Wie viel Mitspracherecht hat der Tätowierer beim Tattoo?

vom 08.01.2023, 23:43 Uhr

Ich habe bei Instagram einen Tätowierer gesehen, der ein bisschen über seine Arbeit spricht, auch bei YouTube. Dort hat er erklärt, dass er Namen, Daten und Zahlen nicht unter die Haut bringt. Seine Begründung war, dass er sich mit den Motiven auch wohlfühlen will und ihm einfache Daten oder Namen nichts geben. Er findet dann lieber etwas, was man mit der Person verbindet und daraus lässt er dann etwas entstehen. Könnt ihr das nachvollziehen? Meint ihr dass er sich so viele Kunden entgehen lässt?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ein Tätowierer ist ja auch gleichzeitig ein Verkäufer. Er verkauft seine Arbeit und hat somit Einfluss auf sein Image. Im Grunde genommen ist jeder Dienstleister ein Verkäufer.

Nun könnte man meinen, dass der Tätowierer am meisten Kunden gewinnt, wenn alle gewünschten Motive unreflektiert einfach übernommen werden. Das ist aber nicht unbedingt der Fall. Es spricht eher für den Tätowierer, dass er seine Kunden berät und seinen Tätowierungen eine persönliche Note geben will.

Dadurch dass der Tätowierer nicht alle Motive übernimmt, erarbeitet er sich auch einen bestimmten Ruf. Meiner Meinung nach ist das langfristig sogar eine gute Strategie, weil er sich dadurch von der Konkurrenz abhebt.

Vielleicht geht es dem Tätowierer aber weder um sein Image, noch um Gewinnmaximierung. Es könnte ja auch sein, dass er besonders künstlerische Motive liebt und aus Prinzip zu einfache Tattoos ablehnt. Ich denke, dass viele künstlerisch begabte Menschen nicht so sehr auf ihre Einnahmen schauen, sondern eher ein erfülltes Leben als Künstler anstreben.

Möglicherweise sind auch manche Kunden verärgert, weil der Tätowierer nicht alle Wünsche übernimmt. Das könnte ich durchaus verstehen, aber andererseits ist ein Tätowierer meistens selbstständig und hat somit die Freiheit auch Aufträge abzulehnen.

» kengi » Beiträge: 886 » Talkpoints: 17,93 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Die Tätowierer, die wirklich etwas taugen, sehen sich nach meiner Erfahrung eher als Künstlerinnen und Künstler denn als bloße Dienstleister an. Und wenn eine Künstlerin dafür bekannt ist, großformatig und abstrakt in Acryl tätig zu sein, wird die natürlich ablehnen, wenn du deinen Pudel gerne von ihr in Öl verewigt haben möchtest, selbst wenn sie es technisch könnte.

Klar, irgendein Hinterhofstecher, der sich von Herzchen zu Unendlichkeitsschleife hangelt, sticht dir jeden Schmarrn überall hin, aber es gibt auch Leute, die sich einen guten Ruf erarbeitet haben und es irgendwann auch nicht mehr nötig haben, ihre Kunst zu prostituieren. Man darf auch nicht vergessen, dass jedes Motiv auch Werbung für die Tattookünstlerin ist, und sich Stammkundschaft, die mehrere oder großflächige Motive im individuellen Stil einer Künstlerin anstrebt, auch finanziell mehr lohnt als zwanzigmal "Jessica" für 45 Euro plus Material.

Bei "unserer" Familien-Tatookünstlerin kann man natürlich Vorschläge und Beispielbilder anbringen und klären, worauf man gesondert Wert legt. Aber der finale Entwurf liegt bei der Künstlerin, und wenn die sagt, sie sticht dir keine verdammte Feder, dann ist das so. Wer in dem Metier etwas draufhat, hat auch für gewöhnlich ein stattliches Portfolio seiner bevorzugten Motive vorzuweisen, sodass die Kundschaft im Voraus beurteilen kann, ob ihr der Stil und die Umsetzung zusagen. Die Auswahl ist hier quasi grenzenlos.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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