Sich zu viel an Vorstellungen anderer anpassen?

vom 29.03.2014, 15:26 Uhr

Ich habe ja schon in einem anderen Beitrag geschrieben, dass mich andere vielleicht als kindlich empfinden und dass ich daher gerade bei denjenigen ein Problem habe, die das nicht lustig oder sympathisch finden, sondern die vielleicht ein ernsteres Leben führen oder generell eher ernster sind. Albern bin ich direkt nicht und es hatte ja jemand geantwortet, dass kindliche Frauen sich bei jedem Käfer erschrecken und mit rosa Glitzer geschminkt herumlaufen, dass tue ich alles nicht. Aber ich bin vielleicht manchmal für eher unbedeutende Dinge zu begeistern und freue mich, wenn ich ein Eichhörnchen sehe etc. Da sage ich dann eben auch mal „Oh, ein Eichhörnchen“. Ob das nun so schlimm ist, ist eine anderer Frage. Ich fand mich eigentlich immer ganz ok so.

Zudem schaue ich tatsächlich auch Kinderserien an; das hatte jemand ebenfalls auf meinen Beitrag geantwortet und ich hab mich darin echt wiedererkennt. Trickfilme mag ich sehr gerne, gerade wenn ich die noch von früher kennen. Allerdings weiß das ja keiner, wenn er mich so trifft. Ich empfinde Kindlichkeit auch nicht als was Negatives; eigentlich ist es doch schön, wenn man sich so eine innere Freude an Dingen bewahrt und nicht alles so ernst sieht. Es tut mir ja leid, wenn es Leute gibt, die diese Freude nicht haben oder deren Leben so ernst ist, dass sie sich über nichts freuen können, aber dafür kann ich doch nichts.

Mir stellt sich allerdings die Frage, ob es vielleicht sinnvoll sein kann, sich bewusst anders zu verhalten, wenn es Leute gibt, die sich an einem stören. Ich hab ja auch geschrieben, dass manche Kunden mit meinen Vorträgen unzufrieden waren und eine Frau hatte da notiert, dass sie sich wie im Kindergarten bei mir gefühlt hatte. Das mag vielleicht daran liegen, dass ich in meinem Kurs einige Spiele eingebaut hatte, wo die Leute etwas erraten müssen oder auch mal einen Cartoon. Ich dachte, das lockert alles auf und das würden die Teilnehmer witzig finden. Und wenn dann jemand das Seminar hält, der vielleicht noch sehr jung wirkt und dann noch Witze macht, die eventuell nicht widerspiegeln, dass ich den Ernst des Lebens kenne oder was auch immer, dann findet das vielleicht nicht immer Gefallen. Beschwert haben sich in den Bewertungs-Fragebögen interessanterweise aber nur Frauen.

Ich habe dann versucht, die Seminare anders zu gestalten und ich habe mehr Übungen hinein genommen, wo die Teilnehmer etwas, was ich erkläre, dann praktisch anwenden sollen. Da haben aber auch wieder einige unzufrieden gewirkt. Wieder nur die Frauen. Das ist echt merkwürdig, die Männer fanden das ganz toll und auch einer, der wenig redet, kam dann mal ins Plaudern, aber im Gesicht einer Teilnehmerin spiegelte sich die Unzufriedenheit wider.

Vielleicht sollte ich mich, auch wenn mir das eigentlich widerstrebt, ernster geben; keine Cartoons mehr, keine Witze mehr, nur noch harte Theorie und Wissensvermittlung in den Seminaren. Dann sind die kritischen Frauen vielleicht zufriedener. Das würde mir dann zwar keinen Spaß mehr machen, aber ich würde dann vielleicht nicht mehr die Rückmeldung bekommen, dass mein Seminar wie ein Kindergarten wirkt.

Macht es also manchmal Sinn, sich zu verbiegen und sich an die Vorstellungen andere anzupassen, auch wenn man da eigentlich keine Freude dran hat und das eigentlich nicht will? Immerhin würde es mir vielleicht helfen, dass (zumindest einige) Teilnehmer (vor allem Teilnehmerinnen) meine Seminare besser finden, wenn ihnen da die Ernsthaftigkeit fehlt? Oder sollte man sich für andere nicht so sehr verbiegen und sich nicht den Vorstellungen anderer anpassen?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich denke, dass man es sowieso nie allen Leuten recht machen kann, egal, ob es sich um Kunden, Vorgesetzte, Teammitglieder oder wen auch immer handelt. So mancher ist ein lockerer Typ, der auch gerne mal ein bisschen plaudert, andere wollen harte Fakten und einen sachlichen Umgangston.

