Berührungsängste gegenüber alten und kranken Angehörigen

vom 03.07.2018, 20:05 Uhr

Ich habe gelesen, dass sich viele Menschen schwer tun, wenn es um einen alten und kranken Angehörigen geht. Einige haben da wohl richtige Berührungsängste und gehen sogar soweit, dass sie es ekelig finden, wenn sie den Angehörigen dann berühren sollen.

Mir ist das noch nie so gegangen, weil es sich bisher immer um Menschen handelte, die mir sehr viel bedeuten. Ich habe dann immer daran gedacht, was diese Menschen mal für mich gemacht haben und hatte so eher das Gefühl, wenigstens ein bisschen davon zurückgeben zu können.

Habt ihr gegenüber alten und kranken Angehörigen Berührungsängste? Würdet ihr da soweit gehen und von Ekel sprechen? Warum geht es da vielen Menschen so? Habt ihr dafür eine Theorie? Hängt das mit der heutigen Gesellschaft zusammen?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Was hat das zwangsläufig mit Ekel zu tun und mit dem Alter der Angehörigen? Manche Menschen reagieren eben distanziert, wenn absehbar ist, dass der Angehörige nicht mehr lange leben wird. Das kann auch durch einen Unfall zum Beispiel der Fall sein.

Wenn man das Ende absehen kann, dann wollen manche Menschen den Angehörigen lieber gesund und aktiv in Erinnerung behalten und nicht hilflos, krank und vollgepumpt mit Medikamenten und mit Schläuchen versehen. Das hat mit Ekel oder dergleichen nichts zu tun, sondern nur mit der eigenen Sensibilität und inwiefern man es verkraften würde, die Person im schlechten Zustand zu sehen, wenn sie stirbt.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich habe bei Familienangehörigen nie mit Ekel oder Ängsten reagiert. Auch nicht, als mein Opa nur vor sich hinvegetiert hat und kaum ansprechbar war. Lediglich bei meiner Uroma hatte ich Ängste, aber die waren anderer Natur. Sie war so klein und abgemagert, dass ich regelrecht Angst hatte, sie könnte zerbrechen, wenn ich sie anfasse.

Wenn Menschen Ekel gegenüber Verwandten empfinden, nur weil sie pflegebedürftig sind, finde ich das widerlich. Es zeigt eigentlich nur, in was für einer kalten Gesellschaft leben, in der die eigene Familie kaum zählt.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 04.07.2018, 20:20, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Was ist an Ekelgefühlen negativ und widerlich? Es sind ganz normale Gefühle und ich kann sie schon irgendwo nachvollziehen. Ich arbeite mittlerweile mit sterbenden Menschen, muss aber gestehen, dass ich bei Angehörigen schon eine gewisse Scheu habe und gewisse Berührungsängste habe. Bei Fremden habe ich kein Problem mit Ausscheidungen, komischen Wunden, Eiter und anderen Körperflüssigkeiten.

Bei Angehörigen ist das noch einmal in meinen Augen etwas Anderes. Du siehst diesen Menschen jeden Tag, du siehst wie er langsam aber sicher vergeht. Du bemerkst Veränderungen bei Angehörigen viel stärker als bei Fremden. Und man ekelt sich natürlich auch mal, wenn der Angehörige aufgrund seiner Erkrankung einen Speichelfaden auf den Tisch ablässt.

Klar kann das Ekel sein. Vielleicht ekelst du dich auch vor den Hautschüppchen, die diese Person überall hinterlässt, vielleicht riecht der Urin sehr stark nach Ammoniak (was bei Harninfekten gar nicht selten ist) und dein Angehöriger pinkelt aufgrund seiner Inkontinenz überall hin? Vielleicht muss der Angehörige sich ständig erbrechen? Oder der Angehörige hat entzündete Hautpartien oder ständig aufgerissene Pergamenthaut? Da gibt es viele Dinge, vor denen man sich ekeln kann und die man beruflich vielleicht wegsteckt, im häuslichen Bereich aber nicht so gut behandeln kann.

Alte Menschen verändern sich nun einmal. Wir werden zwar alle mal alt, aber jeder altert anders. Und ich kann es wirklich verstehen, wenn jemand sich vor alten und kranken Angehörigen ekelt. Je nachdem kneift man trotzdem beide Pobacken zusammen oder engagiert häusliche Pflegekräfte, weil man es nicht alleine schafft. Und wisst ihr was? Auch das ist okay und ich kann es schon nachvollziehen, denn Ekel wird unterschiedlich wahrgenommen.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12546 » Talkpoints: 0,94 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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