Sprecht ihr gelegentlich mit verstorbenen Angehörigen?

vom 28.06.2020, 00:59 Uhr

In Filmen sieht man ja immer wieder mal Menschen die mit ihren verstorbenen Angehörigen oder auch Freunden sprechen. Meist sieht man dann die Person an sich auch noch eingeblendet. Oft geht es dabei um Szenen in denen diese Leute besonders glücklich oder traurig sind, oder einfach einen bestimmten Ratschlag / Tipp benötigen.

Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass es im realen Leben auch sehr viele Menschen gibt, die tatsächlich hin und wieder mal aktiv - also laut - mit einem verstorbenen Angehörigen sprechen. Meine Oma zum Beispiel macht das hin und wieder dass sie ihren Ehemann auch in unserer Anwesenheit anspricht, obwohl dieser schon seit 12 Jahren verstorben ist. Zum Beispiel haben wir ihren Garten vor kurzem ein bisschen umgestaltet und dann hat sie gesagt: "Gel Robert, der neue Garten hätte dir auch sehr gut gefallen. Was sagst du dazu?" Ihr ist dabei schon bewusst, dass ihr Ehemann schon verstorben ist und sie keine reale Antwort auf ihre Frage bekommen wird, ihr tut es aber gut.

Manche Menschen nehmen auch ein Foto in die Hand und sprechen dann mit der Person oder stellen sich ans Grab und führen dann ein richtiges Gespräch. Wie handhabt ihr das, sprecht ihr manchmal noch mit verstorbenen Personen? Handelt es sich dabei um Personen, die früher wichtige Bezugspersonen für euch waren? In welchen Situationen kommt es dazu, fehlt euch in diesem Moment ein passender Rat?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Das kann man ja super gerne so machen, aber für mich wäre das nichts. Ich bin da recht realistisch und denke nicht, dass mir das wirklich etwas bringen würde. Als Trauerverarbeitung oder psychischen Rückhalt ist das sicherlich ein guter Schritt, wenn man es nicht übertreibt, aber ich mache das anders mit mir aus und nicht auf diese Art und Weise. Würde das ein Verwandter von mir nach so vielen Jahren machen würde ich das auch durchaus bedenklich finden.

Ich meine irgendwann muss man ja auch mal durch sein damit und abschließen. Wenn man das nicht kann, dann ist das nicht gesund und man muss sich gezielter damit auseinandersetzen. Wobei Trauer und deren Dauer sicherlich auch sehr abhängig von der Person ist.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich spreche normalerweise nicht mit verstorbenen Angehörigen, habe es aber schon einmal gemacht. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich mich um meine verstorbene Mutter nicht so gekümmert hatte, wie ich es vielleicht hätte tun müssen. Ich hatte gerade eine Familie gegründet und war weit weg von zu Hause. Jeder sagt zwar, dass ich keine Schuldgefühle haben müsse. Immerhin war ja mein Vater noch da und mein Bruder, aber ich hätte ein bisschen mehr tun können, trotz kleiner Kinder und großer Entfernung. Als ich sie dann besuchen wollte, war es zu spät.

Manchmal entschuldige ich mich bei ihr für mein Verhalten und hoffe, dass es irgendwie bei ihr ankommt. Auch mit einer früh verstorbenen Schwester habe ich schon "geredet", ebenfalls um mich zu entschuldigen. Ich bin zwar ein rationaler Mensch und überhaupt nicht gläubig, aber es gibt zweifelsfrei Dinge im Himmel und auf Erden, die man als Mensch nicht verstehen kann. Zum Beispiel ist die Zeit noch ein großes Rätsel. Vielleicht läuft sie ja irgendwann rückwärts und dann kommt die Entschuldigung an und ich bekomme vielleicht die Absolution.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich selber kenne das nur von älteren Angehörigen. Meine Oma ist auch jemand der gerne mal mit ihrem verstorbenen Partner Gespräche führt. Die beiden waren fast 60 Jahre verheiratet und haben ihr ganzes Leben miteinander verbracht. Es gab kaum einen Tag den sie nicht zusammen waren. Da ist es natürlich ein riesen Einschnitt im Leben wenn dieser geliebte Partner mehr oder weniger plötzlich nicht mehr da ist.

