Bringt der digitale Krankenschein nur Vorteile?

vom 25.10.2019, 11:56 Uhr

Geht es nach dem jetzigen Gesundheitsminister Jens Spahn, so hat der Krankenschein in Papierform ab dem Jahr 2021 ausgedient und wird durch den digitalen Krankenschein ersetzt. Heißt im Klartext, dass dann jede Krankschreibung beim Arzt in digitaler Form an die Krankenkasse übermittelt wird und diese wiederum den jeweiligen Arbeitgeber elektronisch informiert. Klingt ja im ersten Moment gar nicht so schlecht, aber bringt so eine Regelung auch nur Vorteile? Würdet ihr einen digitalen Krankenschein rundherum für gutheißen oder könnten sich daraus auch irgendwelche Nachteile ergeben?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich denke, dass es da auf jeden Fall Vor- und Nachteile gibt. Aber die liegen dann nicht in der einfacheren Handhabung, sondern eher in den Menschen, die sich das dann zu nutze machen. Ich muss zum Beispiel meinen Krankenschein, sofern ich einen habe, zu unserer Personalabteilung schicken, die allerdings gut 500 km weit weg ist. Das heißt für mich, habe ich einen Krankenschein, muss ich denn auch schnellst möglich mit der Post zu senden. Natürlich muss diese dann nicht direkt am nächsten Tag schon direkt auf dem Schreibtisch der Personalabteilung liegen, aber man will ja auch sichergehen, dass dieser dann ankommt, um nachher nicht irgendwelche Fehlzeiten erklären zu müssen, oder sich noch darum kümmern müssen, dass man eine erneute Kopie auf die Reise schicken muss. Es würde eben für viele Arbeitnehmer eine Erleichterung sein.

Aber genau da liegt auch in meinen Augen der Hund begraben. Für die Ehrlichen oder verrückten Arbeitnehmer unter uns, die sich wirklich nur dann einen Krankenschein nehmen, wenn es wirklich nicht mehr anders geht, ist das Ganze eine Erleichterung, weil man sich eben neben der Krankheit nicht noch mit schriftlichen Bestätigung auseinandersetzen muss. Ich denke aber auch, dass es genug Menschen gibt, die das ausnutzen.

Ich denke schon, dass es viele gibt, wo dieses sich darum kümmern, dass der Krankenschein auch zum Arbeitgeber kommt, schon eine Hemmschwelle sein könnte, dann doch eher Arbeiten zu gehen, als sich dann darum auch noch kümmern zu müssen. Je nachdem, möchten gewisse Arbeitgeber ja den Schein so schnell wie möglich haben. Das könnte dann natürlich Tür und Tor für die Arbeitnehmer öffnen, die sich dann schon mal gerne einen Krankenschein holen, weil sie keine Lust haben oder weil sie keinen Urlaub mehr haben. Das sind auch keine Einzelfälle, und ja das haben sie dann ja vorher auch schon getan, aber es wird grade diesen Menschen, dann noch etwas einfacher gemacht. Man muss ja dann nicht mehr den lästigen Weg zum Arbeitgeber machen. Es ist also ganz klar ein zweischneidiges Schwert.

Ansonsten sehe ich es natürlich auch noch als Vorteil an, dass im Informationsfluss zwischen Krankenkasse und Arzt nichts mehr verloren gehen sollte und natürlich hat die Umwelt ja dann auch was davon. Schließlich bekommt man zu jedem Krankenschein gleich 3 Ausfertigungen, für den Arbeitgeber, für die Krankenkasse und für sich selbst. Ich selbst brauche diese Zettel nicht und die anderen könnte man sich dann eben auch sparen.

» Kodi » Beiträge: 599 » Talkpoints: 27,19 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Na ja, in meinem Fall ist weniger die Zusendung der Krankmeldung zum Arbeitgeber eine gefühlte Hürde, sondern der Arztbesuch, dem ja auch immer eine Terminvereinbarung und der mehr oder weniger umständliche Weg zur Arztpraxis vorausgeht. Die Zusendung der Krankmeldung zum Arbeitgeber hingegen ist für mich eine Sache von wenigen Minuten (Briefumschlag beschriften, AU rein, Marke drauf, fertig). Daher glaube ich ehrlich gesagt nicht, dass das neue Verfahren eine erhebliche Senkung der Hemmschwelle für "Blaumacher" darstellen würde. Das wäre eher der Fall, wenn man sich zukünftig gewissermaßen online eine Krankmeldung vom Arzt bestellen könnte, ohne vorstellig werden zu müssen. Das ist aber wohl nicht geplant.

