Was etabliert sich gesellschaftlich, nervt aber?

vom 11.04.2021, 04:59 Uhr

Die Welt und die Gesellschaft sind vom Anbeginn menschlichen Zusammenlebens vom Wandel bestimmt, so natürlich auch heute. Wer älter als 30 oder 40 ist, wird vielleicht schon den ein oder anderen Wechsel oder eine Werteverschiebung erfahren haben, vielleicht auch gesellschaftlich schlechte Angewohnheiten, die sich zu etablieren scheinen.

Manche Veränderung ist positiv, manche negativ. Sicher gibt es aber auch Dinge, die man am liebsten wieder weghaben würde. Mir fällt vor allem die teilweise völlige Missachtung jeder Rechtschreibregel bei jüngeren Leuten im Netz ein. So hörte ich jetzt sogar, dass das Beharren auf halbwegs korrekter Rechtschreibung bei Leuten unter Mitte 20 als spießig und verknöchert wahrgenommen wird. Außerdem nervt mich persönlich die Neigung der Gesellschaft, alles Mögliche oder Unmögliche zu einem übertriebenen Hype oder schlimmer noch zu einem totalen Shitstorm werden zu lassen. Mir fehlt manchmal die Mitte.

Aber das ist ja alles primär etwas, was im Internet stattfindet und mit dem echten Leben nicht soviel zu tun hat.. Abgesehen vom Internet fällt mir im richtigen Leben gar nicht soviel ein, was mich gesellschaftlich stört und was ich gleichzeitig als ein neu etabliertes Phänomen wahrnehme. Welche Themen oder Dinge fallen euch dazu ein?

» Verbena » Beiträge: 4793 » Talkpoints: 0,57 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Gesellschaftlich etabliert sind meiner Meinung nach Menschen, die sich permanent filmen, andere Leute filmen und das Ganze hochladen, die ständig Bilder machen und dabei ihre Welt nur noch durch die Linse sehen, die auf der Suche nach dem besten Motiv gefährliche Dinge machen und sich gefährden. Gesellschaftlich scheint das akzeptiert zu sein, denn man sieht die Filme, die Bilder, aber oftmals ist es doch so, dass diese Personen mit der Kamera in der Hand, weniger gut zuhören, sich mehr für Likes als echte Menschen interessieren und das nervt.

In unserem letzten Urlaub haben wir ein Bild gemacht. Wir fanden den Moment schön und wollten ihn festhalten. Also haben wir kurz das Bild gemacht und dann alles wieder beiseite gelegt. Im Hintergrund eines der Bilder habe ich dann ein Pärchen gesehen. Sie den Selfiestick in der Hand und beide am Posen. Ich habe dann dahin gesehen und wollte mal sehen, was die da so machen. Da wurden erst Bilder gemacht, was ungefähr 10 Minuten gedauert hat, dann noch ein Video noch mal eine Viertelstunde und ich kann nur hoffen, dass sie vorher schon den Strand genossen hatten, denn danach packten sie eilig die Sachen zusammen und gingen.

Vielleicht bin ich zu alt, aber ich stehe zu unverdeckten Bildern und wenn man nicht sein ganzes Leben dokumentiert hochlädt. Das ist aber gesellschaftlich voll akzeptiert und die Leute, die das machen tun mir wirklich leid, denn sie bekommen von dem kurzen Leben, was jeder hat, nicht viel mit.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich muss zugeben, dass mich hauptsächlich dieser starke Trend zu Online-Aktivitäten nervt. Ich bin wahrscheinlich zu alt, um mich daran noch gewöhnen zu können, und mich stört daran die starke Vereinzelung. Die Menschen hocken alle nur noch allein zuhause vor den Bildschirmen und begegnet sich kaum noch persönlich.

Klar, wegen Corona ist das vorübergehend notwendig, aber ich befürchte, dass sich diese Tendenz auch in Zukunft fortsetzen wird. Und wenn die ganze Gesellschaft geschlossen ihre Freizeitaktivitäten ins Internet verlagert, bleiben auch für mich immer weniger Angebote übrig, die ich gern nutzen würde.

Am Ende bleiben mir nur noch Spaziergänge und Wanderungen übrig, die man hoffentlich auch weiterhin nicht online betreiben wird. Aber Einkaufen, Kino, Theater, Reisen, Konzerte, Museumsbesuche - immer mehr wird in den virtuellen Raum verlagert, aber für mich ist das gar kein Ersatz für echtes Erleben.

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» lascar » Beiträge: 4414 » Talkpoints: 782,29 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Mich nerven viele Dinge. Mich nervt zum Beispiel an bestimmten Ort die Handyfilmerei. Ich war neulich in einem Museum und musste längere Zeit warten, bis ich mir das Bild anschauen konnte. Denn es standen viele Leute davor, die mit diesem Bild ein Selfie machen wollten. Das Bild selber haben sich die wenigsten angeguckt. Sonst nervt mich Handyfilmerei nicht, solange ich dadurch nicht stark behindert werde. Wenn die Leute das gut finden, ist das doch okay.

