Was wäre für Euch ein attraktives Gesamtpaket im Job?

vom 29.05.2025, 11:47 Uhr

In Zeiten des Fachkräftemangels lassen sich ja viele Arbeitgeber einiges einfallen, um Personal zu gewinnen. Unter anderem gibt es monatliche Guthabenkarten, eine betriebliche Altersvorsorge und vieles mehr.
Mit Obstkorb und Kicker kann man ja heutzutage auch niemanden hinter dem Ofen vor locken, was bitte soll man mit einem Kicker bei der Arbeit? :wall:

Bei uns ist es so, dass ich für meine 35-Stunden-Woche ein attraktives Gehalt bekomme und mir meine Arbeitszeiten aussuchen konnte. Freitags haben wir immer um 13:00 Uhr Feierabend. Und - wir haben jeden ersten Freitag im Monat einen Haushaltstag. Zugegeben, so etwas wird kein Arbeitgeber anbieten, aber ich finde es toll. Für Brückentage brauchen wir auch keinen Urlaub nehmen, die sind automatisch frei. Dann gibt es noch jeden Monat eine Guthaben-Karte im Wert von 50,- Euro. Da können wir zwischen drei Supermärkten wählen.

Ich finde, das sind schon echt tolle Vergünstigungen, so dass man auch motiviert an die Arbeit geht. Ich könnte mich immer amüsieren, wenn Firmen mit "pünktliche Gehaltszahlung" und "kostenloser Parkplatz" werben. So etwas setze ich eigentlich voraus. Was ich noch sehr attraktiv finde, ist, wenn man den Mitarbeitern - da, wo es möglich ist - auch die Möglichkeit einräumen würde, zwei bis drei Tage im Homeoffice zu arbeiten.

Es hat sich ja nun mal gezeigt, dass viele nicht mehr zurück ins Büro wollen, was ich sehr gut verstehen kann. Daher denke ich, dass diese Option ein wichtiger Bestandteil eines attraktiven Gesamtpakets sein sollte. Was denkt Ihr, welche Möglichkeiten würden Euch reizen?

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2871 » Talkpoints: 6,17 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



"Panem et circenses". Das war der Ausspruch des römischen Dichters Juvenal, der mir unwillkürlich in den Sinn kam, als ich den Titel des Beitrages "attraktives Gesamtpaket" las.

Meiner Meinung nach muss hier einmal ganz deutlich herausgestellt werden, dass sich solcherlei Dinge keineswegs für alle Branchen in die Tat umsetzen ließen. Nehmen wir als Beispiel einmal die Lokomotivführer. Wenn es nach der Maxime "Nine to Five" ginge, würde der erste Zug um Neun Uhr abfahren und der letzte vor 17:00 Uhr ankommen. Dann werfen wir einmal einen unparteiischen Blick auf die vielen unterschiedlichen Berufszweige im Handwerk und generell im Dienstleistungssektor mit all ihren speziellen Anforderungen. Kurzum: Allein eine Arbeitszeit kann nicht überall so gestaltet werden, wie es dem Arbeitnehmer gerade in den Kram passt.

Um auf den eingangs erwähnten Dichterspruch zurück zu kommen: "Brot und Zirkusspiele" rief das Volk dem Herrscher zu, der nach der Gunst seiner Untergebenen fragte. Also, genau die Max von der Grün'sche These folgend: Der Arbeitgeber will, dass der Arbeitnehmer möglichst umsonst 24 Stunden und 7 Tage in der Woche durcharbeitet, der Arbeitnehmer hingegen wünscht sich "Money for Nothing", Geld ohne Gegenleistung seinerseits in Form von irgendwie gearteter Arbeit. Zwischen diesen Extrem-Polen bewegt sich die Gewerkschaftspolitik und die der Arbeitgeberverbände hin und her.

Insofern sind "Gesamtpakete" durchaus nett gemeinte Ergebnisse von alkoholgetränkten Chefetagen-Wochenendzusammenkünften. Anders kann ich mir sowas nicht erklären. Wenn es in bestimmten Bereichen der Wirtschaft eben keine "passenden" Arbeitskräfte gibt, sollte man sich besser einmal überlegen, woran das wohl liegen mag, anstatt irgendwelche in den Ohren wohlklingenden Vorschläge zu machen, die sich im Endeffekt wohl nur zum geringsten Teil auf die Steigerung der ach so dringend benötigten Facharbeiterzahl auswirken dürften.