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» lascar » Beiträge: 4404 » Talkpoints: 780,84 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Wenn man mal von den üblichen Bedenken - Datenschutz - absieht und davon ausgeht, dass diese ausgeräumt werden können sehe ich eigentlich keine Nachteile. Ich als Arbeitnehmerin muss mich um nichts mehr kümmern, was gerade dann super ist wenn man sich mit einer fetten Erkältung zum Arzt geschleppt hat und eigentlich nur noch zurück auf die Couch will.

Für den Arzt bzw. die Sprechstundenhilfe ist das kein Mehraufwand, weil Krankenschein ausdrucken nicht weniger Zeit in Anspruch nimmt als an die Krankenkasse mailen. Und das ganze spart Papier und Ressourcen und wenn wir über Klimaschutz reden dann müssen wir auch solche Maßnahmen in Angriff nehmen, die erst mal unspektakulär sind aber auf Dauer doch einiges an Einsparpotential bieten.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Und was machen Menschen die keine Krankenkasse haben? Gewisse Probleme sehe ich schon: Zum Beispiel kann ich ja mehre Jobs ausüben, möchte mich aber nicht für jeden Job krankschreiben lassen. Vielleicht gehe ich auch Montag zum Arzt und der Arzt schreibt mich für die ganze Woche krank. Ich halte aber noch 2 Tage durch und gehe bis Mittwoch noch zur Arbeit. Ich denke das kann dann durchaus Probleme geben.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Cloudy24 hat geschrieben:Für den Arzt bzw. die Sprechstundenhilfe ist das kein Mehraufwand, weil Krankenschein ausdrucken nicht weniger Zeit in Anspruch nimmt als an die Krankenkasse mailen.

Aus eigener Erfahrung heraus sehe ich das jetzt mal völlig anders. Jede Form der Digitalisierung hat in meinem Erwerbsleben immer erst einmal zu mehr oder weniger großen Problemen geführt, die glücklicherweise oft nur in der Anfangszeit bestanden. Aber manche Sachen gehen auch heute dank überforderte IT-Technik per Hand immer noch schneller als digital. Das klingt für den Heimanwender vielleicht komisch ist aber so.

Mal sind es nur Computer, die langsam arbeiten, dann sind es zu viele Anwendungen die gleichzeitig über Server laufen, wo niemand in genug Kapazität investieren will, dann sind es teure Softwareumstellungen oder auch einfach Probleme mit der Internetverbindung, die dann gleich die halbe Software lahmlegen.

Viele Lösungen stellt man sich dafür einfach vor, aber die Umsetzung klappt dann irgendwie doch nicht so. Gerade bei großen Konzernen wird nach Möglichkeit alles was geht outgesourct und dann gibt es die Vorlage für den Krankenschein nur noch auf einem Server und wenn man den nicht erreichen kann, gibt es keine Alternative mehr. Und das betrifft ja nicht nur Krankenhäuser, sondern auch mehr und mehr Praxen, die als MVZ von Gesundheitskonzernen betrieben werden.

Grundsätzlich bin ich auch immer dafür, mehr digital zu erledigen und denke auch, dass es viel einfacher sein müsste, wenn die Krankenkasse so einen Krankenschein direkt vom Arzt zugeschickt bekommt und der Arbeitnehmer den Schein über eine App zum Arbeitgeber schicken kann. Aber irgendwie hege ich in Erfahrung vieler technischer Umsetzungen im Gesundheitswesen meine Zweifel, dass das wirklich so einfach funktionieren wird, wie wir uns das vorstellen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Für den Arbeitnehmer bzw. im gesamten Prozess scheint es zunächst einmal ein enormer Vorteil zu sein. Allerdings darf man den Datenschutz bzw. Datenklau wirklich nicht unterschätzen. Was wenn das System gehakt wird und diverse Informationen über Krankenstand usw. veröffentlicht werden.

Aber abgesehen vom Datenklau hab ich in meinem Berufsleben auch schon einige negative Erfahrungen mit neuen Programmen bzw. der Digitalisierung gemacht. So eine digitale Übermittlung kann ganz schnell mal aus "technischen Gründen" versagen. Wer überprüft z.B. dann die korrekte Übersendung der Daten an Krankenkasse und Arbeitgeber? Was macht man bei einem größeren Bug? Steht dann die ganze Bearbeitung bei den Krankenkassen und in den Personalabteilungen der Arbeitgeber erstmal still?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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