioniert hat, wird auch irgendwie weiter laufen. Wenn ich alleine die Aussagen von Frau Schickedanz lese, dass ihr gesamtes (!) Privatvermögen gefährdet sei, so kann man von einem massiven Unverständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge und Vorgänge ausgehen.

Wie es auch im "klassischen" Versandhandel besser geht, macht ja die Otto-Gruppe mit ihren zahlreichen Tochterunternehmen vor. Eben nicht ein- oder zweimal im Jahr einen Riesenwälzer raushauen, dessen Inhalt und Style sich seit Jahren kaum geändert hat, sondern lieber mal öfter kleinere und spezifischere Angebote an verschiedene Zielgruppen bringen.

Das alles wäre ja nicht so schlimm, wenn nicht letztlich der Steuerzahler für die massiven Fehler haften würde.

» bsm123 » Beiträge: 1254 » Talkpoints: 13,60 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Bei einem so großen Konzern kann nicht eine Konzerntochter wie Karstadt oder Quelle allein verantwortlich gemacht werden. Es sind sehr viel mehr Firmen beteiligt. Warum spricht keiner von der Reisesparte Thomas Cook? Die scheinen doch gute Gewinne zu machen. Wurde diese Firma nicht mit den Gewinnen von Karstadt und Quelle gekauft? Warum wurde sie dann, als es bei Karstadt und Quelle nicht so gut lief, nicht gewinnbringend wieder verkauft?

Nicht zu vergessen sind auch die Banken, die diesen Konzernen Kredite zur Verfügung stellen, mit denen die Waren eingekauft werden. Jahrelang haben die Banken gerne Kredite gegeben und viel Geld mit den Zinsen verdient. Als es noch keine Finanzkrise gab unterstützten diese Banken auch "ihre" Unternehmen. Jetzt mitten in der Krise wird das Geld lieber zurückgehalten. Auch die Warenkreditversicherer scheinen so hohe Gebühren zu nehmen, dass es sich eine Bank nicht leisten kann einen Konzern wie Arcandor in Notzeiten zu unterstützen.

Zu der Sparte Karstadt kann ich nur sagen, dass es wahrscheinlich nicht daran liegt, wie soviele Experten meinen, dass Warenhäuser nicht mehr so "in" sind, sondern dass, wie in vielen Konzernen, mit den Gewinnen nicht richtig umgegangen wird. So werden Trends vielleicht nicht verschlafen, aber es wird vielleicht auf falsche Trends gesetzt oder die Gewinne werden einfach abgeschöpft. Andere Warenhäuser finde ich nicht unbedingt besser als Karstadt. Warum gibt es dort keine Krise?

Ein großes Problem stellt meiner Meinung nach auch die Umverteilung von Verkaufsflächen und die Internetkonkurrenz dar. Ein Warenhaus wie Karstadt bietet seinen Kunden immerhin noch eine Beratung und die kostet nun mal Geld, schafft aber Arbeitsplätze. Manche Kunden vergessen das. Im Internet kann man sich den günstigsten Preis suchen lassen und gleich dort oder beim Discounter wird eingekauft. Die Serviceleistungen des stationären Handels werden dann schnell vergessen.

» Matti1 » Beiträge: 4 » Talkpoints: 3,69 »



Was hier noch gar nicht erwähnt wurde, ist die Wahnsinnsidee, im großen Stil teuere Immobilien auch sehr teuer weiterzuverkaufen, um sie für einen Haufen Geld zurückzumieten. Dass die Mietpreise in den Innenstädten nicht so geschenkt sind, dass sich das langfristig lohnt, hätte man auch vorher bedenken können.

Ansonsten wollten ja offensichtlich die Eigentümer nicht zu stark mit ihrem Privatvermögen haften. Nun, das ist zwar einerseits verständlich, wenn man daran denkt, dass wohl niemand mit großer Freude für einen Schaden bezahlt. Andererseits kam das großartige Privatvermögen ja erst zustande, weil sich das Unternehmen zeitweise so gut gerechnet hat.

Und es ist fast beschämend, dass man als Superreicher, der auch nach Großinvestitionen noch mit x-Millionen Restguthaben rechnen kann, so auf jedem Euro sitzt. Ins Grab nimmt es ja auch keiner mit. Aber angeblich ist die Familie inzwischen so verarmt, dass sie nur noch einen Betrag unter 30 Millionen Euro (ich glaube, es waren 26 - aber lege mich nicht fest, da ich den letzten Monat nicht so stark Zeitung gelesen habe) ihr Eigen nennen darf.

» Chaud » Beiträge: 47 » Talkpoints: 34,47 »



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