Im Gegenteil ist es oft so, dass auch Berufszweige, die es sich eigentlich leisten können müssten, mit Forderungen genügend Durchsetzungskraft zu entwickeln, da ihre Leistung nicht nur allgemein anerkannt ist, sondern auch unerlässlich, auch nicht um 24-Stunden-Schichten herumkommen. Oder nach normalem Arbeitstag noch Bereitschaft haben, am anderen Tag aber wieder voll fit sein sollen, um eine weitere Schicht, als ob nichts gewesen wäre, durchzustarten. Hier mit Verbesserungen anzusetzen, halte ich für dringend geboten.

Gemeint sind beispielsweise Ärzte und Personal im Gesundheitswesen. Nein, man macht es den Medizinstudenten derart schwer, dass kaum jemand dieses Fach studieren will. Schaut man sich die Prüfungsordnungen an, so ist das der blanke Horror. Nicht nur durch das Multiple-choice-Verfahren, sondern auch durch die höher gehängten Bestehensregeln und sonstigen Schikanen in Form von unbezahlten Pflichtpraktika und so weiter. Und wer als Student dann innerhalb der Regestudienzeit tatsächlich sein Examen geschafft haben sollte, muss erst finanzielle Risiken bei der Praxiseinrichtung eingehen, bis vielleicht unterm Strich ein Monatslohn von höchstens 5000,- Euro herausspringt. Die wenigsten schaffen es innerhalb der Regelstudienzeit und sind vorher schon finanzielle Risiken eingegangen.

Man betrachte nur den Verdienstausfall, den sie dadurch erlitten haben, indem sie während des Studiums eben kein Geld verdienen konnten, die einem Durchschnittsgehalt eines "normalen" Arbeitnehmers entsprachen. Zieht man das noch ab, dann sieht die Bilanz noch düsterer aus. Dass man es den künftigeren Medizinern anstelle schwerer doch ein wenig leichter machen sollte, liegt eigentlich auf der Hand. Hier von "attraktivem Gesamtpaket" zu sprechen, muss fast zwangsläufig in den Ohren der künftigen Jungmediziner wie Hohn klingen.

Und die Liste der aufzuzählenden Berufszweige ließe sich beliebig verlängern, bei denen solche wohlgemeinten Vorschläge wie heiße Luft verpufften. Um aber einmal Büroberufe, bei denen sowas unter Umständen die Attraktivität der Arbeit steigern könnten, anzunehmen, könnte ich mir vorstellen, dass eben eine Kontinuität in der Arbeitsleistung sehr wichtig ist.

Was ich damit meine: Oft wird von Einführung einer 4-Tage-Woche gesprochen. Gemeint ist unverhohlen damit: Dieselbe Leistung innerhalb weniger Zeit. Darauf sollte ein "attraktives Gesamtpaket" keineswegs hinauslaufen. Wie gesagt: Zum Beispiel: So und soviel Anträge in so und soviel Zeit und fertig. Aber auch hier wieder der Pferdefuß, dass nicht jede Tätigkeit gleich bewertet werden kann. Nicht jeder Antrag benötigt dieselbe Zeit bis zur abschließenden Bearbeitung.

Wie gesagt, irgendwelche "Goodies" werden kaum etwas bewirken. Ich sehe das anders. Was wirklich das Arbeitsleben ein wenig angenehmer machen würde, ist die Schaffung eines guten Arbeitsklimas, eine wirklich überstundenfreie Zeiteinteilung. Wie das bei Betrachtung des unternehmerischen Standpunktes in die Tat umgesetzt werden könnte, sehe ich mit Schwierigkeiten verbunden.

Vom Unternehmer erwartet man kontinuierliche Lohn- bzw. Gehaltszahlungen, auch und gerade bei schwankender konjunktureller Ertragslage. Wenn nun gerade ein lukrativer Auftrag an Land gezogen wurde, dann auch Leute am Wochenende arbeiten zu lassen, vertrüge sich nicht mit "attraktivem Gesamtpaket". Das angepriesene "attraktive Gesamtpaket" würde schnell zur Werbelüge verkommen.

» Gorgen_ » Beiträge: 1195 » Talkpoints: 429,42 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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