Meiner Oma ist natürlich auch klar, dass ihr Mann nicht mehr real bei uns ist und trotzdem bindet sie ihn auch immer wieder mal in Gespräche ein. Meist betrifft dass dann Erzählungen von früher oder das Thema "Früher war alles besser". Da sagt sie dann auch mal "Gel Wolfang, das waren ganz andere Zeiten früher." Sie stellt sich auch gerne mal ans Grab ihres Mannes und erzählt ihm von ihrem Tag bzw. den Neuigkeiten der vergangenen Woche während sie ein wenig Grabpflege betreibt.

Sie ist dabei ganz heiter und fröhlich sodass wir sie einfach reden lassen und ihr die Freude dieser Gespräche auch nicht nehmen. Ansonsten ist sie geistig auch noch voll fit. Mag sein, dass es eine eher "unnormale" Art der Trauerbewältigung ist, aber sie beeinflusst den Alltag meiner Oma nicht negativ insofern wir da keinen Handlungsbedarf sehen. Sorgen würde ich mir nur machen, wenn die Person mehr Zeit mit den Toten-Gesprächen verbringt, als mit lebendigen sozialen Kontakten.

» Huibuu » Beiträge: 390 » Talkpoints: 0,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich mache das nicht, wobei ich auch nicht so viele verstorbene Angehörige habe, zu denen ich ein wirklich gutes Verhältnis hatte. Lediglich meine Oma vermisse ich sehr, da ich mich mit ihr wirklich toll verstanden habe. Ich denke wirklich sehr oft an sie und frage mich, wie es wohl wäre, wenn sie noch am Leben wäre. Ich würde ihr so gerne erzählen, was sich alles seitdem in meinem Leben getan hat und sie nach ihrer Meinung bitten.

Natürlich geht das nun aber alles nicht. Natürlich wird meine Oma mir ja nicht antworten können. Von daher rede ich auch nicht mit mir. Ich kann mir vorstellen, dass das anders wäre, wenn ich meine Oma auf dem Friedhof besuchen könnte. Ich denke schon, dass ich diesen Besuch dann auch zum Anlass nehmen würde, mich mit ihr zu unterhalten. Allerdings ist meine Oma im Ausland begraben, wobei das für mich viel zu weit weg ist, um einfach so hinzufahren, nur weil ich da auf den Friedhof gehen möchte.

Ich finde es aber nicht schlimm, wenn andere mit verstorbenen Angehörigen sprechen. So im Alltag bekomme ich das weniger mit, aber ich habe schon von ganz vielen Personen gehört, dass sie extra auf den Friedhof gehen, um da mit ihren verstorbenen Angehörigen zu sprechen. Vielen tut das ja wirklich gut und sie haben auf diese Weise das Gefühl, dass sie den Personen nah sind und dass sie mit ihnen sprechen können. Viele haben dann nach einem solchen "Gespräch" auch einen klaren Kopf und können Situationen besser abschätzen.

Im Endeffekt ist das ja aber auch nicht so viel anders, als beispielsweise Tagebuch zu schreiben. Man verarbeitet auf diese Art und Weise seine Gedanken und wird das los, was einem auf den Herzen liegt. Indem man die Sachen die einen bewegen laut ausspricht oder eben aufschreibt, bekommt man oft eine klarere Sicht auf die Dinge und kann sie dann somit auch mit anderen Augen sehen.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Am Grab stehen und reden mache ich nun nicht. Aber es gibt bei mir doch auch Situationen, wo ich darüber nachdenke, was mein Vater oder mein Opa zu geplanten Entscheidungen sagen würden. Diese Gedanken sind für mich wichtig, um dann eine Entscheidung zu treffen.

Aber ich denke das muss jeder so halten, wie es ihm gut tut. Eine Kundin von mir ist im Frühjahr Witwe geworden. Als der Geburtstag ihres verstorbenen Mannes war, hat sie sein Foto auf den Tisch gestellt, Blumen dazu und dann Kaffee getrunken und ein Stück Kuchen gegessen. So hat sie sich ihm nah gefühlt, obwohl sie eben allein da saß.

Ich finde es wichtig, dass jeder Mensch seinen Weg findet, um mit Trauer umzugehen. Selbst wenn das einem über viele Jahre begleitet. Es hält die Erinnerung an die Verstorbenen wach.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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