Ich selber habe auch ganz gerne eine "erwachsene" Atmosphäre um mich, wenn es um berufliche und fachliche Dinge geht und hasse im Job nichts so sehr wie Spiele und Rätsel, bei denen jeder mitmachen muss, um als "teamfähig" zu gelten. Trotzdem bemühe ich mich immer um Toleranz und halte mich mit Kritik zurück, weil ich ja weiß, dass ein Stil, den ich als angenehm sachlich empfinde, für meinen Sitznachbarn vielleicht todlangweilig und einschläfernd wirkt.

Für wichtig halte ich es dagegen in jedem Fall, dass man gerade als Vortragende/r oder Dozent authentisch wirkt und nicht offensichtlich eine Rolle spielt, die man gar nicht ausfüllen kann oder möchte. Wenn man sich selber für die Inhalte interessiert und sie gerne vermittelt, ist das oft schon die halbe Miete.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Gerade im Berufsleben ist Anpassung wohl alles. Man kann sicherlich einen eigenen Charakter haben, eine eigene Denkweise, aber sobald man zur Arbeit geht, sollte man sich in gewisser Weise anpassen können. So ist dort Pünktlichkeit wichtig, eine gewisse Ernsthaftigkeit und dort hat kindliches Verhalten einfach nichts zu suchen, man muss professionell sein. Natürlich sollte man aber im Privatleben sein wie man möchte und dann auch andere Menschen akzeptieren wie sie sind.

Ich würde mich privat nicht anpassen oder mich verbiegen lassen, dass wäre als würde man sich selber aufgeben. Was andere Menschen über mich denken ist mir egal und dennoch möchte man beruflich professionell sein und da gehört privat sein einfach nicht hin, finde ich.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Dass ich diesen Thread geschrieben habe ist inzwischen fünf Jahre her und ich habe diesen Job, bei dem ich solche Verträge halten musste und sich immer wieder jemand über irgendwas beschwert hat, egal was ich versucht habe, gekündigt. Weil irgendwann ist es einfach zu belastend. Klar, es ist nur ein ganz kleiner Teil, der was zu nörgeln hatte, aber trotzdem, wenn das aller paar Wochen passiert und dann das Unternehmen nicht hinter dem Dozenten steht, sondern einen dann immer wieder kontrolliert, nur um festzustellen, dass doch alles ok ist, das Vertrauen aber dennoch nicht weit reicht - nein danke.

Ich habe aber inzwischen den Vorteil, dass ich relativ leicht neue Jobs finde. Das hätte ich damals nicht gedacht. Aber so ein Doktortitel hilft schon und ich brauche meist nur ein paar Bewerbungen schreiben und habe was Neues. Also muss ich mich auch nicht verbiegen. Wenn es nicht passt, dann passt es nicht. Ich finde mich durchaus passabel und wenn jemand meinen Charakter und meine Art nicht mag, dann ist der Arbeitsplatz eben nicht für mich geeignet. Ich bin kein super ernster und wahnsinnig seriöser Mensch. Das werde ich auch nicht sein und das vorzuspielen liegt mir nicht.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Richtig so, Zitronengras. Du hast eine gesunde Einstellung. Sich dauerhaft zu verbiegen und anzupassen, macht einfach krank. Du bist studiert und hast sogar einen Doktortitel, daher hast du es in meinen Augen weit gebracht und gar nicht nötig, zu versuchen jemand andere zu sein. Dein Selbstwertgefühl täuscht dich in dieser Hinsicht absolut nicht.

Mir persönlich sind Menschen mit einem selbständigen Denken und Handeln schon immer lieber gewesen, als diejenigen, die meinen sich stets anpassen und verstellen zu müssen, nur um das beste für sich herauszuholen. Dann bleibt man irgendwann mal auf der Strecke und weiß plötzlich nicht mehr, was los ist und was man falsch gemacht hat. Du aber bist in der glücklichen Lage nur Arbeitsstellen anzunehmen, die dir eben auch wirklich liegen und in denen du Erfüllung findest. Das gönne ich dir einfach von Herzen.

Benutzeravatar

» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^