Was sind eure Guilty Pleasures?
In meinem Freundeskreis fand vor einiger Zeit eine hitzige Diskussion über "Guilty Pleasures" statt und dass wir sehr viele davon teilen, da wir schon sehr lang befreundet sind und diese Dinge teilweise gemeinsam zum ersten Mal entdeckt haben.
Bei Musik bin ich ein sehr großes "Opfer" von Guilty Pleasures. Sei es nun Aqua mit Barbie Girl oder Britney Spears, ich liebe alte Musik und höre sie wahrscheinlich öfters als ich neue Platten höre. Aber auch bei Serien gibt es die ein oder andere, die mich an meine Jugend erinnert und die in meinem Freundeskreis immer als Serien-Guilty-Pleasure bezeichnet wird, wie beispielsweise O.C California oder Charmed, die ich früher sehr gerne gesehen habe, aber auch heute noch gerne schaue.
Was sind eure Guilty Pleasures? Seid ihr ebenfalls jemand, der sehr gerne noch einmal die Dinge aus der Vergangenheit wieder erlebt oder seid ihr gar kein Fan davon?
"Guilty pleasures" hat erst mal gar nichts mit Nostalgie zu tun, sondern es geht ganz allgemein um Dinge/Hobbys/Leidenschaften, die man genießt, und für die man sich gleichzeitig schämt und sie "peinlich" findet, weil sie "uncool" sind. Klassisches "Was sollen die Nachbarn sagen?"-Denken, nur durch einen Anglizismus verbrämt. Viele Leute verkneifen sich lieber das Helene-Fischer-Konzert, die Rom-Com im Kino oder von mir aus den Grießbrei mit Vanille nach Omas Art zum Abendessen, weil es nicht zu ihrem sonstigen Image, Selbst- oder Fremdbild passt.
Ich fürchte mich schon seit Langem nicht mehr vor der Wertung Dritter, wenn es um harmlose Vergnügungen meinerseits geht. Nie würde ich etwa auf das gefühlt zwanzigste Musical-CATS-Ticket verzichten, nur weil jemand die Nase rümpft: "Singende Katzen? Also ich weiß ja nicht." Und wenn ich abends vor der Glotze oder im Zug simpelste Handyspielchen spiele, die auch eine Fünfjährige wahrscheinlich hinbekommen würde, geht das auch niemanden was an, genauso wie der Reality-TV-Schrott der untersten Schublade, den ich mir manchmal zu Gemüte führe. Von "guilty" ist bei mir keine Spur mehr zu finden.
Ich kann mit dem "Schuld" Begriff in dem Kontext so gar nichts anfangen, konnte ich noch nie. Ich verstehe nicht wem gegenüber ich mich da schuldig fühlen sollte. Mir gegenüber, weil ich meine Zeit mit vermeintlich minderwertigem Content verschwendet habe? Wenn ja, warum ändere ich das dann nicht statt mich schuldig zu fühlen? Das liegt ja in meiner Hand.
Mit Sicherheit fallen B-Movies in die Kategorie, gerne mit Monstern, Mutanten, Weltuntergängen und sonstigen Katastrophen. Ich finde die Tatsache, dass sich die meisten dieser Filme viel zu ernst nehmen extrem lustig, besser als die meisten Komödien. Aber Schuld? Nicht die Spur.
Und davon abgesehen kann man sicher sein, dass man mit seinem schuldigen Geschmack nie alleine ist, es gibt für so ziemlich jeden Schrott Fans, die diesen Schrott genauso feiern wie ich. Warum sollte ich mir dann Stress machen? Was "die Leute" denken könnten?
Zu meinen "Guilty Pleasures" gehört wahrscheinlich, dass ich nach wie vor nicht vegetarisch oder vegan lebe und mir auch Fleisch, Fisch und andere Tierprodukte schmecken. Aber ich stelle zunehmend fest, dass ich davon nicht viel berichte und ggf. mein Fischbrötchen lieber allein zuhause esse, statt in der Öffentlichkeit.
Außerdem könnte man vielleicht meine weiterhin vorhandene Lust am Reisen dazu zählen, die in Zeiten von Klimaschutz und Corona auch nicht immer so hoch angesehen ist. Zwar habe ich kein Problem damit, meine Reisen auf klimagünstigere Ziele und Verkehrsmittel umzustellen (Bahn, Ziele in Deutschland und Mitteleuropa), aber ganz einstellen möchte ich meine Reisetätigkeiten nicht.
Beim Musik- oder Filmgeschmack hingegen kann ich weniger von Guilty Pleasures berichten, da ich sehr viel klassische Musik höre und mir lieber Arthouse-Filme anschaue. Das entspricht meinen tatsächlichen Interessen und hat nichts mit dem zu tun, was hoch angesehen ist.
Unter Guilty pleasure verstehe ich ein spaßiges Vergnügen, von dem man aber genau weiß, dass es gesellschaftlich entweder nicht dem absoluten Ideal entspricht oder von dem man selbst weiß oder denkt, dass es irgendwie trashig und minderwertig ist. Aber wider besseren Wissens kann man nicht davon lassen, auch wenn man sich vielleicht diese spezielle Neigung selbst nicht erklären kann. Oder generell: etwas gut finden, worüber viele Leute den Kopf schütteln, je nach Charakter belustigt oder spöttisch lächeln, und von dem man glaubt, niemals damit punkten zu können.
Wobei das ja ehrlich gesagt doch sowieso auf die jeweilige Peergroup oder Schicht ankommt. In akademischen Schichten ist es bei den höheren Etagen sicher nicht ungewöhnlich, auch mal in die Oper zu gehen, in einer Szenekneipe wird man scheel angesehen, warum man so ein spießiges Zeug macht. Meine Großmütter wären völlig entsetzt, warum ich mir immer diesen ganzen True Crime reinziehe, während ich zur Zeit damit gesellschaftlich ziemlich in der Norm liege. Also kein guilty pleasure.
Aber mal konkreter: Ich esse Süßigkeiten (und selten Fleisch), ja, manchmal sogar Dosen und Fertiggerichte, auch wenn viele darüber die Nase rümpfen mögen. In vielen Kreisen gilt das ja mittlerweile schon als fast unterschichtig und sich selbst vernachlässigend, wenn man nicht den ganzen Tag brav Gemüse isst. Und dann besitze ich noch die ganze Reihe von True Blood in Buchform, die mir mein Freund vor Jahren geschenkt hat, weil ich dieses spezielle Universum so mochte.
Musikalisch mag ich manchmal schmissigen R n B von Frauen, die laut mancher Leute in meinem Umfeld so richtige Nervmusik machen, und außerdem habe ich eine Schwäche für die großen Disco-Diven der Siebziger und frühen Achtziger, die vermutlich nur von Teilen der homosexuellen Community geteilt wird. Und meine Romanhefte aus den Achtzigern würde ich auch nicht hergeben, manchmal lese ich sogar alle paar Jahre einen alten Band aus meiner stattlichen Sammlung und erfreue mich an dem aufgebrochenen neuen Blick, den ich jetzt auf die Dinge habe.
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