Auch die E-Scooter, die überall auf den Gehwegen fahren und dort auch ohne Rücksicht auf die Fußgänger abgestellt werden, nerven mich. Es nervt mich, wenn in der Bahn oder im Bus laut telefoniert wird, weil ich die andere Seite nicht höre. sonst nerven mich die Gespräche anderer in den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht, solange sie nicht extrem laut sind. Sonst fallen mir jetzt keine neuen Dinge ein, die mich nicht früher auch schon genervt haben.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wenn ich so darüber nachdenke, nervt mich zum Beispiel der Trend, von anderer Leute mehr oder weniger privaten Aktivitäten online oder offline "genervt" zu sein. Gerade virtuelle Aktivitäten kann man ja wunderbar ignorieren. Vielleicht bin ich abgestumpft, altersmilde oder beides - aber was juckt mich beispielsweise die Rechtschreibung der "Jugend von heute"? Darüber wird schon seit der Erfindung der Schrift gejammert, und da nerven mich die "Alten" erheblich mehr als die Jungen.

Und was diverse Online-Aktivitäten auf diversen Plattformen angeht, zwingt mich schließlich auch niemand, da drauf zu glotzen und aktiv dabei zu sein. Ich kann immer noch einen schönen Spaziergang in der Natur machen, meinem Hobby Aquarellmalerei frönen oder vegan kochen lernen, völlig unabhängig davon, ob andere Leute peinliche Tänzchen filmen und irgendwo veröffentlichen oder was auch immer.

Und ob irgendwer irgendwo ein Selfie macht, da frage ich mich auch, was nerviger ist: dümmlich in die Kamera zu grinsen oder sich darüber zu echauffieren, was eine fremde Person mit ihrem Eigentum macht. Wenn sie den Eiffelturm oder den Sonnenuntergang oder das Steak nur dadurch "genießen" kann, dass sie ihren Dez zuvor in die Kamera reckt, entsteht für mich ja kein Schaden dadurch.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Das Fotografieren und die Selfies stören mich relativ wenig und ich kann es gut nachvollziehen, warum man seinen Alltag gern fotografisch festhält. Auch ich selbst fotografiere relativ viel, obwohl ich die Bilder nirgendwo poste oder veröffentliche. Mir geht es einfach darum, eine Art digitales Tagebuch zu haben, um mich später gut daran erinnern zu können, wann ich was gemacht habe. Im übrigen haben die Leute auch vor Jahrzehnten schon viel fotografiert. Damals hat man zwar keine Selfies im heutigen Sinn gemacht, aber man hat sich gegenseitig abgelichtet. Wenn ich mir die alten Fotos in den Alben meiner Eltern ansehe, sieht man hauptsächlich uns selbst in wechselnden Gruppierungen.

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» lascar » Beiträge: 4414 » Talkpoints: 782,29 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich muss zugeben, dass ich auch manchmal das Gefühl habe, dass gewisse gesellschaftliche Entwicklungen mich nicht mehr so ansprechen wie früher. Ein Punkt, der mir in den letzten Jahren aufgefallen ist, ist die zunehmende Oberflächlichkeit in der Popkultur. Ich verstehe ja, dass viele Menschen sich von der Realität ablenken wollen und dabei auf Unterhaltung setzen. Aber ich habe das Gefühl, dass es immer schwieriger wird, tiefgründige Inhalte oder gar Kunst zu finden. Alles dreht sich nur noch um die neuesten Hits, die angesagtesten Influencer und die schönsten Outfits.

Ein weiterer Punkt, der mich stört, ist die Art und Weise, wie wir mit der Umwelt umgehen. Natürlich gab es auch früher schon Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung, aber heute ist es inzwischen ein offenes Geheimnis, dass unser planetarer Lebensraum bedroht ist. Trotzdem haben viele Menschen scheinbar immer noch nicht erkannt, dass wir dringend etwas ändern müssen. Stattdessen scheint der Konsumwahn ungebrochen und die Politik tut sich schwer, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen.

Auch im zwischenmenschlichen Bereich gibt es Entwicklungen, die ich kritisch sehe. Zum Beispiel finde ich es bedenklich, wie schnell manche Menschen heutzutage bereit sind, Konflikte oder Unstimmigkeiten einfach über Social Media auszutragen. Das ist meiner Meinung nach weder respektvoll noch zielführend, sondern führt nur dazu, dass sich die Wogen weiter hochschaukeln.

Insgesamt denke ich aber, dass es wichtig ist, Veränderungen zu akzeptieren und sich auf neue Entwicklungen einzulassen. Manchmal müssen wir uns einfach damit abfinden, dass wir nicht mehr zur jüngsten Generation gehören und dass die Welt sich weiterdreht. Trotzdem sollten wir uns natürlich auch weiterhin für unsere Überzeugungen einsetzen und uns nicht scheuen, unsere Meinung zu sagen.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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